Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* GmbH, *, vertreten durch Edthaler Leitner-Bommer Schmieder & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17–19, und deren Nebenintervenientin P* GesmbH, *, vertreten durch Kaan Cronenberg & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, wegen 925.555,19 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. September 2019, GZ 12 R 30/19y-29, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 15. Jänner 2019, GZ 4 Cg 52/17x-24, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Am 3. 7. 1996 verfasste DI Dr. W* T* betreffend die Hochwasserdosieranlage „K*“ ein geologisches Gutachten, in dem er dem Material der Seitenentnahmestelle die entsprechende Eignung attestierte. Beim Seitenentnahmematerial handelt es sich um das aus dem an den Damm angrenzenden Hang zu gewinnende Material, das als Dammbaustoff verwendet werden sollte. Der Hang (Grundstück Nr * KG *) steht im Eigentum des Stifts A*.
Mit wasserrechtlichem Bescheid der BH Liezen vom 27. 1. 1997, GZ 3.O-A 516-96, wurde die Errichtung des Hochwasserdosierwerks „K*“ bewilligt. In diesem Bescheid war unter „Übereinkommen“ unter anderem festgehalten:
[...]
B) Durch die geplanten Maßnahmen werden Grundstücke des *stiftes A* in Anspruch genommen. Und zwar durch:
...
2) Das Hochwasserdosierkraftwerk K* – einschließlich des Grundsees sowie der Materialseitenentnahme (Post Nr. 3).
Gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung und Betreibung der Anlagen sowie die kosten- und lastenfreie Zurverfügungstellung der erforderlichen Grundflächen besteht seitens des Stifts A* dann kein Einwand, wenn nachstehenden Festhaltungen bzw Forderungen entsprochen wird:
….
2)
...
Für die im Bereich des Dosierwerks vorgesehene Materialentnahme ist ein noch auszuhandelnder Abbauschilling (in Anlehnung an entsprechende Entnahmen für Weg-Erhaltungsschotter) zu leisten. Nach Beendigung dieser Entnahme ist der ursprüngliche Zustand ... wiederherzustellen“.
In der Begründung des Bescheids war unter anderem festgehalten:
„6)
...
Das Material für die Dammherstellung (rund 50.000 m3) soll aus dem unmittelbar südwestlich gelegenen Moränenrücken gewonnen werden, und ist dieses nach den durchgeführten Untersuchungen gut geeignet. Mit dem Materialüberschuss aus der Herstellung des Grundsees sowie dem teilweise erforderlichen Bodentausch der Dammaufstandsfläche kann die Seitenentnahme zu einem großen Teil wieder aufgefüllt werden. Dieses Material ist vor allem wegen seiner Torfeinlagerungen für den statisch wirksamen Dammquerschnitt nicht verwendbar. Ein Teil hievon wird jedoch als Begrünungsschwarte auf die Dammoberfläche aufgebracht. ….“
Zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheids war die Errichtung des Hochwasserdosierwerks „K*“ als Homogen-Damm vorgesehen.
Im naturschutzrechtlichen Bescheid der BH Liezen vom 25. 8. 1997, GZ 6.O-A 312-96 war unter anderem festgehalten:
„Auflagen
zu erfüllen bzw. einzuhalten:
Begründung
...
Die Wildbach- und Lawinenverbauung, Gebietsbauleitung Unteres E*- und S*tal, hat ... um die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Verbauung des L*baches von hm 0,0 - hm 67,0 mit Errichtung eines Geschiebedosierwerks oberhalb des G* und eines Hochwasserdosierwerks auf der K* einschließlich einer Seitenentnahme ... angesucht.
...
Post 3, hm 61,7 bis hm 67,0:
...
Seitenentnahme aus einem Moränenrücken im Ausmaß von rund 50.000 m3 zur Materialgewinnung für die Dammherstellung ...“
Die Errichtung des Hochwasserdosierwerks „K*“ verzögerte sich. Im September 2006 verfasste DI Dr. K* L* betreffend das Rückhaltebecken K* ein geotechnisches Gutachten. Er hielt betreffend des Gutachtens DI Dr. T* fest, dass aus dessen Text und Laborblättern nicht hervorgehe, aus welchem Bereich der Seitenentnahme die Bodenproben stammen, sowie dass keine entsprechenden Bodenprofile vorhanden seien. DI Dr. K* L* ließ daher am 25. 7. 2006 vier Schürfe im Bereich der geplanten Seitenentnahme durchführen und entnahm daraus zwei repräsentative Bodenproben. In dem Gutachten wurde weiters ausgeführt:
„4. Ergebnis Schurferkundung 2006
...
Seitenentnahmebereich
Mittels 4 Schürfe wurde das Wiesengelände nördlich der K*straße erkundet. ...
