TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/4 I401 2171178-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.11.2019
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Entscheidungsdatum

04.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I401 2171178-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, vom 24.09.2019, Zl. 1118493206 - 190859917 / BMI-EAST_OST, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 11.06.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei seiner am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe Folgendes an:

"Meine Freundin namens G., (17 Jahre alt), sie wurde ungewollt schwanger. Sie wollte das Kind nicht zur Welt bringen und entschied sich für eine Abtreibung. Während der Abtreibung einer Klinik, verstarb sie plötzlich. Ihre Eltern beschuldigen mich dafür, und drohten mir mit dem Tod. Ich habe mich dann entschlossen, meine Heimat zu verlassen."

1.2. Am 31.07.2017 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet), bei der er im Wesentlichen sein Fluchtvorbringen wiederholte.

1.3. Mit Bescheid vom 24.08.2017 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, und gewährte ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise in der Dauer von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

1.4. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 30.05.2018, I409 217178-1/5E, als unbegründet ab.

2.1. Am 22.08.2019 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er an, dass er zwei Krankheiten habe. Er leide an HIV und an Diabetes. Wenn er nach Nigeria zurückkehren müsste, würde er sterben. Er könne sich dort keine Behandlung leisten.

2.2. Am 06.09.2019 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen.

2.3. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 24.09.2019 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I. und II.), erteilte ihm gemäß § 57 AsylG keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG)(Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.), gewährte gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.) und forderte ihn gemäß § 15b Abs. 1 AsylG auf, ab 22.08. bis 20.09.2019 in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII.).

2.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, verheiratet, Staatsbürger von Nigeria, gehört der Volksgruppe der Igbo an und bekennt sich zum christlichen Glauben.

Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer leidet an einer HIV-Infektion im Stadium A2, wobei er noch 2015 negativ auf HIV getestet worden war. Eine ambulante und stationäre Betreuung ist in Nigeria möglich, auch die erforderlichen Medikamente sind dort erhältlich. Des Weiteren leidet der Beschwerdeführer an arterieller Hypertonie und Diabetes mellitus Typ 2, wobei die Diabeteserkrankung im Oktober 2018 festgestellt wurde. Auch diese Erkrankungen sind in Nigeria behandelbar.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig.

Er hält sich seit (zumindest) 11.06.2016 in Österreich auf. Er verfügt in Österreich über keine maßgeblichen privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkte. Er besuchte einen Deutschkurs, absolvierte jedoch keine Prüfung. Des Weiteren verkaufte er die Straßenzeitung "Eibisch-Zuckerl". Einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit ging er nicht nach. Er bezog bzw. bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Seine Familie lebt in Nigeria und besitzt ein Haus. Die übrigen Familienmitglieder sind Händler. Er lebt von seiner Ehefrau getrennt; zurzeit kümmert sich seine Cousine um seine beiden minderjährigen Söhne, die ca. fünf und zehn Jahre alt sind.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer machte im gegenständlichen Asylverfahren keine neuen Fluchtgründe geltend. Die von ihm im gegenständlichen Folgeverfahren vorgebrachte HIV-Erkrankung war bereits im Rahmen des Vorverfahrens bekannt und wurde ausreichend gewürdigt. Die erst nach der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.05.2018 im Oktober 2018 festgestellte Diabeteserkrankung ist in Nigeria behandelbar.

Eine wesentliche Änderung der Sachlage, auch in Bezug auf die Situation in Nigeria, zwischen der Rechtskraft des Erkenntnisses vom 30.05.2018 und der Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides konnte nicht festgestellt werden. Ebenso wenig liegt eine Änderung der Rechtslage vor.

Der Beschwerdeführer wird im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria weiterhin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird.

