TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/23 I417 1430109-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.12.2019
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Entscheidungsdatum

23.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I417 1430109-3/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Friedrich Zanier als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria alias Sudan, vertreten durch vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2016, Zl. 13-811268401/1990980, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.12.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zuläs

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 23.10.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Beschwerdeweg mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.01.2016, Zl. W211 1430109-2/9E rechtskräftig hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen wurde. Zugleich wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) zurückverwiesen.

2. Mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 08.07.2016 wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör hinsichtlich der geplanten Erlassung einer gegen ihn gerichteten Rückkehrentscheidung gewährt. Mit Schreiben vom 19.07.2016 sowie vom 22.07.2016 brachte der Beschwerdeführer diesbezüglich schriftliche Stellungnahmen bei der belangten Behörde ein.

3. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA vom 25.07.2016, Zl. 13-811268401/1990980, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt I.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt II.).

4. Mit Schriftsatz vom 26.08.2016 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete diese mit Verfahrensmängeln sowie einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes durch die belangte Behörde.

5. Am 19.12.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle XXXX, eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, Staatsangehöriger von Nigeria, Angehöriger der Volksgruppe der Ibo und bekennt sich zum christlichen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.

Er leidet nicht an schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstünden. Er ist erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 23.10.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Beschwerdeweg mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.01.2016, Zl. W211 1430109-2/9E rechtskräftig hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer behauptete in seinem Asylverfahren zunächst fälschlicherweise, Staatsangehöriger des Sudan zu sein, ehe er - nachdem zwei eingeholte Sprachanalysen beide zum Ergebnis gelangten, dass er aus Nigeria stammt - selbst einräumte, Staatsangehöriger von Nigeria zu sein.

Der Beschwerdeführer hat in Nigeria insgesamt sechs Jahre die Schule besucht. Er verfügt nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte in Nigeria. Seine Eltern, zwei Schwestern sowie zwei Brüder des Beschwerdeführers halten sich nach wie vor in Nigeria auf und steht er zu diesen in regelmäßigem Kontakt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Österreich sowie auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt und es kann nicht festgestellt werden, dass er sich in einer Beziehung oder Lebensgemeinschaft von maßgeblicher Intensität befindet. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass er eine in Ungarn lebende, minderjährige Tochter - die am XXXX geborene L.T. - mit der in Ungarn wohnhaften, ungarischen Staatsangehörigen H.T. hat. Überdies kann nicht festgestellt werden, dass H.T. - entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers - je ihr unionsrechtliches Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen hat, sodass dem Beschwerdeführer auch nicht die Eigenschaft eines begünstigten Drittstaatsangehörigen zukommt.

Insgesamt konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden. Er spricht Deutsch auf A2-Niveau und ist Mitglied in einer afrikanischen Kirchengemeinde. Zudem betätigte er sich temporär gemeinnützig in seiner Flüchtlingsunterkunft und hat in Österreich diverse Bekanntschaften geschlossen.

Abgesehen vom Verkauf einer Straßenzeitung ging er zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nach. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig und bestreitet seinen Lebensunterhalt über die staatliche Grundversorgung.

Nach einer polizeilichen Anzeigenerstattung gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG im Jahr 2017 wurde seitens der Staatsanwaltschaft XXXX am 02.04.2019 unter der Zl. XXXX - nach Erstattung eines Abtretungsberichtes - endgültig von der Strafverfolgung zurückgetreten.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 07.08.2019, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG sowie wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten, davon 8 Monate bedingt, verurteilt.

Aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende Peoples Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45 % Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80 % aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Zunächst ist festzuhalten, dass sich der erkennende Richter bei den von ihm getroffenen Feststellungen insbesondere auf die Erkenntnisse stützt, welche er im Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2019 gewonnen hat.

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 12.04.2019 und die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 19.12.2019. Ergänzend wurde Einsicht genommen in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. W211 1430109-2, hinsichtlich des rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahrens des Beschwerdeführers.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seiner Staatsangehörigkeit, seinem Gesundheitszustand, seiner Erwerbsfähigkeit, seinen Familienverhältnissen in Nigeria, seiner Schulbildung, seiner Volksgruppenzugehörigkeit sowie zu seiner Konfession gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden und Gerichten keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegte, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zum Asylverfahren des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus einer Einsichtnahme in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. W211 1430109-2.

