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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1976 §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde
1. des M und 2. der A, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18. Dezember 1996, Zl. RU1-V-95067/01, betreffend Vorschreibung einer Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Stadtgemeinde wird abgewiesen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid vom 11. Jänner 1993 bewilligte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde den Beschwerdeführern gemäß § 10 NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200, entsprechend dem Teilungsplan von DI S. vom 11. Dezember 1992 eine Grundabteilung, in deren Rahmen unter anderem das neugeformte Grundstück mit der Nr. 328/26 entstand.
Für den Bereich dieses Grundstückes war aufgrund des identen Verlaufes der Straßenfluchtlinie und der vorderen Grundstücksgrenze eine Grundabtretung in natura gemäß § 13 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 nicht erforderlich.
Anläßlich dieser Grundabteilung schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 26. September 1995 den Beschwerdeführern gemäß § 13 Abs. 7 NÖ Bauordnung 1976 eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe in der Höhe von S 166.750,-- vor. Dieser Betrag errechnete sich nach der Begründung des Abgabenbescheides aus dem Flächenausmaß von 115 m2 (zwischen der Grenze des Grundstückes und der Achse der öffentlichen Verkehrsfläche) und dem Verkehrswert in der Höhe von S 1.498,--, welcher in Anlehnung an einen zwischen den Beschwerdeführern und der mitbeteiligten Stadtgemeinde abgeschlossenen privatrechtlichen Vertrag bezüglich eine Nachbarliegenschaft angenommen wurde.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung gegen den Abgabenbescheid. Sie brachten darin vor, daß die Einhebung der Abgabe nicht berechtigt sei, weil die mitbeteiligte Stadtgemeinde die gegenständlichen öffentlichen Verkehrsflächen im Zuge einer früheren Grundabteilung im Jahre 1992 vom gegenüberliegenden Anrainer bereits unentgeltlich erhalten habe. Die Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe stelle ein Äquivalent für eine die Stadtgemeinde belastende Entschädigung gemäß § 13 Abs. 2 NÖ Bauordnung dar; da im gegenständlichen Fall eine derartige Entschädigung von der Stadtgemeinde nicht zu bezahlen gewesen sei, dürfe die Abgabenvorschreibung nicht erfolgen.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 20. März 1996 wurde der Berufung keine Folge gegeben. Begründend wird in diesem Bescheid ausgeführt, daß die Verkehrsflächen seinerzeit nicht von Gesetzes wegen entschädigungslos abgetreten worden seien, sondern vom betroffenen Grundeigentümer freiwillig, aus rein privaten Gründen auf eine Entschädigung verzichtet worden sei. Die rechtliche Grundlage des § 13 NÖ Bauordnung 1976 mache die Vorschreibung der Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe aber nicht von der tatsächlichen Leistung einer Entschädigung für das gegenüberliegende Grundstück abhängig.
Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung gegen den Berufungsbescheid. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde aus, daß nach § 13 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1976 aus Anlaß jeder Grundabteilung im Sinne des § 10 Abs. 1 der Gemeinde die im Eigentum des Abteilungswerbers stehenden Grundstücke oder Grundstücksteile, die nach den Straßenfluchtlinien zu den öffentlichen Verkehrsflächen gehören, ohne Kostenersatz zu übergeben seien. Dieselbe Verpflichtung treffe anläßlich der Ausführung eines Vorhabens gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 und 3 NÖ Bauordnung den Eigentümer des vom Vorhaben betroffenen Grundstückes im Bauland. Nach Abs. 2 Z. 1 des § 13 gebühre für die der Gemeinde gemäß Abs. 1 abzutretenden Grundstücke oder Grundstücksteile bis zur Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche, höchstens aber bis zu 12 m keine Entschädigung anläßlich der erstmaligen Grundabteilung oder einer späteren, wenn bis dahin nichts abgetreten worden sei.
Nach § 13 Abs. 7 NÖ Bauordnung habe ein Bewilligungswerber, dessen Grundstück an eine öffentliche Verkehrsfläche grenzt, und der beim erstmaligen Grundabtretungsanlaß nichts oder eine Fläche in einem geringeren als dem in Abs. 2 festgelegten Ausmaß ohne Entschädigung abtreten müsse, für jenen Teil der öffentlichen Verkehrsfläche, der zwischen seiner bisherigen Grundstücksgrenze und der Achse der öffentlichen Verkehrsfläche liege, eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe zu leisten.
