Entscheidungsdatum
12.01.2020Norm
BFA-VG §21 Abs7Spruch
I409 2225946-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Ägypten, vertreten durch den "Verein Menschenrechte Österreich" in 1090 Wien, Alser Straße 20, gegen den Spruchpunkt IV des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9. Dezember 2019, Zl. 1251899101/191253979, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer stellte am 10. November 2019 am Flughafen XXXX im Transitbereich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 20. November 2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 33 Abs. 1 Z 3 und 4 iVm § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (Spruchpunkt I) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (Spruchpunkt II) als unbegründet ab und erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (Spruchpunkt III).
Gegen diesen Bescheid wurde gegen Spruchpunkt I und II das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.
Mit Erkenntnis vom 5. Dezember 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab.
Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. Dezember 2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß "§ 57 AsylG" nicht erteilt (Spruchpunkt I). Gemäß "§ 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß "§ 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen (Spruchpunkt II). Gemäß "§ 52 Absatz 9 FPG" wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß "§ 46 FPG" nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III). Weiters wurde gemäß "§ 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 FPG" gegen den Beschwerdeführer ein befristetes Einreiseverbot auf die Dauer von fünf Jahren erlassen (Spruchpunkt IV). Darüber hinaus wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß "§ 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-VG" die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V).
Gegen den Spruchpunkt IV dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Beschwerde gegen Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides
A) 1. Feststellungen
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Ägyptens, Angehöriger der Volksgruppe der Araber; er bekennt sich zur sunnitisch-islamischen Glaubensrichtung und ist ledig. Seine Muttersprache ist Arabisch. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.
Der Beschwerdeführer stammt aus der Region al-Gharbiyya. Seine Eltern, seine Schwester sowie sonstige Verwandte (Onkel und Cousins) leben in Ägypten. In Österreich und den übrigen Mitgliedsstaaten weist er keine familiären Anknüpfungspunkte auf.
Der Beschwerdeführer ist erwerbsfähig und leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer hielt sich seit seiner Einreise am 10. November 2019 im Transitbereich des Flughafens XXXX auf und ihm wurde die Einreise nach Österreich nicht gestattet. Er versuchte illegal in das Bundesgebiet einzureisen, um seinen kranken Vater in Ägypten durch seine Arbeit in Österreich finanziell unterstützen zu können, wobei er keinen legalen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt hat. Er verfügte über Barmittel in der Höhe von Euro 312,61.
Nach der Abweisung seines Asylantrages kam er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach.
A) 2. Beweiswürdigung
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.
A) 3. Rechtliche Beurteilung
A) 3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
§ 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:
"Einreiseverbot
§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. ...;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. ...
(3) ...".
A) 3.2. Zum befristeten Einreiseverbot (Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides):
1.1. Nach Maßgabe des § 53 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige "den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag" (Z 6).
1.2. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ergibt auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann:
Im Lichte des Art. 8 EMRK ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des volljährigen und gesunden Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise in das Bundesgebiet am 10. November 2019 etwa zwei Monate gedauert hat (vgl. dazu etwa das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 8. April 2008, Nnyanzi gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist). Jedoch versuchte er, illegal in das Bundesgebiet einzureisen, und er hielt sich lediglich auf der Grundlage eines unbegründeten Asylantrages im Transitbereich des Flughafen XXXX auf und kam nach der Abweisung seines Asylantrages seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach.
Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 2002, 98/18/0260, vom 18. Jänner 2005, 2004/18/0365, vom 3. Mai 2005, 2005/18/0076, vom 17. Jänner 2006, 2006/18/0001, und vom 9. September 2014, 2013/22/0246).
Da der Beschwerdeführer in Österreich und den übrigen Mitgliedsstaaten kein Privat- und Familienleben führt, kann die Erlassung eines Einreiseverbotes - unter Zugrundelegung der unter Punkt A) 1. getroffenen Feststellungen - jedenfalls als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden. Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zuungunsten des Beschwerdeführers und zugunsten des öffentlichen Interesses an der Erlassung eines Einreiseverbotes aus.
1.3. Für die belangte Behörde bestand auch kein Grund, im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (arg: "kann") von der Erlassung des Einreiseverbotes Abstand zu nehmen, liegt doch die Voraussetzung des § 53 Abs. 2 Z 6 Fremdenpolizeigesetz 2005 für die Erlassung eines Einreiseverbotes - das Unvermögen, den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen - eindeutig vor, sodass eine auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Verhängung eines Einreiseverbotes offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes (Art. 130 Abs. 2 B-VG) liegen würde.
1.4. Zur Befristung des Einreiseverbotes ist auf die obenstehenden Erwägungen unter Rz 1.2. zu verweisen. Ausgehend von diesen Überlegungen besteht für das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung, die von der belangten Behörde mit fünf Jahren festgesetzte Befristungsdauer des Einreiseverbotes zu reduzieren.
2. Aus dem Gesagten war die Beschwerde gegen den Spruchpunkt IV des erstangefochtenen Bescheides, mit dem ein auf § 53 Abs. 2 Z 6 Fremdenpolizeigesetz 2005 gestütztes Einreiseverbot verhängt worden war, gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
A) 4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt [vgl. dazu insbesondere die Ausführungen unter den Punkten A) 3.2.1. und A) 3.2.7.], sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung daher unterbleiben konnte. Selbst bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten ist auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 2018, Ra 2018/19/0082).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Einreiseverbot, Interessenabwägung, Mittellosigkeit, öffentlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I409.2225946.2.00Zuletzt aktualisiert am
08.05.2020