Alle Schürfe zeigen unterhalb von 25 bis 35 cm Mutterboden mit Grasnarbe sandigen gering kiesigen Schluff von hellbrauner Farbe und lockerem Gefüge. Die Mächtigkeit dieses Bodens (SU nach ÖNORM B 4400) schwankt zwischen 0,8 m (S 3) und 1,2 m (S 1). Darunter wurden Abfolgen von gering schluffigen Kiesen mit Steinen meist <20 cm (feinkornarmer Moränenschutt, Bodengruppe GW) und schluffigen Kiesen bis kiesigen Sand-Schluffen (GU, GU, SU) angetroffen. Bei S 3 zeigte sich ein Block im Durchmesser von maximal ca 90 cm. Zwei ausgewählte Bodenproben aus der Schürfe S2, entnommen aus 2,2 bis 2,3 m Tiefe und aus S 4 2,3 bis 2,5 m Tiefe zeigen folgende Kornzusammensetzung [...]
6. Dammaufbau
6.1 Dammschüttmaterial
Von der Materialzusammensetzung aus der Seitenentnahme liegen ... grobkörnige und gemischtkörnige Bodengruppen entsprechend ÖNORM B 4400 vor.
SU – oberflächennaher kiesiger Sand-Schluff
SU – schlämmkornreichere kiesige Sand-Schluffe
GU – schluffige Sand-Kiese
GU – stark schluffige Sand-Kiese bis hin zu Kies-Sand-Schluff Gemenge
GW – weit gestufte sandige, gering schluffige Kiese
Stark untergeordnet können noch Linsen und Lagen von Sanden (SW, SE) vorhanden sein.
Feinkornarme Böden der Gruppen GW und GU sind gut verdichtbar, besitzen jedoch eine große Durchlässigkeit. Feinkornreiche Böden der Gruppe SU und GU besitzen die für einen Homogendamm erforderliche geringe Durchlässigkeit, sie sind bei hohen natürlichen Wassergehalten – wie sie bei der Schürferkundung angetroffen wurden – ungünstig zu verdichten. Großklasten (Moränenblöcke) von mehr als 1/3 der Einbaustärke sind grundsätzlich auszuscheiden. ...
Aufgrund der unterschiedlichen und beim Abbau nur mit Aufwand zu trennenden Böden sowie der relativ geringen Anteile an Böden der Bodengruppe GU/GU wird daher die Ausführung des Dammes mit Innendichtung empfohlen. Im Seitenentnahmebereich werden Mutterboden und die darunter lagernden braunen Schluffe jeweils getrennt abgeschoben und für das spätere Wiederaufbringen zwischengelagert. Sodann erfolgt die Materialgewinnung bis auf die gewünschte Höhe/Tiefe an einer ca 45° geneigten Abbauböschung. Blöcke > 1/3 der Stärke der Einzelschüttlagen im Damm sind auszusondern. Stärker schluffige Horizonte (SU, SU) können mit gering schluffigen Kiesen (im Zuge des Abbaus) vermischt werden. Ein Einbau der Bodengruppe SU, SU ist eventuell dann möglich, wenn bei günstigem natürlichem Wassergehalt die geforderte Verdichtung erreicht werden kann. Andernfalls ist dieser schlämmkornreiche Boden auszuscheiden.
...“
Weiters empfahl der Gutachter für die Abdichtung des Dammes und des Dammuntergrundes die Errichtung einer Spundwand, deren Oberkante ca 1 m über dem Wasserspiegel des Grundsees zu liegen kommen sollte.
Die Beklagte beauftragte die Nebenintervenientin mit der Ausschreibung des Projekts und der örtlichen Bauaufsicht. Die Ausschreibung erfolgte 2013 im offenen Verfahren nach dem BVergG 2006 in der Novelle 2012-11-07 im Unterschwellenbereich.
Das von der Nebenintervenientin aufgesetzte Anbotsschreiben für Erd- und Baumeisterarbeiten, Spezialtiefbauarbeiten enthielt nachfolgende Ausführungen:
„... B) Angebots- und Vergabebestimmungen
B.6 Ausschreibungsunterlagen
Die dem Bieter elektronisch zur Verfügung gestellten Ausschreibungsunterlagen bestehen aus:
...
- Datenträger Leistungsverzeichnis (...)
- Wasserrechtsbescheid (...)
- Naturschutzbescheid (...)
- Geologie Dr. L* (...)
- Geologie Dr. T* (...)
B7 abzugebende Unterlagen
Mit dem Angebot sind folgende Unterlagen abzugeben ...
...
B7.3 mit Angebot: Zustimmung Stift A*
Für eine geplante Materialentnahme (Seitenentnahme für die Dammschüttung) bzw auch für Geländekorrekturen ist die schriftliche Zustimmung des Stifts A* (Grundeigentümer) zwingend erforderlich.