Demnach hänge die Abgabenpflicht davon ab, daß einerseits für das betroffene Grundstück erstmals ein Anlaß im Sinne des Abs. 1 für eine Grundabtretung verwirklicht werde, und andererseits die vom jeweiligen Grundeigentümer in natura abzutretende Fläche geringer sei als das in Abs. 2 im Hinblick auf die Unentgeltlichkeit beschriebene Höchstausmaß. Der Gesetzgeber stelle ausschließlich auf Tatsachen ab, die im Bereich jenes Grundstückes lägen, das die Prüfung auf eine mögliche Grundabtretung auslöse. Daß die Behörde den Grundeigentümer nur dann zu einer Leistung einer Abgabe verpflichten dürfe, wenn es im bezughabenden Bereich bereits zu einer tatsächlichen Entschädigungszahlung an den gegenüberliegenden Anrainer gekommen sei bzw. noch kommen könnte, vermöge aus der gewählten Formulierung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen nicht abgeleitet zu werden. Umgekehrt sei auch der Anspruch eines Abtretenden auf eine ihm nach § 13 Abs. 2 zustehende Entschädigung nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe beim gegenüberliegenden Anrainer abhängig. Ein unmittelbarer Konnex zwischen Entschädigung und Abgabe in der von den Beschwerdeführern angenommenen Art und Weise finde somit keine gesetzliche Deckung in der NÖ Bauordnung 1976. Die seinerzeit erfolgte unentgeltliche Grundabtretung durch den seinerzeitigen Eigentümer des nunmehr im öffentlichen Gut befindlichen Teiles der Verkehrsfläche vor dem Grundstück Nr. 328/26 sei daher für die Abgabenvorschreibung gegenüber den Beschwerdeführern nicht von Bedeutung.
Ausschlaggebend für die Abgabenvorschreibung sei, ob mit der Grundabteilungsbewilligung vom 11. Jänner 1993 erstmals ein Grundabtretungsanlaß für den Bereich des Grundstückes Nr. 328/26 verwirklicht worden sei. Dies sei aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen zu bejahen. Der in einer Stellungnahme der Beschwerdeführer ins Treffen geführte Tausch- und Abtretungsvertrag mit der mitbeteiligten Stadtgemeinde beinhalte den für die Grundbuchseintragung erforderlichen privatrechtlichen Titel der bewilligten Grundabteilung. Daß in bezug auf das Grundstück Nr. 328/26 bereits früher Abtretungsanlässe verwirklicht gewesen seien, hätten die Beschwerdeführer jedoch nicht aufgezeigt.
Es sei somit der Abgabentatbestand gemäß § 13 Abs. 7 NÖ Bauordnung 1976 verwirklicht.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 25. Juni 1997, B 342/97-4, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides im Hinblick darauf geltend gemacht, daß die Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe gemäß § 13 Abs. 7
NÖ Bauordnung 1976 ihrer Intention nach ein Äquivalent für diejenige Entschädigung darstelle, die von der Gemeinde gemäß § 13 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1976 demjenigen Grundeigentümer zu leisten sei, der eine Grundfläche abzutreten habe. Da die Stadtgemeinde im vorliegenden Fall keinerlei Entschädigung für die bereits erfolgte Abtretung von Grundstücksteilen in das öffentliche Gut geleistet habe und ihr sohin für die verkehrsmäßige Erschließung dieser Grundstücke kein Aufwand entstanden sei, würde die Einhebung der vorgeschriebenen Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe zu einer unzulässigen und vom Gesetz nicht vorgesehenen Bereicherung der Stadtgemeinde führen.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 13 NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-9, lautet auszugsweise:
"§ 13
Grundabtretung
(1) Aus Anlaß jeder Grundabteilung im Sinne des § 10 Abs. 1 sind der Gemeinde die im Eigentum des Abteilungswerbers stehenden Grundstücke oder Grundstücksteile, die nach den Straßenfluchtlinien zu den öffentlichen Verkehrsflächen gehören, ohne Kostenersatz sowie frei von in Geld ablösbaren Lasten abzutreten und von Bauwerken, Gehölzen und Materialien geräumt in dem im Bebauungsplan festgelegten oder ersichtlich gemachten Niveau zu übergeben. Dieselbe Verpflichtung trifft anläßlich der Ausführung eines Vorhabens gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 und 3 den Eigentümer des vom Vorhaben betroffenen Grundstückes im Bauland.
