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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, in der Beschwerdesache der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich, vertreten durch Dr. Walter Müller, Rechtsanwalt in Linz, Kroatengasse 7, gegen die Erledigung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 27. Jänner 1998, Zl. 179.759/5-II/B/8/97, betreffend Lenkerausbildung in land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Die bekämpfte Erledigung erging im Zuge eines Schriftverkehrs zwischen der belangten Behörde und der beschwerdeführenden Partei über die Frage ihrer Berechtigung zur Abhaltung von Lehrgängen für Traktorführer. Darin wird der beschwerdeführenden Partei mitgeteilt, daß ein von ihr vorgelegter Lehrplan kein solcher im Sinne des KFG 1967 sei. Unter Hinweis auf eine Bestimmung des KFG 1955 heißt es sodann, daß ein nicht näher bezeichneter, nach diesem Gesetz ergangener Bewilligungsbescheid mangels eines entsprechenden Lehrplanes bzw. Lehrzieles nicht anwendbar sei. Da der "Traktorführerlehrgang" auch nicht unter § 119 KFG 1967 subsumierbar sei, handle es sich um eine Ausbildung, die im Widerspruch zu den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen stehe und somit eine Verwaltungsübertretung bilde. Im Falle eines Kurses müßte eine Anzeige an die Verwaltungsstrafbehörde erfolgen.
Gemäß § 58 Abs. 1 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat einen Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A) ist, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält, das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dgl. kann nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Wenn der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Behörde normativ absprechen wollte, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht wesentlich.
Auf dem Boden dieser Rechtslage kann die bekämpfte Erledigung nicht als Bescheid gewertet werden. Es handelt sich bei ihr um ein Antwortschreiben der belangten Behörde, welches nicht als Bescheid bezeichnet ist und auch keinen als "Spruch" eindeutig erkennbaren rechtsgestaltenden oder rechtsfeststellenden Abspruch enthält. Vielmehr wird damit der beschwerdeführenden Partei lediglich eine bestimmte Rechtsansicht der belangten Behörde mitgeteilt. Angesichts der nach Inhalt und Form gegebenen Zweifel am Charakter der bekämpften Erledigung hätte es zur Bejahung ihres Bescheidcharakters jedenfalls der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid bedurft. Deren Fehlen hat zur Folge, daß es sich bei dieser Erledigung entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei nicht um einen Bescheid im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG handelt.
Aus diesem Grund war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Einhaltung der FormvorschriftenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998110083.X00Im RIS seit
20.11.2000