Index
L34007 Abgabenordnung Tirol;Norm
AVG §18 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/17/0132 97/17/0218 97/17/0219Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerden der A-KG, vertreten durch Dr. K und Dr. A, Rechtsanwälte in M, gegen die Bescheide der Tiroler Landesregierung vom 25. Februar 1997, Zl. Ib-8120/4-1997, betreffend Aufhebung eines Bescheides i.A. der Parteistellung bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages gemäß § 19 TBO und vom 14. Mai 1997, Zl. Ib-8120/7-1997, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages gemäß § 19 TBO (mitbeteiligte Partei in beiden Verfahren: Gemeinde M), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 9.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung für den Neubau eines Gebäudes schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde (in der Folge: Bürgermeister) der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 14. März 1996 den Erschließungsbeitrag gemäß § 19 der Tiroler Bauordnung (TBO) in der Höhe von
S 1,238.503,94 vor.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde (in der Folge: Gemeindevorstand) vom 11. Juli 1996 wurde der gegen den genannten Bescheid des Bürgermeisters erhobenen Berufung Folge gegeben und der Bescheid des Bürgermeisters zur Gänze behoben. Dies mit der Begründung, gemäß § 19 Abs. 1 TBO entstehe für den Eigentümer des Bauplatzes die Verpflichtung, den Erschließungsbeitrag zu leisten. Eigentümerin des Bauplatzes, auf dem der Beschwerdeführerin ein Baurecht eingeräumt worden sei, sei die Agrargemeinschaft M (in der Folge: Agrargemeinschaft) und nicht die Beschwerdeführerin.
Mit der Eingabe vom 23. Juli 1996 beantragte die Beschwerdeführerin, ihr Parteistellung im Verfahren über die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages an die Agrargemeinschaft zuzuerkennen und ihr den an diese zu erlassenden Bescheid über den Erschließungsbeitrag zuzustellen. Sie behauptete das Vorliegen eines rechtlichen Interesses, weil sie auf Grund des Baurechtsvertrages der Agrargemeinschaft sämtliche öffentliche Abgaben zu refundieren habe.
An die Beschwerdeführerin erging folgende Erledigung des Bürgermeisters vom 7. August 1996:
"Dem eingebrachten Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im Abgabeverfahren der ÄBeschwerdeführerinö (Erschließungsbeitrag) wird stattgegeben."
Mit Bescheid vom 13. August 1996 schrieb der Bürgermeister der Agrargemeinschaft den Erschließungsbeitrag in der Höhe von S 1,169.687,34 vor und stellte der Beschwerdeführerin eine Kopie dieses Bescheides zu.
Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Agrargemeinschaft als auch die Beschwerdeführerin Berufung. Diese Berufungen wurden mit Bescheiden des Gemeindevorstandes vom 24. Oktober 1996 als unbegründet abgewiesen.
Die belangte Behörde gab der von der Beschwerdeführerin und der Agrargemeinschaft gegen diese Bescheide erhobenen Vorstellungen mit Bescheiden vom 14. November 1996 bzw. 19. November 1996 Folge, behob die angefochtenen Bescheide und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand. Begründend führte die belangte Behörde in dem an die Beschwerdeführerin ergangenen Bescheid aus, dieser komme in dem Verfahren zur Festsetzung des Erschließungsbeitrages keine Parteistellung zu. Zur bescheidmäßigen und rechtskräftigen "Zuerkennung der Parteistellung" durch den Bürgermeister sei auszuführen, daß die Frage der Parteistellung nicht aus dem AVG zu beantworten sei, sondern nur aus dem Inhalt der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften. Dieser Zuerkennungs-Bescheid entfalte auf Grund seiner Rechtskraft aber Rechtswirkungen, das heißt der Beschwerdeführerin kämen alle Parteirechte zu, sie werde jedoch hiedurch nicht Abgabenschuldnerin. Die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages sowohl an die Eigentümerin des Grundstückes als auch des darauf errichteten Objektes widerspreche der Bestimmung des § 19 Abs. 1 TBO. Im erstinstanzlichen Bescheid sei richtigerweise der Agrargemeinschaft die Abgabe vorgeschrieben worden, die Zustellung einer Kopie dieses Bescheides an die Beschwerdeführerin habe lediglich Informationscharakter. Der Gemeindevorstand werde daher im unmittelbar fortzusetzenden Abgabenfestsetzungs-Verfahren die Berufung der Beschwerdeführerin "mangels Parteistellung" als unzulässig zurückzuweisen haben.
