TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/18 I407 1246207-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.11.2019
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Entscheidungsdatum

18.11.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I407 1246207-5/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch RA Dr. Martina Schweiger-Apfelthaler, 1040 Wien und Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, 1070 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 12.06.2019, Zl. 246502508/190530354 EAST Ost, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte am 09.12.2002 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst damit begründete, dass er in seinem Heimatland nach dem Tod seines Vaters von Anhängern einer politischen Gruppierung angegriffen worden sei. Nach diesem Angriff habe er seinen Wohnsitz nach Lagos verlegt und anschließend Nigeria verlassen, da man ihm in Lagos mitgeteilt habe, dass man ihn suche. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.01.2004, Vz. 2190906 (AIS: 02 37.956), wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen und seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet nach Nigeria verfügt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 07.02.2008, Zl. 246.207/0/16E-XII/36/04, abgewiesen. Der Beschwerdeführer brachte eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein, deren Behandlung jedoch mit Beschluss vom 25.11.2008, Zl. 2008/20/0203-8, abgelehnt wurde.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 03.03.2006, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 (1. Fall) SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 7 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.06.2006, Zl.XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 (1. Fall) SMG rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 28.08.2007, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 (1. Fall) SMG rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

5. Am 25.01.2010 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten Asylantrag. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass er in Nigeria immer noch dieselben Probleme habe wie im Jahr 2002. Deshalb wolle er in Österreich bleiben. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.02.2010, Zl. 10 00.715 EAST-OST, wurde dieser Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet verfügt. Der Beschwerdeführer brachte eine Beschwerde ein, welche mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 18.03.2010, Zl. A5 246.207-2/2010/2E abgewiesen wurde. Das Verfahren erwuchs mit 25.03.2010 in Rechtskraft.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 25.10.2011, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 Z. 2 (8. Fall) SMG rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

7. Der Beschwerdeführer brachte am 20.06.2012 einen dritten Antrag auf internationalen Schutz ein, mit der Begründung, dass sich an seiner Situation nichts geändert und sich die Lage vielmehr eher verschärft habe, weil die Leute, mit denen er Probleme habe, nach wie vor an der Macht seien. Der Antrag wurde neuerlich mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.08.2012 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Ausweisung aus dem Bundesgebiet nach Nigeria verfügt. Aufgrund des unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers wurde der Bescheid am 28.08.2012 im Akt hinterlegt, durch einen Aushang beurkundet und erwuchs in weiterer Folge mit 05.09.2012 in Rechtskraft.

8. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 03.09.2013, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 27 Abs. 1 Z. 2 (8. Fall) und Abs. 3 SMG rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.

9. Von 13.03.2015 bis 30.08.2018 war der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet behördlich nicht gemeldet. Er befand sich laut eigenen Angaben in Italien.

10. Der Beschwerdeführer stellte am 22.08.2018 den vierten Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz und brachte als Grund für seine neuerliche Asylantragstellung im Rahmen der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung vor: "Meine alten Fluchtgründe sind immer noch aufrecht. Zudem habe ich vor ca. 3-4 Monaten mit einem Freund in Nigeria telefoniert. Dieser teilte mir mit, dass mich die Polizei sucht. Man versucht mich zu ködern um mich einsperren zu können. Sowohl die Polizei in Nigeria, als auch der Mann, den ich in meiner ersten Erstbefragung angab wollen mich tot sehen. Außerdem bin ich seit 10 Tagen Vater. Meine Tochter XXXX kam in Wien auf die Welt und ist nigerianische Staatsbürgerin." Bei einer Rückkehr in die Heimat müsse der Beschwerdeführer um sein Leben fürchten.

11. Am 18.09.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen erklärte er zusammengefasst, dass zu seinem bisherigen Fluchtgrund ein neues Problem hinzugekommen sei: Ein Schlepper namens Peter habe ihm damals geholfen, nach Europa zu kommen und sei nun auf der Suche nach ihm. Ursprünglich sei nämlich abgemacht gewesen, dass der Schlepper als Gegenleistung ein kleines Stück Land seines Vaters in Nigeria erhalte. Doch nun behaupte der Schlepper, man habe ihn nie bezahlt und verlange 25.000 EUR, die der Beschwerdeführer jedoch nicht zahlen könne. Seit dem Jahr 2015 werde er deshalb häufig von verschiedenen Personen, die im Auftrag des Schleppers handeln, bedroht. Man habe ihm ausgerichtet, er solle bezahlen, denn ansonsten werde ihn der Schlepper mittels Vodoo nach Nigeria zurückbringen und dort töten. Der Schlepper sei in Nigeria sehr mächtig und habe auch in Europa viele Leute, von denen einige den Beschwerdeführer kennen. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer auch wieder von Italien nach Österreich zurückgekehrt. Der Schlepper komme selbst auch immer wieder nach Europa. Aufgrund der schon im Erstverfahren vorgebrachten Probleme mit mächtigen Politikern in seiner Heimat und dem nun neu hinzugekommenen Problem mit dem mächtigen Schlepper befürchte der Beschwerdeführer, im Falle einer Rückkehr nach Nigeria sein Leben zu verlieren. Außerdem brachte der Beschwerdeführer vor, dass am XXXXseine Tochter, XXXX, geboren sei. Er führe mit der Mutter des Kindes, XXXX, seit ungefähr Ende 2015 eine Beziehung, jedoch haben sie aufgrund von einigen Problemen nie in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Auf der vom Beschwerdeführer vorgelegten Geburtsurkunde seiner Tochter scheine der Beschwerdeführer deshalb nicht als Vater auf, weil er zuerst seinen Namen berichtigen wolle. Dies sei jedoch aufgrund des fehlenden Identitätsnachweises nicht möglich. Der wahre Name des Beschwerdeführers seiXXXX.

12. Mit Bescheid des BFA vom 20.09.2018, Zl. 246502508 / 1807948893, wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zugleich erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Dem Beschwerdeführer wurde keine Frist für seine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.) und es wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

13. Mit Schriftsatz vom 04.10.2018 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete dies im Wesentlichen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Anders als von der belangten Behörde ausgeführt, habe sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens maßgeblich geändert. Weiters habe sich laut Länderberichten die allgemeine Lage in Nigeria inzwischen dermaßen verschlechtert, dass bei richtiger rechtlicher Beurteilung zumindest subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen wäre. Zudem sei die Dauer des verhängten Einreiseverbotes zu hoch bemessen. Der Beschwerdeführer stellte die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid beheben und das Verfahren zur inhaltlichen Erledigung zulassen; das Einreiseverbot beheben in eventu auf ein angemessenes Maß herabsetzen; der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

14. Mit Erkenntnis des BVwG zu I415 1246207-4/3E vom 12.10.2018 Zl.:

I415 1246207-4/3E wurde die Beschwerde abgewiesen. Das Erkenntnis erwuchs in weiterer Folge mit 12.10.2018 in Rechtskraft.

15. Der Beschwerdeführer stellte am 24.05.2019 den verfahrensgegenständlichen fünften Asylantrag und führte dazu im Rahmen der Erstbefragung aus, dass er seit dem letzten Asylverfahren Österreich nicht verlassen habe. Auf die Frage, was sich seit seinem letzten Asylverfahren geändert habe und warum er jetzt einen neuen Asylantrag stelle, antwortete er:

"Ich halte meine Angaben, welche ich bei meinem Erstantrag gemacht habe voll inhaltlich aufrecht und möchte dazu ergänzend angeben.

Die Situation in meiner Heimat eskaliert. Vor ca. 3 Wochen wurde ich mit dem Umbringen bedroht, falls ich wieder zurück nach Nigeria komme, da ich der Person, die mich nach Österreich gebracht hat, Geld schulde.

Er ist ein mächtiger Politiker und deshalb habe ich Angst.

Ich möchte gerne in Österreich bleiben, um bei meiner Tochter zu bleiben und meine Freundin zu heiraten. Meine Tochter heißtXXXX geb., meine Tochter wohnt bei ihrer Mutter.

Ich habe somit alle meine Gründe genannt und möchte nichts mehr hinzufügen."

Bei seiner Rückkehr befürchte er, umgebracht zu werden.

Auf die Frage, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe drohe, oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, antwortetet er: "Beweise habe ich nicht, doch mein Vater wurde umgebracht. Und deshalb werde auch ich umgebracht."

16. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 06.06.2019 gab der Beschwerdeführer in Gegenwart seines Rechtsberaters folgendes an:

"L: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

A: Ja sicher.

L: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Stehen Sie derzeit in ärztlicher Behandlung oder nehmen Medikamente?

A: Ich habe manchmal Zahnschmerzen und ich habe Bluthochdruck. Dagegen nehme ich Medikamente. Am Montag habe ich noch einen Termin bei einem Arzt.

