TE Lvwg Beschluss 2020/3/4 VGW-102/067/15498/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.03.2020

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

B VG Art. 130 Abs1 Z2
StVO 1960 §91 Abs1

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG der Frau A. B., Wien, C.-gasse, vertreten durch Rechtsanwalt, bezüglich die Aufforderung gemäß § 91 Abs. 1 StVO durch den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, betreffend das Abschneiden von überhängenden Teilen eines Baumes, den

BESCHLUSS

gefasst:

1. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 iVm § 31 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin hat der Gemeinde Wien als Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG in Verbindung mit der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, BGBl. II Nr. 517/2013, für Vorlageaufwand 57,40 Euro und Schriftsatzaufwand 368,80 Euro (gesamt sohin 426,20 Euro) an Aufwandersatz, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

3. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit dem am 03.12.2019 beim Verwaltungsgericht Wien eingelangten Schriftsatz erhob die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin eine Maßnahmenbeschwerde gegen die Aufforderung gemäß § 91 Abs. 1 StVO und brachte darin vor:

„Die MA 46 erließ am 23.10.2019 zur GZ MA 46/ALLG/... einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt betreffend das Abschneiden von überhängende Teile eines Baumes, der mit „Aufforderung gemäß § 91/1 StVO“ betitelt ist. Der Beschwerdeführerin ist dieser Akt am 31.10.2019 zugegangen.

Beweis:      Aufforderung vom 23.10.2019 (Beilage ./1)

Wegen der Rechtsprechung, dass in einem späteren Kostenersatzverfahren der Auftrag nicht mehr in Frage gestellt werden kann, ist die Beschwerdeführerin geradezu gezwungen diesen komplett rechtswidrigen und formal als auch inhaltlich unzulässigen Rechtsakt zu bekämpfen (OGH 1 Ob208/14s; 1 Ob203/12p; VwGH 10.06.1997, 96/07/0106).

Die Beschwerdeführerin verweist auf die Aufhebung des AuvBZ in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien zur GZ VGW-102/013/14355/2017, der ein nahezu identer Sachverhalt zugrunde liegt.

MASSNAHMENBESCHWERDE

gem Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG

an das Landesverwaltungsgericht Wien und an das Bundesverwaltungsgericht. Der angefochtene Akt wird in vollem Umfang wegen Nichtigkeit, Verfahrensfehler und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten.

1. Unzulässig: AuvBZ statt Bescheid

a. Bekämpfter Rechtsakt ist AuVBZ

Bereits in der vorangehenden Entscheidung des Verwaltungsgericht Wien zur GZ VGW- 102/013/14355/2017 urteilte das Verwaltungsgericht:

„Die verfahrensgegenständliche Anordnung des Magistrates der Stadt Wien legt der Beschwerdeführerin eine Leistungsverpflichtung auf, hat also einen normativen Gehalt. Noch dazu wird für den Fall des nicht fristgerechten [Zurückschneidens] eine Ersatzvornahme auf Kosten der Beschwerdeführerin angedroht. […] im Gegenstand hat die Behörde jedoch im letzten Satz ihrer Anordnung ausdrücklich ausgeschlossen, einen Bescheid erlassen zu wollen, womit von fehlendem Bescheidwille auszugehen ist. Da sich dadurch jedoch am normativen Charakter der Anordnung ncihts ändert, ist diese sohin zwangsläufig als AuvBZ in concreto als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt zu qualifizieren. Da das Gesetz einen solchen Akt nicht vorsieht, liegt ein Missbrauch der Rechtform vor…“

b. Keine Gefahr in Verzug

Liegt keine Gefahr in Verzug vor, so hat die belangte Behörde erforderlichen Maßnahmen mit Bescheid aufzutragen (2004/07/0053).

