TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/11 I419 2228323-1

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Veröffentlicht am 11.02.2020
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Entscheidungsdatum

11.02.2020

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z2
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I419 2228323-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 07.01.2020, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass der erste Satz des Spruchpunkts I zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG wird Ihnen nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer gelangte Ende September / Anfang Oktober 2019 mit einem gültigen Reisepass des Herkunftsstaats und einem ebensolchen griechischen Aufenthaltstitel nach Österreich. Am 26.10.2019 wurde er beim unerlaubten Umgang mit Suchtgiften angetroffen.

2. Mit dem bekämpften Bescheid hat das BFA dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I), festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt II), keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt sowie einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III) und über ihn ein auf sechs Jahre befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt IV).

3. Der Beschwerdeführer kam in Schubhaft und reiste in der Nacht zum 23.01.2020 im Zuge einer Charterabschiebung in den Herkunftsstaat aus.

4. Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer sei als Tourist eingereist und bereit gewesen, nach Griechenland auszureisen, was er auch bezahlen hätte können, während die Rückkehr nach Nigeria mit der ernstlichen Gefahr der Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 f EMRK verbunden sei.

Obwohl er über den griechischen Aufenthaltstitel verfüge, habe das BFA das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Schengen-Gebiet nicht ermittelt, der seinen Lebensmittelpunkt in Griechenland habe. Das Einreiseverbot sei zudem nicht erforderlich und unverhältnismäßig lang.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Punkt I dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias, geboren in Enugu State, Ende 20, verheiratet, gesund und arbeitsfähig. Er hat keine Kinder. Seine Identität steht fest. Im Herkunftsstaat leben seine Gattin, seine Eltern und neun Geschwister. Dort hielt er sich bis 2008 auf, als er nach Griechenland zog, wo er arbeiten darf und zuletzt als Fußballspieler etwa € 600,-- monatlich verdiente.

Sein jüngster Bruder lebt in Finnland. Andere Angehörige in der EU hat er nicht. Von seiner Einreise bis zu seiner Inhaftierung nächtigte er in Wien 10 bei einem Freund aus Griechenland sowie in Wien 12 und hatte keinen gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet.

Er hat angegeben, mit ca. € 1.200,-- zur Besichtigung Wiens sowie zum Kauf von Autoteilen eingereist zu sein. Bei seiner Festnahme am 08.11.2019 besaß er etwa € 100,--.

Das LGS XXXX hat den Beschwerdeführer am 25.11.2019 wegen des Vergehens des versuchten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und des Verbrechens des Widerstands gegen die Staatsgewalt zu acht Monaten Freiheitstrafe verurteilt, sechs davon bedingt nachgesehen, weil dieser am 25.10.2019 auf einer öffentlichen Verkehrsfläche an einem Bahnhof eine unbekannte Menge Kokain anderen öffentlich zu überlassen versucht hatte, indem er es in Kugeln verpackt im Mund bereithielt, sowie einen Beamten an der Feststellung seiner Identität gehindert hatte, indem er floh und dabei diesem einen Stoß versetzte, um seine Flucht fortzusetzen. Als mildernd wurde dabei die Unbescholtenheit, erschwerend das Zusammentreffen zweier "Vergehen" berücksichtigt.

Der Beschwerdeführer war deshalb von 08.11.2019 bis zum Beginn der Schubhaft am 08.01.2020 bereits inhaftiert. Außerhalb der Justizanstalt ging er keiner legalen Arbeit nach. Bei seiner Schubhaftverhandlung am 15.01.2020 verfügte er über € 130,-- und US$ 100,--.

Er hat keine sozialen Bindungen in Österreich und spricht kein Deutsch. Sein Privatleben beschränkte sich neben Unterkunftssuche und Drogenhandel auf Haft- und Behördenkontakte.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid wurden die Länderinformationen zu Nigeria mit Stand vom 07.08.2017 zitiert. Im Beschwerdeverfahren sind keine entscheidenden Änderungen der Sachverhaltselemente bekannt geworden. Im gegebenen Zusammenhang sind daher mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen auf Basis 12.04.2019 von Relevanz und werden festgestellt:

Rückkehr

Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v. Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation" (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets "overstay" angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).

