TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/10 I403 2134476-4

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Veröffentlicht am 10.12.2019
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Entscheidungsdatum

10.12.2019

Norm

AsylG 2005 §55
AVG §35
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2134476-4/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, alias XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch RA Manuel DIETRICH,

In der Wirke 3/13, 6971 Hard, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2019, Zl. 1031659202/190618485, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 19.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 22.08.2016 wies die belangte Behörde den Antrag ab, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 12.09.2017, rechtskräftig seit 13.09.2017 durch das Bundesverwaltungsgericht abgewiesen.

Am 27.11.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gem. § 55 Abs 2 AsylG, welcher mit Bescheid vom 11.03.2019 abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 29.04.2019 rechtskräftig abgewiesen.

Am 19.06.2019 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Erteilung gem. § 55 Abs 1 und 2 AsylG. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2019 wurde der Antrag gem. § 58 Abs 10 AsylG zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.12.2019 zu Zl. I403 2134476-3 abgewiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Mutwillensstrafe verhängt. Gegen die Verhängung der Mutwillensstrafe wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 19.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Sowohl dieser Antrag als auch ein nachfolgender Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG wurden rechtskräftig abgewiesen. Der Beschwerdeführer stellte dennoch keine zwei Monate nach rechtskräftiger Abweisung des Antrages gem. § 55 AsylG einen neuerlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG.

Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2019 zurückgewiesen; mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.12.2019, Zl I403 2134476-3 wurde die zurückweisende Entscheidung bestätigt.

Mit Urteil des LG XXXX vom 30.10.2019, XXXX wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, wobei die Freiheitsstrafe gem. § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Der Beschwerdeführer hat seit 01.05.2015 bis zum 28.02.2018 durch Täuschung über Tatsachen, indem er es trotz Kenntnis der Meldepflicht unterließ, die Aufnahme seiner Werkstätigkeit zu melden, zu einer Handlung verleitet, die das Amt der XXXX Landesregierung in der Höhe von € 25.546,19 am Vermögen schädigte.

Der Beschwerdeführer ist trotz aufrechter Rückkehrentscheidung seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht nachgekommen, sondern hält sich weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer hat einen unberechtigten Asylantrag gestellt und wurden zwei Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gem. § 55 AsylG abgewiesen bzw. zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat durch sein Verhalten die Behörde mutwillig in Anspruch genommen.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid sowie in den Beschwerdeschriftsatz.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird im Übrigen auf die Ausführungen unter Punkt 3.2. verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Anwendbare Rechtsnormen:

§ 35 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018 lautet:

"Mutwillensstrafen

§ 35. Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheiten unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen."

3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

Bei einer Mutwillensstrafe nach § 35 AVG handelt es sich, wie bei der Ordnungsstrafe nach § 34 AVG, nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes, sondern um ein Disziplinarmittel (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1973, Zl. 1665/72, VwSlg. Nr. 8448 A/1973, sowie das zu § 34 AVG ergangene und auf den vorliegenden Beschwerdefall übertragbare Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1994, Zl. 92/10/0469, VwSlg. Nr. 14.064 A/1994).

Daraus folgt, dass das Verwaltungsstrafgesetz im Verfahren betreffend die Verhängung einer Mutwillensstrafe grundsätzlich keine Anwendung findet, zumal § 36 zweiter Satz AVG lediglich anordnet, dass die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes über den Strafvollzug (das sind die §§ 53 bis 54d VStG) sinngemäß anzuwenden sind, nicht aber jene über die Strafbemessung, über die Verjährung oder etwa über die Sprucherfordernisse hinsichtlich der Umschreibung der Tat (das sind die §§ 19, 31 und 44a VStG). Im Übrigen sind auch die Verjährungsbestimmungen des bürgerlichen Rechtes im Bereich des öffentlichen Rechtes weder unmittelbar noch analog anzuwenden (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 2009, 2007/07/0119).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt iSd § 35 AVG mutwillig, wer sich (u.a.) im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und der Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Februar 2012, 2011/01/0271, VwSlg. Nr. 18.337 A/2012, mwN).

Der Tatbestand des § 35 AVG kann - außer durch die offenbar mutwillige Inanspruchnahme der Behörde - auch noch dadurch verwirklicht werden, dass in der Absicht, die Angelegenheit zu verschleppen, unrichtige Angaben gemacht werden.