L: Haben Sie Beweismittel oder Identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

A: Nein.

L: Haben Sie in Österreich Verwandte?

A: Ja, ich habe eine Tochter.

L: Wie ist die Beziehung zu Ihrer Tochter, erzählen Sie etwas über Sie!

A: Meine Tochter heißt XXXX und ist 10 Monate. Sie wurde am XXXX geboren.

Nachgefragt gibt AW an, dass er sie 3-4 Mal in der Woche sieht. Manchmal kommt die Mutter mit der Tochter zu mir und dann komme ich wieder zu ihr.

L: Leben Sie in Österreich mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft, wenn ja, beschreiben Sie diese Gemeinschaft?

A: Nein, ich wohne mit anderen Personen zusammen.

L: Sind Sie verheiratet?

A: Nein.

L: Bestehen irgendwelche Abhängigkeiten zu der Mutter Ihrer Tochter?

A: Jetzt arbeitet sie nichts. Manchmal kauft sie mir Essen oder eine Fahrkarte.

L: In welcher Art und Weise unterstützen Sie Ihre Tochter bzw. Freundin?

A: Manchmal kaufe ich Sachen für meine Tochter.

L: Von welchem Geld kaufen Sie Sachen für ihre Tochter?

A: Ich arbeite gelegentlich in Hagenbrunn bei einem Autohändler.

L: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

A: 2002.

L: Sind Sie seither durchgehend in Österreich aufhältig?

A: Nein, ich habe Österreich einmal verlassen.

L: Wann und wohin?

A: 2015 bin ich nach Italien gegangen. Nachgefragt gibt AW an, dass er in Österreich im Gefängnis war und als er das Gefängnis verlassen hat, wollte er sein Leben ändern und ist deswegen nach Italien gegangen.

L: Wie lange waren Sie dann in Italien?

A: Von 2015 bis 2018.

L: Warum sind Sie dann wieder nach Österreich gekommen?

A: Weil ich eine Tochter hier habe.

L: Sie haben bereits am 09.12.2002, 25.01.2010, 20.06.2012 und am 22.08.2018 einen Asylantrag gestellt, die rechtskräftig abgewiesen wurden. Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?

A: Ich habe die gleichen Probleme wie vorher und jetzt habe ich auch eine Tochter hier. Ich möchte hier mit meiner Tochter bleiben. Vielleicht kann ich dann meine Freundin heiraten.

L: Seit wann haben Sie diese Probleme?

A: Seit langer Zeit.

L: Seit wann genau?

A: Die Person, die mich nach Österreich gebracht hat im Jahr 2002, der will sein Geld zurück.

L: Wieviel Geld?

A: 25.000 Euro. Und Zinsen kommen auch noch dazu.

L: Wie heißt diese Person?

A: Jeder nennt ihn XXXX. Nachgefragt gibt AW an, dass er den Familiennamen nicht weiß.

L: Wie haben Sie Kontakt zu ihm?

A: Durch Leute.

L: Durch welche Leute?

A: Von den Leuten aus Nigeria.

L: Erklären Sie das genauer!

A: Seit 2002 versucht diese Person ihr Geld von mir zu bekommen und ich habe bis jetzt noch nichts bezahlt.

L: Wo befindet sich die Person?

A: Er ist in Nigeria. Manchmal kommt er auch nach Europa. Er reist nach Italien, Frankreich, Deutschland und ich weiß nicht, ob er auch schon in Österreich war.

L: Bereits in ihrem letzten Verfahren im Jahr 2018 gaben Sie zu Protokoll, dass Sie vom Schlepper bedroht wurden. Eine tatsächliche Verfolgungsgefahr konnte vom Bundesamt nicht festgestellt werden und Ihr Verfahren erwuchs in Rechtskraft. Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe gehört, dass die Person mich letzten Monat gesucht hat und mit dem Tod bedroht hat.

L: Was passierte danach?

A: Ich habe Angst.

L: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

A: Er wird mich umbringen.

L: Gibt es Beweise dafür, dass die Person Sie bedroht oder verfolgt?

A: Nein, ich habe keine. Ich höre es immer nur von meinen Landsleuten.

L: Inwieweit würden aufenthaltsbeendende Maßnahmen in Ihr Familien- und Privatleben eingreifen?

Anmerkung: Die Fragestellung näher erläutert, insbesondere dass im Rahmen einer Ausweisungsprüfung verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich, Aufenthaltsberechtigungen für Österreich, gewichtige private Interessen an einem Verbleib in Österreich, udgl. berücksichtigt werden.