An die Agrargemeinschaft erging nach Erlassung des aufhebenden und zur neuerlichen Entscheidung an den Bürgermeister verweisenden Vorstellungsbescheid die Berufungsvorentscheidung vom 3. Dezember 1996, in der ihre Berufung gegen den Bescheid vom 13. August 1996 als unbegründet abgewiesen wurde.
Mit Eingabe vom 13. Dezember 1996 beantragte die Beschwerdeführerin die Zustellung dieser an die Agrargemeinschaft ergangenen Berufungsvorentscheidung. Die Beschwerdeführerin brachte vor, ihr sei mit Bescheid des Bürgermeisters vom 7. August 1996 rechtskräftig Parteistellung zuerkannt worden. Diese Parteistellung sei von der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 14. November 1996 anerkannt worden. Sie beantrage nunmehr, ihr zur Wahrung ihrer Parteirechte die Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters an die Agrargemeinschaft vom 3. Dezember 1996 zuzustellen.
Mit Berufungsentscheidung vom 9. Jänner 1997 wies der Gemeindevorstand die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 13. August 1996 "mangels Parteistellung" als unzulässig zurück. Dies mit der Begründung, die Agrargemeinschaft sei Eigentümerin des Grundstückes, auf dem der Beschwerdeführerin ein Baurecht eingeräumt worden sei. Zur Entrichtung des Erschließungsbeitrages sei die Agrargemeinschaft als bücherliche Eigentümerin verpflichtet. Der Beschwerdeführerin komme als Bauberechtigte in einem Verfahren zur Festsetzung des Erschließungsbeitrages keine Parteistellung zu. Die bescheidmäßige "Zuerkennung der Parteistellung" durch den Bürgermeister entfalte auf Grund seiner Rechtskraft Rechtswirkungen, das heiße, der Beschwerdeführerin kämen alle Parteirechte zu, sie werde jedoch nicht zur Abgabenschuldnerin.
Mit weiterem Bescheid vom 9. Jänner 1997 hob der Gemeindevorstand den Bescheid vom 7. August 1996 betreffend Zuerkennung der Parteistellung der Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren betreffend Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages an die Agrargemeinschaft wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In der Begründung des Bescheides heißt es, der Gemeindevorstand sei nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, daß aus der Gesetzeslage eindeutig hervorgehe, daß Beitragsschuldnerin die Agrargemeinschaft sei. Einer anderen als der Beitragsschuldnerin könne der Bescheid nicht zugestellt werden. Die Frage der Parteistellung sei nicht aus dem AVG zu beantworten, sondern nur aus dem Inhalt der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften. Zur Entrichtung des Erschließungsbeitrages sei der Eigentümer des Bauplatzes verpflichtet. Ein Bescheid könne gemäß § 222 Abs. 2 TLAO von der Oberbehörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden; derartige Maßnahmen seien bis zum Ablauf eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides zulässig.
Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 25. Februar 1997 die gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 9. Jänner 1997 betreffend Aufhebung des Bescheides vom 7. August 1996 erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, aus der materiell-rechtlichen Vorschrift des § 19 Abs. 1 TBO gehe eindeutig hervor, daß Beitragsschuldner im Verfahren betreffend die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages nur der Eigentümer des Bauplatzes - im vorliegenden Verfahren die Agrargemeinschaft - sei. Einem anderen als dem Beitragsschuldner könne der Bescheid nicht zugestellt werden. Wirtschaftlichen Interessen käme nur dann ein rechtlicher Schutz zu, wenn dieser vom Gesetz ausdrücklich eingeräumt werde. Der Beschwerdeführerin sei insoweit beizupflichten, als auch im Privatrecht begründete Interessen rechtliche Interessen seien, entscheidend für die Parteistellung sei jedoch zunächst, daß die verwaltungsbehördliche Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden überhaupt bestimmend eingreife, weiters aber noch, daß darin eine unmittelbare und nicht bloß abgeleitete Wirkung zum Ausdruck komme. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz könne einen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bis zum Ablauf eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides aufheben (§ 222 Abs. 2 und 4 i.V.m. § 225 Abs. 1 TLAO). Der Gemeindevorstand habe in Anwendung dieser Bestimmung zulässigerweise den Bescheid des Bürgermeisters betreffend Zuerkennung der Parteistellung aufgehoben.
Mit dem Bescheid vom 14. Mai 1997 wies die belangte Behörde die Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 9. Jänner 1997 wegen Zurückweisung einer Berufung betreffend Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, zur Entrichtung des Erschließungsbeitrages verpflichtet und dadurch alleiniger Bescheidadressat sei gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz TBO der Eigentümer des Bauplatzes, sohin die Agrargemeinschaft. Die Erlassung bestimmter Abgabenbescheide könne nur derjenige verlangen, dem in dem betreffenden Abgabenverfahren Parteistellung zukomme. Ein wirtschaftliches Interesse reiche nicht aus; wirtschaftliche Interessen hätten nur dann einen rechtlichen Schutz, wenn dieser vom Gesetz ausdrücklich eingeräumt werde. Auch im Privatrecht begründete Interessen - wie die Tragung der Kosten der Erschließung durch die Beschwerdeführerin auf Grund des Baurechtsvertrages - stellten rechtliche Interessen dar, entscheidend für die Parteistellung sei jedoch, daß die verwaltungsbehördliche Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden überhaupt bestimmend eingreife, weiters aber, daß darin eine unmittelbare und nicht bloß abgeleitete Wirkung zum Ausdruck komme. Es sei davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin zur Einbringung der Berufung aktiv nicht legitimiert gewesen sei und der Gemeindevorstand die Berufung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen habe.
Gegen den Bescheid vom 25. Februar 1997 richtet sich die mit Zl. 97/17/0132 protokollierte Beschwerde. Weiters stellte die Beschwerdeführerin eventualiter den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, für den Fall, daß der Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß der Beschwerde der Ansicht sein sollte, die Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 9. Jänner 1997 sei unzulässig gewesen (dieser Antrag ist protokolliert unter hg. Zl. 97/17/0131).
Gegen den Bescheid vom 14. Mai 1997 richtet sich die mit Zl. 97/17/0219 protokollierte Beschwerde. Weiters stellte die Beschwerdeführerin eventualiter den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, für den Fall, daß der Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß der Beschwerde der Ansicht sein sollte, die Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 9. Jänner 1997 sei unzulässig gewesen (protokolliert unter hg. Zl. 97/17/0218).
In beiden Beschwerdefällen erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten auf Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren über den Erschließungskostenbeitrag gemäß § 19 TBO, auf Beachtung des Grundsatzes der rechtskräftig entschiedenen Sache, auf Beachtung der Bestimmung des § 216 TLAO sowie auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens verletzt. Die Beschwerdeführerin macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde erstattete Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verbindung der Rechtssachen wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung beschlossen und danach erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz TBO entsteht mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung für den Neubau eines Gebäudes oder die Änderung eines Gebäudes, durch die eine Baumasse vergrößert wird, für den Eigentümer des Bauplatzes die Verpflichtung, der Gemeinde einen Beitrag zu den Kosten der Verkehrserschließung (Erschließungsbeitrag) zu leisten.
Abgabepflichtiger dieses Erschließungsbeitrages ist der Eigentümer im Sinne des bürgerlichen Rechts (vgl. hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1986, Zl. 84/17/0164).