Die belangte Behörde hat nicht einmal Gefahr in Verzug erwähnt, geschweige den festgestellt oder begründet!! Bereits deshalb ist der angefochtene Rechtsakt aufzuheben.

c. Rechtsformenmissbrauch

Im Unterschied zum Bescheid ergeht ein AuvBZ verfahrensfreien und schränkt die Rechtsmittel des Betroffenen erheblich ein, etwa weil § 68, 69 AVG auf AuvBZ nicht anwendbar sind.

Beweis:      , ecolex 2017,466

Bei verfassungskonformer Interpretation und im Hinblick auf den aus rechtsstaatlichen Gründen gebotenen Rechtsschutz nach Art 130 B-VG begründet eine gesetzliche Verpflichtung für die belangte Behörde die angefochtene Entscheidung in der Rechtsform eines Bescheids auszusprechen, dem ein rechtsstaatliches Ermittlungsverfahren voranzugehen hat (2011/07/0191). Die belangte Behörde darf nicht schlechter bekämpfbare Akte konstruiert, weil sonst das verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechtsschutzsystem leerlaufen würde.

. Fehlende Sachverhaltsfeststellung

a. Keine Beeinträchtigung

Eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit nach § 91 Abs 1 StVO 1960 muss tatsächlich und konkret vorhanden sein oder unmittelbar drohen (VwGH 2004/02/0233).

Es besteht keine Beeinträchtigung im Sinne des § 91 Abs 1 StVO, die angefochtene Entscheidung ist deshalb ersatzlos aufzuheben.

b. Gegenüber D.-gasse ...?

Die Länge der Straßenfront der Liegenschaft D.-gasse ... beträgt ca. 130 m. Die Bezeichnung „Liegenschaft in Wien, D.-gasse gegenüber Orientierungsnummer ...“ ist daher in keiner Weise geeignet, eine Stelle zu bezeichnen, bei der Sträucher oder Hecken zurückzuschneiden sind, da es komplett unbestimmt ist.

[Anm: Grafik]

Aus der bekämpften Entscheidung geht nicht hervor, welche Sträucher oder Hecken zurückzuschneiden sind. Es ist daher nicht einmal bestimmbar, ob die zurückzuschneidenden Sträucher oder Hecken auf dem Grund der Beschwerdeführerin oder auf öffentlichem Gut stehen.

Beweis:      Zeuge: Dr. E. B.

              Lokalaugenschein vor Ort

Aus der bekämpften Entscheidung geht nicht hervor, welche Hecken und Sträucher eine sichere Benutzung des öffentlichen Gutes beeinträchtigt sein soll.

c. Keine Beeinträchtigung durch Hecken und Sträucher

Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass Hecken und Sträucher auf ihrem Grund eine sichere Benutzung des öffentlichen Gutes beeinträchtigen.

Beweis:      Lokalaugenschein vor Ort

d. Grenze strittig

Die Grenze zwischen dem Grundstücken der Beschwerdeführerin und dem öffentlichen Gut ist nicht in den Grenzkataster überführt. Der Verlauf der Grenze im Kataster und in der Natur fallen auseinander. Aus Unwissenheit bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die wegzuschneidenden Hecken und Sträucher nicht auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin sind. Denn es ist nicht einmal klar, um welche Hecken und Sträucher es sich handelt.

Beweis:      Zeuge: Dr. E. B.

              Lokalaugenschein vor Ort

3. ABGB – Beeinträchtigter hat Äste auf seine Kosten abzuschneiden!!!

Nach § 297 ABGB gehört zum Grundstück alles, was sich in senkrechter Linie darüber befindet. § 422 Abs 1 und Abs 2 ABGB lauten:

(1) Jeder Eigentümer kann die in seinen Grund eindringenden Wurzeln eines fremden Baumes oder einer anderen fremden Pflanze aus seinem Boden entfernen und die über seinem Luftraum hängenden Äste abschneiden oder sonst benützen. Dabei hat er aber fachgerecht vorzugehen und die Pflanze möglichst zu schonen. Bundes- und landesgesetzliche Regelungen über den Schutz von oder vor Bäumen und anderen Pflanzen, insbesondere über den Wald-, Flur-, Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz, bleiben unberührt.