(2) Für die der Gemeinde gemäß Abs. 1 abzutretenden Grundstücke oder Grundstücksteile gebührt bis zur Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche, höchstens aber bis zu 12 m, wenn Bauland jedoch nur an einer Seite angrenzt, bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, höchstens aber bis zu 24 m, keine Entschädigung anläßlich
1.
der erstmaligen Grundabteilung oder einer späteren, wenn bisher nichts abgetreten wurde;
2.
wenn eine Grundabteilung nicht stattgefunden hat, anläßlich der erstmaligen Bauführung gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 und 3 sowie der Bewilligung eines Vorhabens gemäß § 93 Z. 3 und 4.
(3) Hingegen gebührt dem Grundeigentümer eine Entschädigung
1.
für die Grundfläche, welche über das in Abs. 2 festgelegte Ausmaß hinausgeht;
2.
für die gesamte nach der Verlegung einer Straßenfluchtlinie zusätzlich abzutretende Grundfläche, wenn zuvor schon im damals gesetzmäßigen Ausmaß abgetreten wurde; wenn aber damals überhaupt nichts oder nicht im gesamten damals gesetzmäßigen Ausmaß abgetreten wurde, gebührt keine Entschädigung für jene Grundfläche, die nach den damals geltenden Vorschriften unentgeltlich abzutreten gewesen wären.
...
(7) Ein Bewilligungswerber, dessen Grundstück an eine öffentliche Verkehrsfläche grenzt, und der beim erstmaligen Grundabtretungsanlaß nichts oder eine Fläche in einem geringeren als dem in Abs. 2 festgelegten Ausmaß ohne Entschädigung abtreten muß, hat für jenen Teil der öffentlichen Verkehrsfläche, der zwischen seiner bisherigen Grundstücksgrenze und der Achse der öffentlichen Verkehrsfläche liegt, eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe zu leisten.
(8) Der Bemessung der Entschädigung und der Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe ist der Verkehrswert des Bauplatzes zugrundezulegen. Bei der Bemessung der Entschädigung sind auch die Kosten der Verbücherung zu berücksichtigen.
..."
Wie sowohl die Gemeindebehörden als auch die belangte Behörde richtig erkannt haben, ist der Abgabentatbestand des § 13 Abs. 7 NÖ Bauordnung 1976 dann erfüllt, wenn beim erstmaligen Anlaß für eine Grundabtretung im Sinne des § 13 Abs. 1 vom Grundeigentümer nichts oder eine Fläche in einem geringeren Ausmaß als in Abs. 2 festgelegt abgetreten werden muß. Der von den Beschwerdeführern hergestellte Konnex zur Entschädigungszahlung gemäß § 13 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1976 läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Zu den im angefochtenen Bescheid und in der Gegenschrift der mitbeteiligten Stadtgemeinde in diesem Zusammenhang bereits enthaltenen Argumenten ist noch hinzuzufügen, daß eine Auslegung eines Abgabengesetzes in der Weise, daß die Abgabenbelastung der Abgabepflichtigen von Willensentscheidungen anderer Abgabepflichtiger abhängen sollte, auch aus verfassungsrechtlichen Gründen zu vermeiden ist.
Da sich die Beschwerde gegen die Abgabenvorschreibung nur dem Grunde nach wendet und gegen die Berechnung der Höhe der Abgabe - wie schon im Verwaltungsverfahren - nichts vorgebracht wird, ist damit die Beschwerde nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 88/1997. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Schriftsatzaufwand war demnach gemäß § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG abzuweisen, weil die mitbeteiligte Partei bei der Einbringung der Gegenschrift nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1997, Zl. 97/17/0243).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997170247.X00Im RIS seit
20.11.2000