Ein Bauberechtigter ist nach der TBO weder Abgabepflichtiger noch Haftender des mit der Verwirklichung des Tatbestandes entstandenen Erschließungsbeitrages. Der Abgabenanspruch entsteht ausschließlich gegenüber dem Eigentümer des Bauplatzes. Eine Schuldübernahme sieht weder die TBO noch die Tiroler Landesabgabenordnung (TLAO) vor.
Die bescheidmäßige Vorschreibung des Erschließungsbeitrages hatte daher ausschließlich an den Eigentümer des Bauplatzes - die Agrargemeinschaft - zu ergehen. Nur diese war als Abgabepflichtige Partei des Abgabenverfahrens betreffend Vorschreibung des Erschließungsbeitrages. Anderen Personen kam die Parteistellung in diesem Abgabenverfahren nicht zu. Bloße wirtschaftliche Interessen oder die tatsächliche Tragung von Abgaben oder Kosten des Verfahrens eines anderen - z.B. auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung - begründen die Parteistellung des wirtschaftlich Belasteten in einem Abgabenverfahren nämlich nicht (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 775).
Die Beschwerdeführerin hatte als Bauberechtigte in dem Verfahren der Festsetzung einer ausschließlichen Gemeindeabgabe (§ 6 Z. 5 F-VG), in dem die TLAO und nicht das AVG anzuwenden ist, kein Recht auf die Erlassung eines an sie gerichteten Abgabenbescheides. Wer Partei des Abgabenverfahrens ist, bestimmen ausschließlich die Abgabenvorschriften. Weder vertragliche Vereinbarungen zwischen Abgabenpflichtigen und anderen Personen über die Tragung vorgeschriebener Abgaben noch behördliche Verfügungen können eine von Gesetzes wegen nicht gegebene Parteistellung rechtmäßig begründen. Die auf Antrag der Beschwerdeführerin erfolgte bescheidmäßige "Zuerkennung der Parteistellung" im Verfahren betreffend Vorschreibung des der Agrargemeinschaft entstandenen Erschließungsbeitrages war mangels einer gesetzlichen Grundlage somit rechtswidrig.
Gemäß § 222 Abs. 2 TLAO kann ein Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes von der Oberbehörde aufgehoben werden.
Der als Oberbehörde eingeschrittene Gemeindevorstand begründete die Aufhebung des Bescheides über die "Zuerkennung der Parteistellung" - der Bescheidcharakter der Entscheidung vom 7. August 1996 ist zu Recht nicht strittig - mit dem Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Parteistellung der Beschwerdeführerin in dem Abgabenverfahren betreffend den Erschließungsbeitrag. Gegen diesen Bescheid des Gemeindevorstandes war - wie in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides zutreffend wiedergegeben - gemäß § 112 Tiroler Gemeindeordnung (TGO) die Vorstellung zulässig. Die fristgerecht erhobene Vorstellung wurde allerdings als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde kam zu dem Ergebnis, daß die Abgabenbehörde zweiter Instanz als Oberbehörde den Bescheid des Bürgermeisters zulässigerweise aufgehoben hat.
Die Beschwerde rügt nun, der Aufhebungsbescheid des Gemeindevorstandes sei mangelhaft geblieben, weil die Ermessensentscheidung nicht begründet worden sei.
Ermessensentscheidungen sind zu begründen. Die Begründung hat die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen soweit aufzuzeigen, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf die Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 30. April 1993, Zl. 91/17/0121).
Der Aufhebungsbescheid des Gemeindevorstandes stützt sich auf die Feststellung, daß die Beschwerdeführerin bezüglich des Erschließungsbeitrages nicht abgabepflichtig sei und ihr im Verfahren daher keine Parteistellung zukommen könne. Gründe, die für den Weiterbestand des rechtswidrigen Bescheides sprechen, wurden im Bescheid nicht angeführt.
Mit dieser Begründung hat der Gemeindevorstand jedoch den Umstand aufgezeigt, der für die Behebung des rechtswidrigen Bescheides entscheidend war. Wenn auch weitere Gründe, die für oder gegen die Behebung des Bescheides sprechen könnten, nicht angeführt sind, so wurde solcherart doch auch die für die Behörde maßgebliche und nachprüfbare Erwägung der Ermessensübung dargestellt.
