TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/13 G308 2207614-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.01.2020
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Entscheidungsdatum

13.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G308 2207614-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX (alias: XXXX), geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Irak, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Martin SAUSENG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.08.2018,

Zahl: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz und Rückkehrentscheidung, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.09.2019, zu Recht:

A) I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen

Bescheides wird stattgegeben und XXXX (alias: XXXX), geboren am XXXX, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 kommt XXXX (alias: XXXX) eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zu.

III. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX (alias: XXXX) damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

IV. In Erledigung der Beschwerde werden die jeweiligen Spruchpunkte

II. bis VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 14.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 stellte.

2. Am 16.07.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Er gab zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er aus XXXX stamme und mit seiner Mutter und seinen Brüdern nach Kirkuk geflüchtet sei, als die IS Truppen in Richtung XXXX marschiert seien. Er habe in Kirkuk einen Friseursalon betrieben und habe irakische militärische Nachrichtendienst ("Istikhbarat") von ihm verlangt, darüber zu informieren, wenn eine Person namens XXXX (im Folgenden: R.), die gegenüber vom Friseursalon gewohnt habe, nach Hause kommt. Aufgrund der Information des Beschwerdeführers sei

R. in der Folge verhaftet worden. Dessen Bruder hätte erfahren, dass der Beschwerdeführer der Informant gewesen sei und damit gedroht, den Beschwerdeführer zu töten. Eine Woche vor seiner Ausreise aus dem Irak habe der Bruder des R. den Beschwerdeführer mit dem Auto verfolgt. Der Beschwerdeführer habe aber entkommen können. Aus Angst vor dieser Person habe er sich entschlossen, den Irak zu verlassen. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, vom Bruder des R. getötet zu werden und fürchte weiters die allgemeine Lage im Irak.

3. Die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, fand am 14.11.2017 statt.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er in Kirkuk in einem Friseurgeschäft gearbeitet habe. Neben dem Eigentümer des Friseursalons hätten dort noch der Beschwerdeführer und ein weiterer Mitarbeiter gearbeitet. Im Mai 2015 seien Geheimdienstmitarbeiter zum Arbeitgeber des Beschwerdeführers gekommen, hätten sich als solche ausgewiesen und Informationen über eine Person verlangt, deren Familie im Haus gegenüber vom Friseursalon gelebt habe. Der Person sei Drogenhandel vorgeworfen worden. Der Beschwerdeführer habe diese Person von der Straße gekannt und immer wieder gegrüßt. Der Arbeitgeber habe gemeint, da der Beschwerdeführer am Öftesten im Salon sei, solle der Beschwerdeführer ihn anrufen, wenn diese Person nach Hause komme. Ende Mai 2015 (etwa zwei Wochen nach dem Auftrag durch den Geheimdienst) sei der Gesuchte dann nach Hause gekommen und habe der Beschwerdeführer daraufhin seinen Arbeitgeber angerufen. Etwa zwei Stunden später sei der Mann verhaftet worden. Zwei Tage nach der Verhaftung sei der Bruder des Verhafteten in den Salon gekommen und habe zum Beschwerdeführer gesagt, dass er gehört habe, er hätte seinen Bruder verraten und würde ihn dafür töten. Der Beschwerdeführer vermutet, der Bruder habe die Polizei bestochen, um an diese Information zu gelangen. Am Tag darauf habe der Beschwerdeführer gerade den Salon geschlossen und nach Hause gehen wollen, als der Bruder des Verhafteten ihn plötzlich mit dem Auto verfolgt und auf den Beschwerdeführer geschossen hätte. Er sei davongelaufen und nicht getroffen worden. Er habe mit seinem Chef über den Vorfall gesprochen. Dieser habe den Geheimdienst kontaktiert, welcher jedoch mitgeteilt hätte, sie könnten für den Beschwerdeführer nichts machen. Weitere drei oder vier Tage später sei er am Nachmittag gerade dabei gewesen, ein Restaurant zu verlassen, als der Bruder des Verhafteten auf den Beschwerdeführer draußen gewartet habe. Er habe ihn in seinem Auto gesehen, er sei ausgestiegen und habe mit einem Gewehr auf den Beschwerdeführer geschossen. Er habe neuerlich flüchten können und daraufhin beschlossen, den Irak zu verlassen. Er sei noch fünf oder sechs Tage im Irak geblieben, um seine Ausreise vorzubereiten. Eine Anzeige bei der Polizei habe er nicht erstattet. Eine innerstaatliche Fluchtalternative als Sunnit aus dem Zentralirak bestehe nicht. Er habe den Irak alleine aus diesen Gründen verlassen. Er sei nicht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt worden. Im Falle einer Rückkehr würde ihm jedoch auch Verfolgung drohen, da der Beschwerdeführer inzwischen zum Christentum konvertiert und außerdem homosexuell sei und seit Anfang August 2016 eine sexuelle Beziehung zu einem Mann habe. Zu seiner Familie im Irak habe er seit einem Jahr keinen Kontakt mehr.

4. Mit E-Mail der Vertrauensperson des Beschwerdeführers vom 15.01.2018 wurde dem Bundesamt eine mit 15.01.2018 datierte Bestätigung des pastoralen Mitarbeiters für die Katechese und begleitende Seelsorge für Taufwerber aus dem arabischen Raum der Pfarre Fürstenfeld, Mag. XXXX, übermittelt, wonach der Beschwerdeführer im Sommer 2017 mit ihm Kontakt aufgenommen und nach der Sommerpause im September 2017 mit der Taufvorbereitung für Erwachsene begonnen hätte. Diese finde wöchentlich zu je zwei Stunden in der Pfarre XXXX in XXXX statt. Weiters besuche der Beschwerdeführer sonntags den Gottesdienst in seiner Heimatpfarre, regelmäßig Gebetstreffen und nehme aktiv am Taufunterricht teil. Er vermittle den Eindruck, dass ihm ein christliches Leben wichtig und ernst sei.

5. Am 16.07.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt neuerlich niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz, konkret zu den vorgebrachten Nachfluchtgründen der Konversion zum Christentum sowie der Homosexualität einvernommen.

Befragt, wann er begonnen habe, sich mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen, gab der Beschwerdeführer an, er habe sich seit seiner Einreise nach Österreich erst als Atheist bezeichnet, habe über seine Deutschlehrerin und (anwesende) Vertrauensperson jedoch zum christlichen Glauben gefunden und sich seit 2017 damit befasst. Bereits im Irak habe er sich dazu gezwungen gefühlt, dem moslemischen Glauben zu folgen, aber nicht das Gefühl gehabt, dass es das Richtige für ihn sei. Am islamischen Unterricht habe er in der Schule verpflichtend teilnehmen müssen. In der Folge wurden dem Beschwerdeführer zahlreiche, teils sehr tiefgreifende inhaltliche Fragen zum Islam und zum Christentum gestellt.

Da er erst seit 2016 homosexuell sei, habe er im Irak bisher damit keine Probleme gehabt. Er sei im Irak damit aufgewachsen, dass Homosexualität im Islam nicht akzeptiert würde und so habe er sich im Irak auch nicht damit befasst. Es würde jedoch auch im Irak irgendwann bekannt werden und dann würde er getötet werden. Er habe in Österreich einen Liebhaber, lebe aber mit ihm nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Sie würden sich oft sehen (zwei bis drei Mal im Monat), gemeinsam essen, Geschlechtsverkehr haben und das Leben genießen. Der Partner habe ihn schon einmal gefragt, ob sie gemeinsam leben wollten, aber der Beschwerdeführer wolle nicht an der slowenischen Grenze leben. Auch arbeite sein Partner viel. Dieser habe einen Bruder und zwei Schwestern und lebe mit seinen alten Eltern gemeinsam im Haus. Die Beziehung und das Bewusstsein für seine homosexuelle Orientierung hätten sich ergeben, bevor sich der Beschwerdeführer dem Christentum zugewandt hätte. In der Kirche wisse aber niemand von seiner sexuellen Orientierung.

6. Mit den oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG, als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.) und dem Beschwerdeführer eine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe, seine Religionszugehörigkeit jedoch ungeklärt bleibe. Das Wissen des Beschwerdeführers über die "römisch-katholische christliche Ausrichtung" könne höchstens als marginal bezeichnet werden. Für jemanden, der sich seit 2017 intensiv mit dem christlichen Glauben auseinandersetzt, habe der Beschwerdeführer außer Allgemeinwissen über die von ihm "auserkorene" Glaubensrichtung keine Antworten zu detaillierten Fragen geben können. Auch habe er die Frage nach dem Grund für die Konversion zum Christentum letztlich nur oberflächlich und vage beantworten können. Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers stehe für das Bundesamt weiters fest, dass er den von ihm vormals praktizierten sunnitisch-islamischen Glauben bereits in seinem Heimatland nicht mit voller Überzeugung gelebt habe, da auch sein Wissen darüber eher spärlich zu sein scheine. Dennoch habe der Beschwerdeführer diesbezügliche Probleme oder eine Verfolgung aus den in der GFK genannten religiösen Gründen verneint, sodass nicht davon ausgegangen werden könnte, dass der Beschwerdeführer Probleme im Irak hätte, nur, weil er Interesse an einer anderen Religion gezeigt habe.

Der Beschwerdeführer sei im Irak keiner individuellen und aktuellen Bedrohung oder Verfolgung aus den in der GFK genannten Gründen oder sonstigen Gründen ausgesetzt gewesen bzw. habe eine solche auch nicht geltend gemacht. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Ausreisegründe - nämlich die Bedrohung durch den Bruder eines aufgrund seiner Informationen an den Geheimdienst verhafteten Mannes - würden aufgrund der vagen und detailarmen Schilderungen als nicht glaubhaft gewertet werden. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso sich der Beschwerdeführer bei tatsächlich vorliegender Bedrohung nicht selbst an die Polizei gewendet habe sollte. Auch die angebliche Homosexualität des Beschwerdeführers könne nicht als Grund für die Unmöglichkeit einer Rückkehr in den Irak gewertet werden. Die vom Beschwerdeführer angeführte Beziehung zu einem Mann in Österreich werde in Frage gestellt, da der Beschwerdeführerführer konkrete Fragen zum Privatleben seines Partners nicht habe beantworten können. Außerdem lebe der Beschwerdeführer seine Homosexualität auch in Österreich offenbar im Geheimen aus, sodass ihm auch zugemutet werden könne, dies im Irak zu tun. Das Bundesamt gehe hinsichtlich der Konversion und der Homosexualität von einem gesteigerten Fluchtvorbringen zur Konstruktion eines asylrelevanten Vorbringens aus, zumal die sexuelle Neuausrichtung im Widerspruch zum vorgebrachten Glaubenswechsel stehe. Eine Glaubhaftmachung sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen.

Im Falle einer Rückkehr in den Irak bestehe keine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre oder seine Rechte nach den Artikeln 2 und 3 EMRK bzw. der Zusatzprotokolle verletzt werden würden. Er sei ein gesunder, junger und arbeitsfähiger Mann und könnte bei einer Rückkehr, etwa nach Erbil oder Bagdad, wieder eine Tätigkeit als Herrenfriseur aufnehmen.

Zudem traf die belangte Behörde Länderfeststellungen zur allgemeinen Lage im Irak.

7. Mit Schriftsatz der bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 04.10.2018, beim Bundesamt am 09.10.2018 einlangend, erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz stattgeben und ihm den Status des Asylberechtigten, allenfalls des subsidiär Schutzberechtigten, zuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt zurückverweisen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zwei Nachfluchtgründe, nämlich den bereits abgeschlossenen inneren Glaubenswechsel durch Annahme der religiösen Überzeugung des römisch-katholischen Glaubens, sowie die sexuelle Neuorientierung als Homosexueller vorgebracht habe. Das Ermittlungsverfahren des Bundesamtes sei mangelhaft. Vor allem in Hinblick auf den bis dato vollzogenen inneren Glaubenswandel seien dem Beschwerdeführer in Anlehnung bekannter Prüfungssituationen vor dem Bundesamt eine Vielzahl allumfassender Kontrollfragen zum römisch-katholischen Glauben gestellt worden. Dabei steche ins Auge, dass diese Fragen ein Niveau erreicht hätten, welches auch offenkundig von einem durchschnittlich begabten Menschen derselben Glaubenszugehörigkeit ebenso wenig allumfassend und detailliert hätten beantwortet werden können. Das Bundesamt verkenne, dass der Beschwerdeführer zunächst einen fluchtauslösenden Asylgrund im Herkunftsstaat gesetzt habe und daraufhin (bereits) während seines Aufenthalts im österreichischen Bundesgebiet zwei Nachfluchtgründe verwirklicht habe. Dem angefochtenen Bescheid ließen sich aber keinerlei Feststellungen entnehmen, ob das Bundesamt die beiden Nachfluchtgründe als glaubwürdig oder allenfalls unglaubwürdig qualifiziere. Es lägen daher zweifache Feststellungsmängel vor, die bereits unter Berücksichtigung der im angefochtenen Bescheid des Bundesamtes selbst ins Treffen geführten Länderfeststellungen von rechtlicher Entscheidungsrelevanz wären. Weder die Frage, ob der Beschwerdeführer mit seinem Partner über eine sexuelle Beziehung hinausgehende Beziehung pflege, noch die Frage, ob die sexuelle Orientierung des Beschwerdeführers mit dessen religiöser Einstellung vereinbar sei, sei bei der Beurteilung des Vorliegens einer allfälligen Verfolgung im Falle einer Rückkehr in den Irak von Relevanz. Das Bundesamt habe seine Entscheidung mit Willkür belastet.

8. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt vorgelegt und sind am 15.10.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.09.2019 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer, sein Rechtsvertreter, zwei Vertreter des Bundesamtes sowie ein Dolmetscher für die Sprache Kurdisch-Sorani teilnahmen. Als Zeuge wurde Mag. XXXX für die Stadtpfarre XXXX (im Folgenden: Mag. N.) einvernommen.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe in einem Friseursalon gearbeitet und seien Anfang Mai 2015 am Nachmittag zwei Leute vom Geheimdienst (in Zivilkleidung) in den Salon gekommen und hätten den Arbeitgeber des Beschwerdeführers ersucht, sie anzurufen, falls der Nachbar namens R. im Haus gegenüber, dem Drogendelikte unterstellt worden seien, nach Hause komme. Der Arbeitgeber habe ihnen gesagt, dass der Beschwerdeführer eher im Salon sei und der Beschwerdeführer den Geheimdienst informieren sollte. Der Arbeitgeber habe dem Beschwerdeführer gesagt, er solle ihn anrufen, wenn R. auftaucht. Da die Wohnung des R. genau gegenüber vom Salon gewesen sei, habe der Beschwerdeführer auch gewusst, um wen es sich handle. Er habe R. schließlich beim Geheimdienst angezeigt, indem er seinen Arbeitgeber telefonisch über die Anwesenheit informiert habe. Der Bruder des R., XXXX (im Folgenden: L.) sei zum Beschwerdeführer gekommen und habe ihm gedroht in umzubringen, da er R. ins Gefängnis gebracht habe. Der Beschwerdeführer vermute, L. habe jemanden bei der Polizei bestochen und dadurch erfahren, dass er der Informant gewesen sei. Danach habe er große Angst gehabt und das Geschäft zugesperrt. L. habe ihm dann etwa einer Stunde nach der Drohung im Salon im Auto wartend aufgelauert, sei dann ausgestiegen, dem Beschwerdeführer hinterhergerannt und habe mit einer Waffe auf ihn geschossen; er habe sich aber retten können. Eigentlich sei L. in einem Auto gesessen. Dabei habe es sich glaublich um einen kleinen grauen Ford gehandelt. Das zweite Mal habe er etwa zwei oder drei Tage später in einem Restaurant zu Mittag gegessen und habe L. ihn beim Verlassen des Restaurants abgepasst und wieder auf den Beschwerdeführer geschossen. Er habe neuerlich unverletzt entkommen können. Es sei auch niemand anders verletzt worden, obwohl es eine belebte Straße gewesen sei. Wie lange R. im Gefängnis gewesen sei, wisse er nicht. L. habe sich nach der Ausreise des Beschwerdeführers auch nicht an seine Familie gewandt, da bekannt gewesen sei, dass der Beschwerdeführer den Irak verlassen habe. Es sei bei seiner Familie auch nicht nachgefragt worden. Im Falle einer Rückkehr würde er sicher von L. getötet werden. Ein Umzug innerhalb des Iraks wäre damals nicht möglich gewesen. Als Sunnit hätte er nicht in Bagdad wohnen können. Außerdem würde L. ihn im Irak überall finden.

Weiters habe der Beschwerdeführer auch große Probleme mit seiner Familie, da er nun Christ und homosexuell sei. Zur Konversion zum Christentum befragt gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er sei kurze Zeit nach seiner Ankunft in Österreich "ohne Glauben" gewesen, habe aber "einen Gott" gesucht. Es habe ihn fasziniert, dass Jesus sich für seine Leute geopfert habe. Er habe sehr viel gelesen und sich zur katholischen Kirche hingezogen gefühlt. Es sei eine Religion, in der man sehr viel Geduld und Liebe haben müsste. Hingegen habe er in der islamischen Religion nur Krieg und Tötungen erlebt. Er verstehe sich in der christlichen Gemeinschaft viel besser mit den Mitgliedern und könne immer über alles reden. Er sei in vielen Dingen offener geworden. Seit 2017 habe besuche er einen Religionskurs in XXXX nahe XXXX bei XXXX. Dieser habe ihn auf die Taufe vorbereitet. Derzeit besuche er die Tauf-Nachbetreuung in der Heimatpfarre. Dort besuche er sonntags auch den Gottesdienst. Bereits Mitte 2016 habe er seinen Verwandten im Irak in einem Gespräch mit einem seiner Brüder mitgeteilt, dass er "keinen Glauben" mehr habe. Daraufhin hätten diese den Kontakt zum Beschwerdeführer bis heute abgebrochen. Es bestehe in der Familie überhaupt kein Verständnis. Er vermute, seine Mutter würde wohl mit ihm Kontakt halten wollen, dass ihr dies aber von den Geschwistern verboten werden würde.

Zur Homosexualität gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass man im Irak vor der Ehe keinen Sex haben dürfe. Man stehe immer unter Druck, nicht darüber nachzudenken und merke nicht, wie man tatsächlich sei. Als er nach Österreich gekommen sei, habe er in der Asylunterkunft jemanden kennen gelernt und nach einiger Zeit gemerkt, dass er sich zu dem Mann hingezogen fühle. Er sei dann mit "XXXX" (im Folgenden: H.) zwei Jahre zusammen gewesen, habe sich aber schließlich von ihm getrennt, da er sehr zurückhaltend gewesen und nicht viel über persönliche Dinge gesprochen habe, obwohl es für den Beschwerdeführer eine Liebesbeziehung gewesen sei. Er habe H. auch zuhause besucht. H. habe in einem Haus mit seiner Mutter gelebt und noch zwei Schwestern, wovon eine Friseurin in Graz sei und einen Bruder, der Mechaniker sei. Seine Homosexualität sei seine Privatsache. Davon wüssten weder die christliche Gemeinde noch die Verwandten im Irak. Seiner Homosexualität sei er sich bewusstgeworden, bevor er sich dem christlichen Glauben zugewandt habe und nachdem der Kontakt zu seiner Familie im Irak abgebrochen sei. Eine neue Beziehung sei er bis dato nicht eingegangen.

Der Zeuge Mag. N. gab auf Befragen durch das erkennende Gericht an, er Beschwerdeführer sei bereits im Vorjahr wegen der Taufe zu ihnen gekommen. Der Katechumenatsweg als Vorbereitung für den Taufwerber werde von einem Beauftragen der Diözese vorgenommen. Dieser Weg sei in der XXXXbegonnen worden. Es würde dazu ein wöchentliches Zusammenkommen für etwa eine Stunde geben. Dabei gehe es um alle Fragen zur Kirchengeschichte, Sakramenten. Es gebe drei größere Stufen, nämlich die Aufnahme in das Katechumenat, dann die Zulassungsfeier zur Taufe, und sodann die Taufe, die Firmung und die Kommunion, welche im Zuge einer Feier im Juni [2019, Anm.] vollzogen worden seien. Wenn jemand aus einer anderen Religion komme, müsse es eine gediegene Vorbereitung geben. Es sei beim Beschwerdeführer spürbar gewesen, dass er sich für den Glauben interessiere. Man habe sehen können, dass er es ernst meine. Der erste Kontakt des Zeugen zum Beschwerdeführers, der in der Pfarre in XXXX (im Folgenden: Pfarre L.) wirkt, sei im Frühjahr 2018 gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer den Katechumenatsweg bereits in der XXXX begonnen. Der Weg sei noch nicht abgeschlossen. Es sei der Kirche ein Anliegen, die Getauften weiter zu begleiten. Beim Beschwerdeführer könne man beobachten, dass er auch nach der Taufe bei den Gottesdiensten immer wieder anwesend sei. Im Zuge der Taufe werde auch ein christlicher Name gewählt. Dieser werde im kirchlichen Taufschein bzw. in einer kirchlichen Heiratsurkunde geführt. Der Beschwerdeführer sei der erste Erwachsene, der in den sieben Jahren, in welchen der Zeuge in der Stadtpfarrkirche L. wirke, getauft worden sei.

Die Verkündung der Entscheidung entfiel gemäß § 29 Abs. 3 VwGVG.

10. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 14.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer und dem Bundesamt das nunmehr aktuelle Länderinformationsblatt zum Irak vom 20.11.2018 samt eingefügter Kurzinformation vom 30.10.2019, die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus dem Irak fliehen vom Mai 2019, die ACCORD-Anfragebeantwortung zum Irak vom 26.07.2019 [a-11036] zum Irak: Rechtliche Folgen bei Konversion eines Sunniten zu christlicher Gemeinschaft [...], die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 23.07.2019 zum Irak: Lage der Christen im Irak; assyrische Christen, sowie die ACCORD-Anfragebeantwortung vom 11.02.2019 [a-10867] zum Irak: Lage von Intersex- und Transgender-Personen inklusive der Autonomen Region Kurdistan, zur Stellungnahme binnen einer Frist von vier Wochen übermittelt.

11. Am 05.12.2019 langte die mit 02.12.2019 datierte Stellungnahme des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich aus sämtlichen übermittelten Berichten ergeben würde, dass der Beschwerdeführer bei allfälliger Rückkehr in den Herkunftsstaat wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung ausgesetzt wäre, eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht bestehe, durch die sexuelle Orientierung und die Konversion des Beschwerdeführers Nachfluchtgründe darstellen würden, die seine Rückkehr in den Irak unmöglich machen würden und der Beschwerdeführer sich den übermittelten Länderberichten vollinhaltlich anschließe. Die Beschwerdeanträge würden aufrechterhalten werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum), ist Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekannte sich im Irak formal zum moslemischen Glauben sunnitischer Ausrichtung. Er ist ledig und hat keine Kinder. Seine Muttersprache ist Kurdisch-Sorani (vgl Kopie irakischer Reisepass, AS 127 ff/Teil I; Kopie irakischer Personalausweis, AS 119 f/Teil I; Kopie irakischer Staatsbürgerschaftsnachwies AS 117/Teil I; Erstbefragung vom 16.07.2015, AS 3 ff/Teil I; Niederschrift Bundesamt vom 14.11.2017, AS 59 ff/Teil I; Niederschrift Bundesamt vom 16.07.2018, AS 175/Teil I; Verhandlungsprotokoll vom 04.09.2019, S 3 ff).

Geboren ist der Beschwerdeführer in der Stadt XXXX (im Folgenden: H.) im Gouvernement Kirkuk, wo er auch die Grundschule und einige Jahre der Mittelschule (insgesamt 12 Jahre) absolvierte, die Schule jedoch nicht abschloss. Nach der Schule war er ab 2011 als Herrenfriseur berufstätig. Diesbezüglich hat er einen einmonatigen Ausbildungskurs in Kirkuk von November bis Dezember 2012 absolviert. Im Zuge der Eroberungen des IS von H. im Jahr 2014 zog er jedoch mit seiner Familie in die Stadt Kirkuk, wo er ebenfalls bis zu seiner Ausreise aus dem Irak als angestellter Friseur in einem Friseursalon erwerbstätig war und mit der Familie gemeinsam in einem Mietshaus lebte (vgl Erstbefragung vom 16.07.2015, AS 3 ff/Teil I;

Niederschrift Bundesamt vom 14.11.2017, AS 63 ff/Teil I;

Befähigungsnachweis samt Übersetzung, AS 165 ff/Teil I).

Der Beschwerdeführer verließ den Irak am 09.06.2015 legal auf dem Luftweg und flog von Erbil aus nach Istanbul/Türkei. In weiterer Folge reiste der Beschwerdeführer schlepperunterstützt über ihm unbekannte Länder bis nach Österreich, wo er illegal einreiste und am 14.07.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte (vgl Erstbefragung vom 16.07.2015, AS 8 ff/Teil I;

Niederschrift Bundesamt vom 14.11.2017, AS 63 und 69/Teil I; Ein- und Ausreisestempel im irakischen Reisepass, AS 133/Teil I;

Verhandlungsprotokoll vom 04.09.2019, S 5).

In Österreich war der Beschwerdeführer vorübergehend in psychiatrischer Behandlung. Die Behandlung war jedoch bereits zum Zeitpunkt der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt abgeschlossen und benötigte der Beschwerdeführer schon damals keine Behandlung mehr. Sonst ist der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig. Es wird festgestellt, dass er an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung im Endstadium leidet, die im Irak nicht behandelbar ist (vgl Erstbefragung vom 16.07.2015, AS 3 ff/Teil I; Niederschrift Bundesamt vom 14.11.2017, AS 61/Teil I; Befundbericht vom 04.04.2017, AS 137/Teil I; Niederschrift Bundesamt vom 16.07.2018, AS 171/Teil I).

Seit Ende des Jahres 2016 hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr zu seiner Familie im Irak, weil er sich vom islamischen Glauben abgewandt hat. Der Vater des Beschwerdeführers ist verstorben, seine Mutter, drei Brüder und eine Schwester lebten Ende 2016 nach wie vor in Kirkuk im Irak. Wo die Familie des Beschwerdeführers zum Entscheidungszeitpunkt lebt, konnte nicht festgestellt werden. Er hat noch Großeltern sowie Onkel und Tanten väterlicherseits und mütterlicherseits im Irak, jedoch besteht auch zu diesen kein Kontakt mehr (vgl Erstbefragung vom 16.07.2015, AS 7/Teil I;

Niederschrift Bundesamt vom 14.11.2017, AS 71 ff/Teil I;

Niederschrift Bundesamt vom 16.07.2018, AS 157/Teil I;

Verhandlungsprotokoll vom 04.09.2019, S 5).

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten (vgl Strafregisterauszug vom 10.01.2020). Er hält sich seit seiner Einreise in Österreich ununterbrochen im Bundesgebiet auf und lebt von der Grundversorgung (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie den Sozialversicherungs- und Grundversorgungsdaten vom 10.01.2020).

Ein konkreter Anlass für ein (fluchtartiges) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich homosexuell ist.

Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt, zumindest aber seit September 2017 engagiert sich der Beschwerdeführer in der römisch-katholischen Pfarrgemeinde in L. sowie in XXXX (im Folgenden: G.) und begann im September 2017 auch mit der Taufvorbereitung für Erwachsene (Katechumenat), nachdem ihn seine Deutschlehrerin dazu ermuntert hatte. Der Taufunterricht fand wöchentlich zu je 2 Stunden in der Pfarre in G. statt. Zu dieser Zeit besuchte der Beschwerdeführer sonntags den Gottesdienst in der Heimatpfarre in L. sowie Gebetstreffen. Am 08.06.2019 wurde der Beschwerdeführer von Pfarrer Mag. N., dem Pfarrer von L., getauft und zugleich gefirmt. Der Beschwerdeführer ist mit entsprechender innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert. Seiner Familie im Irak ist zwar nicht die endgültige Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum, jedoch sein Abfall vom islamischen Glauben bekannt. Seit Ende 2016 hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt zu seinen Angehörigen im Irak (vgl Bestätigungsschreiben pastoraler Mitarbeiter Mag. XXXX vom 15.01.2018, AS 121/Teil I;

Empfehlungsschreiben Pfarrer Mag. XXXX, undatiert, AS 135/Teil I;

Taufschein vom 11.06.2019, AS 7 f/Teil II; Niederschrift Bundesamt vom 14.11.2017, AS 73 ff/Teil I; Niederschrift Bundesamt vom 16.07.2018, AS 177 ff/Teil I; Verhandlungsprotokoll vom 04.09.2019, S 5 sowie Zeugeneinvernahme Mag. N., S 13 ff).

Zur entscheidungsrelevanten Lage im Irak:

Zur allgemeinen Lage im Irak werden die vom Bundesverwaltungsgericht mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung sowie der Verständigungen vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 14.11.2019 eingeführten Länderberichte, nämlich das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak vom 20.11.2018 mit aktueller Ergänzung vom 30.10.2019, relevante Auszüge aus den UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus dem Irak fliehen (Mai 2019), eine Anfragebeantwortung von ACCORD vom 26.07.2019 zum Irak: Rechtliche Folgen bei Konversion eines Sunniten zu christlicher Gemeinschaft; Verhalten schiitischer Milizen oder anderer Personengruppen (abseits der Gruppe Islamischer Staat) gegenüber zum Christentum konvertierten Personen; Auswirkungen der Konversion zum Christentum auf den Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt [a-11036] sowie eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 23.07.2019 zum Irak: Lage der Christen im Irak; assyrische Christen, auch als entscheidungsrelevante Feststellungen zum endgültigen Gegenstand des Erkenntnisses erhoben.

Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak vom 20.11.2018 mit aktueller Ergänzung vom 30.10.2019 ergibt sich auszugsweise:

Aus dem Länderinformationsblatt vom 20.11.2018 mit aktueller Ergänzung vom 30.10.2019 ergibt sich auszugsweise:

"KI vom 30.10.2019, Sicherheitsupdate 3. Quartal 2019 und jüngste Ereignisse (relevant für Abschnitt 3. Sicherheitslage)

Die folgende Karte von liveuamap zeigt die Einteilung des Irak in offiziell von der irakischen Zentralregierung kontrollierte Gouvernements (in rosa), die autonome Region Kurdistan (KRI) (in gelb) und Gebiete unter der weitgehenden Kontrolle von Gruppen des Islamischen Staates (IS) (in grau). Die Symbole kennzeichnen dabei Orte und Arten von sicherheitsrelevanten Vorfällen, wie Luftschläge, Schusswechsel/-attentate, Sprengstoffanschläge/Explosionen, Granatbeschuss, u.v.m.

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Quelle: Liveuamap - Live Universal Awareness Map (1.10.2019): Map of Iraq, https://iraq.liveuamap.com/en/time/01.10.2019, Zugriff 1.10.2019

Seit der Verkündigung des territorialen Sieges des Irak über den Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (Reuters 9.12.2017) hat sich der IS in eine Aufstandsbewegung gewandelt (Military Times 7.7.2019). Zahlreiche Berichte erwähnen Umstrukturierungsbestrebungen des IS sowie eine Mobilisierung von Schläferzellen (The Portal 9.10.2019).

Im Jahr 2019 war der IS insbesondere in abgelegenem, schwer zugänglichem Gelände aktiv, hauptsächlich in den Wüsten der Gouvernements Anbar und Ninewa sowie in den Hamrin-Bergen, die sich über die Gouvernements Kirkuk, Salah ad-Din und Diyala erstrecken (ACLED 7.8.2019). Er ist nach wie vor dabei sich zu reorganisieren und versucht seine Kader und Führung zu erhalten (Joel Wing 16.10.2019). Der IS setzt nach wie vor auf Gewaltakte gegen Stammesführer, Politiker, Dorfvorsteher und Regierungsmitarbeiter sowie beispielsweise auf Brandstiftung, um Spannungen zwischen arabischen und kurdischen Gemeinschaften zu entfachen, die Wiederaufbaubemühungen der Regierung zu untergraben und soziale Spannungen zu verschärfen (ACLED 7.8.2019).

Insbesondere in den beiden Gouvernements Diyala und Kirkuk scheint der IS im Vergleich zum Rest des Landes mit relativ hohem Tempo sein Fundament wieder aufzubauen, wobei er die lokale Verwaltung und die Sicherheitskräfte durch eine hohe Abfolge von Angriffen herausfordert (Joel Wing 16.10.2019).

Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) stellen einen zusätzlichen, die innere Stabilität des Irak gefährdenden Einfluss dar (ACLED 7.8.2019). Nach einem Angriff auf eine Basis der Volksmobilisierungseinheiten (PMF/PMU/Hashd al Shabi) in Anbar, am 25. August (Al Jazeera 25.8.2019), erhob der irakische Premierminister Mahdi Ende September erstmals offiziell Anschuldigungen gegen Israel, für eine Reihe von Angriffen auf PMF-Basen seit Juli 2019 verantwortlich zu sein (ACLED 2.10.2019; vgl. Reuters 30.9.2019). Raketeneinschläge in der Grünen Zone in Bagdad, nahe der US-amerikanischen Botschaft am 23. September 2019, werden andererseits pro-iranischen Milizen zugeschrieben, und im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den USA und dem Iran gesehen (ACLED 2.10.2019; vgl. Al Jazeera 24.9.2019; Joel Wing 16.10.2019).

Am 7.7.2019 begann die "Operation Will of Victory", an der irakische Streitkräfte (ISF), Popular Mobilization Forces (PMF), Tribal Mobilization Forces (TMF) und Kampfflugzeuge der USgeführten Koalition teilnahmen (ACLED 7.8.2019; vgl. Military Times 7.7.2019). Die mehrphasige Operation hat die Beseitigung von IS-Zellen zum Ziel (Diyaruna 7.10.2019; vgl. The Portal 9.10.2019). Die am 7. Juli begonnene erste Phase umfasste Anbar, Salah ad-Din und Ninewa (Military Times 7.7.2019). Phase zwei begann am 20. Juli und betraf die nördlichen Gebiete von Bagdad sowie die benachbarten Gebiete der Gouvernements Diyala, Salah ad-Din und Anbar (Rudaw 20.7.2019). Phase drei begann am 5. August und konzentrierte sich auf Gebiete in Diyala und Ninewa (Rudaw 11.8.2019). Phase vier begann am 24. August und betraf die Wüstenregionen von Anbar (Rudaw 24.8.2019). Phase fünf begann am 21.9.2019 und konzentrierte sich auf abgelegene Wüstenregionen zwischen den Gouvernements Kerbala, Najaf und Anbar, bis hin zur Grenze zu Saudi-Arabien (PressTV 21.9.2019). Eine sechste Phase wurde am 6. Oktober ausgerufen und umfasste Gebiete zwischen dem südwestlichen Salah ad-Din bis zum nördlichen Anbar und Ninewa (Diyaruna 7.10.2019).

Die folgende Grafik von Iraq Body Count (IBC) stellt die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer seit 2003 dar (pro Monat jeweils ein Balken). Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar (IBC 9.2019).

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Quelle: Iraq Bodycount (9.2019): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 15.10.2019

Die folgende Tabelle des IBC gibt die Zahlen der Todesopfer an. Für Juli 2019 sind 145 zivile Todesopfer im Irak ausgewiesen. Im August 2019 wurden von IBC 93 getötete Zivilisten im Irak dokumentiert und für September 151 (IBC 9.2019).

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Quelle: Iraq Bodycount (9.2019): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 15.10.2019

Vom Irak-Experten Joel Wing wurden für den Gesamtirak im Lauf des Monats Juli 2019 82 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 83 Tote und 119 Verletzten verzeichnet. 18 Tote gingen auf Leichenfunde von Opfern des IS im Distrikt Sinjar im Gouvernement Ninewa zurück, wodurch die Zahl der tatsächlichen gewaltsamen Todesfälle im Juli auf 65 reduziert werden kann. Es war der zweite Monat in Folge, in dem die Vorfallzahlen wieder zurückgingen. Dieser Rückgang wird einerseits auf eine großangelegte Militäraktion der Regierung in vier Gouvernements zurückgeführt [Anm.: "Operation Will of Victory"; Anbar, Salah ad Din, Ninewa und Diyala, siehe oben], wobei die Vorfallzahlen auch in Gouvernements zurückgingen, die nicht von der Offensive betroffen waren. Der Rückgang an sicherheitsrelevanten Vorfällen wird auch mit einem neuerlichen verstärkten Fokus des IS auf Syrien erklärt (Joel Wing 5.8.2019).

Im August 2019 verzeichnete Joel Wing 104 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 103 Toten und 141 Verletzten. Zehn Tote gingen auf Leichenfunde von Jesiden im Distrikt Sinjar im Gouvernement Ninewa zurück, wodurch die Zahl der Todesfälle im August auf 93 angepasst werden kann. Bei einem der Vorfälle handelte es sich um einen Angriff einer pro-iranischen PMF auf eine Sicherheitseinheit von British Petroleum (BP) im Rumaila Ölfeld bei Basra (Joel Wing 9.9.2019).

Im September 2019 wurden von Joel Wing für den Gesamtirak 123 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 122 Toten und 131 Verletzten registriert (Joel Wing 16.10.2019).

Seit 1. Oktober kam es in mehreren Gouvernements (Bagdad, Basra, Maysan, Qadisiya, Dhi Qar, Wasit, Muthanna, Babil, Kerbala, Najaf, Diyala, Kirkuk und Salah ad-Din) zu teils gewalttätigen Demonstrationen (ISW 22.10.2019, vgl. Joel Wing 3.10.2019). Die Proteste richten sich gegen Korruption, die hohe Arbeitslosigkeit und die schlechte Strom- und Wasserversorgung (Al Mada 2.10.2019; vgl. BBC 4.10.2019; Standard 4.10.2019), aber auch gegen den iranischen Einfluss auf den Irak (ISW 22.10.2019). Im Zuge dieser Demonstrationen wurden mehrere Regierungsgebäude sowie Sitze von Milizen und Parteien in Brand gesetzt (Al Mada 2.10.2019). Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) gingen unter anderem mit scharfer Munition gegen Demonstranten vor. Außerdem gibt es Berichte über nicht identifizierte Scharfschützen, die sowohl Demonstranten als auch Sicherheitskräfte ins Visier genommen haben sollen (ISW 22.10.2019). Premierminister Mahdi kündigte eine Aufklärung der gezielten Tötungen an (Rudaw 13.10.2019). Zeitweilig, vom 2. bis zum 5. Oktober, wurde eine Ausgangssperre ausgerufen (Al Jazeera 5.10.2019; vgl. ISW 22.10.2019; Rudaw 13.10.2019) und eine Internetblockade vom 4. bis 7. Oktober implementiert (Net Blocks 3.10.2019; FAZ 3.10.2019; vgl. Rudaw 13.10.2019).

Nach einer kurzen Ruhephase gingen die gewaltsamen Proteste am 25. Oktober weiter und forderten bis zum 30. Oktober weitere 74 Menschenleben und 3.500 Verletzte (BBC News 30.10.2019). Insbesondere betroffen waren bzw. sind die Städte Bagdad, Nasiriyah, Hillah, Basra und Kerbala (BBC News 30.10.2019; vgl. Guardian 27.10.2019; Guardian 29.10.2019). Am 28. Oktober wurde eine neue Ausgangssperre über Bagdad verhängt, der sich jedoch tausende Demonstranten widersetzen (BBC 30.10.2019; vgl. Guardian 29.10.2019). Über 250 Personen wurden seit Ausbruch der Proteste am 1. Oktober bis zum 29. Oktober getötet (Guardian 29.10.2019) und mehr als 8.000 Personen verletzt (France24 28.10.2019).

BAGDAD

Der IS versucht weiterhin seine Aktivitäten in Bagdad zu erhöhen (Joel Wing 5.8.2019). Fast alle Aktivitäten des IS im Gouvernement Bagdad betreffen die Peripherie der Hauptstadt, den äußeren Norden, Süden und Westen (Joel Wing 5.8.2019; vgl. Joel Wing 16.10.2019). Im Juli gelang es dem IS zwei Selbstmordattentate im Gouvernement auszuführen, weswegen Bagdad die Opferstatistik des Irak in diesem Monat anführte (Joel Wing 5.8.2019). Sowohl am 7. als auch am 16. September wurden jeweils fünf Vorfälle mit "Unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen" (IEDs) in der Stadt Bagdad selbst verzeichnet (Joel Wing 16.10.2019). Während der Proteste im Südirak im Oktober 2019, von denen auch Bagdad betroffen war, stoppte der IS seine Angriffe im Gouvernement (Joel Wing 16.10.2019).

Im Juli 2019 wurden vom Irak-Experten Joel Wing im Gouvernement Bagdad 15 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 15 Toten und 27 Verletzten verzeichnet (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden 14 Vorfälle erfasst, mit neun Toten und elf Verwundeten (Joel Wing 9.9.2019) und im September waren es 25 Vorfälle mit zehn Toten und 35 Verwundeten (Joel Wing 16.10.2019).

AUTONOME REGION KURDISTAN / KURDISCHE REGION IM IRAK

Im Juli 2019 führte der IS seine seit langem erste Attacke auf kurdischem Boden durch. Im Gouvernement Sulaimaniya attackierte er einen Checkpoint an der Grenze zu Diyala, der von Asayish [Anm.:

Inlandsgeheimdienst der Autonomen Region Kurdistan] bemannt war. Der Angriff erfolgte in drei Phasen: Auf einen Schussangriff folgte ein IED-Angriff gegen eintreffende Verstärkung, gefolgt von Mörserbeschuss. Bei diesem Angriff wurden fünf Tote und elf Verletzte registriert (Joel Wing 5.8.2019). Im August wurde in Sulaimaniya ein Vorfall mit einer IED verzeichnet, wobei es keine Opfer gab (Joel Wing 9.9.2019).

Die am 27. Mai initiierte türkische "Operation Claw" gegen Stellungen der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Nordirak hält an. Die erste Phase richtete sich gegen Stellungen in der Hakurk/Khakurk-Region im Gouvernement Erbil (Anadolu Agency 13.7.2019; vgl. Rudaw 13.7.2019). Die zweite Phase begann am 12. Juli und zielt auf die Zerstörung von Höhlen und Zufluchtsorten der PKK (Anadolu Agency 13.7.2019). Die türkischen Luftangriffe konzentrierten sich auf die Region Amadiya im Gouvernement Dohuk, von wo aus die PKK häufig operiert (ACLED 17.7.2019). Aktuell befindet sich die Operation in der dritten Phase (ACLED 4.9.2019)

Im Kreuzfeuer wurden in den vergangenen Wochen mehrere kurdische Dörfer evakuiert, da manchmal auch Zivilisten und deren Eigentum bei türkischen Luftangriffen getroffen wurden (ACLED 4.9.2019; vgl. ACLED 7.8.2019).

Am 10. und 11. Juli bombardierte iranische Artillerie mutmaßliche PKK-Ziele im Subdistrikt Sidakan/Bradost im Gouvernement Sulaimaniya, wobei ein Kind getötet wurde (Al Monitor 12.7.2019). In dem Gebiet gibt es häufige Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und iranisch-kurdischen Aufständischen, die ihren Sitz im Irak haben, wie die "Partei für ein Freies Leben in Kurdistan'' (PJAK), die von Teheran beschuldigt wird, mit der PKK in Verbindungen zu stehen (Reuters 12.7.2019).

NORD- UND ZENTRALIRAK

In den sogenannten "umstrittenen Gebieten", die sowohl von Bagdad als auch von der kurdischen Autonomieregion beansprucht werden, und wo es zu erhebliche Sicherheitslücken zwischen den zentralstaatlichen und kurdischen Einheiten kommt, verfügt der IS nach wie vor über operative Kapazitäten, um Angriffe, Bombenanschläge, Morde und Entführungen, durchzuführen (Kurdistan24 7.8.2019). Trotz der Zunahme der Sicherheitsvorfälle im gesamten Irak waren die Zahlen im Laufe des Monats August 2019 für den Zentral-Irak jedoch rückläufig (Joel Wing 9.9.2019).

Im Gouvernement Ninewa wurden im Juli 2019 sechs Vorfälle mit 24 Toten verzeichnet, wobei hier der Fund von 18 Leichen älteren Datums eingerechnet ist (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden neun Vorfälle mit 24 Toten und drei Verwundeten registriert (Joel Wing 9.9.2019). Im September wurden 22 Vorfälle mit 35 Toten und 27 Verletzten registriert, wobei bei fast allen diesen Vorfällen IEDs involviert waren. Außerdem wurde ein Mukhtar ermordet und Mossul mit Mörsergranaten beschossen (Joel Wing 16.10.2019).

Das Gouvernement Diyala zählt regelmäßig zu den Regionen mit den meisten sicherheitsrelevanten Vorfällen und als die gewalttätigste Region des Irak (Joel Wing 5.8.2019; vgl. Joel Wing 9.9.2019). Der IS ist stark in der Region vertreten und konnte seine operativen Fähigkeiten erhalten (Joel Wing 5.8.2019). Trotz wiederholter Militäroperationen in Diyala kann sich der IS noch immer in den ausgedehnten Gebieten, die sich vom westlichen Teil Diyalas bis zu den Hamreen Bergen im Norden des Gouvernements erstrecken, sowie in den rauen Gebieten nahe der Grenze zum Iran halten (Xinhua 22.8.2019). Es kommt in Diyala regelmäßig zu Konfrontationen des IS mit Sicherheitskräften und zu Übergriffen auf Städte (Joel Wing 5.8.2019). Einerseits vertreibt der IS Zivilisten aus ländlichen Gebieten, um dort Basen zu errichten, anderseits greift er wiederholt die lokale Verwaltung und Sicherheitskräfte an (Joel Wing 9.9.2019). Ein Hauptproblem Diyalas ist die mangelhafte Kommunikation zwischen den vielen unterschiedlichen Sicherheitsakteuren in der Region (Joel Wing 9.9.2019), andererseits gibt es generell zu wenige Sicherheitskräfte in Diyala, was der IS auszunutzen versteht (Joel Wing 5.8.2019). Der IS hat Zugang zu allen ländlichen Gebieten in Diyala, konzentriert sich aber besonders auf die Bezirke Khanaqin und Jalawla im Nordosten, welche die Zentralregierung nach dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum von 2017 übernommen hat (Joel Wing 5.8.2019). Die übrigen Vorfälle betreffen hauptsächlich den Norden und das Zentrum von Diyala. Im Süden und Westen gibt es hingegen kaum sicherheitsrelevante Vorfälle (Joel Wing 9.9.2019).

Für Juli 2019 verzeichnete Joel Wing im Gouvernement Diyala 28 sicherheitsrelevante Vorfälle mit elf Toten und 30 Verletzten (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden 41 Vorfälle - die höchste Anzahl seit August 2018, mit 21 Toten und 46 Verwundeten registriert (Joel Wing 9.9.2019) und im September 37 Vorfälle mit 21 Toten und 30 Verletzten (Joel Wing 16.10.2019). Im September schlug der IS in fast allen Distrikten des Gouvernements zu (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Kirkuk gehen die Zahlen der sicherheitsrelevanten Vorfälle, bis auf wenige Spitzen, kontinuierlich zurück. Im Juli gab es eine Reihe von Raketen- und Mörserangriffen auf Städte und Sicherheitskräfte, ansonsten handelte es ich bei den Vorfällen meist um Schießereien und den Einsatz von IEDs (Joel Wing 5.8.2019). Wie im benachbarten Diyala handelte es sich bei Vorfällen in Kirkuk meist um Schießereien, Angriffe auf Kontrollpunkte, Überfälle auf Städte und Vertreibungen aus ländlichen Gebieten, wobei sich der IS auf den Süden des Gouvernements konzentrierte. Unter anderem wurden eine Polizeistation und ein Armeestützpunkt angegriffen, sowie ein Polizeihauptquartier mit Mörsern beschossen (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Kirkuk wurden im Juli 2019 15 sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Toten und 13 Verletzten verzeichnet (Joel Wing 5.8.2019), im August 2019 19 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 34 Toten und 19 Verwundeten (Joel Wing 9.9.2019) und im September 22 Vorfälle mit elf Toten und 19 Verletzten (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Salah ad-Din wurden im Juli 2019 acht Vorfälle mit zehn Toten und acht Verletzten registriert. Zu den Vorfällen zählten zwei Feuergefechte und ein Angriff auf einen Checkpoint (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden sieben Vorfälle mit vier Toten und fünf Verwundeten verzeichnet (Joel Wing 9.9.2019) und im September zehn Vorfälle mit 13 Toten und zehn Verletzten (Joel Wing 16.10.2019).

Das Gouvernement Anbar, früher ein IS-Zentrum, wird nun hauptsächlich für den Transit von ISKämpfern zwischen dem Irak und Syrien genutzt (Joel Wing 16.10.2019). Die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Anbar hat in den vergangenen Monaten stark fluktuiert (Joel Wing 5.8.2019).

Im Gouvernement Anbar wurden im Juli 2019 fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit neun Toten und 14 Verletzten registriert (Joel Wing 5.8.2019), im August 2019 waren es vier Vorfälle mit sechs Toten und neun Verwundeten (Joel Wing 9.9.2019) und im September vier Vorfälle mit 19 Toten (Joel Wing 16.10.2019).

SÜDIRAK

Das Gouvernement Babil ist ein einfaches Ziel für die Aufständischen des IS, in das sie von Anbar aus leichten Zugang haben. Insbesondere der Distrikt Jurf al-Sakhr, in dem es keine Zivilisten gibt und der als PMF-Basis dient, ist ein beliebtes Ziel des IS (Joel Wing 9.9.2019).

Im Gouvernement Babil wurden im Juli 2019 drei sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und fünf Verletzten verzeichnet (Joel Wing 5.8.2019). Im August waren es acht Vorfälle mit fünf Toten und 48 Verletzten. Es handelt sich dabei um die höchste Zahl an Vorfällen seit Juni 2018. Darunter befand sich ein schwerer Angriff mit einer Motorradbombe (VBIED) auf einen Markt im Norden des Gouvernements (Joel Wing 9.9.2019). Im September waren es wieder drei Vorfälle mit einem Toten und fünf Verletzten (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Kerbala wurde im Juli ein Vorfall mit einem Toten und drei Verletzten verzeichnet. Es handelte sich dabei um den Einsatz einer Haftbombe an einem Auto (Joel Wing 5.8.2019). Im September wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall mit zwölf Toten und fünf Verletzten registriert (Joel Wing 16.10.2019). Hierbei wurde an einem Checkpoint im Norden von Kerbala Stadt eine Autobombe gezündet (Joel Wing 16.10.2019; vgl. VOA 21.9.2019). Von Sicherheitskräften entdeckte Waffenlager des IS weisen darauf hin, dass dieser über eine große Menge an Sprengmitteln verfügt (Joel Wing 16.10.2019).

In Basra wurde im August ein Vorfall ohne Opfer registriert. Es handelte sich dabei um eine gegen British Petroleum (BP) im Rumaila Ölfeld gerichtete IED (Joel Wing 9.9.2019). Demonstrationen gegen Korruption, Arbeitslosigkeit und mangelnde Grundversorgung halten an, wobei iranisch unterstützte PMFs beschuldigt werden, sich an der Unterdrückung der Proteste zu beteiligen und Demonstranten und Menschenrechtsaktivisten anzugreifen (Diyaruna 7.8.2019; vgl. Al Jazeera

25.10.2019).

Quellen:

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BFA Staatendokumentation: Kurzinformation zu Irak, Sicherheitsupdate 3. Quartal 2019 und jüngste Ereignisse, 30.10.2019 als Teil des Sicherheitsupdates des Länderinformationsblattes Irak vom 30.10.2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2019056.html mwN (Zugriff am 20.11.2019) mit weiteren Nachweisen

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ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019): Regional Overview - Middle East 2 October 2019, https://www.acleddata.com/2019/10/02/regional-overview-middleeast-2-october-2019/, Zugriff 7.10.2019

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ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (4.9.2019): Regional Overview - Middle East 4 September 2019, https://www.acleddata.com/2019/09/04/regional-overviewmiddle-east-4-september-2019/, Zugriff 2.10.2019

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ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (17.7.2019): Regional Overview - Middle East 17 July 2019, https://www.acleddata.com/2019/07/17/regional-overview-middleeast-17-july-2019/, Zugriff 2.10.2019

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Al Jazeera (25.10.2019): Dozens killed as fierce anti-government protests sweep Iraq,

https://www.aljazeera.com/news/2019/10/dozens-killed-fierce-anti-government-demonstrationssweep-iraq-191025171801458.html, Zugriff 28.10.2019

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Al Jazeera (5.10.2019): Iraq PM lifts Baghdad curfew, https://www.aljazeera.com/news/2019/10/iraq-pm-lifts-baghdad-curfew-191005070529047.html, Zugriff 28.10.2019

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Al Jazeera (24.9.2019): Two rockets 'hit' near US embassy in Baghdad's Green Zone,

https://www.aljazeera.com/news/2019/09/rockets-hit-embassy-baghdad-green-zone190924052551906.html, Zugriff 2.10.2019

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Al Jazeera (25.8.2019): Iraq paramilitary: Israel behind drone attack near Syria border,

https://www.aljazeera.com/news/2019/08/iraq-paramilitary-israel-drone-attack-syria-border190825184711737.html, Zugriff 28.10.2019

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Al Mada (2.10.2019): ("Proteste werden zu Kriegsgebieten"), https://almadapaper.net/view.php?cat=221822, Zugriff 4.10.2019

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Al Monitor (12.7.2019): Iran shells Iraqi Kurdistan Region, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2019/07/iraq-iran-kurdistan-turkey.html, Zugriff 2.10.2019

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Anadolu Agency (13.7.2019): Tu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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