TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/21 98/11/0070

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Veröffentlicht am 21.04.1998
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §74 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der H in O, vertreten durch Dr. Robert Oberdanner, Rechtsanwalt in Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 20. Jänner 1998, Zl. 5/04-14/1227/2-1997, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und den mit ihr vorgelegten Beilagen ergibt sich folgendes:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B vorübergehend für die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 16. Oktober 1997, entzogen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, aufgrund der Angaben in der Anzeige und der Ausführungen der Beschwerdeführerin sei als erwiesen anzunehmen, daß sie am 11. Juli 1997 um ca. 21,50 Uhr einen näher bezeichneten Pkw in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf einer näher bezeichneten Stelle der B 156 im Gemeindegebiet von Bergheim gelenkt und um 23,30 Uhr dieses Tages im Untersuchungsraum des Unfallkrankenhauses Salzburg trotz Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert habe. Sie habe dadurch eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen. Aktenkundig sei, daß die Beschwerdeführerin bei dem zuvor beschriebenen Lenken durch unachtsame Fahrweise von der Fahrbahn abgekommen sei und dadurch einen Verkehrsunfall verschuldet habe, bei dem sie selbst leichte Verletzungen erlitten habe und der von ihr gelenkte Pkw erheblich beschädigt worden sei.

Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, die Atemluftuntersuchung im Unfallkrankenhaus Salzburg rechtsirrtümlich verweigert zu haben. Obwohl ein entschuldbarer Rechtsirrtum nicht vorliege und die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 nicht bestritten werden könne, sei im Hinblick auf den Tathergang vom Überwiegen berücksichtigungswürdiger Umstände auszugehen, welche das Verschulden an der Tat als äußerst geringfügig erscheinen ließen.

Zu diesem Vorbringen sei auszuführen, daß die Beschwerdeführerin an der Unfallstelle um ca. 22,30 Uhr über Aufforderung durch ein Straßenaufsichtsorgan der Atemluftuntersuchung zunächst zugestimmt habe. Die Durchführung der Untersuchung an Ort und Stelle sei jedoch nicht möglich gewesen, weil die Beschwerdeführerin am Unfallsort einen Schwächeanfall verbunden mit Übelkeit erlitten habe und deshalb zur Routineuntersuchung in das Unfallkrankenhaus Salzburg gebracht worden sei. Dort habe über Veranlassung der Gendarmerie auch eine Untersuchung der Beschwerdeführerin durch einen bei der Bundespolizeidirektion Salzburg tätigen Arzt stattgefunden, welche den Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung sowie die Fähigkeit der Beschwerdeführerin zur Durchführung der Alkomatprobe ergeben habe. Da diese Untersuchung gegenüber der Blutabnahme den geringfügigeren Eingriff in die körperliche Integrität eines Menschen darstelle, habe der untersuchende Arzt von einer Blutabnahme abgesehen und die Beurteilung des Alkoholisierungsgrades vom Ergebnis der durchzuführenden Alkomatprobe abhängig gemacht. Im Verhalten der Beschwerdeführerin, die um 23,30 Uhr im Unfallkrankenhaus Salzburg trotz Aufforderung die Atemluftuntersuchung verweigert habe, könnten keine besonderen zu ihren Gunsten sprechenden Umstände erblickt werden.

Die Beschwerdeführerin habe somit am 11. Juli 1997 eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen. Dies stelle eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 dar. Die von der Erstbehörde festgesetzte Zeit von vier Monaten sei im Hinblick auf die Verwerflichkeit von Alkoholdelikten im Straßenverkehr gerechtfertigt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 4. Februar 1998 hob der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 16. Oktober 1997, mit dem die Beschwerdeführerin wegen der oben beschriebenen, am 11. Juli 1997 begangenen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 bestraft worden war, auf.

In der Begründung dieses Bescheides stellte der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land Salzburg im wesentlichen den oben beschriebenen Sachverhalt fest und führte aus, bei mehrfacher Aufforderung eines Kraftfahrzeuglenkers zur Atemalkoholuntersuchung sei für den Tatort (und die Tatzeit) entscheidend, wo die Weigerung nach der letzten, die Amtshandlung beendenden Aufforderung erfolgt sei. Der Beschwerdeführerin sei daher zutreffend eine Verweigerung der Atemluftuntersuchung im Unfallkrankenhaus Salzburg zur Last gelegt worden. Für diese Tat wäre gemäß § 27 Abs. 1 VStG die Bundespolizeidirektion Salzburg und nicht die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung örtlich zuständig gewesen. Die Unzuständigkeit sei von Amts wegen wahrzunehmen gewesen. Die Ahndung der Tat durch die zuständige Behörde erscheine weiter möglich, nachdem auch von einer unzuständigen Behörde gesetzte Verfolgungshandlungen ausreichten, die Verjährung nach § 32 Abs. 2 VStG zu unterbrechen. Der Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wegen Unzuständigkeit der Behörde komme nicht die Wirkung einer Einstellung des Strafverfahrens zu.

Gegen den eingangs bezeichneten Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung dieses Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 stellt die Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 1 leg. cit. dar und nicht die rechtskräftige Bestrafung wegen einer solchen Übertretung. Die belangte Behörde war daher berechtigt, die Frage, ob die Beschwerdeführerin eine derartige Übertretung begangen hat, als Vorfrage selbständig zu beurteilen. Aus dem Umstand, daß das erstinstanzliche Straferkenntnis mit dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 4. Februar 1998 wegen Unzuständigkeit aufgehoben wurde, ist für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen. Dieser Bescheid stellt auch keine andere Beurteilung der Vorfrage dar, auf den ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG gestützt werden könnte, zumal ausdrücklich ausgeführt wurde, daß keine Einstellung des Strafverfahrens verfügt wird.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin enthält nichts, was die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe am 11. Juli 1997 eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen, rechtswidrig erscheinen ließe. Die Amtshandlungen der Gendarmeriebeamten waren zur Aufklärung einer strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist, im Sinne des § 27 Abs. 3 Z. 2 VStG gesetzt worden. Aufgrund der Wahrnehmungen der Gendarmeriebeamten an der Unfallstelle bestand nämlich der dringende Verdacht, die Beschwerdeführerin habe eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 begangen. Die nach der Feststellung, daß der Atemluftuntersuchung kein gesundheitliches Hindernis entgegensteht, im Unfallkrankenhaus Salzburg an die Beschwerdeführerin gerichtete Aufforderung zur Atemluftuntersuchung durch ein besonders geschultes und hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht war gemäß § 27 Abs. 3 zweiter Satz VStG der Bundespolizeidirektion Salzburg zuzurechnen. Diese Behörde ist im Hinblick auf den Ort der Tatbegehung auch für die Führung des Verwaltungsstrafverfahrens in erster Instanz örtlich zuständig. Die Überschreitung der Sprengelgrenzen durch die Gendarmeriebeamten war aber im Sinne des § 27 Abs. 3 erster Satz Z. 2 VStG nicht rechtswidrig, sodaß sich daraus auch kein Recht der Beschwerdeführerin, die Atemluftuntersuchung zu verweigern, ableiten läßt. Auf ein derartiges Recht hat sich im übrigen die Beschwerdeführerin nach dem Inhalt der von ihr vorgelegten Bescheide auch weder im Verwaltungsverfahren noch im Verwaltungsstrafverfahren berufen.

Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998110070.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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