Entscheidungsdatum
30.09.2019Norm
BFA-VG §21 Abs7Spruch
I405 2223739-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, p.A. ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, vom XXXX, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,
als das in Spruchpunkt IV. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Absatz 3 FPG verhängte Einreiseverbot auf die Dauer von 5 Jahren herabgesetzt wird.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste im Juni 2019 in das Bundesgebiet ein. Er wurde am 09.07.2019 wegen Verstößen nach dem Suchtmittelgesetz festgenommen, woraufhin am 11.07.2019 gegen ihn eine Anklage erhoben wurde.
2. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX, wurde der BF gem. §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG, §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall SMG, §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2a) 2. Fall, 27 (3) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, hiervon 6 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt, die er derzeit absitzt.
3. Mit Schreiben vom 12.07.2019 wurde der BF von der belangten Behörde bzgl. der beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Kenntnis gesetzt und wurde er zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Dem BF wurden dabei Fragen zu seinen Privat- und Familienverhältnissen sowie zu den Umständen seiner Einreise gestellt. Mit Schreiben vom 25.07.2019 erstattete der BF hierauf eine entsprechende Stellungnahme.
4. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom XXXX erteilte die belangte Behörde dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III.). Ferner wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe nicht (Spruchpunkt V.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.).
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 30.08.2019, mit welcher lediglich Spruchpunkt IV. des bekämpften Bescheides angefochten wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde bei der Erlassung des Einreiseverbotes das gesamte Verhalten des BF nicht berücksichtigt habe und nicht dargelegt habe, aus welchen Gründen der Verbleib des BF im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. So seien die Milderungsgründe aus dem Urteil des LG Linz vom 20.08.2019 sowie die Situation des BF in Griechenland unberücksichtigt geblieben, weshalb auch die Dauer des verhängten Einreiseverbotes überzogen sei.
6. Mit Schriftsatz vom 23.09.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 25.09.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird zu den Feststellungen erhoben und werden darüber hinaus folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des BF:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Nigeria. Seine Identität steht fest.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig.
Der BF reiste im Juni legal nach Österreich, um hier strafbare Handlungen zu begehen.
Der BF verfügt über einen griechischen Aufenthaltstitel, gültig von 10.06.2012 bis 10.06.2022.
Der BF hat in Österreich keine familiären Bindungen, Bekannte oder nennenswerte soziale Kontakte. Der BF weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Die Familienangehörigen des BF leben in Nigeria.
Der BF weist in Österreich eine strafrechtliche Verurteilung auf: §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG, §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall SMG, §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2a) 2. Fall, 27 (3) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, hiervon 6 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt, die er derzeit absitzt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der schriftlichen Stellungnahme des BF vom 25.07.2019, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz.
Der BF bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.
Die belangte Behörde hat somit ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.
2.2. Zur Person des BF:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand und seiner Arbeitsfähigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahme vom 25.07.2019.
Die Feststellung der nigerianischen Staatsangehörigkeit ergibt sich aus dem nigerianischen Reisepass. Die Feststellung zum griechischen Aufenthaltstitel ergibt sich aus der entsprechenden Karte der griechischen Behörden. Die Feststellungen zum Privat- Familienleben des BF in Österreich ergeben sich aus seinen Angaben im gegenständlichen Verfahren.
Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des BF ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.
Die Feststellung zum Haftaufenthalt des BF ergibt sich aus einem aktuellen ZMR-Auszug.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Verhängung eines Einreiseverbots (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1 Rechtslage:
Gemäß § 53 Abs 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs 3 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn 1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist; 2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist; 4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist; 5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist; 6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB); 7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder 8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder 9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall
Der BF wurde während seines Aufenthaltes von österreichischen Strafgerichten wegen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach dem SMG rechtskräftig verurteilt.