Ihm droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat. Ihm droht auch keine Strafe nach seiner Rückkehr nach Nigeria wegen illegaler Ausreise. Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

Es ist nicht ersichtlich, dass seine Abschiebung nach Nigeria eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

1.3. Zur (auszugsweise wiedergegebenen) Lage im Herkunftsstaat (mit Angabe der Quellen):

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung unterscheidet zwischen Bundesgerichten, Gerichten des Hauptstadtbezirks sowie Gerichten der 36 Bundesstaaten (AA 10.12.2018). Letztere haben die Befugnis, per Gesetz erstinstanzliche Gerichte einzusetzen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Daneben bestehen noch für jede der 774 LGAs eigene Bezirksgerichte (District Courts) (ÖB 10.2018). Bundesgerichte, die nur staatlich kodifiziertes Recht anwenden, sind der Federal High Court (Gesetzgebungsmaterie des Bundes, Steuer-, Körperschafts- und auch Verwaltungssachen), der Court of Appeal (Berufungssachen u.a. der State Court of Appeal und der State Sharia and Customary Court of Appeal) sowie der Supreme Court (Revisionssachen, Organklagen) (AA 10.12.2018). Für Militärangehörige gibt es eigene Militärgerichte (USDOS 13.3.2019).

Mit Einführung der erweiterten Scharia-Gesetzgebung in neun nördlichen Bundesstaaten sowie den überwiegend muslimischen Teilen dreier weiterer Bundesstaaten 2000/2001 haben die staatlichen Schariagerichte strafrechtliche Befugnisse erhalten, während sie zuvor auf das islamische Personenstandsrecht beschränkt waren (AA 10.12.2018). Laut Bundesverfassung wird die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte seit 1999 betreffend das anzuwendende Rechtssystem ("Common Law" oder "Customary Law") durch Gesetze der Gliedstaaten festgestellt. Einzelne Bundesstaaten haben "Scharia-Gerichte" neben "Common Law"- und "Customary Courts" geschaffen. Mehrere Bundesstaaten, einschließlich die gemischtkonfessionellen Bundesstaaten Benue und Plateau, haben auch Scharia-Berufungsgerichte eingerichtet (ÖB 10.2018).

Die Verfassung sieht Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz vor (AA 10.12.2018; vgl. FH 1.2019; ÖB 10.2018; USDOS 13.3.2019). In der Realität ist die Justiz allerdings der Einflussnahme von Exekutive und Legislative sowie einzelner politischer Führungspersonen ausgesetzt (AA 10.12.2018; vgl. USDOS 13.3.2019; FH 1.2019). Vor allem auf Bundesstaats- und Bezirksebene (LGA) versuchen Politiker die Justiz zu beeinflussen (USDOS 13.3.2019). Die insgesamt zu geringe personelle und finanzielle Ausstattung sowie mangelnde Ausbildung behindern die Funktionsfähigkeit des Justizapparats und machen ihn chronisch korruptionsanfällig (AA 10.12.2018; vgl. FH 1.2019; USDOS 13.3.2019; ÖB 10.2018). Die Gehälter im Justizbereich sind niedrig, und es mangelt an Infrastruktur (ÖB 10.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Zusätzlich widersprechen sich die Rechtssysteme mitunter (ÖB 10.2018). Trotz allem hat die Justiz in der Praxis ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht (FH 1.2019).

Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o. ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Das bestehende System benachteiligt jedoch tendenziell Ungebildete und Arme, die sich weder von Beschuldigungen freikaufen noch eine Freilassung auf Kaution erwirken oder sich einen Rechtsbeistand leisten können. Zudem ist vielen eine angemessene Wahrung ihrer Rechte auf Grund von fehlenden Kenntnissen selbst elementarster Grund- und Verfahrensrechte nicht möglich (AA 10.12.2018). Gesetzlich vorgesehen sind prozessuale Rechte wie die Unschuldsvermutung, zeitnahe Information über die Anklagepunkte, das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren, das Recht auf einen Anwalt, das Recht auf ausreichende Zeit zur Vorbereitung der Verteidigung, Zeugen zu befragen und das Recht auf Berufung. Diese Rechte werden jedoch nicht immer gewährleistet (USDOS 13.3.2019). Auch der gesetzlich garantierte Zugang zu einem Rechtsbeistand oder zu Familienangehörigen wird nicht immer ermöglicht (AA 10.12.2018).