Der Umstand, dass nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer eine in Ungarn lebende Tochter mit einer ungarischen Staatsangehörigen hat bzw. mit der Kindesmutter eine Beziehung oder Lebensgemeinschaft von maßgeblicher Intensität führt, ergibt sich aufgrund dessen, dass sich das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er mit der ungarischen Staatsangehörigen H.T. eine am XXXX geborene Tochter - L.T - habe, nicht glaubhaft ist. So behauptet der Beschwerdeführer, er habe H.T. im Sommer 2014 in Wien kenngelernt und habe in weiterer Folge einen gemeinsamen Wohnsitz mit ihr in Tirol begründet. Zur Bescheinigung wurde diesbezüglich ein Mietvertrag aus dem Jahr 2015 in Vorlage gebracht, welcher jedoch lediglich H.T. als Mieterin ausweist und zudem eine Wohnadresse, an welcher der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt aufrecht gemeldet war, wie sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister der Republik Österreich vom 20.12.2019 ergibt. Auch kann nicht festgestellt werden, dass H.T. - wie seitens des Beschwerdeführers behauptet - in Tirol "ernsthaft versucht" habe, eine Anstellung zu finden und aufgrund dessen ihr Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen habe, da auch dieses Vorbringen über die bloße Behauptungsebene nicht hinausgeht. Wie sich aus eine Abfrage im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 20.12.2019 ergibt, war H.T. zu keinem Zeitpunkt in Österreich sozialversichert, und eine telefonische Erhebung beim AMS - während einer Unterbrechung der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 19.12.2019 - ergab, dass H.T. in Österreich auch zu keinem Zeitpunkt als arbeitssuchend gemeldet war. Eine seitens des Beschwerdeführers in Vorlage gebrachte ungarische Geburtsurkunde von L.T. weist zwar H.T. als deren Mutter aus, jedoch nicht den Beschwerdeführer als ihren Vater (es ist kein Name des Vaters in der Geburtsurkunde eingetragen). Mit diesem Umstand im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konfrontiert, gab der Beschwerdeführer an, er habe ohne Dokumente nicht nach Ungarn reisen können, um seine Vaterschaft für die am XXXX geborene L.T. anerkennen zu lassen. Auf die Frage des erkennenden Richters, weshalb sich der Beschwerdeführer nicht an die ungarische Botschaft in Wien gewandt habe, gab dieser nicht nachvollziehbar an, dass man ihm dort gesagt habe, er müsse sich an die lokale Bezirksbehörde in Ungarn wenden.

Diversen in Vorlage gebrachten Fotos, welche den Beschwerdeführer gemeinsam mit H.T. sowie L.T. zeigen, kommt ebenso wenig Beweiskraft betreffend eine etwaige Vaterschaft des Beschwerdeführers im Hinblick auf L.T. zu, wie insgesamt 7 vorgelegten Überweisungsbestätigungen des Geldtransferdienstleisters "Western Union" aus den Jahren 2018 und 2019, welche den Beschwerdeführer als Absender von Geldbeträgen von je 100 Euro (einmalig 150 Euro) sowie H.T. als Empfängerin ausweisen, sowie einer in Vorlage gebrachten Hotelrechnung vom 26.12.2017 für zwei Nächte in einem Hotel in Wien, lautend auf H.T. Ein wie auch immer geartetes finanzielles Abhängigkeitsverhältnis kann bereits angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nicht selbsterhaltungsfähig ist und seinen Lebensunterhalt über die staatliche Grundversorgung bestreitet, ausgeschlossen werden.