Die belangte Behörde hat das Einreiseverbot zu Recht auf § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 und 2 FPG gestützt, da der BF zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 9 Monaten verurteilt wurde. Der Ansicht, dass das persönliche Verhalten des BF somit eine tatsächliche und gegenwärtige schwerwiegende Gefahr darstellt, ist aus folgenden Gründen beizutreten:
Die belangte Behörde hat die verhängte Dauer des ausgesprochenen Einreiseverbots nicht (nur) auf die Tatsache der Verurteilung bzw der daraus resultierende Strafhöhe, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat sie unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist, (vgl VwGH 20.11.2008, 2008/21/0603; VwGH 22.11.2012, 2012/23/0030) sowie unter Würdigung des individuellen, vom BF durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen und diese Voraussage ihrer administrativrechtlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
Das Bundesverwaltungsgericht kam aufgrund der Verstöße des BF gegen das SMG bzw. seiner Verurteilung, des sich hieraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und der Gefährdungsprognose zur Überzeugung, dass vom BF permanent eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche ein Einreiseverbot in der von der belangten Behörde verhängten Dauer zu rechtfertigen vermag.
Bei der Abwägung seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet bzw auf dem Territorium der Mitgliedsstaaten mit dem öffentlichen Interesse an seiner Ausreise fällt vor allem ins Gewicht, dass er zur Begehung von strafbaren Handlungen ins Bundesgebiet einreiste, es zu einem Zusammentreffen mehrerer Straftaten gekommen ist und durch sein Fehlverhalten seine mangelnde Rechtstreue und seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Das sich aus den mehrfachen Verstößen gegen das SMG ergebende Persönlichkeitsbild lässt keinen Schluss zu, dass der BF sich in Zukunft wohlverhalten werde. Vielmehr geben die zahlreichen Suchtgiftdelikte Anlass zur Prognose, dass vom BF eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung in Österreich ausgeht.
Da der BF sich noch in Strafhaft befindet, kann auch kein positiver Gesinnungswandel attestiert werden (vgl VwGH 21.01.2010, 2009/18/0485).
In der Zusammenschau zeigt sich für das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die zu treffende Gefährdungsprognose, dass das Gesamtverhalten des BF und dessen Persönlichkeitsbild von einer weitreichenden Missachtung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung geprägt sind.
Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände und in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des BF geht das erkennende Gericht davon aus, dass nach wie vor eine kriminelle Gefahr vom BF ausgeht, weshalb das Einreiseverbot nicht zu beheben, sondern auf 5 Jahre herabzusetzen war. Herabzusetzen deshalb, da die Verhängung eines befristeten Einreiseverbotes für die Dauer von 7 Jahren für das dargelegte Verhalten des BF zu hoch und im Verhältnis als unangemessen erscheint (die Bemessung des Einreiseverbotes von 7 Jahren erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass von § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG auch kriminelle Handlungen von höherem Unrechtsgehalt erfasst sind, so strafgerichtliche Verurteilungen zu unbedingten Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren, als angemessen und geboten). Ebenso miteinbezogen waren die mildernden Umstände bei seiner Verurteilung.
Hinsichtlich der Zulässigkeit verhängten Einreiseverbotes gegen den BF angesichts des ihm erteilten Aufenthaltsrechtes für Griechenland ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Beschluss vom 03.09.2015, Ra 2015/721/0054) zu verweisen:
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Rechtsansicht, dass es für die Einschränkung des räumlichen Geltungsbereichs des Einreiseverbots auf Österreich keine gesetzliche Grundlage gebe (vgl. den Beschluss vom 28.05.2015, Ra 2014/22/0037). Davon unabhängig sei die - für den Revisionswerber offenbar maßgebliche - Frage, ob das Einreiseverbot überhaupt zu einer entsprechenden Ausschreibung im Schengener Informationssystem führe und ob die tschechischen Behörden ungeachtet einer allfälligen solchen Ausschreibung dem Revisionswerber die Wiedereinreise in die Tschechische Republik wegen der dort bestehenden familiären Bindungen zu seinen kroatischen Angehörigen gestatten würde (vgl. zur diesbezüglichen gesonderten Prüfungspflicht bei begünstigten Drittstaatsangehörigen das Urteil des EuGH vom 31. Dezember 2006, Kommission gegen Königreich Spanien, Rs C-503/03; siehe in diesem Zusammenhang auch Art. 11 Abs. 4 der RückführungsRL).