Der Zugang zu staatlicher Prozesskostenhilfe ist in Nigeria beschränkt: Das Institut der Pflichtverteidigung wurde erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren NGOs, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen. Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es jedoch zahlreiche Verfahren, bei denen Beschuldigte und Angeklagte ohne rechtlichen Beistand mangels Kenntnis ihrer Rechte schutzlos bleiben (AA 10.12.2018). Das Recht auf ein zügiges Verfahren wird zwar von der Verfassung garantiert, ist jedoch kaum gewährleistet. Dauerinhaftierungen ohne Anklage oder Urteil, die sich teils über mehrere Jahre hinziehen, sind weit verbreitet (AA 10.12.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Entgegen gesetzlicher Vorgaben ist die Untersuchungshaft nicht selten länger als die maximal zu erwartende gesetzliche Höchststrafe des jeweils in Frage stehenden Delikts. Außerdem bleiben zahlreiche Häftlinge auch nach Verbüßung ihrer Freiheitsstrafen in Haft, weil ihre Vollzugsakten unauffindbar sind (AA 10.12.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

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FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2018 - Nigeria, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/nigeria, Zugriff 20.3.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

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USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nigeria, https://www.ecoi.net/en/document/2004182.html, Zugriff 20.3.2019

Meldewesen

Ein Meldewesen ist nicht vorhanden (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018; EASO 24.1.2019), wie zahlreiche Quellen bei EASO angeben. Nur eine Quelle behauptet, dass es eine Art Meldewesen gibt. Es bestehen gesetzliche Voraussetzungen, damit Bundesstaaten ein Meldewesen einrichten können. Bislang hat lediglich der Bundesstaat Lagos davon Gebrauch gemacht (EASO 24.1.2019). Auch ein funktionierendes nationales polizeiliches Fahndungssystem existiert nicht. Daraus resultiert, dass eine Ausforschung einmal untergetauchter Personen kaum mehr möglich ist. Das Fehlen von Meldeämtern und bundesweiten polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen" (ÖB 10.2018).

Im Sheriffs and Civil Process Act Chapter 407, Laws of the Federation of Nigeria 1990 sind Ladungen vor Gericht geregelt. Der Sheriff oder von ihm bestellte Bailiffs müssen die Ladungen in ganz Nigeria persönlich zustellen (ÖB 10.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

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EASO - European Asylum Support Office (24.1.2019): Query Response

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Identification documents system in Nigeria

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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

Grundversorgung

Die nigerianische Wirtschaft hat sich 2017 allmählich aus der schlimmsten Rezession seit 25 Jahren erholt, das BIP ist um 0,55 Prozent gestiegen. Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen, dass sich die nigerianische Wirtschaft seit Ende 2017 allmählich wieder erholt, unter anderem eine Steigerung der Erdölförderleistung, die Erholung des Erdölpreises und eine verbesserte Leistung von Landwirtschaft und Dienstleistungssektor (GIZ 4.2019c).

Etwa 80 Prozent der Gesamteinnahmen Nigerias stammen aus der Öl- und Gasförderung (AA 10.12.2018). Neben Erdöl verfügt das Land über z.B. Zinn, Eisen-, Blei-, und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine, Phosphat - gesamtwirtschaftlich jedoch von geringer Bedeutung (GIZ 4.2019c). Von Bedeutung sind hingegen der (informelle) Handel und die Landwirtschaft, welche dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bieten (AA 10.12.2018). Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) machte 2016 ca. 20 Prozent des BIP aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Industrielle Entwicklung wird durch die unzureichende Infrastruktur (Energie und Transport) behindert (GIZ 4.2019c).