A: Momentan weiß ich es nicht. Ich habe hier eine Tochter und meine Freundin und keine Freunde mehr in Nigeria. Ich möchte hier bleiben.

L: Welchen Glauben haben Sie?

A:. Ich bin Christ.

L: Sind Sie in Österreich einer Beschäftigung nachgegangen oder waren Sie in Österreich berufstätig?

A: Nein.

L: Wie finanzieren sie Ihre Wohnung?

A: Ich arbeite ab und zu, da verdiene ich aber nicht so viel.

L: Bekommen Sie irgendwelche Unterstützungen?

A: Nein.

L: Sind Sie oder waren Sie in irgendwelchen Vereinen oder Organisationen in Österreich tätig?

A: Nein.

L: Wie gut sprechen Sie Deutsch? Haben Sie schon Kurse besucht?

A:. Ein bisschen kann ich Deutsch. Kurse habe ich keine besucht.

L: Welche Sprache sprechen Sie am besten?

A: Agbo.

L: Welche Angehörigen befinden sich in Nigeria?

A: Als ich von Nigeria weggegangen bin, war meine Mutter und meine Schwester dort. Seit 2004 habe ich den Kontakt verloren und ich weiß nicht, ob sie noch dort sind.

L: Wann war der letzte Kontakt zu Ihrer Familie?

A: 2004.

L: Warum haben Sie den Kontakt verloren?

A: Die Nummer funktioniert nicht mehr. Ich habe es immer versucht.

LA: Sie haben die Länderfeststellungen zu Nigeria ausgefolgt bekommen. Was möchten Sie dazu sagen?

A: Nichts.

Rechtsberatung: Der Asylwerber hat eine Tochter in Österreich. Es besteht eine emotionale Abhängigkeit, weshalb eine Abschiebung eine Art. 8 EMRK Verletzung darstellen würde.

L: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?

A: Ja, ich habe alles gesagt und alles verstanden."

17. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 12.06.2019, Zl 246502508/190530354 EAST Ost wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zugleich erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.).

18. Gegen diesen Bescheid legte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung rechtzeitig und zulässig Beschwerde ein. Der Bescheid werde zur Gänze bekämpft, weil der Beschwerdeführer ein Familienleben in Österreich führe und eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen worden sei. Zudem sei eine neue Sachlage entstanden, weil der Beschwerdeführer im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vorgebracht habe, dass er im Mai 2019 einen Anruf seines Freundes erhielt und dieser ihn darüber informierte, dass er nach wie vor gesucht wird.

19. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden am 26.06.2019 (einlangend am 28.06.2019) dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2018 wurde über den letzten Asylantrag des Beschwerdeführers vom 22.08.2018 inhaltlich abweisend abgesprochen. Dieser Bescheid ist am 12.10.2018 zweitinstanzlich in Rechtskraft erwachsen.

1.2. Im gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz brachte der Beschwerdeführer keine neuen Fluchtgründe vor, sondern stützte seinen Antrag auf jene Fluchtgründe, die er bereits im Zuge des Verfahrens betreffend seinen Asylantrag vom 22.08.2018 vorgebracht hatte bzw. die zum damaligen Zeitpunkt bekannt gewesen waren. Der Beschwerdeführer behauptete auch nicht, dass es nach dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens bzw. des ersten Folgeantrages zu weiteren Vorfällen im Herkunftsstaat gekommen ist, die im Zusammenhang mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführer stehen. Das Vorbringen des Asylwerbers in seinem fünften (!) Asylantrag enthält keinen "glaubhaften Kern", der geeignet ist, eine maßgebliche Sachverhaltsänderung gegenüber dem ersten Asylverfahren darzustellen.

1.3. Der Beschwerdeführer weist folgende strafrechtlichen Verurteilung auf:

1) LG XXXX vom 03.03.2006 RK 03.03.2006

§ 27 ABS 1 U 2/2 (1.Fall) SMG; § 15 StGB; § 27/1 SMG

Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 7 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