1.3 Zum Vorbringen:

Der Reisepass des Beschwerdeführers wurde 2015 von der Botschaft des Herkunftsstaats in Athen ausgestellt. Dessen aktueller griechischer Aufenthaltstitel stammt von 2019. Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers befand sich jedenfalls bis zu seiner Reise nach Österreich in Griechenland.

Für den Beschwerdeführer war ein Flug nach Griechenland für 06.11.2019 gebucht. Es kann nicht festgestellt werden, warum er diesen Flug nicht angetreten hat.

Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat familiäre und andere soziale Kontakte, die er nach seiner Rückkehr auffrischen und vertiefen kann. Er ist mit der Kultur des Herkunftsstaats und den Gepflogenheiten des dortigen Arbeitsmarkts vertraut. Daher wird es ihm möglich sein, dort Arbeit zu finden und von dieser zu leben.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.

Es gibt keinen Hinweis, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt oder automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt sein wird.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des Verwaltungsaktes des BFA einschließlich der gekürzten Urteilsausfertigung des Strafgerichts und der Beschwerde sowie der Niederschrift dieses Gerichts über die Schubhaftverhandlung am 15.01.2020, W117 2227398-1/11Z. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Fremdenregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben sowie die vorliegenden Ausweise, ansonsten auch auf die unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Seine Arbeitsfähigkeit ist daneben auch noch durch die Bestätigung der Justizanstalt betreffend seine dort nach dem AlVG erworbenen Versicherungszeiten erwiesen.

Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaftverhandlung angegeben, in der EU keine weiteren Verwandten außer dem Bruder und sonst nur Freunde zu haben (AS 333).

Aus § 17 Abs. 1 StGB folgt, dass es sich beim Delikt des Widerstands gegen die Staatsgewalt um ein Verbrechen handelt, da die Strafdrohung auf mehr als drei Jahre Freiheitsstrafe lautet (nämlich fünf), und zwar auch dann, wenn die tatsächlich verhängte Strafe nicht mehr als drei Jahre beträgt. (Vgl. VwGH 28.03.2006, 2003/03/0040; 15.10.1998, 95/18/1391; 16.06.1994, 94/19/0630)

2.3 Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation vom 12.04.2019 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stimmt, soweit unter 1.2 zitiert, inhaltlich mit dem vom BFA zitierten überein und stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, und auf jene von internationalen Organisationen, wie z. B. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Der Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, warum er bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat Gefahr liefe, in seinen Rechten nach Art. 2 f EMRK verletzt zu werden. Er trat damit diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsstaat nicht fundiert entgegen.

2.4 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Aus der Bestätigung der LPD Wien vom 30.10.2019 ergibt sich, dass der Reisepass des Beschuldigten am 26.10.2019 sichergestellt wurde. Dennoch kann nicht festgestellt werden, warum dieser seine Flugbuchung nicht in Anspruch genommen hat, weil Ausweiskontrollen der Lebenserfahrung nach bei Flügen innerhalb des Schengen-Gebiets regelmäßig nur beim Aufgeben von Gepäck oder beim persönlichen Einchecken stattfinden, jedoch nur ausnahmsweise beim Einsteigen. Es ist damit gut möglich, dass der Beschwerdeführer mit einer per Online-Check-in erlangten Bordkarte seinen Flug hätte antreten können.

Die weiteren unter 1.3 getroffenen Feststellungen ergaben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers und den unbekämpften Länderfeststellung des Bescheids.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) (Abweisung der Beschwerde):

3.1 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I)

Im ersten Satz von Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint (S. 15 des Bescheids, AS 63). Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt. Der Beschwerdeführer hätte zudem im Falle des § 57 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 den Ausschlussgrund der rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Verbrechens gegen sich gelten zu lassen.

Ferner hat das BFA mit Spruchpunkt I des Bescheids eine Rückkehrentscheidung wider den Beschwerdeführer erlassen.

Nach § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ein Drittstaatsangehöriger sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Nach § 31 Abs. 1 Z. 3 FPG halten sich Fremde unter anderem dann rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat - z. B. also Griechenland - ausgestellten Aufenthaltstitels sind, und zwar solange sie keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen und höchstens bis zu drei Monate, wobei Art. 21 SDÜ gilt.

Letztere Bestimmung regelt in ihrem Abs. 1, dass Drittausländer, die Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels einer Vertragspartei sind, sich auf Grund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen dürfen, soweit sie die in Art. 5 Abs. 1 lit. a, c und e SDÜ genannten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen.