...
B12 Gesetzliche Vorschriften und behördliche Genehmigungen
Seitens der AG wurden folgende behördliche Genehmigungen eingeholt:
- Die wasserrechtliche Bewilligung ...
- Die naturschutzrechtliche Bewilligung ...
...
Die darin enthaltenen behördlichen Auflagen sind vom AN einzuhalten.
D) Projektbezogene Bestimmungen
...
D1 Projektbezogene Festlegungen
...
Die gegenständliche Ausschreibung umfasst die Leistungen zur Errichtung einer Wasserdosieranlage auf der K*
...
Grundlagen:
Die Grundlagen für die Ausführung des Schutzwasserbauwerks bilden:
- Die wasserrechtliche Bewilligung ...
- Die naturschutzrechtliche Bewilligung ...
...
- Geotechnisches Gutachten vom 7. Februar 1996, erstellt durch das Ingenieurbüro für Geotechnik und Bauwesen Ingenieurkonsulent DI Dr. techn W* T* ...
- Geotechnisches Gutachten vom September 2006 für das Rückhaltebecken K*, erstellt von Herrn DI Dr. K* L*
...
Ort, Art und Zweck der Anlage
...
Zweck der Anlage
...
Die Anlage ist am Talschluss des K* Beckens vorgesehen, und zwar in Form eines Homogendammes mit Dichtkern und Grundablass, sowie einem Grundsee.
...
Geologie
Grobe Übersicht für den Bodenaufbau der Dammaufstandsfläche:
...
Bei einer Seitenentnahme für die Dammschüttung wurde folgendes erkundet:
- 2,5 m feinkornarmer Moränenschutt (ca 55 % Kies)
- 3,5 m überkonsolidierter sandiger Kies
somit größtenteils nicht die geforderte geringe Durchlässigkeit für einen Homogendamm ohne Dichtkern. Im Detail siehe auch das Bodengutachten Dr. L*.
...
Eckdaten der Anlage
...
Homogendamm
...
Dammschüttung ca 59.000 m2
Der Damm ist mit geeignetem Material abgetreppt lageweise aufzubauen und zu verdichten.
Aufgrund der unterschiedlichen und beim Abbau nur mit Aufwand zu trennenden Böden sowie der relativ geringen Anteile an Böden mit der Bodengruppe GW und GU wird ein Homogendamm mit Innendichtung ausgeführt (L* auf Basis Seitenentnahme)
...
Material für Dammschüttung:
In den Leistungspositionen ist generell das Liefern des Dammschüttmaterials enthalten.
Die Abtragskubaturen für die Herstellung der Dammaufstandsfläche (Bodenauswechslung) wurden in Abstimmung mit der Geotechnik vorsichtig angenommen. Im Detail wird ... auch auf das Gutachten DI Dr. L* verwiesen. ... Es wird daher darauf hingewiesen, dass für Materialentnahmen aus dem südlichen Wiesenbereich (rechts der Mautstraße) stichenprobenartig Erkundungen durchgeführt wurden und für den Abbau zum Zweck der Dammschüttung mit dem Stift A* eine Vereinbarung getroffen werden kann.
Vorerkundung:
Mittels 4 Schürfen wurde das westliche Wiesengelände erkundet.
...
Alle Schürfe zeigen unterhalb von ca 25 bis 35 cm Mutterboden mit Grasnarbe sandigen, gering kiesigen Schluff von hellbrauner Farbe und lockerem Gefüge. Die Mächtigkeit dieses Bodens (SU nach ÖNORM B 4400) schwankt zwischen 0,8 m (S3) und 1,2 m (S1).
Das Material für die Seitenentnahme wurde durch Dr. L* geprüft und ist nur mit einer Bauweise mit Kerndichtung geeignet, die Kerndichtung wurde in das Projekt aufgenommen.
Aus dem Gutachten:
Vorschlag zur seitlichen Materialentnahme (rechts der Mautstraße):
Im Seitenentnahmebereich werden Mutterboden und die darunter liegenden braunen Schluffe jeweils getrennt abgeschoben. Sodann erfolgt die Materialgewinnung. Blöcke > 1/3 der Stärke der Einzelschüttungen im Damm sind auszusondern.
Es steht dem AN frei, das Dammschüttmaterial von diesem Bereich zu beziehen. Eine Abstimmung mit dem Stift A* mit einer schriftlichen Zustimmung des Stiftes ist in der Angebotsphase erforderlich. ...
...
Die notwendigen behördlichen Bewilligungen für diese Seitenentnahme und für die erforderlichen Geländekorrekturen sind vom AN zu bewirken. In diesem Fall erteilt das Stift A* als Grundeigentümer die schriftliche Zustimmung, welche für die Behördenwege erforderlich sind.