2) LG XXXX vom 16.06.2006 RK 23.06.2006

§ 27 ABS 1 U 2/2 (1.Fall) SMG

Freiheitsstrafe 8 Monate

3) LG XXXX vom 28.08.2007 RK 31.08.2007

§ 27 ABS 1 U 2/2 (1.Fall) SMG

Freiheitsstrafe 1 Jahr

4) LG XXXX vom 25.10.2011 RK 25.10.2011

§27 (1) Z 1 8.Fall (3) SMG

Freiheitsstrafe 15 Monate

5) LG XXXX vom 03.09.2013 RK 07.09.2013

§§27 (1) Z 1 8.Fall, 27 (3) SMG §15 StGB

Freiheitsstrafe 20 Monate

1.4. Der Beschwerdeführer leidet an Bluthochdruck und manchmal an Zahnschmerzen. Er leidet an keiner schwerwiegenden psychischen oder physischen Erkrankung. Die medizinische Behandlung und Versorgung mit Medikamenten ist in Nigeria ausreichend gewährleistet und für jedermann verfügbar. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers steht seiner Rückkehr nicht entgegen. Es ist von der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers auszugehen.

1.5. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria

Die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates Nigeria hat sich nicht in einem Umfang verändert, der auf eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes schließen lässt. Auch die Rechtslage blieb, soweit entscheidungsrelevant, unverändert.

Die wesentlichen Feststellungen lauten:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Es kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existentiellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

1.6. Aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesasylamtes, des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht genommen wurde in das Strafregister der Republik Österreich, in das Zentrale Melderegister, in das Auskunftssystem der Grundversorgung sowie in das Zentrale Fremdenregister.

2.2. Grundsätzlich ist im gegenständlichen Fall anzuführen, dass das BFA ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat.

2.3. Die in der Beschwerde vorgebrachte Darstellung der Fluchtgründe des Beschwerdeführers ist nicht dazu geeignet, eine wesentliche Änderung des Sachverhalts aufzuzeigen. Die in der Beschwerde genannten Umstände wurden vielmehr bereits im Vorverfahren vorgebracht und dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2018 zugrunde gelegt bzw. waren zu diesem Zeitpunkt jedenfalls bereits eingetreten und bekannt.

2.4. Vom Bundesverwaltungsgericht ist nicht die Rechtmäßigkeit der Vorentscheidung zu prüfen, sondern nur, ob eine entschiedene Sache vorgelegen hat oder ob zwischen der Rechtskraft des ersten abweisenden Bescheides und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 20.09.2018 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist. Eine solche ist nicht erkennbar; es wurden keine neuen Fluchtgründe vorgebracht.

Der Beschwerdeführer hatte im Verfahren zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 09.12.2002 erklärt, dass er in seinem Heimatland nach dem Tod seines Vaters von Anhängern einer politischen Gruppierung angegriffen worden sei. Nach diesem Angriff habe er seinen Wohnsitz nach Lagos verlegt und anschließend Nigeria verlassen, da man ihm in Lagos mitgeteilt habe, dass man ihn immer noch suche. Der Unabhängige Bundesasylsenat kam im rechtskräftigen Erkenntnis vom 07.02.2008, Zl. 246.207/0/16E-XII/36/04, zum Schluss, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Fluchtgrund um keinen asylrelevanten Verfolgungsgrund handelte.

Bei der Behauptung, der Beschwerdeführer habe nach wie vor Probleme aus politischen Gründen mit den gleichen Personen aus dem Erstverfahren handelt es sich letztlich nur um Umstände, die bereits vor dem rechtskräftigen Abschluss seines ersten Asylverfahrens bestanden haben. Dadurch macht er das Fortbestehen und Weiterwirken eines bereits vorgebrachten Sachverhaltes geltend, über den bereits rechtskräftig abgesprochen wurde (vgl. VwGH 20.02.2003, 99/20/0480).

Im Rahmen seiner Erstbefragung am 22.08.2018 erzählte der Beschwerdeführer zudem, dass die Polizei in seinem Herkunftsstaat ihn suche und ihn einsperren wolle. Rund einen Monat später, bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 18.09.2018, erwähnte der Beschwerdeführer die damals geltend gemachten Probleme mit der Polizei mit keinem Wort mehr. Auch in den ersten drei Asylverfahren hatte er nie behauptet, mit den nigerianischen Behörden Probleme zu haben. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Polizei den Beschwerdeführer nach einer über 16-jährigen Abwesenheit aus Nigeria ganz unvermittelt suchen sollte und noch weniger ist begreiflich, weshalb der Beschwerdeführer diese behauptete Verfolgung rund einen Monat später bei der niederschriftlichen Einvernahme gegenüber der belangten Behörde gar nicht mehr zur Sprache brachte. Auch im Rahmen seiner Beschwerde wurde nichts Derartiges mehr vorgebracht, womit der belangten Behörde zu folgen ist, wenn sie diesen Teil des Vorbringens als unglaubwürdig erachtet.