Über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt, in ländlichen Gebieten über 90 Prozent (AA 9.2018c). Der Agrarsektor wird durch die Regierung Buhari stark gefördert. Dadurch hat etwa der Anteil an Großfarmen zugenommen (GIZ 4.2019c; vgl. AA 9.2018c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde dadurch kräftig ausgeweitet. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 9.2018c) und das Land ist nicht autark, sondern auf Importe - v.a. von Reis - angewiesen (ÖB 10.2018; vgl. AA 9.2018c). Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt aus Subsistenzbetrieben (AA 9.2018c). Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch wegen der Vertreibungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere die nordöstlichen Bundesstaaten nicht aus. In Ernährungszentren nahe der nördlichen Grenze werden bis zu 25 Prozent der unter fünfjährigen Kinder wegen starker Unterernährung behandelt (ÖB 10.2018).

Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt (BS 2018; vgl. GIZ 4.2019b). Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut (BS 2018; vgl. ÖB 10.2018), fast 50 Prozent unter der Armutsgrenze (GIZ 4.2019b).

Die Arbeitslosigkeit ist hoch, bei Jugendlichen wird sie auf über 20 Prozent geschätzt (GIZ 4.2019b). Offizielle Statistiken über Arbeitslosigkeit gibt es aufgrund fehlender sozialer Einrichtungen und Absicherung nicht. Geschätzt wird sie auf 20 bis 45 Prozent - in erster Linie unter 30-jährige - mit großen regionalen Unterschieden (ÖB 10.2018). Der Staat und die Bundesstaaten haben damit begonnen, Programme zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit umzusetzen. Die Resultate sind dürftig (BS 2018). Der Mangel an lohnabhängiger Beschäftigung führt dazu, dass immer mehr Nigerianer in den Großstädten Überlebenschancen im informellen Wirtschaftssektor als "self-employed" suchen. Die Massenverelendung nimmt seit Jahren bedrohliche Ausmaße an (GIZ 4.2019b).

Die Großfamilie unterstützt in der Regel beschäftigungslose Angehörige (ÖB 10.2018). Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen (BS 2018). Allgemein kann festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit. Nur eine geringe Anzahl von Nigerianern (2016 ca. fünf Millionen) ist im Pensionssystem (Contributory Pension Scheme) registriert (BS 2018).

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene als auch auf lokaler Ebene. Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 4.2019c).

Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist für einen relativ geringen Betrag erhältlich. Hauptsächlich im Norden ist auch der Verkauf von bestimmten Holzstäbchen zur Zahnhygiene eine Möglichkeit, genügend Einkommen zu erlangen. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "mini-farming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten-ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare zur Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und "grasscutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖB 10.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

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AA - Auswärtiges Amt (9.2018c): Nigeria - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/-/205790, Zugriff 22.11.2018

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427393/488302_en.pdf, Zugriff 19.11.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019c): Nigeria - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/nigeria/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 11.4.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

Medizinische Versorgung

Insgesamt kann die Gesundheitsversorgung in Nigeria als mangelhaft bezeichnet werden (GIZ 4.2019b). Zwischen Arm und Reich sowie zwischen Nord und Süd besteht ein erhebliches Gefälle: Auf dem Land sind die Verhältnisse schlechter als in der Stadt (GIZ 4.2019b); und im Norden des Landes ist die Gesundheitsversorgung besonders prekär (GIZ 4.2019b; vgl. ÖB 10.2018). Die medizinische Versorgung ist vor allem im ländlichen Bereich vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. In den großen Städten findet man jedoch einige Privatkliniken mit besserem Standard (AA 12.4.2019). Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor (AA 10.12.2018).

Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser (AA 10.12.2018). Krankenhäuser sind bezüglich Ausstattung, Qualifikation des Personals und Hygiene nur in städtischen Zentren vereinzelt mit europäischem Standard vergleichbar. In größeren Städten ist ein Großteil der staatlichen Krankenhäuser mit Röntgengeräten ausgestattet, in ländlichen Gebieten verfügen nur einige wenige Krankenhäuser über moderne Ausstattung. Religiöse Wohltätigkeitseinrichtungen und NGOs bieten kostenfrei medizinische Versorgung (ÖB 10.2018).