Zu diesen Einreisevoraussetzungen gehören, neben dem Besitz allenfalls nötiger weiterer Dokumente, ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts oder die Fähigkeit, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (lit. c). Die Person darf außerdem keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, nationale Sicherheit oder internationalen Beziehungen einer Vertragspartei sein (lit. e).

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer bereits kaum ein Monat nach seiner Einreise im Besitz und beim Versuch der Weitergabe von Kokain angetroffen wurde. Damit ging er auch einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nach, und spätestens zum Zeitpunkt seiner Festnahme hatte er nicht mehr ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts und konnte sie legal auch nicht erwerben.

Wegen seiner Strafdelikte fehlt dem Beschwerdeführer für einen rechtmäßigen Aufenthalt bereits eine der erforderlichen Voraussetzungen, da er seit dem Drogendelikt zweifellos eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ist, wie schon aus der demonstrativen Aufzählung von delinquentem Verhalten in § 53 Abs. 3 FPG erhellt, wonach z. B. die rechtskräftige Verurteilung wegen einer in den ersten drei Monaten nach Einreise begangenen Vorsatztat zur zwingenden Annahme sogar schwerwiegender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit führt (Z. 2). Dazu kommt, dass er unmittelbar darauf auch ein Verbrechen beging, weshalb er schließlich unter einem zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt wurde, woraus die gleiche Annahme folgt (Z. 1: "mindestens sechs").

Damit erweist sich der Aufenthalt des Beschwerdeführers als spätestens von der Delinquenz an unrechtmäßig, weil die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 SDÜ nicht mehr vorlagen, konkret der lit. e, und spätestens ab dem 08.11.2019 auch noch wegen der fehlenden Unterhaltsmittel nach lit. c. Andernfalls hätte er haftbedingt auch die erlaubte Aufenthaltsdauer überschritten.

Im Ergebnis ist damit die Voraussetzung des § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erfüllt. Das gilt ungeachtet der Aufenthaltsberechtigung für Griechenland. Die Sonderbestimmung des § 52 Abs. 6 FPG ordnet nämlich zwar an, dass die Rückkehrentscheidung bei Fremden, die eine Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedsstaates haben, nur unter der Voraussetzung zu erlassen ist, dass diese ihrer Pflicht nicht nachkommen, unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates auszureisen, was aber dann nicht gilt, wenn ihre sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Unverzüglich bedeutet ohne unnötigen Aufschub. Die Tatsache der Inhaftierung hinderte den Beschwerdeführer an der Ausreise und bewirkte deren notwendigen Aufschub. Allerdings war anschließend die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, wie sich aus der Delinquenz zusammen mit der Unterkunfts- und Mittellosigkeit des Beschwerdeführers ergibt. Auf die Fluchtgefahr hat dieses Gericht bereits im Erkenntnis betreffend die Schubhaft hingewiesen (S. 10 f der Niederschrift).

Auch aus § 53 Abs. 3 Z. 1 f FPG folgt, dass fallbezogen seine Verurteilung die Annahme rechtfertigt, dass der Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ist. Somit ist auch im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Eine individuelle Abwägung der berührten Interessen ergibt, dass ein Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Familienleben in Österreich und hat ein solches auch nicht behauptet. Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in sein Privatleben. Abgesehen von seinem angeblichen Interesse an Autoteilen wurde festgestellt, dass ein Privatleben in Form von Sozialkontakten über die Unterkunft beim Freund und die genannten Drogen, Anstalts- und Behördenkontakte hinaus nicht vorliegt oder zuletzt -lag.

Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer zu seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist, sprachliche, familiäre und kulturelle Verbindungen und die Möglichkeit, alte oder neue soziale Kontakte zu pflegen.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihnen das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind, auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Dazu kommt, über das strafgerichtlich festgestellte Fehlverhalten hinaus, dass der Beschwerdeführer die melderechtlichen Vorschriften solange er konnte gänzlich außer Acht gelassen hat.

Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot verpflichten Drittstaatsangehörige zur Ausreise in den Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat und enthalten die normative Anordnung, für den festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet derjenigen Mitgliedsstaaten einzureisen, für die die Rückführungs-RL gilt, und sich dort nicht aufzuhalten (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151 mwH). Die Frage nach dem Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen darf daher nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden, vielmehr muss auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten mitberücksichtigt werden (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237).