Die Voraussetzungen zur Verhängung einer Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG sind im vorliegenden Beschwerdefall gegeben:

Der Beschwerdeführer stellte seinen ersten Antrag gem. § 55 AsylG zwei Monate nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahren - wobei gegen diese Entscheidung auch noch außerordentliche Rechtsmittel ergriffen wurden, deren Behandlung jedoch abgelehnt bzw. die Revision zurückgewiesen wurde.

Sodann hat der Beschwerdeführer keine zwei Monate nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über seinen ersten Antrag gem. § 55 AsylG wieder einen identen Antrag gestellt. Unter einem wurden Beweismittel in Vorlage gebracht, welche alle bereits zum Zeitpunkt der vorhergehenden rechtskräftigen Entscheidung vorlagen und auch bekannt waren. Dem Beschwerdeführer musste daher durchaus bekannt gewesen sein, dass ein neuerlicher Antrag gem. § 55 AsylG ins Leere laufen würde. Der Beschwerdeführer war und ist rechtsfreundlich vertreten und kann gerade von einem vertretenen Fremden erwartet werden, dass dieser über die Umstände der erstmaligen Abweisung Bescheid wusste und dass das Stellen eines identen Antrages nur zwei Monate nach rechtskräftiger Entscheidung über den ersten Antrag daher ein mutwilliges Beanspruchen der österreichischen Behörden und des österreichischen Rechtsstaates darstellt.

Der chronologische Ablauf der gesamten den Beschwerdeführer betreffenden Verfahren zeigt zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer bei der erneuten Antragstellung im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit bzw. der Nutz- und der Zwecklosigkeit war. Es liegt offen auf der Hand, dass wider besseren Wissens die belangte Behörde und durch die Beschwerdeerhebung auch das erkennende Gericht in Anspruch genommen wurden.

Warum der Beschwerdeführer nicht im vollen Bewusstsein seiner Handlungen tägig wurde, konnte in der Beschwerde nicht substantiiert dargelegt werden. Die lapidare Behauptung, dass er dies nicht bewusst getan hätte, reicht dazu nicht aus. Sein sonstiges Verhalten legt ebenfalls nahe, dass er nicht davor zurückscheut, den österreichischen Staat auszunützen. Es wird vor allem auf das Urteil des LG XXXX verwiesen, wonach der Beschwerdeführer vorsätzlich Leistungen aus der Grundversorgung unrechtmäßig erhalten hat.

Durch sein Vorgehen band der Beschwerdeführer Ressourcen der belangten Behörde und des ho. Gerichts, wodurch die Erledigung von begründeten Anträgen zeitlich verzögert wurde

Zur Höhe der verhängten Mutwillensstrafe ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sie nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des Höchstbetrages in der Höhe von 726 Euro derart zu bemessen ist, dass der Täter von weiterem derartigem Fehlverhalten abgehalten werden kann (vgl. dazu etwa den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1999, Zl. 98/12/0406). Angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer innerhalb von kürzester Zeit immer wieder neue - offensichtlich unbegründete - Anträge auf internationalen Schutz bzw. Erteilung eines Aufenthaltstitels stellte und er durch das Erschleichen der Grundversorgung das Amt der XXXX Landesregierung in der Höhe von €

25.546,19 am Vermögen schädigte, geht das erkennende Gericht davon aus, dass es durchaus einer spürbaren Sanktion für den Beschwerdeführer bedarf und daher auch die Verhängung einer Mutwillensstrafe in der maximalen Höhe gerechtfertigt ist.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

In der Beschwerde wurde zwar ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, das Bundesverwaltungsgericht konnte sich aber auf vom Beschwerdeführer unbestrittene Annahmen und den gesamten Akteninhalt stützen.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Die vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Kriterien sind im vorliegenden Fall erfüllt: Die belangte Behörde hat im vorliegenden Verfahren den Sachverhalt in einem ordnungsgemäßen Verfahren erhoben. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung an, und in der Beschwerde wurde dem festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert entgegengetreten. Insgesamt wurde kein Vorbringen erstattet, das einer näheren Überprüfung bedurft hätte. Der Sachverhalt war daher aus der Aktenlage als geklärt anzusehen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht konnte somit unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Asylgründen und zur Relevanz des Privat- und Familienlebens und der Aufenthaltsdauer bei Rückkehrentscheidungen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK, Aussichtslosigkeit,
Disziplinarstrafe, Mutwillen, Mutwillensstrafe, Ordnungsstrafe,
Strafbemessung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I403.2134476.4.00

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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