In den letzten Jahren hat sich die medizinische Versorgung in den Haupt- und größeren Städten allerdings sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor deutlich verbessert. So ist mittlerweile insbesondere für Privatzahler eine gute medizinische Versorgung für viele Krankheiten und Notfälle erhältlich. Es sind zunehmend Privatpraxen und -kliniken entstanden, die um zahlungskräftige Kunden konkurrieren. Die Ärzte haben oft langjährige Ausbildungen in Europa und Amerika absolviert und den medizinischen Standard angehoben. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden (AA 10.12.2018).

Die Gesundheitsdaten Nigerias gehören zu den schlechtesten in Afrika südlich der Sahara und der Welt (ÖB 10.2018). Mit 29 Todesfällen pro 1.000 Neugeborenen hat Nigeria weltweit die elfthöchste Todesrate bei Neugeborenen (GIZ 2.2019). Die aktuelle Sterberate für Kinder unter fünf Jahren beträgt 109 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten. Die Prozentsätze der Unterernährung (Global Acute Malnutrition) liegen in den nördlichen Staaten konstant über der Alarmschwelle von 10 Prozent. Gemäß Schätzungen von UNICEF unterliegen mehr als 1,3 Millionen Kinder unter fünf Jahren in Nordnigeria einem hohen Risiko von schwerer akuter Unterernährung (ÖB 10.2018).

Psychische bzw. psychiatrische Erkrankungen werden in der großen Mehrheit der Bevölkerung immer noch als spiritueller Natur entspringend angesehen. Dementsprechend werden die entsprechenden Patienten besonders im ländlichen Bereich spirituellen Heilern zugeführt. Betreut werden sie in der Regel in der Familie, wenn vorhanden. Viele psychisch Kranke leben auf der Straße, in abgelegenen Regionen werden als gefährlich angesehene Personen in den Dörfern auch gelegentlich noch angekettet. Für die stationäre Unterbringung gibt es in ganz Nigeria acht staatliche psychiatrische Kliniken, die einen Langzeitbereich haben, außerdem sind zahlreiche psychisch Langzeitkranke in gesonderten Bereichen in Gefängnissen untergebracht. Im Wesentlichen findet dort eine reine Verwahrung unter ausgesprochen ärmlichen Bedingungen statt (WPA o.D.). Es existiert also kein mit westlichen Standards vergleichbares Psychiatriewesen, sondern allenfalls Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau. Dort werden Menschen mit psychischen Erkrankungen oft gegen ihren Willen untergebracht, können aber nicht adäquat behandelt werden (AA 10.12.2018).

Insgesamt gibt es für die inzwischen annähernd 200 Millionen Einwohner 100 Hospitäler mit psychiatrischer Abteilung (VAÖB 23.1.2019). Laut anderen Angaben gibt es psychiatrische Abteilungen in 15 Universitätskliniken, acht staatlichen psychiatrischen Spitälern und sechs Allgemeinen Spitälern sowie 15 psychiatrischen Privatkrankenhäusern (WPA o.D.). Das in Lagos befindliche Federal Neuro Psychiatric Hospital Yaba bietet sich als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker Rückkehrer an. Die Kosten für einen Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen belaufen sich auf ca. 195.000 Naira (ca. 570 Euro). Zudem ist an diesem Krankenhaus auch die stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit entsprechender Medikation möglich (AA 10.12.2018).

Nigeria verfügt über 110 registrierte Psychiater (WPA o.D.); nach anderen Angaben sind es derzeit 130 für 200 Millionen Einwohner (Österreich 2011: 20 Psychiater/100.000 Einwohner). Bei Psychologen ist die Lage noch drastischer, hier kamen im Jahr 2014 auf 100.000 Einwohner 0,02 Psychologen (Österreich 2011: 80 Psychologen/100.000 Einwohner). Aufgrund dieser personellen Situation ist eine regelrechte psychologische/psychiatrische Versorgung für die große Mehrheit nicht möglich, neben einer basalen Medikation werden die stationären Fälle in öffentlichen Einrichtungen im Wesentlichen "aufbewahrt". Die Auswahl an Psychopharmaka ist aufgrund der mangelnden Nachfrage sehr begrenzt (VAÖB 23.1.2019).