Was die Rückkehrentscheidung alleine anbelangt, wird dabei der Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers in Griechenland angesichts der vorangehenden Trennung - auch von seiner Einkommensquelle Fußball - durch den freiwilligen Aufenthalt und die folgende Strafhaft in Österreich an Gewicht verloren haben. Der Eingriff ist in seiner Schwere dadurch relativiert, dass der Beschwerdeführer durch seine Vergehen die fortgesetzte Trennung bewusst riskierte, sodass er gegenüber der Notwendigkeit, die von der Anwesenheit des Beschwerdeführers ausgehende Gefahr zu bannen, keine solche Bedeutung erlangt, dass von der - grundsätzlich nicht im Ermessen stehenden (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237) - Rückkehrentscheidung abzusehen wäre. Diese Gefahr ergibt sich schon aus der zitierten gesetzlichen Vermutung des § 53 Abs. 3 FPG.

Sollten die griechischen Behörden die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers entziehen, wäre der Kontakt mit den griechischen Teamkollegen und Freunden, z. B. mittels Treffen in Drittländern, telefonisch, durch Austausch von Videoaufnahmen und Fotos sowie über elektronische Medien möglich. Das gilt auch für den Kontakt zum in Finnland lebenden Bruder. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.2 Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II):

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig betont die Rechtsprechung des VwGH jedoch unter Hinweis auf jene des EGMR, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sowie zu seiner Familie und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

Zur Feststellung, dass eine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, ist ausführen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Das gilt auch, wenn eine Unterstützung durch Angehörige ausbleiben sollte. Der Beschwerdeführer ist ausreichend gesund und daher erwerbsfähig.

Er spricht die Landessprache, ist arbeitsfähig, hat in Nigeria bereits gelebt und ist dort aufgewachsen. Seine Gattin, die Eltern und neun Geschwister leben dort, und auch der Beschwerdeführer tat dies bis mindestens zu seinem 17. Lebensjahr. Spätestens in Griechenland begann er, für Geld Fußball zu spielen, was er auch zuletzt tat, sodass seine Einsatzfähigkeit festgestellt wurde. Deshalb hat er auch in Nigeria zweifelsfrei die Möglichkeit, am Arbeitsmarkt fündig zu werden, ob mit körperlicher oder anderer Arbeit.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Die vorgebrachten Bedenken betreffend Art. 2 f EMRK haben sich nicht bestätigt. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich - auch ohne Drogenhandel - wirtschaftlich besser leben kann, genügt nicht für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht behauptet., sodass auch Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.3 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III):

Das BFA hat die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt und dies mit den sogleich zu erörternden Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG begründet. Wie zu zeigen sein wird, hat es diese Bestimmung zu Recht angewendet.

Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 4 FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht festzulegen ist, wenn die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde. Es bestand daher - im Anschluss an die Haftentlassung (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237) - keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Nach § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise eines Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist oder Fluchtgefahr besteht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Durchsetzungsaufschub und zur aufschiebenden Wirkung ausgeführt, dass gesondert zu begründen ist, inwieweit die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers geboten sein soll. Die auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Bezug nehmenden Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen (VwGH vom 21.11.2006, 2006/21/0171 mwH).

Die sofortige Ausreise erwies sich als nötig in diesem Sinne, wie bereits oben (3.1) zu § 52 Abs. 6 FPG ausgeführt. Der Beschwerdeführer verfügte auch über keine Unterkunft und keine familiären Bindungen im Inland und, abgesehen von dem bei der Entlassung auszuzahlenden Teil der Arbeitsvergütung, über kein Arbeitseinkommen. Auch angesichts der so drohenden jederzeitigen Möglichkeit der Flucht und weiterer Angriffe gegen geschützte Rechtsgüter bestand daher die Notwendigkeit, mit dessen Ausreise nicht zuzuwarten.

Daher war die Beschwerde auch betreffend den Spruchpunkt III abzuweisen.