...
Für die Position 03.3020B „Schüttmaterial frostsicher und verdichtbar liefern“ sind die Kalkulationsunterlagen (K7-Blätter) und die Zustimmung des Stiftes A* den abzugebenden Ausschreibungsunterlagen beizulegen
...
E) Vertragsbestimmungen
2. Begriffsbestimmungen
...
2.10 Liefern:
Das Liefern beinhaltet den Erwerb, den Abtransport zur Verwendungsstelle oder zur angegebenen Lagerungsstelle und das Abladen von Materialien, Werkstücken udgl, die dazu bestimmt sind, in das Eigentum des Auftraggebers überzugehen.
...“
Am 5. 3. 2013 übermittelte die Nebenintervenientin der Klägerin eine E-Mail, in der sie darauf hinwies, dass für jegliche Benutzung des Grundstücks mit der Nr *, KG * die Zustimmung des Grundeigentümers Stift A* notwendig sei.. Dafür sei Oberforstmeister DI F* R* zuständig.
Die Klägerin wandte sich, so wie auch alle anderen Interessenten an dem Auftrag – insgesamt waren es 11 –, an DI F* R*, Wirtschaftsführer und Leiter des Forstbetriebs des Stifts A*. F* R* verfasste eine Zustimmungsvereinbarung, die für alle Interessenten gleichlautend war, von allen unterschrieben wurde, und in dem Moment Gültigkeit erlangte, in dem einer der Interessenten mit der Ausführung des Werks beauftragt werden sollte.
Die die Klägerin betreffende Zustimmungserklärung umfasst den gesamten Baustellenbereich und zwar die Dammfläche, Forstwege, Wiesen und Lagerflächen sowie die Seitenentnahmestelle. Für die Zurverfügungstellung des Grundes hatte die Klägerin dem Stift A* 250.000 EUR zu zahlen. Die Beklagte war in die Errichtung der Zustimmungsvereinbarung nicht involviert. Allerdings gab es zuvor zwischen DI F* R* und dem Geschäftsführer der Nebenintervenientin Gespräche darüber, was gebraucht werde, welche Massen erforderlich seien.
Nach Zustimmung des Stifts A* legte die Klägerin am 8. 3. 2013 das Anbot. Ein Stabilisieren des Materials der Seitenentnahmestelle für den Fall, dass das Material zu feucht ist, wurde von der Klägerin in ihrer Kalkulation nicht berücksichtigt.
Die Klägerin wurde in weiterer Folge als Bestbieterin mit der Durchführung des Bauvorhabens „Wasserdosierwerk K*“ beauftragt.
Im Zuge der Abtragung des Materials von der Seitenentnahmestelle stellte die Klägerin fest, dass dieses zu viele Feinteile aufwies und zu nass war. Es wurde daher in der Folge nur „teilweise“ Material der Seitenentnahmestelle genommen, das vor der Verwendung mit Tragschichtbinder stabilisiert werden musste. Weiters entnahm die Klägerin Schüttmaterial für den Bau des Dammes dem K*bach („S*alm“), wobei es für diese Entnahme keiner weiteren Zustimmungsvereinbarungen mit dem Grundeigentümer, dem Stift A*, bedurfte.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von 925.555,19 EUR sA im Wesentlichen mit dem Vorbringen, dass sie als Bestbieterin in einem Ausschreibungsverfahren mit der Durchführung des Bauvorhabens „Wasserdosierwerk K*“ als Werkunternehmerin beauftragt worden sei. Auftraggeberin sei die Beklagte als Gebietskörperschaft im Sinn des § 3 Abs 1 Z 1 BVergG gewesen. Die Klägerin sei aufgrund der Angaben in der Ausschreibung von der Beklagten angewiesen worden, das Schüttmaterial aus dem angrenzenden Hang – welcher sich im Eigentum des Stifts A* befinde – zu verwenden. Voraussetzung im Rahmen der Ausschreibung sei es gewesen, eine Zustimmungserklärung vom Stift A* einzuholen. Die Seitenentnahme sei daher Bestandteil der Ausschreibung und der direkte Vertragsabschluss mit dem Stift zwingende Vorgabe gewesen. Die Geeignetheit der Anweisung und die Tauglichkeit des Materials aus der Seitenentnahme, ebenso wie das Baugrundrisiko für die Seitenentnahmestelle lägen in der Verantwortung der Beklagten. Bereits nach dem Gutachten von DI Dr. K* L* sei eine uneingeschränkte Verwendung ohne vorhergehende Maßnahmen nicht möglich gewesen. Die laut Gutachten geforderten Maßnahmen habe die Klägerin umgesetzt. Nach Baubeginn habe sie aber feststellen müssen, dass das Material auch darüber hinaus nicht den Anforderungen des zu errichtenden Dammes entsprach. Die hier geltend gemachten Mehrkosten seien nicht auf die im Gutachten beschriebenen und umgesetzten Maßnahmen zurückzuführen und beinhalten deshalb auch nicht die Kosten für Verdichtungsarbeiten, sondern seien vielmehr auf die erforderliche – im Gutachten nicht vorgesehene – Stabilisierung des Materials zurückzuführen. Die Stabilisierung des Materials mittels Tragschichtbinder sei notwendig gewesen, weil der Anteil der Bodengruppen „SU“ bzw „GU“ und/oder der natürliche Wassergehalt der Bodengruppen tatsächlich höher gewesen sei, als im Gutachten DI Dr. K* L* angenommen. Über erforderliche Mehraufwendungen aufgrund der Materialbeschaffung habe sie die Beklagte umgehend informiert.