Nicht zuletzt kann angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 19.12.2019 das Geburtsdatum von L.T. nicht korrekt benennen konnte ("XXXX" anstatt tatsächlich XXXX), der Kontakt des Beschwerdeführers zu H.T. bereits einmal zur Gänze abgebrochen war (wie sich aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zum Asylverfahren des Beschwerdeführers zur Zl. W211 1430109-2 ergibt) und H.T. sowie L.T. den Beschwerdeführer während seiner viermonatigen Inhaftierung in der Justizanstalt XXXX im Jahr 2019 auch niemals besuchten - wie sich aus einer im Akt enthaltenen Besucherliste der Justizanstalt ergibt - ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Schengen-Raum eine Beziehung oder ein Familienleben von maßgeblicher Intensität führt. Ergänzend ist festzuhalten, dass im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.12.2019 seitens des Beschwerdeführers zudem ausdrücklich auf eine zeugenschaftliche Einvernahme von H.T. verzichtet wurde.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich - abgesehen vom Verkauf einer Straßenzeitung - zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nachging, ergibt sich aus einem am 20.12.2019 abgefragten Speicherauszug aus dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt über die staatliche Grundversorgung bestreitet, ergibt sich aus einer Abfrage in der Applikation "Betreuungsinformation (Grundversorgung)" vom 20.12.2019.

Die Deutsch-Kenntnisse des Beschwerdeführers auf A2-Niveau ergeben sich aus einem in Vorlage gebrachten ÖSD-Zertifikat vom 17.12.2015.

Seine Tätigkeit als Verkäufer einer Straßenzeitung sowie seine temporäre, gemeinnützige Betätigung in seiner Flüchtlingsunterkunft ergeben sich aus diesbezüglich vorgelegten Bestätigungsschreiben aus den Jahren 2015 und 2016.

Die Mitgliedschaft des Beschwerdeführers in einer afrikanischen Kirchengemeinde ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben, der Umstand, dass er in Österreich diverse Bekanntschaften geschlossen hat, ergibt sich aus zwei vorgelegten Unterstützungsschreiben.

Die Feststellung, dass nach einer polizeilichen Anzeigenerstattung gegen den Beschwerdeführer im Jahr 2017 wegen des Verdachts des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG seitens der Staatsanwaltschaft XXXX am 02.04.2019 unter der Zl. XXXX - nach Erstattung eines Abtretungsberichtes - endgültig von der Strafverfolgung zurückgetreten wurde, ergibt sich aus einem diesbezüglich im Akt enthaltenen Verständigungsschreiben der Staatsanwaltschaft XXXX.

Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Suchtgifthandels sowie unerlaubten Umganges mit Suchtgiften zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten ergibt sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich sowie aus der im Akt enthaltenen, gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichts XXXX vom 07.08.2019 zur Zl. XXXX.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Ladung zu seiner mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria (Stand: 12.04.2019) übermittelt und ihm im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht am 19.12.2019 die Möglichkeit einer Stellungnahme hierzu eingeräumt. Den unter Punkt II.1.2. getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage in Nigeria wurde hierbei nicht substantiiert widersprochen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. Nr. 56/2018, lauten:

"Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1.-wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.-zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.-wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist."

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 50, § 52 Abs. 2 Ziffer 2 und Abs. 9 und § 55 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

"Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

Rückkehrentscheidung

§ 52. (2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

2.- dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen."

A) Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.1. Zur Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - erster Spruchteil):

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr iSd § 46a Abs. 1 Z 1 oder 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2.1.2. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - zweiter und dritter Spruchteil):

Da das Asylverfahren negativ abgeschlossen wurde, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG gestützt und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen.

In weiterer Folge ist eine individuelle Abwägung der berührten Interessen vorzunehmen, um zu beurteilen, ob ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Zunächst ist im Lichte des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des volljährigen und gesunden Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise (spätestens) am 23.10.2011 rund acht Jahre und zwei Monate gedauert hat (vgl. dazu etwa das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 08.04.2008, Nnyanzi gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist).

Jedoch fußt sein gesamter bisheriger Aufenthalt auf seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet sowie einer unbegründeten Asylantragstellung. Die Länge seines Asylverfahrens ist hierbei u.a. dem Umstand geschuldet, dass der Beschwerdeführer zunächst seinen tatsächlichen Herkunftsstaat verschleierte und vor den Behörden fälschlicherweise behauptete, Staatsangehöriger des Sudan zu sein, ehe er - nach zwei eingeholten Sprachanalysen, welche zum Ergebnis gelangten, dass er aus Nigeria stammt - selbst einräumte, Staatsangehöriger von Nigeria zu sein. Zudem wird die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich dadurch relativiert, dass er sich für vier Monate in Untersuchungs- sowie Strafhaft befand.

Hinsichtlich eines auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten iSd Art. 8 EMRK geschützten Familienlebens des Beschwerdeführers ist auf die Ausführungen unter Punkt II.2.2. zu verweisen. So ist insbesondere aufgrund dessen, dass seine Vaterschaft zu der ungarischen Staatsangehörigen L.T. nicht festgestellt werden konnte, seiner Mittellosigkeit als Grundversorgungsbezieher, seiner Inhaftierung, sowie angesichts des Umstandes, dass zu keinem Zeitpunkt ein gemeinsamer Wohnsitz des Beschwerdeführers mit der angeblichen Kindesmutter H.T. bzw. der Tochter L.T. vorlag, das Bestehen einer Beziehung oder eines Familienlebens von maßgeblicher Intensität oder ein wie auch immer geartetes Abhängigkeitsverhältnis im Schengen-Raum auszuschließen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass ein Kontakt bzw. eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Schengen-Raum auch nicht dauerhaft verunmöglicht wird, zumal gegen ihn auch kein Einreiseverbot verhängt wurde. Bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen steht ihm somit auch der - eigentlich rechtlich vorgesehene - Weg für einen dauernden Aufenthalt in Ungarn in Form des Familiennachzugs offen.

Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich im Hinblick auf seine Aufenthaltsdauer einen derart maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. So war er bislang - abgesehen von seinen Deutsch-Kenntnissen auf A2-Niveau, seiner Tätigkeit als Straßenzeitungsverkäufer, seinem Kontakt zu einer afrikanischen Kirchengemeinde sowie diversen geschlossenen Bekanntschaften - nicht imstande, auch nur ansatzweise seine allfällige soziale bzw. integrative Verfestigung in Österreich darzulegen oder formell nachzuweisen. Insbesondere ist er nicht selbsterhaltungsfähig, ging in Österreich - abgesehen vom Verkauf einer Straßenzeitung - zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nach und bestreitet seinen Lebensunterhalt nach wie vor über die staatliche Grundversorgung.

Dementgegen kann auch nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat ausgegangen werden, zumal er dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat und dort hauptsozialisiert wurde, er nach wie vor seine Muttersprache spricht und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der Kultur seines Herkunftsstaates vertraut ist. Eine vollkommene Entwurzelung des Beschwerdeführers ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben, zumal seine Eltern sowie insgesamt vier Geschwister nach wie vor in Nigeria leben und er auch in regelmäßigem Kontakt zu diesen steht.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.").

Zu Lasten des Beschwerdeführers ist zudem sein strafgesetzwidriges Fehlverhalten zu berücksichtigen, welches seiner rechtskräftigen, strafgerichtlichen Verurteilung aufgrund von teils gravierenden Suchtgiftdelikten zugrunde lag.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens sowie der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität gegenüber; diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, 98/18/0260; 18.01.2005, 2004/18/0365).

Zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria:

Dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Artikels 3 EMRK vergleiche VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und somit arbeitsfähig. Im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat sollte er durch die Aufnahme einer entsprechenden Beschäftigung zum Verdienst seines Lebensunterhaltes und dem Aufbau einer Lebensgrundlage imstande sein und liegt auch keine vollkommene Entwurzelung des Beschwerdeführers vor. Auch verfügt er nach wie vor über ein intaktes, familiäres Netzwerk in Nigeria.

Damit ist der Beschwerdeführer nicht durch die Außerlandesschaffung nach Nigeria in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Nigeria besser gestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Außerdem besteht ganz allgemein in Nigeria derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - im Umfang des zweiten und dritten Spruchteiles - gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.2.2. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige "besondere Umstände" wurden vom Beschwerdeführer bzw. seiner gesetzlichen Vertreterin nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,
Aufenthaltstitel, berücksichtigungswürdige Gründe, freiwillige
Ausreise, Frist, Interessenabwägung, mündliche Verhandlung,
öffentliche Interessen, Privat- und Familienleben, private
Interessen, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I417.1430109.3.00

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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