(2) Die für die Entfernung der Wurzeln oder das Abschneiden der Äste notwendigen Kosten hat der beeinträchtigte Grundeigentümer zu tragen. Sofern diesem aber durch die Wurzeln oder Äste ein Schaden entstanden ist oder offenbar droht, hat der Eigentümer des Baumes oder der Pflanze die Hälfte der notwendigen Kosten zu ersetzen.

Nach der im Gesetzesrang stehenden Bestimmung des

?    § 422 Abs 1 ABGB sind überhängende Äste vom beeinträchtigten Grundeigentümer abzuschneiden.

?    § 422 Abs 2 ABGB sind die Kosten ausdrücklich vom beeinträchtigten Grundeigentümer also der öffentlichen Hand und nicht der Beschwerdeführerin zu tragen.

4. § 422 ABGB widerspricht § 91 Abs 1 StVO: Materielrechtliche Derogation

Mit dem ZivRÄG 2004 wurde § 422 ABGB eingeführt, widerspricht dem in Verordnungsrang stehende § 91 Abs 1 StVO und hat diesem damit materiell-rechtlich derogiert.

5. Verletzung des rechtlichen Gehörs

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin unmittelbar einen Auftrag unter Drohung der Ersatzvornahme auf Kosten der Beschwerdeführerin erteilt, ohne der Beschwerdeführerin zuvor die Möglichkeit der Akteneinsicht oder der Stellungnahme einzuräumen.

Bei der rechtzeitigen Gewährung des rechtlichen Gehörs hätte die Beschwerdeführerin wie in dieser Beschwerde vorgebracht und hätte die belangte Behörde die Entscheidung nicht erlassen dürfen.

6. Aktenwidrigkeit

Aktenwidrigkeit liegt dann vor, wenn der Bescheid in seiner Begründung von Sachverhalten ausgeht, die sich aus dem Akt überhaupt nicht oder nicht in der angenommenen Weise ergeben, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch des Bescheides ausschlaggebend sind (2013/15/0130, Ra 2016/02/0189).

a. Keine Beeinträchtigung

Die Hecken und Sträucher beeinträchtigen nicht die sicher Benützung des öffentlichen Gutes.

7. Keine Begründung

Das vollständige Fehlen einer Begründung, eine bloß formelhafte Scheinbegründung oder eine die nachprüfende Kontrolle durch den VwGH verunmöglichende Lückenhaftigkeit führt zur Aufhebung der Entscheidung durch den VwGH (Ra 2016/21/0178).

8. Weniger einschneidende Maßnahmen

Eine dem Grundeigentümer nach § 91 Abs 1 StVO 1960 aufgetragene Maßnahme ist im Hinblick auf den zwangsläufig verbundenen Eingriff in das Eigentum unter Bedachtnahme auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit davon auszugehen, dass ein derartiger Auftrag nicht zulässig ist, wenn mit weniger einschneidenden Maßnahmen dasselbe Ziel erreicht werden kann, die Auftragung der Entfernung also nicht das einzige Mittel darstellt, um einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit zu begegnen (VwGH 2012/02/0133).

Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn auch mit einem bloßen Ausästen in Verbindung mit der Anbringung einer Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs das Auslangen gefunden werden kann, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten (VwGH 88/03/0014; 93/06/0230).

a. Zurückschneiden durch die Behörde nach § 422 ABGB

Nach § 422 ABGB ist die Behörde berechtigt, selber Sträucher und Hecken selber zurückzuschneiden.

9. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragt,

1.  das erkennende Gericht möge der Maßnahmenbeschwerde aufschiebenden Wirkung zuerkennen

2.  das erkennende Gericht möge eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen,

3.  das erkennende Gericht möge einen Lokalaugenschein vor Ort abhalten,

4.  6. gem § 35 VwGVG dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde die Kosten des Verfahrens auferlegen. Es wird der Ersatz der Eingabengebühr, der Fahrtkosten sowie des Pauschalbetrages für den Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand gem der VwG-Aufw-ErsV BGBl II 2013/517 geltend gemacht.