Die Beklagte bestreitet und beantragt die Klagsabweisung. In den Ausschreibungsunterlagen finde sich keine Verpflichtung der Klägerin, den Damm mit dem Material der Seitenentnahmestelle herzustellen. Eine „konkret und verbindlich“ festgelegte Entnahme- bzw Bezugsstelle des Schüttmaterials habe es nicht gegeben. Die Beklagte habe vielmehr lediglich Vorgaben hinsichtlich der Qualität des Dammschüttmaterials und der Errichtungsweise des Dammes gemacht. Die nachträglichen Mehrkosten seien ausschließlich deswegen angefallen, weil die Klägerin das Material im Seitenentnahmebereich als untauglich eingestuft habe, ohne jedoch die in dem Gutachten DI Dr. K* L* beschriebenen Maßnahmen zur Tauglichmachung des Materials umzusetzen. stattdessen habe sie entschieden, das zunächst untaugliche Alternativmaterial durch Stabilisierungsmaßnahmen tauglich zu machen.
Die Nebenintervenientin bestreitet und beantragt die Klagsabweisung. Sie wendet im Wesentlichen ein, dass den Ausschreibungsunterlagen das Gutachten des DI Dr. K* L* beigelegen habe, das unmissverständlich aufgezeigt habe, dass das Material aus der Seitenentnahmestelle nur unter gewissen Bedingungen verwendbar sei. Es habe an die Klägerin keine Anweisung gegeben, Material aus der Seitenentnahmestelle zu nehmen. Die Auswahl der Bezugsquelle sei ihr freigestanden. Die Ausschreibungsunterlagen seien unmissverständlich. Die Tatsache, dass sich der Boden anders dargestellt habe, als von der Klägerin vermutet, stelle einen unbeachtlichen Kalkulationsirrtum dar.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Bei einer Gesamtbetrachtung aller der Klägerin zur Verfügung gestellten Unterlagen habe ein redlicher, verständiger Erklärungsempfänger das Angebot nur dahin verstehen können, dass für die Dammschüttung das Material von der Seitenentnahme des Stifts A* zu erfolgen habe und keine bloße Option sei. Aus dem Gutachten DI Dr. K* L* ergebe sich unzweideutig, dass die Tauglichkeit des Materials fraglich sein könnte. Aufgrund dieser Ausführungen hätte die Klägerin bei der Kalkulation ihres Angebots auch die Möglichkeit eines zu feuchten Materials der Seitenentnahme, das erst bearbeitet oder ausgeschieden werden müsse, berücksichtigen können und müssen. Die Kostenkalkulation zur Verarbeitung des Dammschüttmaterials sei der Klägerin oblegen, sodass das Risiko einer unrichtigen Kalkulation jedenfalls die Klägerin treffe.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Von der Klägerin könne im Hinblick auf die Kalkulation tatsächlich nicht verlangt werden, Selbstuntersuchungen durchzuführen oder Fachleute herbeizuziehen, beides sei aber auch nicht nötig gewesen. Das Gutachten von DI Dr. K* L* wecke bereits ohne weitere Untersuchungen Bedenken an der Tauglichkeit des Bodenmaterials. Ein Abweichen von den Kalkulationsunterlagen aufgrund von Erschwernissen sowie ein damit einhergehender Entschädigungsanspruch gebührte der Klägerin nur dann, wenn dieser Umstand aus der Sphäre des Bestellers stamme. Die Beklagte habe aber den Stoff nicht beigestellt, die Klägerin habe diesen vielmehr vom Stift A* erworben und der Beklagten geliefert. Selbst wenn eine Anweisung der Beklagten im Sinn des § 1168a ABGB zur verpflichtenden Verwendung des Materials aus der Seitenentnahmestelle angenommen werden sollte, was dahingestellt bleiben könne, hätte die Klägerin die potenzielle Untauglichkeit dieses Materials erkennen können und müssen. Sie habe damit rechnen müssen, dass in der Seitenentnahmestelle auch ungeeignetes Material vorhanden sein könne und dieses daher einer zusätzlichen Behandlung bedürfe bzw geeignetes Material andernorts beschafft werden müsse. Das Risiko einer unrichtigen Kalkulation habe sie selbst zu tragen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise werde ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte und die Nebenintervenientin begehren in den ihnen freigestellten Revisionsbeantwortungen, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
1.1 Die Vergabevorschriften wenden sich zunächst an den Auftraggeber und bezwecken den Schutz der Bieter vor unlauterer Vorgangsweise. Die Vergabevorschriften geben den Organen der öffentlichen Hand Verhaltensvorschriften auf, auf deren Beachtung der Bieter vertrauen darf. Die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Bieter hat den Zweck, bei der öffentlichen Auftragsvergabe den Bestbieter in transparenter und objektiver Weise zu ermitteln. Durch die Vergabevorschriften ist der Zugang aller am Geschäftsverkehr gewährleistet und es soll sichergestellt werden, dass der Bestbieter den Vertrag auch abschließen kann (7 Ob 269/06v).
1.2 Demgemäß sind nach § 78 Abs 3 BVergG 2006 die Ausschreibungsunterlagen auch so auszuarbeiten, dass die Vergleichbarkeit der Angebote sichergestellt ist und die Preise ohne Übernahme nicht kalkulierbarer Risiken und – sofern nicht eine funktionale Leistungsbeschreibung gemäß § 95 Abs 3 erfolgt – ohne umfangreiche Vorarbeiten von den Bietern ermittelt werden können. Zuschlagskriterien und zu erbringende Leistung müssen so klar wie möglich definiert sein; es muss für einen Bieter eindeutig sein, auf welche Leistung und welchen Leistungsumfang sich der Angebotspreis bezieht. Die Ausschreibung muss so gestaltet sein, dass die Vergleichbarkeit der Angebote sichergestellt ist (Vergleichbarkeitsgebot). Sie muss überdies so einfach gestaltet sein, dass die Bieter die Preise ohne Weiteres ermitteln können; die Ausschreibungsunterlagen haben daher alle für die Berechnung des Angebots wesentlichen Parameter zu enthalten. Aus den Unterlagen müssen die Kriterien, die zur Entscheidung führen, für die Bieter klar ersichtlich sein (Lehner in Schwartz, BVergG 2006 § 78 Rz 5).
1.3 Die Ermittlung des Inhalts der Ausschreibungsunterlagen hat nach den Regeln der §§ 914 ff ABGB zu erfolgen. Sie sind so auszulegen, wie sie von einem redlichen Erklärungsempfänger zu verstehen waren (Lehner aaO Rz 2 mwN).
2.1.1 Nach Ansicht der Klägerin enthalten die Ausschreibungsunterlagen eine Anweisung iSd § 1168a Satz 3 ABGB dahingehend, dass das Material für die Dammschüttung aus der Seitenentnahmestelle entnommen werden muss, sodass für dessen Untauglichkeit die Beklagte die Verantwortung treffe. Die Klägerin habe gegen keine (vorvertraglichen) Warnpflichten verstoßen und daher Anspruch auf die aus der Untauglichkeit des Materials resultierenden Mehrkosten.
2.1.2 Gemäß § 1168a ABGB ist ein Unternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit der vom Besteller gegebenen Stoffe oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers misslingt und er den Besteller nicht gewarnt hat.
2.2 Der Sphäre des Werkbestellers gehören der von ihm beigestellte Stoff, die von ihm erteilten Anweisungen (§ 1168a letzter Satz ABGB) und alle sonstigen die Werkerstellung störenden auf der Seite des Bestellers gelegenen Umstände an (RS0021934).
2.2.1 Was unter Anweisung zu verstehen ist, lässt sich schwer allgemein bestimmen. Eine Anweisung im Sinn des § 1168a ABGB ist aber nicht jeder Wunsch des Bestellers, wohl aber liegt sie vor, wenn der Besteller dem Unternehmer nicht nur das eigene Ziel, nämlich das herzustellende Werk vorgibt, sondern wenn er auch die Art der Durchführung in der einen oder anderen Richtung konkret und verbindlich vorschreibt (RS0022214; RS0022239). Gibt der Besteller dem Unternehmer den Werkstoff vor, so greift er damit in die typische Unternehmersphäre ein. Es ist dann im Ergebnis gleichgültig, ob man in einem solchen Fall eine – über einen bloßen Wunsch oder eine Anregung und Empfehlung des Bestellers hinausgehende (vgl RS0022214) – Anweisung iSd § 1168a ABGB oder einen gleichgelagerten Sachverhalt annimmt (2 Ob 52/03s mwN). Als Anweisungen werden von der Rechtsprechung auch vom Besteller beigestellte Gutachten verstanden (vgl RS0022172).