Die Beschwerdeführerin rügt zwar die ihrer Ansicht nach mangelnde Ermessensübung, verabsäumt es aber, die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels darzutun, der zur Aufhebung des Bescheides des Gemeindevorstandes durch die belangte Behörde hätte führen müssen. Wenn somit im angefochtenen Bescheid die Feststellung getroffen wurde, der Gemeindevorstand habe in Anwendung des § 222 Abs. 2 und 4 i. V.m. § 225 Abs. 1 TLAO den Bescheid des Bürgermeisters vom 7. August 1996 zulässigerweise aufgehoben, dann erweist sich dies als nicht rechtswidrig, zumal die Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Verfahrensstellung der Beschwerdeführerin selbst rechtswidrig gewesen wäre, die Aufhebung des genannten Bescheides des Bürgermeisters durch den Gemeindevorstand im Aufsichtsweg deshalb geboten war und Umstände im Sinne des § 18 TLAO, die gegen die Bescheidaufhebung sprächen, nicht ersichtlich sind.
Die mit Zl. 97/17/0132 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1997 erweist sich somit als nicht begründet.
Gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 9. Jänner 1997, mit dem der Bescheid des Bürgermeisters vom 7. August 1996 von der Oberbehörde aufgehoben wurde, war gemäß § 112 Abs. 1 TGO die Vorstellung zulässig; sie war allerdings nicht begründet. Ein weiteres Eingehen auf den in der Beschwerde nur eventualiter gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Beschwerdeverfahren hg. Zl. 97/17/0131), falls der Verwaltungsgerichtshof die Vorstellung gegen den genannten Bescheid vom 9. Jänner 1997 als unzulässig erachten sollte, erübrigt sich daher.
Der Erschließungsbeitrag nach § 19 TBO wurde im zweiten Rechtsgang mit Bescheid vom 13. August 1996 vorgeschrieben. Dieser Bescheid ist an die Agrargemeinschaft ergangen und wurde in Ablichtung der Beschwerdeführerin zugestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 9. Jänner 1997 "mangels Parteistellung" als unzulässig zurückgewiesen wurde. Gegen diesen Bescheid war gemäß § 112 Abs. 1 TGO die Vorstellung zulässig. Diese wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen.
Partei des Abgabenverfahrens ist gemäß § 58 TLAO der Abgabepflichtige.
Gemäß § 57 Abs. 1 TLAO ist Abgabenpflichtiger im Sinn dieses Gesetzes, wer nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt.
Gemäß § 58 Abs. 1 TLAO ist auch jeder, der eine Berufung einbringt (Berufungswerber) oder einem Berufungsverfahren beigetreten ist (§§ 193 und 202), Partei im Berufungsverfahren.
Durch die Einbringung einer Berufung gegen die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages war die Beschwerdeführerin Partei eines durch ihre Berufung initiierten Berufungsverfahrens.
Gemäß § 76 Abs. 1 TLAO müssen alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörde die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in den Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, daß die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist.
In der "Zustellverfügung" des Bescheides vom 13. August 1996 ist vermerkt, daß der Bescheid an die Agrargemeinschaft und eine "Kopie" dieses Bescheides an die Beschwerdeführerin ergehen soll. Daß bloß eine Kopie des Bescheides der Beschwerdeführerin zukam, deckt sich mit dem Akteninhalt und dem Beschwerdevorbringen.
Eine bloße Kopie eines an eine andere Person ergangenen Bescheides entbehrt der eigenhändigen Unterfertigung des Genehmigenden - eine mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellte Ausfertigung des Bescheides lag nicht vor -, weshalb dem Schriftstück eine wesentliche Voraussetzung einer wirksamen schriftlichen Erledigung fehlte. Schon aus diesem Grund lag kein an die Beschwerdeführerin ergangener Bescheid über die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages nach § 19 TBO vor.
