TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/2 I411 2227001-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.01.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I411 2227001-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. SIERRA LEONE, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stelle erstmals am 01.08.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer gab bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag zu seinem Fluchtgrund an, dass er 1999 während des Krieges seine Eltern verloren habe, allein mit seinem Bruder gelebt hätte und sein Studium nicht hätte fortsetzten können.

Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 30.09.2019 hielt er sein Fluchtvorbringen aufrecht und gab weiters an, bereits in Griechenland einen Asylantrag gestellt zu haben, der jedoch negativ entschieden worden sei. Vor den griechischen Asylbehörden hätte er angegeben XXXX zu heißen und am XXXX geboren zu sein. Mit Schreiben der Hellenic Republic, Ministry of Citizen Protection, Asylum Service, vom 24.09.2019 wurde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer unter dem Namen XXXX, geboren am XXXX, am 12.08.2015 internationalen Schutz beantragt hat und dies am 24.11.2015 negativ entschieden wurde. Über die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde vom 11.12.2015 ist noch keine Entscheidung getroffen worden.

2. Mit Bescheid vom 23.10.2019, Zl. XXXX, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 01.08.2019 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Sierra Leone (Spruchpunkt II.) ab und erteilte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Sierra Leone zulässig ist (Spruchpunkt V.) und stellte fest, dass gemäß § 55 Absatz 1a FPG eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.).

3. Der Bescheid vom 23.10.2019, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 23.10.2019 zugestellt und erwuchs am 21.11.2019 unangefochten in Rechtskraft. Der Beschwerdeführer reiste am 25.10.2019 in die Bundesrepublik Deutschland, wurde dort festgenommen und mit Laissez Passer vom 19.11.2019, D0121131, am 28.11.2019 nach Österreich rücküberstellt.

4. Am 28.11.2019 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung "Folgeantrag" durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am gleichen Tag gab der Beschwerdeführer an, Österreich verlassen zu haben und nach Deutschland gereist zu sein. Befragt nach neuen Fluchtgründen gab er an, an, dass seine gesamte Familie in Sierra Leone getötet worden sei; es herrsche Bürgerkrieg und die anderen Stämme würden ihn töten wollen.

5. Am 05.12.2019 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen, wobei er im Wesentlichen erklärte, dass er noch immer die gleichen Probleme in seinem Herkunftsstaat haben würde. Er hätte allerdings im ersten Verfahren vergessen seine Narben vorzuzeigen.

6. Mit verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid vom 12.12.2019, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Sierra Leone (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurück. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Sierra Leone zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt VI.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Ferner wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen ab 29.11.2019 im Quartier BS-West AIBE, Thalham 80, 4880 St. Georgen im Attergau, Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).

7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 17.12.2019 (bei der belangten Behörde eingelangt am 18.12.2019).

8. Mit Schriftsatz vom 27.12.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 30.12.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Sierra Leone und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Fulla an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer leidet nicht an schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstünden.

Der Beschwerdeführer verfügt über mehrjährige Schulbildung im Herkunftsstaat und dort über familiäre Anknüpfungspunkte in Form eines Bruders, in Österreich verfügt er über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft und geht in Österreich keiner Beschäftigung nach.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.10.2019, Zl. XXXX, wurde über den Erstasylantrag des Beschwerdeführers vom 01.08.2019 inhaltlich abgesprochen. Dieser Bescheid ist am 21.11.2019 in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer gab gleichbleibend, sowohl im ersten als auch im zweiten Asylverfahren an, seine Heimat verlassen zu haben, nachdem seine Eltern getötet worden seine und er niemanden gehabt hätte.

Zusammengefasst ist daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt im Vergleich zum Verfahren betreffend den Antrag auf internationalen Schutz vom 01.08.2019 vorbringt.

1.3. Zur Lage in Sierra Leone:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind weder gegenüber den im rechtskräftigen Bescheid vom 23.10.2019 noch im angefochtenen Bescheid vom 12.12.2019 getroffenen Feststellungen entscheidungsmaßgebliche Änderungen eingetreten. Im beiden Bescheiden wurde das aktuelle (Stand 04.07.2018) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Sierra Leone vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Eine nach Sierra Leone zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Sierra Leone mit Stand 04.07.2018.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde sowie aus dem Umstand seines erst kurzen Aufenthalts in Österreich.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer im Rahmen des Folgeantrages vorgebrachten Fluchtgründen beruhen auf seinen diesbezüglichen Angaben.

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegen trat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten und sie in seiner Beschwerde geltend zu machen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Sierra Leone vom 04.07.2018 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides)

Da die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz vom 28.11.2019 gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, ist Beschwerdegegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung dieses Antrages, nicht aber der Antrag selbst.

Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen, die außer in den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß Abs 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Eine entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21.03.1985, 83/06/0023, ua). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nichts anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl zB VwGH 27.09.2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd I, 2. Aufl 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 08.09.1977, 2609/76).

Von einer verschiedenen "Sache" iSd § 68 Abs 1 AVG ist auszugehen, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl VwGH 24.02.2005, 2004/20/0010 bis 0013; VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; VwGH 20.03.2003, 99/20/0480; VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl VwGH 19.09.2013, 2011/01/0187; VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; VwGH 15.10.1999, 96/21/0097).

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass in der gegenständlichen Rechtssache eine entschiedene Sache vorliegt. Dies aus folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführer erstattete im ersten Asylverfahren ein unglaubhaftes Fluchtvorbringen im Sinne der GFK. Insofern erging am 23.10.2019 eine negative Asylentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, welche unbekämpft in Rechtskraft erwuchs. Im Zuge des jetzigen Verfahrens (Folgeantrag) brachte der Beschwerdeführer diese Fluchtgründe abermals vor und liegt somit keine Sachverhaltsänderung vor.

Auch ist - wie oben ausgeführt - eine maßgebliche Veränderung weder im Hinblick auf den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, seine persönlichen Verhältnisse und auch nicht im Blick auf die anzuwendende Rechtslage eingetreten.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Rückverbringung nach Sierra Leone nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Sierra Leone bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Sierra Leone keine Lebensgrundlage mehr vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Außerdem besteht ganz allgemein in Sierra Leone derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikels 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Eine Änderung des der Entscheidung des Bundesamtes vom 23.10.2019 zugrunde liegenden Sachverhaltes mit dem der verfahrensgegenständlichen vom 12.12.2019 ist sohin nicht zu erkennen, sodass eine entschiedene Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG vorliegt, deren Rechtskraft einer neuerlichen Sachentscheidung entgegensteht.

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides war gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 Abs 1 AVG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG (bis zum FrÄG 2015: "rechtskräftig") auf Dauer für unzulässig erklärt wird (bis zum FrÄG 2015: "wurde"). Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.3. Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist einer Entscheidung nach dem AsylG mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG (Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl I Nr 100/2005 idF BGBl I Nr 70/2015) zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AslyG vorliegt.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG (i.e. Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem Titel der Art 2 oder 3 EMRK bzw 6. oder 13. ZPEMRK in Fällen des Vorliegens von Aberkennungsgründen) vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Ein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG (Nichtzuerkennung bzw. Aberkennung von subsidiärem Schutz wegen Vorliegens von Aberkennungsgründen) liegt im Beschwerdefall nicht vor.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG, BGBl I 87/2012 idF BGBl I Nr 24/2016) ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes führt der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund seines kurzen Aufenthaltes kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben; selbst wenn ihm ein solches zugestanden werden würde, würde auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen ergeben, dass ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden könnte:

Schließlich reiste der Beschwerdeführer erst am 01.08.2019 nach Österreich ein und schon unmittelbar nach Abschluss seines ersten Asylverfahrens am 25.10.2019 nach Deutschland aus. Erneut hält sich der Beschwerdeführer erst nach seiner Rücküberstellung am 28.11.2019 wieder in Österreich auf.

Er führt in Österreich weder eine Ehe noch eine eheähnliche Beziehung noch hat er Kinder, Verwandte oder sonstige nahe Angehörige in Österreich. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in sein Recht auf Schutz des Familienlebens.

Zudem ist die integrative Verfestigung des Beschwerdeführers in Österreich als nicht existent einzustufen.

Seine bisherige Aufenthaltsdauer in Österreich beträgt mit Unterbrechung etwas mehr als drei Monate, womit diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch zu kurz ist, um bereits jetzt von einer außergewöhnlichen schützenswerten dauernden Integration zu sprechen.

Zudem vermochte er keine maßgeblichen integrativen und sozialen Bemühungen nachzuweisen. Überdies bestehen noch Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat, zumal er dort über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seines Bruders verfügt.

Der Beschwerdeführer führt somit in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben. Selbst wenn man ihm trotz seines kurzen Aufenthaltes im Bundesgebiet ein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Privatleben zubilligen würde, wäre für ihn nichts gewonnen:

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als ein Fremder, der seinen Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch seine Einreise und durch die Stellung eines letztlich unbegründeten Asylantrages erzwingt. Dies würde in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl VwGH11.12.2003, 2003/07/0007; vgl dazu auch VfSlg 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.").

Ebenso steht dem persönlichen Interesse das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, Zl. 98/18/0260; 18.01.2005, Zl. 2004/18/0365). Vor diesem Hintergrund und nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen kann ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers jedenfalls als im Sinne des Artikels 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden.