Umgekehrt brachte der Beschwerdeführer den behaupteten neuen Fluchtgrund, dass ein gefährlicher Schlepper auf der Suche nach ihm sei, erst im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 18.09.2018 vor und nicht schon bereits bei der Asylantragstellung. Es ist unbegreiflich, weshalb der Beschwerdeführer dieses zentrale Vorbringen, welches seinen gegenständlichen Asylantrag begründen soll, erst zu einem derart späten Zeitpunkt anspricht. Seine Begründung, der Dolmetscher habe ihm bei der Erstbefragung nicht die Chance gegeben, näher darauf einzugehen, ist wenig glaubhaft. Er wurde vor Beginn der Erstbefragung von der belangten Behörde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seine Angaben eine wesentliche Entscheidungsgrundlage darstellen und er wurde aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsdarstellung mitzuwirken. (Seite 2 der Niederschrift vom 22.08.2018). Aufgrund dieser Belehrung musste ihm die Wichtigkeit seiner Angaben bei der Erstbefragung bewusst sein. Dennoch hat der Beschwerdeführer auch nach erfolgter Rückübersetzung des Protokolls keine Ergänzungen oder Korrekturen angeregt. Da er mit seiner Unterschrift auch die Richtigkeit der Übersetzung bestätigt hat, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung noch gar keine Angaben zu der von ihm behaupteten Verfolgung durch den Schlepper getätigt hat und es sich hierbei um ein gesteigertes Fluchtvorbringen handelt, was wiederum die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers erheblich erschüttert.

Auch der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 7.6.2000, 2000/01/0250). Als glaubhaft ist eine Darstellung dann zu erkennen, wenn der Antragsteller während des Verfahrens vor den verschiedenen Instanzen im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht und diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen. Erst sehr spät gemachte Angaben drängen den Schluss auf, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollen, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650).

Auch die Schilderung der behaupteten Verfolgung durch den Schlepper im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 18.09.2018 wirkt wenig lebensnahe und lässt viele Fragen offen. Trotz eingehender Befragung war es dem Beschwerdeführer nicht möglich, beim Zuhörer den Eindruck zu erwecken, dass seine Erzählung der Wahrheit entspricht. Er beschränkte sich auf eine wortkarte Darlegung weniger Eckpunkte, die Antworten auf die gestellten Fragen waren grundsätzlich kurz und sehr vage gehalten. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist jedoch davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend zu schildern, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Der Beschwerdeführer berichtete nicht von sich aus über die Geschehnisse im Rahmen einer schlüssigen Wiedergabe, so wie eben Menschen berichten, welche das Erzählte tatsächlich erlebt haben. Diese Feststellung kann insofern getroffen werden, als es aus der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts notorisch ist, dass detailreiche Aussagen mit Realkennzeichen in der Regel für die Glaubhaftigkeit des entsprechenden Vortrages sprechen.

Nicht nachvollziehbar ist insbesondere, weshalb der Beschwerdeführer keine polizeiliche Anzeige gegen die ihn bedrohenden Personen erstattete, obwohl er sich laut eigener Angabe bereits seit dem Jahr 2015 sehr bedroht gefühlt habe und sogar einige der für den Schlepper arbeitenden Personen persönlich kenne.

In diesem Zusammenhang ist kein neuer Sachverhalt erkenntlich, der einen "glaubhaften Kern" darstellen würde, dem Asylrelevanz zukommt.

2.5. Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Doch aus den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides ergibt sich in Gegenüberstellung mit den Länderfeststellungen des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.11.2014, dass keine wesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers eingetreten ist. Eine solche ist dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht bekannt bzw. wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet. Es sind auch keine Umstände amtsbekannt, dass in ganz Nigeria gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefahr im Sinn der Art. 2 oder 3 EMRK ausgesetzt ist, und es besteht auch nicht auf dem gesamten Staatsgebiet von Nigeria ein innerstaatlicher oder internationaler Konflikt, durch den mit einem Aufenthalt in Nigeria für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre. An dieser Einschätzung hat sich nach wie vor nichts geändert, wie auch aus der jüngeren Rechtsprechung des BVwG ersichtlich ist.

2.6 Zum Herkunftsstaat:

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Die Feststellungen basieren auf den folgenden Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

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AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

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AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

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BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

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EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

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FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

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FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

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IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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