3.4 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV):

Mit einer Rückkehrentscheidung kann auch dann ein Einreiseverbot verbunden werden, wenn der Betroffene über einen Aufenthaltstitel oder eine Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaats verfügt (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht II, Anm. 3 zu § 53 FPG), wobei mit "Mitgliedstaaten" jene gemeint sind, für welche die Rückführungs-RL gilt (VwGH 22.05.2013, 2013/18/0021). Zu diesen zählt Griechenland.

Bei der Erlassung und Bemessung eines Einreiseverbots sind demnach in Bezug auf das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein seine Verhältnisse in Österreich "in den Blick zu nehmen", sondern auch die Situation des Fremden in den anderen Mitgliedstaaten (VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037 mwH).

Der räumliche Geltungsbereich eines Einreiseverbots umfasst die genannten Staaten, eine Einschränkung ist nicht möglich (VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037). Weder steht aber die Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) der Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels entgegen, noch muss sie ein Mitgliedstaat unter allen Umständen aufrechterhalten (13.09.2012, 2011/23/0413).

Die rechtlich gebotene Vorgehensweise beschreibt Art. 25 Abs. 2 f SDÜ: Stellt sich heraus, dass ein Drittausländer, der über einen gültigen Aufenthaltstitel einer der Vertragsparteien verfügt, zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist, konsultiert die ausschreibende Vertragspartei jene, die den Aufenthaltstitel erteilt hat, um zu prüfen, ob ausreichende Gründe für dessen Einziehung vorliegen. Ist der Aufenthaltstitel nicht eingezogen, dann zieht die ausschreibende Vertragspartei die Ausschreibung zurück, wobei es ihr unbenommen bleibt, den Betroffenen in die nationale Ausschreibungsliste aufzunehmen. Das Fortbestehen der Ausschreibung hängt also davon ab, ob der Aufenthaltstitel "verlängert" wird (vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht II, Anm. 3 zu § 53 FPG).

Der Betroffene kann sich auf die Rechtswirkungen, die sich aus diesem vom ausschreibenden Vertragsstaat einzuleitenden Konsultationsverfahren ergeben, sowie auf die sich daraus ergebenden Verpflichtungen berufen (EuGH 16.01. 2018, C-240/17, E).

Ob die griechischen Behörden den Aufenthaltstitel aus diesem Anlass einziehen, werden sie unter Wahrung des Art. 8 EMRK entscheiden können, wie oben dargelegt, auch wenn das Einreiseverbot in Kraft tritt. Je nach Inhalt der Entscheidung ist dann dem Beschwerdeführer dann eine Fortsetzung des Sportler- und sonstigen Privatlebens in Griechenland, im Herkunftsstaat oder auch in Drittländern möglich, auch mit kürzeren Trennungsphasen als durch die Strafhaft, die der Beschwerdeführer durch seine Delikte riskiert hat. Ergänzend dazu besteht betreffend den Bruder in Finnland weiterhin die oben beschriebene Kontaktmöglichkeit.

Nach § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, und zwar grundsätzlich für bis zu 10 Jahre. Eine solche Tatsache, die auch bei der Bemessung der Dauer zu berücksichtigen ist, ist nach Abs. 3 Z. 1 die gerichtliche Verurteilung des Drittstaatsangehörigen zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zumindest sechs Monaten, aber auch nach Z. 2 die gerichtliche Verurteilung des Drittstaatsangehörigen wegen einer innerhalb von drei Monaten nach Einreise begangenen Vorsatztat.

Die Verurteilung des Beschwerdeführers erfüllt damit den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG und auch, weil seine nach § 27 SMG bestraften Delikte Vorsatztaten sind, jenen des § 53 Abs. 3 Z. 2 FPG. Damit liegen die Voraussetzungen mehrfach vor, was sich auch auf die Dauer eines Einreiseverbots auswirkt.

Die Rechtmäßigkeit des Einreiseverbots steht somit dem Grunde nach außer Zweifel, sodass dessen Dauer auf ihre Angemessenheit zu prüfen ist.

Wie festgestellt, hat der Beschwerdeführer wenige Wochen nach der Einreise bereits ein Vergehen nach dem SMG begangen und dabei mit Kokain die Volksgesundheit gefährdet. Dazu kam das Verbrechen des Widerstands gegen die Staatsgewalt, als er auf frischer Tat ertappt worden war. Das BFA hielt bei dieser Sachlage ein Einreiseverbot von sechs Jahren für angemessen.