Dagegen bestehen nach wie vor Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat Sierra Leone, zumal er dort einen großen Teil seines Lebens verbracht hat und dort hauptsozialisiert wurde, er noch immer seine Landessprache spricht und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der Kultur seines Herkunftslandes vertraut ist. Im gegenständlichen Fall kann nicht von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers gesprochen werden.

Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zuungunsten des Beschwerdeführers und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich dieses Teiles des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

3.4. Feststellung, dass die Abschiebung zulässig ist (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

Zur Feststellung, dass eine Abschiebung gemäß § 46 Nach Sierra Leone zulässig ist (§ 52 Abs 9 FPG) ist zunächst darauf zu verweisen, dass dem Beschwerdeführer in Sierra Leone keine asylrelevante Verfolgung droht.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Sierra Leone die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art 3 EMRK vergleiche VwGH vom 16.07.2003, 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er hat in seiner Heimat bereits als Hilfsarbeiter gearbeitet und sollte sich im Falle einer Rückkehr in diesen Beruf zurückkehren können bzw. durch die Ausübung einer adäquaten Tätigkeit wie zum Beispiel diverser Hilfstätigkeiten und Gelegenheitsarbeiten erneut zum Verdienst seines Lebensunterhaltes imstande sein.

Damit ist der Beschwerdeführer nicht durch die Außerlandesschaffung nach Sierra Leone in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Sierra Leone bessergestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Sierra Leone keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Außerdem besteht ganz allgemein in Sierra Leone derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich dieses Teiles des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

3.5. Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise ua nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG. Dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht, ergibt sich aufgrund der vorliegenden zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG unmittelbar aus § 55 Abs 1a FPG 2005.

Daher war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.6. Verhängung eines Einreiseverbots (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides):

Die belangte Behörde erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.

Im Lichte einer jüngst ergangenen Entscheidung des VwGH, in welcher dieser neuerlich darauf hinweist, dass der bloße unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde, dieses jedoch bei Hinzutreten weiterer Faktoren wie dem Nichtnachkommen einer Ausreiseverpflichtung oder Mittellosigkeit des Fremden durchaus geboten sein kann, ist die Verhängung eines Einreiseverbots gegen den Beschwerdeführer im vorliegenden Fall als angemessen zu erachten (VwGH Erkenntnis vom 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).

Beizupflichten ist der behördlichen Feststellung des Umstandes der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers iSd § 53 Abs. 2 Z 6 FPG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21.06.2012, Zl. 2011/23/0305, mwN). Der Beschwerdeführer hat in keiner Weise dargelegt, dass er irgendwelche Mittel zur nicht einmal kurzfristigen Sicherung seines Lebensbedarfes hat.

Zur Dauer des Einreiseverbotes wird festgehalten, dass die belangte Behörde nicht einmal die Hälfte der gesetzlich zulässigen Dauer des § 53 Abs. 2 FPG verhängt hat. Die Beschwerde zeigt auch keine Gründe auf, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre. Wie bereits dargelegt, verfügt der Beschwerdeführer über kein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich bzw. machte er ein solches auch nicht für die anderen Mitgliedsstaaten geltend.

Da somit im vorliegenden Beschwerdefall die Voraussetzungen für die Erlassung eines auf die Dauer von zwei Jahren befristeten Einreiseverbotes erfüllt sind, war der Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ebenfalls abzuweisen.

3.7. Zur Anordnung der Unterkunftnahme (Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides):

Mit Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer gemäß

§ 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, ab 29.11.2019 in dem Quartier BS West AIBE, Thalham 80, 4880 St. Georgen im Attergau, Unterkunft zu nehmen.

Gemäß § 15b AsylG kann einem Asylwerber nach Zulassung zum Verfahren mittels Verfahrensanordnung des Bundesamtes aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz aufgetragen werden, in einem von der für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaft zur Verfügung gestellten Quartier durchgängig Unterkunft zu nehmen. Über die Verfahrensanordnung ist im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Die belangte Behörde begründete die Anordnung der Unterkunftnahme mit Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung, sowie mit Gründern der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des gestellten Antrages.

In der Beschwerde wurden die Ausführungen der belangten Behörde weder bestritten, noch wurde ihnen entgegengetreten und erübrigt sich somit die inhaltliche Überprüfung dieses Spruchpunktes.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VIII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht knappe zwei Monate liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf und richtet sich ausschließlich gegen die rechtliche Beurteilung. Er ist aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besonderer
Schutz, Aufenthaltstitel, berücksichtigungswürdige Gründe,
Bindungswirkung, Einreiseverbot, entschiedene Sache, Folgeantrag,
freiwillige Ausreise, Frist, Identität der Sache, Mittellosigkeit,
Prozesshindernis der entschiedenen Sache, Rechtskraftwirkung, res
iudicata, Rückkehrentscheidung, subsidiärer Schutz, Wohnsitzauflage,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I411.2227001.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten