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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §66 Abs1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, in der Beschwerdesache des W in S, vertreten durch Dr. Arnulf Summer und Dr. Nikolaus Schertler, Rechtsanwälte in Bregenz, Kornmarktplatz 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 23. Mai 1996, Zl. Ib-277-59/96, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B gemäß § 74 Abs. 1 iVm § 73 Abs. 2 KFG 1967 für die Dauer von vier Monaten (gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 11. April 1996) vorübergehend entzogen.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die bekämpfte Entziehungsmaßnahme beruht auf einer rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht Feldkirch wegen des Verbrechens des schweren Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB, begangen teilweise als Beitragstäter gemäß § 12 dritter Fall StGB (Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung vom 14. September 1995). Danach hat der Beschwerdeführer fremde bewegliche Sachen in einem S 25.000,--, jedoch nicht S 500.000,-- übersteigenden Wert anderen, zu 1) bis 3) nach Einbruch in ein Gebäude oder Transportmittel, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, nämlich
1. in der Nacht vom 5. auf den 6. Oktober 1992 in S. mit zwei weiteren Personen als Mittäter dem Z.K. einen Front- und einen Heckspoiler im Gesamtwert von S 13.580,--, wobei sie die Tat begingen, indem sie nach Aufbrechen einer Schiebetüre mittels Körperkraft in die Werkstätte eindrangen;
2. in der Nacht vom 13. auf den 14. November 1992 in K. zusammen mit einer anderen Person als Mittäter einem näher bezeichneten Unternehmen 15 Stk. Pkw-Reifen verschiedener Marken und Dimensionen, sowie ein Schnurlos-Telefon samt Ladestation der Marke Siemens im Gesamtwert von S 34.813,--, wobei sie die Tat begingen, indem sie nach Entriegeln eines gekippten Fensters in die Montagehalle eindrangen;
3. im Oktober 1993 in B. zusammen mit zwei anderen Personen als Mittäter einem näher bezeichneten Unternehmen eine Hutablage mit zwei eingebauten Blaupunkt-Sub-Woofer und ein dreispeichiges Holzlenkrad unbekannter Marke im Gesamtwert von ca. S 3.000,--, wobei sie die Tat begingen, indem einer von ihnen durch die unversperrte Heckklappe in den Pkw hineinkletterte und die Wagentüren von innen öffnete, worauf sie die erwähnten Gegenstände herausnahmen, wobei der Beschwerdeführer zur Ausführung der Tat beitrug, indem er in Tatortnähe als Aufpasser fungierte;
4. im November 1993 in D. mit A.P. als Mittäter einer unbekannten Person vier schwarze BBF-Felgen im Gesamtwert von ca. S 4.500,--;
5. in der Nacht vom 15. auf den 16. November 1992 in K. einem "Autohaus" zwei Heckleuchten für einen VW-Golf-Cabrio samt den dazugehörigen Abdeckungen im Gesamtwert von
S 7.430,--.
Über den Beschwerdeführer wurde deshalb eine (unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe von 10 Monaten verhängt. Die belangte Behörde erblickte in diesem strafbaren Verhalten eine die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 indizierende bestimmte Tatsache. Wegen der besonderen Verwerflichkeit und der langen Dauer dieses strafbaren Verhaltens sei trotz des bisherigen Wohlverhaltens des Beschwerdeführers die Annahme berechtigt, er werde die Verkehrszuverlässigkeit erst mit Ablauf der von der Erstbehörde festgesetzten Zeit wiedererlangen. Das Wohlverhalten des Beschwerdeführers habe die Bemessung der Entziehungszeit mit nur vier Monaten ermöglicht. Ein allfälliges "Nichtwohlverhalten" hätte zu einer wesentlich längeren Entziehungszeit geführt.
Der Beschwerdeführer bekämpft - zu Recht - nicht die Wertung des strafbaren Verhaltens als eine die Verkehrsunzuverlässigkeit iSd § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 indizierende bestimmte Tatsache. Er wendet sich dagegen, daß die belangte Behörde sein langes Wohlverhalten seit der letzten strafbaren Handlung nicht entsprechend berücksichtigt habe. Andernfalls hätte sie die erstinstanzliche Entscheidung nicht bestätigen dürfen.
Der Beschwerdeführer ist nicht im Recht, wenn er unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 16. März 1982, Zl. 82/11/0048, meint, daß nach Ablauf eines Jahres ab einer strafbaren Handlung ein Rückschluß auf mangelnde Verkehrszuverlässigkeit unrichtig und unzulässig sei. Im genannten Erkenntnis (Seite 8) hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich klargestellt, daß es sich bei dieser Ansicht lediglich um die Intention des Verkehrsausschusses des Nationalrates gehandelt hat, der der Gesetzgeber nicht gefolgt ist. Nach § 66 Abs. 3 zweiter Satz lit. a KFG 1967 hängt die Zulässigkeit der Heranziehung länger zurückliegender strafbarer Handlungen als bestimmte Tatsache iSd § 66 Abs. 1 KFG 1967 nicht von der seit der Tat verstrichenen Zeit, sondern davon ab, ob seit der Vollstreckung der zuletzt verhängten Strafe oder Maßnahme im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens in erster Instanz mehr als ein Jahr vergangen ist.
Es trifft auch nicht zu, daß die belangte Behörde nur auf das Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit seiner gerichtlichen Verurteilung abgestellt habe. Sie hat auch das Wohlverhalten zwischen der letzten Straftat (November 1993) und der gerichtlichen Verurteilung vom 14. September 1995 berücksichtigt, diesem Wohlverhalten allerdings erkennbar wegen des in dieser Zeit anhängig gewesenen gerichtlichen Strafverfahrens untergeordnete Bedeutung beigemessen. Dies steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zu dieser unter anderem das Erkenntnis vom 14. November 1995, Zl. 93/11/0222 mwN), wonach ein Wohlverhalten während eines anhängigen Straf- oder Entziehungsverfahrens grundsätzlich von geringerem Gewicht ist als ein Wohlverhalten zu Zeiten außerhalb solcher Verfahren.
Im übrigen läßt der Beschwerdeführer bei seinem Vorbringen die erhebliche Dauer (rund 13 Monate) und die Tatsache der wiederholten Begehung von Straftaten (insgesamt fünf) außer acht. Der darin zu Tage tretenden Wiederholungstendenz kommt unter dem Wertungskriterium der Verwerflichkeit der Tat im gegebenen Zusammenhang ausschlaggebende Bedeutung zu. Im Hinblick auf diese hohe Verwerflichkeit des strafbaren Verhaltens und angesichts der bereits erwähnten untergeordneten Bedeutung eines Wohlverhaltens während eines anhängigen Straf- oder Entziehungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer durch die Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 mit vier Monaten ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides nicht in Rechten verletzt.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996110189.X00Im RIS seit
19.03.2001