2.2.2 Im Angebotsschreiben der Nebenintervenientin ist zwar festgehalten, dass es dem Werkunternehmer freistehe, das Schüttmaterial von der Seitenentnahmestelle zu beziehen. Bereits im wasserrechtlichen Bescheid vom 27. 1. 1997 wird jedoch auf die Materialentnahmestelle des Stifts A* Bezug genommen, ein entsprechendes Übereinkommen mit diesem zugrunde gelegt und das aus dieser Seitenentnahmestelle zu entnehmende Material näher beschrieben. Auch im naturschutzrechtlichen Bescheid wird auf die geplante Seitenentnahme Bezug genommen. Das Gutachten DI Dr. K* L* befasst sich ausführlich mit der Eignung des Materials aus der Seitenentnahme. Im Angebotsschreiben der Nebenintervenientin ist im Zusammenhang mit den abzugebenden Unterlagen festgehalten, dass mit dem Angebot für eine geplante Materialentnahme aus der Seitenentnahmestelle die schriftliche Zustimmung des Stifts A* zwingend erforderlich sei; weiters wird darauf hingewiesen, dass die in dem wasserrechtlichen sowie dem naturschutzrechtlichen Bescheid enthaltenen behördlichen Auflagen vom Unternehmer einzuhalten seien. In den projektbezogenen Festlegungen sind als Grundlage für die Ausführung des Schutzwasserbauwerks wiederum der wasserrechtliche und der naturschutzrechtliche Bescheid und das Gutachten DI Dr. K* L* angeführt. Bei den Eckdaten der Anlage wird der Seitenentnahmestelle breiter Raum eingeräumt. In einem gesonderten E-Mail weist die Nebenintervenientin unter Nennung der Kontaktperson für das Stift A* die Klägerin darauf hin, dass die Zustimmung des Stifts mit den Angebotsunterlagen abzugeben und bei Unklarheiten die Nebenintervenientin zu kontaktieren sei.
2.2.3 Bei einer Gesamtbetrachtung geben diese Ausschreibungsunterlagen den Bietern die – vom Sachverständigen geprüfte und im Vorfeld mit dem Stift bereits dem Grunde nach abgeklärte – Verwendung des Materials aus der Seitenentnahmestelle vor. Hintergrund ist wohl unzweifelhaft die erwartungsgemäß kostengünstigere Beschaffung aufgrund der örtlichen Nähe zum geplanten Damm. Auch wenn die Möglichkeit der Verwendung anderen Materials theoretisch offen gelassen und damit der Klägerin keine ausdrückliche Verpflichtung zur Verwendung dieses Materials aus der Seitenentnahmestelle auferlegt wird, wird aber klar, dass die Beklagte diese jedenfalls vorsieht. Selbst wenn man keine verbindliche Vorgabe annehmen wollte, lag nicht bloß eine Anregung oder eine Empfehlung, sondern ein ganz präziser Wunsch (vgl Rebhahn/Kietaibl in Schwimann/Kodek, ABGB4 V § 1168a Rz 17) der Beklagten vor. Es ist aufgrund der konkreten Ausschreibungsunterlagen nicht damit zu rechnen, dass ein Bieter den Bau nicht mit dem von der Beklagten präferierten Material anbietet und ausführt. Daraus resultiert zumindest ein einer verbindlichen Anweisung gleichzusetzender Sachverhalt.
2.3.1 Die Warnpflicht des Unternehmers nach § 1168a ABGB besteht grundsätzlich auch gegenüber einem sachkundigen Besteller (RS0021906). Sie ist eine werkvertragliche Nebenpflicht, die auch bereits im vorvertraglichen Stadium (RS0022233; RS0022205) bestehen kann. Die Grundsätze der Lehre von den vorvertraglichen Sorgfaltspflichten sind auch im Vergabeverfahren auf das Verhältnis zwischen Ausschreibenden und Bietern anzuwenden (vgl RS0013934; Rebhan/Kietaibl aaO Rz 21). So nahm der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 122/05w bereits dahin Stellung, dass als Besonderheit des Vergabeverfahrens die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Bieter mit dem Zweck besteht, gerade bei der öffentlichen Auftragsvergabe den Bestbieter in transparenter und objektiver Weise zu ermitteln. Gerade dieser Zweck würde unterlaufen, wenn ein Bieter mit einem Angebot Bestbieter wird, obwohl er schon vorhat, nach Erhalt des Auftrags ein Nachtragsangebot für von Anfang an unvermeidlich notwendige Arbeiten zu legen. Durch das so geringer gehaltene Angebot verschafft er sich im Ausschreibungsverfahren einen Vorteil. Auch dies stellt einen Fall der culpa in contrahendo, im Besonderen eine Verletzung der Warnpflicht des § 1168a ABGB dar.