Der EuGH habe in seiner Entscheidung vom 16.01.2018, C-240/17 E, klargestellt, dass das in Art. 25 Abs. 2 des SDÜ vorgesehene Konsultationsverfahren grundsätzlich erst eingeleitet werden müsse, nachdem der betreffende Drittstaatsangehörige zur Einreiseverweigerung im Schengener Informationssystem ausgeschrieben worden sei, d. h. nachdem eine mit einem Einreiseverbot versehene Rückkehrentscheidung gegen ihn ergangen sei. Die Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot dürfe grundsätzlich auch schon während des laufenden Konsultationsverfahrens vollzogen werden, sofern der Drittstaatsangehörige vom ausschreibenden Vertragsstaat als Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit angesehen werde. Sei eine angemessene Frist nach Beginn des Konsultationsverfahrens verstrichen und keine Antwort des konsultierten Vertragsstaats eingegangen, sei der ausschreibende Vertragsstaat jedoch verpflichtet, die Ausschreibung zur Einreiseverweigerung zurückzuziehen und den Drittstaatsangehörigen gegebenenfalls (nur) in seine nationale Ausschreibungsliste aufzunehmen.
Es sei daher zulässig gewesen, dass die belangte Behörde schon vor Einleitung des Konsultationsverfahren gemäß Art. 25 Abs. 2 SDÜ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot ausgesprochen habe.
Der von Griechenland bis 10.06.2022 befristet ausgestellte Aufenthaltstitel behält seine Wirksamkeit, auch wenn der BF auf Grund einer in Österreich getroffenen Entscheidung - im Schengener Informationssystem zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben wird.
Das SDÜ sieht für diesen Fall in seinem Art. 25 Abs. 2 zwar die Möglichkeit der "Einziehung" eines Aufenthaltstitels durch die ausstellende Vertragspartei vor, unter welchen Voraussetzungen eine solche "Einziehung" erfolgen kann, ist in diesem Übereinkommen jedoch nicht geregelt. Insbesondere findet sich darin keine Bestimmung, wonach die Ausschreibung eines Drittausländers zur Einreiseverweigerung per se einen Grund für die "Einziehung" eines Aufenthaltstitels darstellt. Unter welchen Voraussetzungen ein Aufenthaltstitel entzogen werden kann, richtet sich vielmehr weiterhin - ebenso wie vor der Ausschreibung des Drittausländers zur Einreiseverweigerung - ausschließlich nach der jeweiligen nationalen (hier: spanischen) Rechtsordnung (vgl. das Erk. des VwGH vom 26.11.2002, Zl. 2002/18/0058).
Im konkreten Fall wird die Gültigkeit des befristetet erteilten griechischen Aufenthaltstitels des BF von einer allfälligen Ausschreibung des BF zur Einreiseverweigerung auf Grund des vorliegenden Einreiseverbots nicht berührt. Damit ist mit dieser Maßnahme ein Eingriff in das in Griechenland geführte Privat- und Familienleben nicht verbunden.
Ob die griechischen Behörden aus diesem Anlass den Aufenthaltstitel einziehen, auslaufen lassen oder neuerlich erteilen, werden sie unter Wahrung des Art. 8 EMRK entscheiden können, wie oben dargelegt, auch wenn das Einreiseverbot in Kraft treten sollte.
Ist der Aufenthaltstitel nicht eingezogen, dann zieht die ausschreibende Vertragspartei die Ausschreibung zurück, wobei es ihr unbenommen bleibt, den Betroffenen in die nationale Ausschreibungsliste aufzunehmen. Das Fortbestehen der Ausschreibung hängt also davon ab, ob der Aufenthaltstitel endet (vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht II, Anm. 3 zu § 53 FPG).
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der vom BF ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die Verhängung eines langjährigen Einreiseverbots effektiv begegnet werden kann. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird daher mit der Maßgabe insoweit stattgegen, als die Dauer des Einreisverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf 5 Jahre herabgesetzt wird.
3.2. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Dem Beschwerdevorbringen sind keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen. Es ist somit unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.
Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom BF im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten auch dann für den BF kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).
Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden und die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sohin gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Einreiseverbot, freiwillige Ausreise, Frist, Gefährdung derEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I405.2223739.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.05.2020