Es gibt eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im formellen Sektor gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten jedoch als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner im informellen Sektor. Leistungen der Krankenversicherung kommen schätzungsweise nur zehn Prozent der Bevölkerung zugute (AA 10.12.2018). Nur weniger als sieben Millionen der 180 Millionen Einwohner Nigerias sind beim National Health Insurance Scheme leistungsberechtigt (Punch 22.12.2017). Eine Minderheit der erwerbstätigen Bevölkerung ist über das jeweils beschäftigende Unternehmen mittels einer Krankenversicherung abgesichert, die jedoch nicht alle Krankheitsrisiken abdeckt (VAÖB 27.3.2019).

Wer kein Geld hat, bekommt keine medizinische Behandlung (GIZ 4.2019b). Selbst in staatlichen Krankenhäusern muss für Behandlungen bezahlt werden (AA 10.12.2018). Die Kosten medizinischer Betreuung müssen im Regelfall selbst getragen werden. Die staatlichen Gesundheitszentren heben eine Registrierungsgebühr von umgerechnet 10 bis 25 Cent ein: Tests und Medikamente werden unentgeltlich abgegeben, sofern vorhanden (ÖB 10.2018). Eine basale Versorgung wird über die Ambulanzen der staatlichen Krankenhäuser aufrechterhalten, jedoch ist auch dies nicht völlig kostenlos, in jedem Fall sind Kosten für Medikamente und Heil- und Hilfsmittel von den Patienten zu tragen, von wenigen Ausnahmen abgesehen (VAÖB 27.3.2019).

Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Jeder Patient - auch im Krankenhaus - muss Medikamente selbst besorgen bzw. dafür selbst aufkommen (AA 10.12.2018). In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden (AA 10.12.2018). Medikamente gegen einige weit verbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/AIDS können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben. Schutzimpfaktionen werden von internationalen Organisationen finanziert, stoßen aber auf religiös und kulturell bedingten Widerstand, überwiegend im muslimischen Norden (ÖB 10.2018).

Die Qualität der Produkte auf dem freien Markt ist jedoch zweifelhaft, da viele gefälschte Produkte meist aus asiatischer Produktion - vertrieben werden (bis zu 25% aller verkauften Medikamente). Diese wirken aufgrund unzureichender Dosisanteile der Wirkstoffe nur eingeschränkt. Es gibt zudem wenig zuverlässige Kontrollen hinsichtlich der Qualität der auf dem Markt erhältlichen Produkte (AA 10.12.2018). Gegen den grassierenden Schwarzmarkt mit Medikamenten gehen staatliche Stellen kaum vor (ÖB 10.2018).

Der Glaube an die Heilkräfte der traditionellen Medizin ist nach wie vor sehr lebendig. Bei bestimmten Krankheiten werden eher traditionelle Heiler als Schulmediziner konsultiert (GIZ 4.2019b). Gerade im ländlichen Bereich werden "herbalists" und traditionelle Heiler aufgesucht (ÖB 10.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

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AA - Auswärtiges Amt (12.4.2019): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/ 205788#content_6, Zugriff 12.4.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

-

Punch (22.12.2017): NHIS: Health insurance still elusive for many Nigerians,

https://punchng.com/nhis-health-insurance-still-elusive-for-many-nigerians/, Zugriff 3.4.2019

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VAÖB - Vertrauensarzt der ÖB Abuja (23.1.2019): medizinische Stellungnahme

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VAÖB - Vertrauensarzt der ÖB Abuja (27.3.2019): medizinische Stellungnahme

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WPA - World Psychiatric Association (o.D.): Association of Psychiatrists in Nigeria (APN), http:// www.wpanet.org/detail.php?section_id=5&content_id=238, Zugriff 3.4.2019