A. B.“

Der Beschwerde in Kopie beigeschlossen waren das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 12.03.2018, GZ: VGW-102/013/14355/2017, sowie der Literaturbeitrag, Nachträgliche Abänderungsmöglichkeiten für AuvBZ, ecolex 2017, 466 ff, sowie das mit 23.10.2019 datierte Aufforderungsschreiben der belangten Behörde zu GZ MA 46/ALLG/.... Letzteres lautet wörtlich:

„MA 46/ALLG/...                                                                Wien, 23.10.2019

AUFFORDERUNG GEM. § 91/1 StVO

Von der Magistratsabteilung 46 musste festgestellt werden, dass bei Ihrer Liegenschaft in Wien, D.-gasse gegenüber Orientierungsnummer ... durch in den Bereich des öffentlichen Gutes, überhängende Teile von Sträuchern und Hecken die sichere Benützung des öffentlichen Gutes nicht gewährleistet ist.

Als Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft möchten wir Sie darauf hinweisen, dass dies unzulässig ist, und Sie dafür Sorge zu tragen haben, dass die sichere Benützung des öffentlichen Gutes vor Ihrem Grundstück jederzeit zu gewährleisten ist.

Unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 91 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) werden Sie somit aufgefordert, die Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen ehestens zu beseitigen, d.h. das Zurückschneiden der Sträucher und Hecken ehestens zu veranlassen.

Sollten Sie dieser Aufforderung ohne Begründung innerhalb von 3 Wochen nach Zustellung dieses Schreibens nicht Folge leisten, müssen Sie damit rechnen, dass nach Erlassung eines Bescheides gem. § 91 StVO die MA 46 auf Ihre Kosten, das Zurückschneiden der Sträucher und Hecken veranlassen wird.

Sie werden aufgefordert, obige Maßnahmen innerhalb von 3 Wochen zu setzen bzw. eine Stellungnahme innerhalb von 2 Wochen an die Magistratsabteilung 46, 1121 Wien, Niederhofstraße 21 per E-Mail, Fax oder per Post zu übermitteln.

Dieses Schreiben gilt nicht als Bescheid gemäß § 58 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG).

Sachbearbeiter:                                                    Für den Abteilungsleiter:

(…)                                                                   (…)“

2. Das Verwaltungsgericht Wien übermittelte die Beschwerde der belangten Behörde mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und der Möglichkeit zur Erstattung einer Gegenschrift.

Die belangte Behörde legte den Bezug habenden Akt mit Schreiben vom 02.01.2020 vor. Dieser enthält Fotoaufnahmen eines befestigten Weges samt darüber ragenden Ästen sowie das von der Beschwerdeführerin vorgelegte behördliche Aufforderungsschreiben vom 23.10.2019.

Nach erstreckter Frist erstattete die belangte Behörde eine Gegenschrift und führte darin aus:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Zur Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG der Frau A. B., geboren am ...1986, Wien, C.-gasse, vertreten durch RA (in der Folge: Beschwerdeführerin) wegen eines Vorhalts gemäß § 91 StVO wird nach Aufforderung des Verwaltungsgericht Wien vom 11. Dezember 2019, eingelangt am 13. Dezember 2019, folgende Gegenschrift erstattet und um eine Verhandlung ersucht:

Sachverhalt:

2017 erging an die Beschwerdeführerin eine „Aufforderung“ der Behörde vom 26. September 2017, dass durch das Verwachsen der Straßenlaterne eine Verkehrsbeeinträchtigung gegeben sei; und Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen zu beseitigen, d.h. gemäß § 91 StVO das Zurückschneiden der Äste zu veranlassen seien. Wenn der Aufforderung nicht Folge geleistet werde, werde die Behörde auf Kosten der Beschwerdeführerin das Zurückschneiden der Äste veranlassen. Zur dagegen erhobenen Maßnahmenbeschwerde wurde vom Verwaltungsgericht Wien, VGW-102/013/14355/2017, 12. März 2018, die Aufforderung als Befehl für rechtswidrig erklärt. Die Aufforderung erlege eine Leistungsverpflichtung auf und drohe eine Ersatzvornahme an. Da das Schreiben ausdrücklich nicht Bescheid sei, müsse es sich – obwohl die gesetzliche Bestimmung keine Grundlage für einen ohne weiteres durchsetzbaren Befehl gebe - um einen Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und Missbrauch der Rechtsform handeln. Die Behörde hat im Einzelfall von einer Revision bzw. Beschwerde Abstand genommen.

Im September 2019 kam hervor, dass Bäume, Sträucher und Hecken von der Liegenschaft der Beschwerdeführerin - vornehmlich in der Biegung und somit die Sicht in den Straßenverlauf in der Kurve einschränkend als auch die Benützbarkeit der zweispurigen Fahrbahn von 5 m Breite samt einer Aufweitung an einer Kreuzung - vom Boden bis zu ca. 4,5 m Höhe in die Fahrbahn ragen. Derselbe Referent versandte wiederum eine Aufforderung gemäß § 91 StVO am 23. Oktober 2019, laut Rückschein zugestellt am 4. November 2019, dazu, dass durch überhängende Sträucher und Hecken die sichere Benützung des öffentlichen Gutes nicht gewährleistet sei. Gemäß § 91 StVO seien Behinderungen und Beeinträchtigungen ehestens zu beseitigen, d.h. das Zurückschneiden der Sträucher und Hecken binnen 3 Wochen zu veranlassen bzw. werde Gelegenheit gegeben, binnen 2 Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Sollte der Aufforderung nicht Folge geleistet werden, werde die Behörde nach Erlassung eines Bescheides gemäß § 91 StVO auf Kosten der Grundeigentümerin das Zurückschneiden der Sträucher und Hecken veranlassen. Das Schreiben selbst sei nicht Bescheid.

Mit E-Mail vom 3. Dezember 2019 wurde eine Maßnahmebeschwerde erhoben da ein nahezu identer Sachverhalt vorliege. Die Behörde habe Verpflichtungen mit Bescheid aufzutragen, Gefahr in Verzug oder eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit bestehe nicht, die Umschreibung der Örtlichkeit sei mit D.-gasse ggü ... zu unbestimmt. Unklar sei, welche Sträucher oder Hecken zurückzuschneiden seien und es sei nicht bestimmbar ob Sträucher und Hecken auf öffentlichem Grund oder auf Grund der Beschwerdeführerin stocken. Der Verlauf der Grenze sei strittig. Gemäß § 297 ABGB gehöre zum Grundstück alles, was sich in senkrechter Linie darüber befindet. § 422 ABGB gewähre die Ausästung überhängender Pflanzen auf Kosten und durch Nachbarn. Zur Aktenwidrigkeit und Scheinbegründung wird ein Rechtssatz zitiert. Eine Ausästung sei das gelindere Mittel.

Rechtsvorschriften

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 91 Abs. 1 StVO hat die Behörde Grundeigentümer aufzufordern, Bäume, Sträucher, Hecken und dergleichen, welche die Verkehrssicherheit, insbesondere die freie Sicht über den Straßenverlauf oder auf die Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs oder welche die Benützbarkeit der Straße einschließlich der auf oder über ihr befindlichen, dem Straßenverkehr dienenden Anlagen, z. B. Oberleitungs- und Beleuchtungsanlagen, beeinträchtigen, auszuästen oder zu entfernen.

Gemäß § 100 Abs. 4 StVO steht die Bestrafung einer Übertretung nach § 99 der Erlassung und Vollstreckung eines Bescheides, womit der Auftrag erteilt wird, einen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes zuwiderlaufenden Tatbestand zu beseitigen, nicht entgegen.

Gemäß § 4 Abs. 6 Z. 1 KFG dürfen die Abmessungen von Kraftfahrzeugen und Anhängern nicht eine größte Höhe von 4 m überschreiten.

Gemäß § 295 Satz 1 ABGB bleiben Gras, Bäume, … welche die Erde auf ihrer Oberfläche hervorbringt, so lange ein unbewegliches Vermögen, als sie nicht von Grund und Boden abgesondert worden sind.

Gemäß § 297 ABGB gehören zu den unbeweglichen Sachen diejenigen, welche auf Grund und Boden in der Absicht aufgeführt werden, dass sie stets darauf bleiben sollen, als: Häuser und andere Gebäude mit dem in senkrechter Linie darüber befindlichen Luftraume; …

Gemäß § 421 ABGB wird das Eigentum eines Baumes nicht nach den Wurzeln, die sich in einem angrenzenden Grunde verbreiten, sondern nach dem Stamme bestimmt, der aus dem Grunde hervorragt. Steht der Stamm auf den Grenzen mehrerer Eigentümer, so ist ihnen der Baum gemein.

Gemäß § 422 Abs. 1 ABGB kann jeder Eigentümer … die über seinem Luftraum hängenden Äste abschneiden. Bundes- und landesgesetzliche Regelungen über den Schutz von oder vor Bäumen und anderen Pflanzen, insbesondere über den Wald-, Flur-, Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz, bleiben unberührt.

Gemäß § 422 Abs. 2 ABGB hat die für … das Abschneiden der Äste notwendigen Kosten der beeinträchtigte Grundeigentümer zu tragen. Sofern diesem aber durch die Wurzeln oder Äste ein Schaden entstanden ist oder offenbar droht, hat der Eigentümer des Baumes oder der Pflanze die Hälfte der notwendigen Kosten zu ersetzen.

Rechtliche Ausführungen:

Gemäß Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B-VG ist die Straßenpolizei Bundessache in Gesetzgebung und Landessache in der Vollziehung. Die Beschwerde ist gegen eine Landessache gerichtet, weswegen das Verwaltungsgericht Wien zuständig ist. Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ist an das unzuständige Gericht gerichtet. Die Beschwerde wird an das Bundesverwaltungsgericht weiterzuleiten (vgl. Alexander Forster, Strukturprobleme der Maßnahmenbeschwerde, ZfV 2018, 177) und dort als unzulässig zurückzuweisen bzw. zurückzuziehen sein.

Prozessgegenstand des Verfahrens ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes in jener Sach- und Rechtslage, die im Zeitpunkt der Setzung des Verwaltungsaktes bestand (VwGH 24. November 2015, Ra 2015/05/0063).

Entgegen der Beschwerdeführerin unterscheiden sich Sachlage aus 2017 und Rechtslage im Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien aus 2018 von der aktuellen Sach- und Rechtslage.

2017 war eine Straßenlaterne mit Sträuchern und Bäumen der Beschwerdeführerin verwachsen. Das Aufforderungsschreiben enthielt die Wendung: „Sollten Sie dieser Aufforderung … nicht Folge leisten, müssen Sie damit rechnen, dass die MA 46 auf Ihre Kosten, das Zurückschneiden der Äste veranlassen wird.“

Seit 2019 ragen Pflanzen vom Grund der Beschwerdeführerin in die Fahrbahn und schränken die Sicht insbesondere im Kurvenverlauf ein und beeinträchtigen die Benützbarkeit der Fahrbahn mit zwei Fahrspuren. Das Aufforderungsschreiben gemäß § 91 StVO gewährt Parteiengehör und kündigt einen Bescheid gemäß § 91 StVO an, auf dessen Grundlage im Vollstreckungsverfahren die Ausästung der Fahrbahn auf Kosten der Beschwerdeführerin veranlasst werde.

Der Prozessgegenstand ist ein anderer als der des Erkenntnis‘ des VWG Wien vom 12. März 2018, weswegen das Erkenntnis für diesen Fall ohne Relevanz ist. Wegen des Einzelfalls wurden Rechtsbehelfe nicht erhoben.

Ein durch Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG bekämpfbarer Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen … und damit unmittelbar - dh ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen (VwGH 26. Juni 2018, Ra 2018/16/0054).

Stellen sich die Aufforderungen eines Verwaltungsorganes unter voller Berücksichtigung aller Begleitumstände nur als Einladung dar, die der Betroffene nach eigenem Gutdünken unerfüllt lassen kann, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass er deshalb unverzüglich - das heißt jedenfalls ohne Dazwischentreten weiterer Verwaltungsakte - physischem Zwang unterworfen würde, um den gewünschten Zustand zu erreichen, so handelt es sich um keinen Befehlsakt im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG. Es kommt dabei auf eine objektive Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen an, ob er im Falle seiner Weigerung unmittelbaren physischen Zwang zu gewärtigen hätte. VwGH 26. Juni 2018, Ra 2018/05/0184).

Der Rechtsbehelf der Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dient dem Zweck, eine Lücke im Rechtsschutzsystem zu schließen. Es sollten mit dieser Beschwerde aber nicht Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein und desselben Rechts geschaffen werden. Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein, wobei die Zulässigkeit dieser Beschwerde insbesondere auch nicht von der (ebenfalls längeren) Dauer des sonst zur Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehenden Verwaltungsverfahrens abhängt (VwGH 20. März 2019, Ra 2018/09/0090). Die Maßnahmenbeschwerde ist also subsidiär zum Verwaltungsverfahren, dass auf die Erlassung eines bescheidmäßigen Auftrags gerichtet ist.

Das Regime des § 91 StVO enthält weder eine Ermächtigung zur Ersatzvornahme noch eine Regelung zur Kostentragung. Gemäß §§ 91 iVm 100 StVO sind Aufforderungen zu Ausästungen im Verwaltungsverfahren (vgl. VwGH 14. Dezember 2012, 2012/02/0216 ua) in der Art von Bescheiden zu erlassen.

Laut dem als Maßnahme angefochtenem Schreiben vom 23. Oktober 2019 sind Beeinträchtigungen ehestens zu beseitigen, d.h. das Zurückschneiden der Sträucher und Hecken binnen 3 Wochen zu veranlassen. Ein weiterer Inhalt des Schreibens ist, dass andernfalls nach Erlassung eines Bescheides gemäß § 91 StVO eine zwangsweise Durchsetzung des Auftrags auf Kosten der Beschwerdeführerin erfolgen und Gelegenheit zum Parteiengehör gegeben werde.

Mit dem Bezug auf die Erlassung eines Bescheides gemäß § 91 StVO als Grundlage für die zwangsweise Durchsetzung der gesetzlichen Verpflichtung ist im Schreiben nach objektiven Gesichtspunkten und für jedermann eindeutig erkennbar dargelegt, dass die Sache in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen wird. Die Rechtsdurchsetzung kann mittels Beschwerde gegen den bescheidmässigem Auftrag gemäß § 91 StVO erfolgen. Sohin ist die Maßnahmenbeschwerde zurückzuweisen. Denn mit der Zulassung einer Maßnahmenbeschwerde würde eine Zweigleisigkeit der Rechtsverfolgung der subjektiven Rechte bei der Durchsetzung der Pflichten aus § 91 StVO eröffnet. Etwaige Rechtswidrigkeiten des Vorgehens der Behörde können im Beschwerdeverfahren gegen den § 91-Bescheid bekämpft werden.

Davon, dass in rechtsmissbräuchlicher Weise ein Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gesetzt worden sei, kann nicht gesprochen werden. Beim Durchlesen des Schreibens kann – wegen des Hinweises auf die Bescheiderlassung - keinesfalls der Eindruck entstehen, dass die Gefahr drohe, dass unmittelbar in subjektive Rechte eingegriffen werden, also das Ausästen auf Kosten der Beschwerdeführerin – ohne Dazwischentreten eines Bescheides - veranlasst werde.