2.3.2 Unterlässt der Unternehmer die nach § 1168 ABGB geforderte Warnung des Bestellers, so verliert er nicht nur den Anspruch auf Entgelt, sondern hat auch den weitergehenden Schaden zu ersetzen (RS0022124).
2.3.3 Als „offenbar“ iSd § 1168a ABGB ist anzusehen, was vom Unternehmer bei einer von ihm vorausgesetzten Sachkenntnis erkannt werden muss (RS0022259; RS0022225; RS022227). Abzustellen ist auf jene Kenntnis, die nach einem objektiven Maßstab (§ 1299 ABGB) den Angehörigen der betreffenden Branche gewöhnlich eigen ist ( RS0022259 [T6]).
3.1 Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob sie verpflichtet gewesen wäre, das Gutachten DI Dr. K* L* vorvertraglich – auf seine Richtigkeit – zu überprüfen, stellt sich nicht. Sie selbst brachte vor, es sei richtig, dass nach diesem Gutachten eine uneingeschränkte Verwendung des Materials ohne vorhergehende Maßnahmen nicht möglich ist. Sie habe die laut Gutachten geforderten Maßnahmen aber ohnedies umgesetzt. Die geltend gemachten Mehrkosten seien aber nicht auf die im Gutachten beschriebenen – umgesetzten – Maßnahmen zurückzuführen, sondern auf die sich aus dem Gutachten nicht ergebende Notwendigkeit einer weiteren Stabilisierung.
3.2 Zu klären ist daher, ob aus technischer Sicht die Ausschreibung vor dem Hintergrund des nur bedingt geeigneten Materials aus der Seitenentnahmestelle unter Berücksichtigung allfälliger – nach den geologischen Gutachten zu setzende – Maßnahmen zur Herstellung der Tauglichkeit, alle für die Berechnung des Angebots für die zu erbringenden Leistungen wesentlichen Parameter enthält. Das heißt, festzustellen ist, ob die zu erbringenden Leistungen in der Ausschreibung technisch klar definiert sind. Trifft dies zu, ist zu prüfen, ob die von der Klägerin geforderten Mehrkosten auf Maßnahmen zurückzuführen sind, die bereits in der Ausschreibung vorgesehen waren und die dann auch im Angebot der Klägerin berücksichtigt hätten werden müssen, sodass die Klagsforderung hier nicht berechtigt wäre. Ist die Ausschreibung – technisch – unbestimmt oder beziehen sich die geltend gemachten Mehrkosten nicht auf die bereits in der Ausschreibung definierten Maßnahmen zur Herstellung der Eignung, dann gelangt § 1168a ABGB und dessen Rechtsfolgen zur Anwendung. Steht fest, dass es sich um Mehrkosten für Maßnahmen handelt, die über jene in der Ausschreibung – technisch klar – geforderten hinausgingen, wäre zu unterscheiden: Entstanden die Mehrkosten aufgrund von Maßnahmen, die in der Ausschreibung zwar nicht ausreichend klar vorgesehen waren, deren Notwendigkeit aber wegen der dort beschriebenen eingeschränkten Tauglichkeit des Materials von der Klägerin aufgrund ihrer Sachkunde erkannt werden musste, wäre ihr eine vorvertragliche Verletzung der Warnpflicht vorzuwerfen, wenn sie einen entsprechenden Hinweis an die Auftraggeberin unterließ und ein – um die notwendigen Mehrkosten – geringer gehaltenes Anbot abgab. Musste die Klägerin die Notwendigkeit der Maßnahmen – für die sie Mehrkosten begehrt – nicht aus den Ausschreibungsunterlagen, sondern erst im Zuge der Bauführung erkennen, stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage einer Warnpflichtverletzung. Deren Beurteilung erfordert Feststellungen zur tatsächlichen Bodenbeschaffenheit und damit der (Un-)Tauglichkeit des Materials sowie, ob die Klägerin die Beklagte auf die während der Bauphase zutage getretene fehlende Eignung hinwies.
3.3 Die bisher getroffenen Feststellungen reichen für eine abschließende Beurteilung nicht aus. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren eine entsprechend konkrete und durch Beiziehung eines Sachverständigen gesicherte Sachverhaltsgrundlage zu schaffen haben. Erst wenn eine solche vorliegt, kann eine weitere rechtliche Beurteilung vorgenommen werden.
4. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 ZPO.
Textnummer
E127912European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:E127912Im RIS seit
07.05.2020Zuletzt aktualisiert am
01.02.2022