HIV/AIDS

HIV/AIDS hat sich in den letzten Jahren sehr schnell ausgebreitet. Gründe dafür sind u.a. Promiskuität, seltene Verwendung von Kondomen, Armut, eine niedrige Alphabetisierungsrate und schlechte Bildung, der insgesamt schlechte Gesundheitszustand, der niedrige gesellschaftliche Status von Frauen sowie die Stigmatisierung von Erkrankten (GIZ 4.2019b). In Nigeria leben über 3 Millionen Menschen, die mit HIV infiziert sind (AA 3.4.2019). 1,6 Millionen davon sind Frauen im Alter ab 15 Jahren. Die Anzahl HIV-positiver Kinder im Alter bis 14 Jahren wird auf 220.000 geschätzt. 2017 gab es 210.000 HIV-Neuinfektionen und 150.000 Todesfälle aufgrund von HIV (UNAIDS 12.7.2018). 30 Prozent der mit HIV infizierten Personen nehmen Antiretrovirale Medikamente ein. Von den HIV-infizierten schwangeren Frauen unterziehen sich etwa 31 Prozent einer Therapie, um die Übertragung auf ihr Kind zu verhindern (UNAIDS o.D.). Medikamente gegen HIV/Aids können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben (ÖB 10.2018).

Zur Bekämpfung der weiteren Ausbreitung von HIV/AIDS wurde 2002 die National Agency for the Control of HIV/AIDS" (NACA) gegründet. Die internationale Organisation AVERT führt vielfältige Kampagnen zur Steigerung der öffentlichen Aufmerksamkeit, Aufklärung und Prävention durch (GIZ 4.2019b). Für 2017 bis 2021 gibt es von NACA einen strategischen Rahmenplan zur Verringerung der HIV-Neuinfektionen und Reduzierung des Stigmas für HIV-Infizierte (NACA o.D.).

Personen mit HIV/AIDS verlieren oft ihre Jobs oder es wird ihnen Gesundheitsversorgung verweigert (USDOS 13.3.2019). Der damalige Präsident, Goodluck Jonathan, unterzeichnete 2014 ein neues Gesetz, das Menschen mit HIV/AIDS vor Diskriminierung schützen soll. Laut diesem ist es illegal, Menschen aufgrund ihrer Infektion zu diskriminieren. Arbeitgebern, Einzelpersonen oder Organisationen ist es untersagt, einen HIV-Test als Voraussetzung für eine Anstellung oder Zugriff auf Dienste zu fordern (UNAIDS 11.2.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

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AA - Auswärtiges Amt (3.4.2019): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/ 205788#content_6, Zugriff 3.4.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

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NACA - National Agency for the Control of HIV/AIDS (o.D.):

National HIV/AIDS Strategic Framework, https://www.childrenandaids.org/sites/default/files/2017-11/NATIONAL-HIV-AND-AIDS-STRATEGIC-FRAMEWORK.pdf, Zugriff 26.11.2018

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UNAIDS (12.7.2018): UNAIDS Data 2018, http://www.unaids.org/sites/default/files/media_asset/ unaids-data-2018_en.pdf, Zugriff 26.11.2018

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UNAIDS (o.D.): Country - Nigeria - Overview, http://www.unaids.org/en/regionscountries/countries/nigeria, Zugriff 26.11.2018

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UNAIDS (11.2.2015): Nigeria passes law to stop discrimination related to HIV,

http://www.unaids.org/en/resources/presscentre/featurestories/2015/february/ 20150211_nigeria_law, Zugriff 26.11.2018

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USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nigeria, https://www.ecoi.net/en/document/2004182.html, Zugriff 20.3.2019

Rückkehr

Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation" (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets "overstay" angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor diesem und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, den bekämpften Bescheid, den Beschwerdeschriftsatz sowie die Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister und der Grundversorgung wurden ergänzend eingeholt.

Der Beschwerdeführer bestreitet den vom Bundesamt festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von ihm vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung anschließt.

Das Bundesamt hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung wesentlichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde können keine neuen Sachverhaltselemente entnommen werden, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde ausgeführten Erwägungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegbaren Angaben. Aufgrund der in den Asylverfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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