Da der Beschwerdeführerin der Erschließungsbeitrag nicht mit Bescheid vorgeschrieben wurde, war sie - sie verwirklichte auch den Abgabentatbestand nicht - keine von der Behörde herangezogene Abgabenschuldnerin und wurde durch die - wie die belangte Behörde ausführte - zur Information erfolgte Zustellung der Kopie dieses Bescheides nicht Partei des Abgabenverfahrens. Die Beschwerdeführerin erhob allerdings Berufung gegen diesen Abgabenfestsetzungsbescheid vom 13. August 1996. Als Berufungswerberin wurde sie zwar nicht Abgabepflichtige, aber Partei eines Verfahrens über ihre "Berufung".
Gegen Bescheide der Abgabenbehörden erster Instanz ist gemäß § 190 TLAO das Rechtsmittel der Berufung zulässig, soweit nicht in Abgabenvorschriften ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt wird.
Gemäß § 204 Abs. 1 lit. a TLAO hat die Abgabenbehörde erster Instanz eine Berufung, die gegen einen von ihr erlassenen Bescheid eingebracht worden ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist.
Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat gemäß § 209 TLAO zu prüfen, ob ein von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht aufgegriffener Grund zur Zurückweisung der Berufung vorliegt. Ist ein solcher Grund gegeben, so hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Zurückweisung mit Bescheid auszusprechen.
Da die an die Beschwerdeführerin zugestellte Kopie des an die Agrargemeinschaft ergangenen Bescheides keinen Bescheidcharakter hatte, war die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den "Bescheid" vom 13. August 1996 unzulässig und daher aus diesem Grund zurückzuweisen.
Der Gemeindevorstand wies die von der Beschwerdeführerin eingebrachte Berufung mit Bescheid vom 9. Jänner 1997 "mangels Parteistellung" mit der Begründung zurück, alleinige Bescheidadressatin der Abgabenvorschreibung sei die Agrargemeinschaft und der Beschwerdeführerin komme als nicht Abgabepflichtige keine Parteistellung im Verfahren über die Festsetzung des Erschließungsbeitrages zu.
Mit der in Rede stehenden Zurückweisung der Berufung behandelte der Gemeindevorstand die Beschwerdeführerin als Partei ihres Berufungsverfahrens, die ein Recht auf Entscheidung über ihre Berufung - sei es auch im Wege einer Zurückweisung - hatte. Mit der Begründung, die Beschwerdeführerin sei nicht Abgabenschuldnerin, war die Behörde im Ergebnis im Recht, weil die Beschwerdeführerin weder abgabepflichtig ist noch ein Abgabenbescheid mit einer Leistungsverpflichtung - allenfalls auch ohne abgabepflichtig zu sein - an sie ergangen ist. Die mehrdeutige Bescheidformulierung "mangels Parteistellung" ist über die Begründung des Bescheides auszulegen. Dabei wird offenkundig, daß der Gemeindevorstand mit Recht die Abgabepflicht der Beschwerdeführerin und die daraus erwachsende Parteistellung im Abgabenverfahren in Abrede stellte. Bei diesem Bescheidverständnis erweist sich der Bescheid des Gemeindevorstandes vom 9. Jänner 1997 als nicht rechtswidrig.
Die belangte Behörde durfte daher die gemäß § 112 TGO zulässige Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 9. Jänner 1997 mangels Vorliegens eines rechtswidrigen Bescheides als unbegründet abweisen (hg. Beschwerdeverfahren Zl. 97/17/0219).
Gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 9. Jänner 1997, mit dem die Berufung der Beschwerdeführerin zurückgewiesen wurde, war gemäß § 112 TGO die Vorstellung zulässig, diese war jedoch unbegründet. Ein weiteres Eingehen auf den in der Beschwerde nur eventualiter gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
(hg. Beschwerdeverfahren Zl. 97/17/0128), falls der Verwaltungsgerichtshof die Vorstellung gegen den genannten Bescheid vom 9. Jänner 1997 als unzulässig erachten sollte, erübrigt sich daher.
Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die behauptete Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht vorliegt. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Vervielfältigung von AusfertigungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997170131.X00Im RIS seit
03.04.2001