Der VwGH hat ein sieben Jahre dauerndes Einreiseverbot bei einem, im Gegensatz zum zuvor unbescholtenen Beschwerdeführer, zweifach einschlägig nach dem SMG vorbestraften Drittstaatsangehörigen, der sodann, anders als der Beschwerdeführer, wegen Suchtgifthandels zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe, davon zwölf Monate bedingt nachgesehen, verurteilt worden war, als nicht unvertretbar angesehen. (07.03.2019 Ra 2019/21/0001)

Zuvor hat der VwGH im Fall eines Drittstaatsangehörigen, der wegen Suchtgifthandels in einem das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Ausmaß (ca. 1.000 g Kokain) zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden und familiär mit Ehefrau und Tochter in der Tschechischen Republik verankert war, das vom BVwG auf fünf Jahre halbierte Einreise-verbot als "angesichts der vom Revisionswerber begangenen Straftat und der daraus ableit-baren Gefährlichkeit nicht unangemessen" bezeichnet. (03.09.2015, Ra 2015/21/0054)

Zumal der Beschwerdeführer das Kokain in seinem Mund verwahrte, kann es sich - im Vergleich mit dem eben zitierten Sachverhalt - bei weitem nicht um 1.000 Gramm gehandelt haben, auch wenn die Menge nicht feststellbar war. Er verfügt aber in Europa auch über kein Familienleben, wenngleich ein Bruder in Finnland wohnt.

Darüber hinaus hat sich der Beschwerdeführer das Verbrechen des vollendeten Widerstands gegen die Staatsgewalt zuschulden kommen lassen, was in den zitierten Sachverhalten nicht der Fall war. Schließlich hat er sich durch die Nichtmeldung seiner Unterkünfte bis er festgenommen wurde einem Zugriff der Behörden entzogen. Trotz rechtskräftiger Verurteilung zeigte er beim BFA wenig Einsicht und bestritt, wie im Schubhafterkenntnis (S. 4) festgehalten, Drogen gehabt zu haben (AS 105).

Die hier zu prüfende vom BFA verhängte Dauer des Einreiseverbotes im Ausmaß von sechs Jahren erweist sich in Anbetracht dieser Sachverhaltselemente, der angeführten Rechtsprechung und dessen, dass von § 53 Abs. 3 FPG auch kriminelle Handlungen von höherem Unrechtsgehalt erfasst sind, sowie angesichts des Fehlverhaltens unter Berücksichtigung der Milderungs- und Erschwerungsgründe als nachvollziehbar.

Allerdings erscheint eine Herabsetzung des Einreiseverbotes auf unter sechs Jahre als nicht angemessen, zumal das persönliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers nicht etwa in einem einmaligen "Fehltritt" und einer darauffolgenden Reue bestand. Vielmehr hat er die Feststellung seiner Identität mit Gewalt verhindert und durch sein vorheriges und anschließendes Untertauchen auch gegen melderechtliche Vorschriften verstoßen. Es besteht kein Zweifel, dass von ihm eine deutliche Gefährdung des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Drogenkriminalität, Gewalt gegen Behördenorgane und von unangemeldeten Aufenthalten Fremder ausgeht.

Der Beschwerdeführer verbüßte sich bis vor Kurzem die Strafe, deren Rest ihm bedingt nachgesehen wurde, sodass die Zeit noch zu wenig weit fortgeschritten ist, um ihm einen Gesinnungswandel zu attestieren.

Nach all dem war die Beschwerde auch betreffend diesen Spruchpunkt IV abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Relevanz des Privat- und Familienlebens bei Rückkehrentscheidungen oder zur ganzheitlichen Verhaltensbeurteilung bei der Verhängung und Bemessung von Einreiseverboten.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Der Sachverhalt weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht rund fünf Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Schlagworte

Abschiebung, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,
Aufenthaltstitel, berücksichtigungswürdige Gründe, Einreiseverbot,
freiwillige Ausreise, Frist, Gefährdung der Sicherheit,
Gefährdungsprognose, Haft, Haftstrafe, Interessenabwägung,
öffentliche Interessen, öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit,
Rückkehrentscheidung, Straffälligkeit, Strafhaft, strafrechtliche
Verurteilung, Straftat, Suchtgifthandel, Suchtmitteldelikt,
Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I419.2228323.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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