Entscheidungsdatum
04.03.2020Index
L82009 Bauordnung WienNorm
BauO Wr §129 Abs10Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag.a Ebner, LL.M., aufgrund der Vorstellung vom 3.6.2019 über die Beschwerde des Herrn Mag. A. B., vertreten durch Rechtsanwalt, vom 16.3.2018 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 - Gebietsgruppe ..., Bauinspektion, vom 14.2.2018, Zl. MA37/...-20, mit welchem dem Eigentümer des Stellplatzes Nr. 2 der Garage auf der Liegenschaft Wien, C.-gasse gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung (BO) für Wien der Auftrag erteilt wurde, die im Bescheid angeführte Maßnahme binnen einem Monat nach Rechtskraft des Bescheides durchzuführen,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz -VwGVG wird der angefochtene Bescheid bestätigt und die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 - Gebietsgruppe ..., Bauinspektion, vom 14.2.2018, Zl. MA37/...-20, wurde dem Eigentümer des Stellplatzes 2 der Garage auf der Liegenschaft in Wien, C.-gasse gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien (BO) der Auftrag erteilt, den vorschriftswidrigen Zustand (zusätzlich zu einem PKW wird ein PKW zwischen Stellplatz 2 und 3 abgestellt) in der Garage bei Stellplatz Nr. 2 zu beseitigen und die konsensgemäße Verwendung von einem genehmigten KFZ-Stellplatz binnen einem Monat nach Rechtskraft des Bescheides wieder herzustellen.
Dagegen brachte der Eigentümer des Stellplatzes Nr. 2 auf gegenständlicher Liegenschaft fristgerecht Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien ein und führte aus, lediglich zu 50 % - nämlich zu 5/643 Anteilen - Eigentümer der Liegenschaft EZ ..., Katastralgemeinde ... , mit welchen Wohnungseigentum am verfahrensgegenständlichen Stellplatz Nr. 2 untrennbar verbunden ist, zu sein. Die übrigen 50 % stünden im Eigentum von Frau D. E., welche mit dem Einschreiter eine Eigentümerpartnerschaft gemäß §§ 13 ff WEG 2002 bilde. Der angefochtene Bescheid wäre daher auch an Frau D. E. als Hälfteeigentümerin des verfahrensgegenständlichen Stellplatzes Nr. 2 zuzustellen gewesen, was im konkreten Fall nicht geschehen sei.
Die beiden Wohnungseigentumsanteile seien untrennbar miteinander verbunden, die Wohnungseigentümer könnten daher nicht getrennt voneinander über ihren jeweiligen Anteil verfügen. Der Grundsatz der Untrennbarkeit der Anteile komme auch prozessual zum Tragen, da die Wohnungseigentümer sowohl zivil- als auch verwaltungsrechtlich eine einheitliche Streitpartei darstellen würden. Der angefochtene Bescheid wäre Frau D. E. ebenso in Zusammenschau mit dem hier nicht verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 14.2.2018, Zl. MA37/...-21 zuzustellen gewesen. Dieser Bescheid wäre an den grundbücherlich eingetragenen Eigentümer des Stellplatzes Nr. 3 ergangen, tatsächlich werde der im angefochtenen Bescheid angeführte Stellplatz Nr. 3 jedoch vom Einschreiter und Frau D. E. benutzt.
Des Weiteren werde unter dem Einstellen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 2 (1) des Wiener Garagengesetzes 2008 jedes Abstellen betriebsbereiter Kraftfahrzeuge auf anderen als öffentlichen Verkehrsflächen über die zum Aus- und Einsteigen oder zum Be- und Entladen erforderliche Zeit hinaus verstanden. Ein Kraftfahrzeug gelte im Sinne des Wiener Garagengesetzes 2008 als nicht betriebsbereit, wenn die Kraftstoffbehälter entleert und die Batterien ausgebaut bzw. entleert wären, was im konkreten Fall auf das zwischen den Stellplätzen Nr. 2 und 3 abgestellte Fahrzeug zutreffe. Das zwischen den Stellplätzen Nr. 2 und 3 abgestellte Fahrzeug unterliege daher nicht den (Ab- bzw. Einstell)-Einschränkungen des Wiener Garagengesetzes 2008. Der erkennenden Behörde wäre es schließlich ein Leichtes gewesen, diesen Umstand festzustellen, hätte sie nicht gemäß § 56 AVG auf ein ergänzendes Ermittlungsverfahren verzichtet. Der Erlassung des angefochtenen Bescheides sei somit kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gemäß §§ 37 ff AVG vorangegangen, was einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle. Der angefochtene Bescheid sei daher auch aus diesem Grund aufzuheben.
Es werde sohin der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufzuheben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.
Dem gegenständlichen Verfahren liegt folgender Verfahrensgang zu Grunde:
Mittels E-Mail vom 24.1.2018 wurde die MA 37 von einer externen Eingabe einer Privatperson verständigt, welche über die unsachgemäße Verwendung von Parkplätzen durch Herrn Mag. B. berichtete.
Aus dem Akt der Baubehörde ist ersichtlich, dass diese aufgrund der Anzeige tätig wurde und Ermittlungen durchführte. Dabei wurde festgestellt, dass in der Garage der gegenständlichen Liegenschaft zusätzlich zu einem auf Stellplatz Nr. 2 abgestellten PKW zwischen Stellplatz Nr. 2 und Nr. 3 ein weiterer Pkw abgestellt wird.
In der Folge erließ die belangte Behörde den bekämpften Bescheid vom 14.2.2018, Zl. MA37/...-20, wogegen der Eigentümer des Stellplatzes Nr. 2 auf der gegenständlichen Liegenschaft in Wien, C.-gasse ONr. ... (EZ ... der Kat. Gemeinde ... , mit Schriftsatz vom 16.3.2018 fristgerecht Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien erhob.
Mit Schreiben vom 28.3.2018 legte die belangte Behörde dem Verwaltungsgericht Wien den behördlichen Verwaltungsakt und die eingebrachte Beschwerde zur Entscheidung vor.
Mit Schreiben vom 7.5.2019 erging an die MA 37 das hg. Ersuchen um Übermittlung des Bescheides betreffend Herrn Mag. A. B. mit der Zl. MA37/...-20, welcher mittels E-Mail vom 9.5.2019 übersendet wurde.
Anschließend wies das Verwaltungsgericht Wien durch die zuständige Landesrechtspflegerin mit Erkenntnis vom 17.5.2019, Zl. VGW-211/026/RP23/6519/ 2019-2, die Beschwerde als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid.
Mit Schriftsatz vom 3.6.2019 brachte der Beschwerdeführer gegen die oben genannte Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien vom 17.5.2019 Vorstellung ein. In dieser wurde vorgebracht, dass die Rechtsansicht der Landesrechtspflegerin nicht geteilt werde. Es möge sein, dass der Umstand, dass ein an alle Miteigentümer zu erteilender Bauauftrag, der sich konkret jedoch nur gegen einen Miteigentümer richtet, einen Bauauftrag nicht rechtswidrig mache. Dieses Argument sei allerdings nur gegenüber bloßen Miteigentümern nachvollziehbar bzw. berechtigt und nicht gegenüber Wohnungseigentümern gemäß § 13 ff WEG 2002. Nach § 13 Abs. 3 WEG 2002 seien die Partner durch ihre Anteile am Mindestanteil derart verbunden, dass sie, solange die Eigentümerpartnerschaft bestehe, nicht getrennt und nur gemeinsam beschränkt, belastet oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden dürften. Eine Zwangsvollstreckung aufgrund eines Exekutionstitels, der nur gegen einen Partner bestehe, sei nur im Wege des mit der Pfändung des Anspruches auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums zu verbindenden Antrags auf Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums zulässig. Ebenfalls werde auf § 13 Abs. 4 WEG 2002 verwiesen. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich, dass ein Partner ohne den anderen Partner gar nicht von sich aus die bestehende Nutzung abändern und demnach einen Bauauftrag gar nicht einseitig befolgen könne bzw. dieser im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden könne.
Weiters sei der in der Beschwerde vom 16.3.2018 angeführte Bescheid bezüglich des Stellplatzes Nr. 3 in Stattgebung der dagegen erhobenen Beschwerde behoben worden. Es bestehe demnach kein Bauauftrag bezüglich dieses Stellplatzes. Eine Erfüllung des gegenständlichen Bauauftrages sei daher gar nicht möglich, ohne dass auch ein entsprechender Bauauftrag gegenüber den beiden Wohnungseigentumspartnern des Stellplatzes Nr. 3 vorliege.
Außerdem bestehe kein vernünftiger Grund, das Abstellen dieses dritten, ohnedies nicht betriebsbereiten Fahrzeuges nicht zuzulassen. Ein diesbezügliches Vorgehen stelle eine reine Schikane dar, wie auch die erfolgte Anzeige eines anderen Wohnungseigentümers bei der Baupolizei, da die Interessen anderer Wohnungseigentümer durch das Abstellen von drei KFZ auf zwei Stellplätzen nicht beeinträchtigt seien. Auch sei kein öffentliches Interesse ersichtlich, welches durch das Abstellen eines dritten KFZ geschmälert oder verletzt werden würde.
Dazu hat das Verwaltungsgericht Wien erwogen:
Für das Verwaltungsgericht Wien steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer und Frau D. E. sind jeweils zu 5/643 Anteilen je zur Hälfte Wohnungseigentümer des Stellplatzes Nr. 2 auf der Liegenschaft Wien, C.-gasse ONr. ... (EZ ... der Kat. Gem. ...) .
In der Tiefgarage der gegenständlichen Liegenschaft befinden sich sieben KFZ-Abstellplätze. Die Einfahrt in die Tiefgarage und die Zufahrt zu den Stellplätzen, die mittig durch den Raum der Tiefgarage führt, teilt den Raum in zwei Bereiche (links und rechts der Zufahrt).
Aus der Sicht eines einfahrenden Fahrzeuges befinden sich links drei Stellplätze und rechts vier Stellplätze. Die Stellplatznummerierung beginnt links beim ersten Stellplatz mit „1“ und wird im Uhrzeigersinn weitergeführt, sodass der auf der linken Seite mittig gelegene Stellplatz die Nummerierung 2 und der letzte Stellplatz die Nummerierung 3 aufweist. Diese Nummerierung stimmt auch mit jener vor Ort angebrachten Nummerierung der Stellplätze überein.
In der Garage ist zusätzlich zu einem Pkw auf Stellplatz Nr. 2 ein weiterer Pkw zwischen Stellplatz Nr. 2 und 3 abgestellt.
Aus der vom Verwaltungsgericht Wien beigeschafften aktuellen KFZ-Zentralregisterauskunft ergibt sich, dass die auf den im Behördenakt befindlichen Fotos ersichtlichen Personenkraftwägen auf Frau D. E. und Herrn Mag. A. B. zum Teil noch zugelassen sind bzw. im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bauauftrags jedenfalls zugelassen waren.
Das Verwaltungsgericht Wien konnte diese Feststellungen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, in die mit Bescheid vom 26.8.2004, Zl. MA 37/..., bewilligten Pläne, in die Planwechselbewilligung vom 3.10.2005, Zl. MA37/..., in den der Fertigstellungsanzeige beigelegten Ausführungsplan sowie anhand des offenen Grundbuchs sowie der eingeholten KFZ-Zentralregisterauskunft treffen.
Ebenfalls wird seitens des Beschwerdeführers auch gar nicht bestritten, dass ein weiterer (zweiter) Pkw zwischen Stellplatz Nr. 2 und 3 abgestellt wurde.
Rechtlich folgt daraus:
Zufolge § 54 Abs. 1 VwGVG kann gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Rechtspflegers (§ 2) Vorstellung beim zuständigen Mitglied des Verwaltungsgerichtes erhoben werden.
Das Rechtsinstitut der Vorstellung kann jedoch nicht dazu führen, dass ein „innergerichtlicher Instanzenzug“ geschaffen wird, zumal dies eindeutig der Intention des Gesetzgebers zuwiderliefe, die Verwaltungsverfahren zu beschleunigen. Im Fall einer - wie hier vorliegend - rechtzeitigen und zulässigen Vorstellung ist vom zuständigen Richter/von der zuständigen Richterin des Verwaltungsgerichtes sohin zu überprüfen, ob die Beschwerdesache mit dem Erkenntnis oder dem Beschluss des Rechtspflegers sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtsrichtig abgeschlossen wurde. Da eine Vorstellung nicht zwingend zu begründen ist und der Richter/die Richterin über die (wieder) offene Beschwerde zu entscheiden hat, kann die Vorstellung gemäß § 54 Abs. 1 VwGVG nicht dazu dienen, ein bereits vom Rechtspfleger erledigtes Rechtsmittel gegen eine behördliche Entscheidung außerhalb der gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG vorgesehenen Frist losgelöst von dem Erkenntnis oder Beschluss des Rechtspflegers zu ergänzen oder anders zu erweitern. Über das ursprüngliche Rechtsmittel hinausgehende Vorbringen und Anträge in einer Vorstellung sind daher nur soweit beachtlich, wie sie sich direkt mit der Begründung der damit bekämpften Entscheidung des Rechtspflegers auseinandersetzen beziehungsweise sich darauf beziehen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Zufolge Abs. 2 hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten. Im Falle der Verwendung von Flächen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen ohne baubehördliche Bewilligung (§ 3 Abs. 1 Z 2 WGarG 2008) durch einen vom Eigentümer (den Miteigentümern) verschiedenen Nutzungsberechtigten sind Aufträge gegebenenfalls an diesen zu richten. In Schutzzonen sind überdies Abweichungen von den Bebauungsbestimmungen im Bebauungsplan, für die eine Baubewilligung weder nachgewiesen noch infolge des erinnerlichen Bestandes des Gebäudes vermutet werden kann, zu beheben und die Bauwerke und Bauwerksteile in stilgerechten und den Bebauungsbestimmungen entsprechenden Zustand zu versetzen.
Verpflichteter eines Bauauftrages ist somit gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien der Eigentümer der Baulichkeit bzw. seit der Bauordnungsnovelle 2014 – LGBl. für Wien vom 15.7.2014, Nr. 25/2014 im Falle der Verwendung von Flächen zum Einstellen von KFZ der Nutzungsberechtige. Die Eigentümerfeststellung ist von Amts wegen als Vorfrage zu prüfen (vgl. VwGH 21.5.2007, 2006/ 05/0165; VwGH17.12.2009, 2008/06/0097).
§ 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien nennt zwar nicht den Grundeigentümer bzw. im Falle des Wohnungseigentums den Wohnungseigentümer der betreffenden Nutzungseinheit als Adressaten eines Bauauftrages; im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 Wiener Garagengesetz 2008 muss aber auch die Fläche, die dem Einstellen von Kraftfahrzeugen dient (§ 2 Abs. 2 und 3 Wiener Garagengesetz 2008), als Anlage gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit., demnach wie ein Bauwerk iSd § 129 Abs. 10 WrBauO angesehen werden (VwGH, 4.9.2011, 2001/05/0168; VwGH 30.4.2013, 2012/05/0114 mwH).
Vorschriftswidrig im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedes Bauwerk, für das im Zeitpunkt seiner Errichtung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich war und auch weiterhin erforderlich ist, eine solche aber nicht vorliegt. Aufträge zur Behebung von Abweichungen von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften können gemäß der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nach § 129 Abs. 10 BO sowohl für bewilligungspflichtige, anzeigepflichtige als auch bewilligungsfreie Bauvorhaben erteilt werden.
Unter dem Titel der Behebung von Abweichungen von den Bauvorschriften ist je nachdem, worin die Abweichung besteht, ein Beseitigungsauftrag oder auch ein Auftrag zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes zu erteilen (VwGH 25.3.2010, 2009/05/0323).
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist zunächst die Frage zu klären, gegenüber wem der Bauauftrag zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes zu erteilen war (damit dieser letztendlich auch vollstreckt werden kann).
Gemäß § 2 Abs. 1 WEG 2002 ist Wohnungseigentum das dem Miteigentümer einer Liegenschaft oder einer Eigentümerpartnerschaft eingeräumte dingliche Recht, ein Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu verfügen. Vorläufiges Wohnungseigentum ist das nach den Regelungen im 10. Abschnitt beschränkte Wohnungseigentum, das unter den dort umschriebenen Voraussetzungen vom Alleineigentümer einer Liegenschaft begründet werden kann.
Das Wohnungseigentum ist somit seiner Konstitution nach die untrennbare Verbindung eines „ideellen Miteigentumsanteils“ (sog. „Mindestanteil“) an der Liegenschaft und einem servitutsähnlichen Nutzungsrecht an einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt (Würth in Rummel ABGB3 § 2 WEG 2002, Rz 2, Stand 1.1.2003, rdb.at).
Gemäß § 5 Abs. 3 WEG 2002 wird das Wohnungseigentum durch die Einverleibung in das Grundbuch erworben. Es ist im Eigentumsblatt auf dem Mindestanteil einzutragen; bei einer Eigentümerpartnerschaft sind die Anteile der Partner am Mindestanteil (§ 13 Abs. 2) zu verbinden. Die Eintragung des Wohnungseigentums an einem Wohnungseigentumsobjekt erstreckt sich auch auf dessen Zubehörobjekte nach § 2 Abs. 3, soweit sich deren Zuordnung zum Wohnungseigentumsobjekt aus dem Wohnungseigentumsvertrag (§ 3 Abs. 1 Z 1) oder der gerichtlichen Entscheidung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) jeweils im Zusammenhalt mit der Nutzwertermittlung oder -festsetzung eindeutig ergibt. Wird auf einer Liegenschaft das Wohnungseigentum einverleibt, so ist in der Aufschrift des Gutsbestandsblatts das Wort „Wohnungseigentum“ einzutragen.
Gemäß § 13 Abs. 2 WEG 2002 müssen die Wohnungseigentumspartner zur Begründung einer Eigentümerpartnerschaft Eigentümer je eines halben Mindestanteils sein.
KFZ-Abstellplätze können seit dem 1.7.2002 nur mehr entweder Wohnungseigentumsobjekte oder kraft Widmung allgemeine Teile der Liegenschaft darstellen; sie können jedoch im Hinblick auf § 3 Abs. 2 WEG 2002 weder im schlichten Miteigentum noch im Zubehör-Wohnungseigentum stehen (Würth in Rummel ABGB § 2 WEG 2002, Rz 11, Stand 1.1.2003, rdb.at).
Wie sich aus dem eingeholten Grundbuchsauszug der gegenständlichen Liegenschaft ergibt, handelt es sich bei Stellplatz Nr. 2 um einen jeweils zu 50 % im Wohnungseigentum von Herrn Mag. A. B. und Frau D. E. stehenden KFZ-Abstellplatz. Es liegt daher eine Eigentümerpartnerschaft zwischen den beiden Wohnungseigentümern vor.
Im Falle des Miteigentums haben sich Bauaufträge grundsätzlich an alle Miteigentümer zu richten, sofern nicht - wie insbesondere für den Fall des Wohnungseigentums - eine ausdrückliche (abweichende) Sondervorschrift besteht (VwGH 24.4.1997, 95/06/0312).
Steht einem Wohnungseigentümer ein ausschließliches Nutzungsrecht an bestimmten Teilen der Liegenschaft zu (Wohnungseigentumsobjekt; kein allgemeiner Teil des Hauses), so ist ein diesbezüglicher Bauauftrag nicht an sämtliche sonstige Miteigentümer der Liegenschaft zu richten, da es diesen tatsächlich unmöglich sein wird, den Bauauftrag zu erfüllen (idS VwGH 30.4.2019, Ra 2017/ 06/0045; VfSlg 15.047; VwGH 29.3.1994, 93/05/0289), sondern nur an den/die tatsächlichen Wohnungseigentümer.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien und im Einklang mit der bisher erwähnten Rechtsprechung ist der Bauauftrag daher grundsätzlich gegenüber beiden Wohnungseigentümerpartnern zu erteilen, da das Wohnungseigentum im Verfügungsbereich beider steht und beiden die Herstellung des rechtskonformen Zustandes möglich ist.
Dem Einwand des Beschwerdeführers, eine Eigentümerpartnerschaft bilde eine einheitliche Streitpartei, weswegen der Bauauftrag auch an Frau D. E. zuzustellen gewesen wäre und somit nicht rechtskonform ergangen sei, ist entgegenzuhalten, dass die hier anzuwendenden Verfahrensgesetze, insbesondere also das AVG, den Begriff eines „unzertrennlichen Streitgenossen“ iSd § 14 ZPO nicht kennen (vgl. VwGH 16.12.1993, 93/06/0211). Wenngleich eine Vollstreckung hinsichtlich einer im Miteigentum stehenden Liegenschaft nur dann in Betracht kommt, wenn sich der rechtskräftige Bauauftrag gegen alle Miteigentümer (hier: beide Wohnungseigentümer) richtet, muss dieser jedoch nicht in einem einheitlichen Bescheid ergehen (VwGH 24.4.1997, 95/06/0132; VwGH 13.11.2012, 2011/05/0050; VwGH 26.9.2017, Ra 2017/06/0154).
Bezogen auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies schließlich, dass der Bauauftrag gegenüber dem Beschwerdeführer formell rechtens ergangen ist, aber solange nicht vollstreckt werden kann, als noch kein rechtskräftiger Bauauftrag gegen Frau D. E. erlassen worden ist.
Inhaltlich ist darauf hinzuweisen, dass ein Stellplatz gemäß § 2 Abs. 3 WGarG 2008 jene Fläche ist, die dem Abstellen eines einzelnen Kraftfahrzeuges dient.
Gemäß § 2 Abs. 1 WGarG 2008 wird unter dem Einstellen von Kraftfahrzeugen im Sinne dieses Gesetzes jedes Abstellen betriebsbereiter Kraftfahrzeuge auf anderen als öffentlichen Verkehrsflächen über die zum Aus- und Einsteigen oder zum Be- und Entladen erforderliche Zeit hinaus verstanden. Ein Kraftfahrzeug gilt im Sinne dieses Gesetzes als nicht betriebsbereit, wenn die Kraftstoffbehälter entleert und die Batterien ausgebaut sind.
Ob es sich in gegenständlicher Angelegenheit, wie vom Beschwerdeführer ausgeführt, um ein nicht betriebsbereites Kraftfahrzeug handelt, das im Bereich des Stellplatzes Nr. 2 und Nr. 3 steht, kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien jedoch dahingestellt bleiben. Vielmehr kommt es darauf an, dass gemäß § 2 Abs. 3 WGarG 2008 auf einem Stellplatz nur ein einzelnes Fahrzeug abgestellt werden darf, auf Stellplatz Nr. 2 der gegenständlichen Liegenschaft jedoch neben einem Pkw ein weiterer Pkw zumindest teilweise abgestellt wurde (zwischen Stellplatz Nr. 2 und Nr. 3). Es liegt somit ein vorschriftswidriger Zustand vor.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich vorbringt, die Erteilung eines Bauauftrages stelle eine „Schikane“ dar, da durch das zusätzliche Abstellen eines weiteren Kraftfahrzeuges im Bereich der Stellplätze Nr. 2 und Nr. 3 weder öffentliche Interessen noch Interessen anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigt werden, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Behörde von Amts wegen bei jeder Abweichung bzw. Vorschriftswidrigkeit einen Auftrag erteilen muss (vgl. VwGH 12.9.1989, 89/05/0078).
Da in gegenständlicher Angelegenheit jedenfalls ein zu § 2 Abs. 3 WGarG 2008 konträres Verhalten gesetzt wurde, wurde der Bauauftrag zur Beseitigung des vorschriftswidriges Zustandes und Wiederherstellung der konsensgemäßen Verwendung des genehmigten KFZ-Stellplatzes zu Recht erlassen.
Von einer mündlichen Verhandlung, die im Übrigen auch nicht beantragt wurde, konnte aus nachfolgenden Erwägungen abgesehen werden:
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.3.2010, S. 389, entgegenstehen.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige.
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne.
Diese Grundsätze gelten auch in Ansehung des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, da zur Auslegung dieser Bestimmung die vom EGMR erarbeiteten Grundsätze zu Art. 6 Abs. 1 EMRK heranzuziehen sind.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier aufgrund der unbedenklichen Aktenlage des Behördenaktes samt Fotomaterial und des Gerichtsaktes geklärt, sodass zur Lösung der in der vorliegenden Beschwerde aufgeworfenen Tat- und Rechtsfrage im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG getroffen werden.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Baupolizeilicher Auftrag; Miteigentum; Wohnungseigentum; einheitliche Streitpartei; Stellplatz; Einstellen von KraftfahrtzeugenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.211.026.7485.2019.VORZuletzt aktualisiert am
06.05.2020