Gegen drohende, somit erst allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt zu setzende Maßnahmen verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt kann eine solche Beschwerde nicht erhoben werden. Bloß in Aussicht genommenen und in Zukunft möglichen Maßnahmen ist bei jenen Behörden zu begegnen, von denen die befürchteten Maßnahmen zu setzen wären. (VwGH 29. November 2018, Ra 2016/06/0124). Gegen die zwangsweise Durchsetzung kann im Vollstreckungsverfahren vorgegangen werden.

Eine Beschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist zurückzuweisen, wenn der Beschwerdeführer durch die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten nicht verletzt sein konnte. Es genügt zwar bereits die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechts, doch muss diese gegenüber dem Beschwerdeführer wenigstens möglich sein, ansonsten die Beschwerde mangels Legitimation zurückzuweisen ist (VwGH 6. Juli 2016, Ra 2015/01/0037).

Wegen des Hinweises auf das Bescheidverfahren ist die Verletzung eines subjektiven Rechts gar nicht denkmöglich, weswegen die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Dazu kommt, dass sich eine Eigentümerin einer Liegenschaft über Pflichten aus dem Eigentum, etwa den Verkehrssicherungspflichten als auch denen aus § 91 StVO, zu informieren hat. Klar ist, dass die Fahrbahn zur Abwicklung des Verkehrs dient und Bäume, Büsche und Hecken nicht in die Fahrbahn insbesondere in Kurven ragen dürfen, damit die Sicht oder die Befahrbarkeit nicht eingeschränkt wird. Dass dies bis zu einer Höhe von 4,2 m gelten muss, ergibt sich aus der Höhe von KFZ bis 4 m. Die Beschwerdeführerin ist aus § 91 StVO als auch aus den Verkehrssicherungspflichten gesetzlich verpflichtet in die Fahrbahn überhängende Pflanzen rückzuschneiden, andernfalls Sie ein Verwaltungsstrafverfahren gemäß §§ 91 iVm 99 StVO bzw. den Auftrag zur Ausästung gemäß §§ 91 und 100 StVO zu gewärtigen hat.

Die Annahme der Beschwerdeführerin, sie könne einen Bescheid der Behörde abwarten, welche Pflanzen wo und wie zurückzuschneiden sind, ist unzutreffend Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Liegenschaftseigentümer den Pflichten entsprechen. Das Schreiben, dass Pflanzen zurückzuschneiden sind, weist im Grunde auf bestehende gesetzliche Verpflichtungen hin. Dadurch wird nicht eine neue Verpflichtung geschaffen.

Werden keine Befehle erteilt, Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, so liegt keine vor den Verwaltungsgerichten bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor (VwGH 20. Dezember 2016, Ra 2015/03/0048). Das Schreiben vom 23. Oktober 2019 ist nicht eine in subjektive Rechte eingreifende Maßnahme unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Vielmehr handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren gemäß § 91 StVO einleitendes Schreiben, dessen Inahlt in der Bescheidbeschwerde releviert werden kann.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass Gefahr im Verzug nicht gegeben sei, ist nicht relevant, da es sich um eine vorbeugende Maßnahme handelt (VwGH 8. Jänner 1964, 1947/63). Dass eine Verkehrsbeeinträchtigung nicht gegeben, die Örtlichkeit mit der ggü ON bzw. die Bäume, Sträucher und Hecken unzureichend beschrieben sind bzw. nicht auf Grund der Beschwerdeführerin stocken, kann im Parteiengehör geltend gemacht werden. Abschließend wird noch bemerkt, dass das Schreiben das Verwaltungsverfahren auf das gelindere Mittel Ausästen eingegrenzt hat, eine Aufforderung zum Entfernen der Bäume – wie von der Beschwerdeführerin behauptet, ist nicht ergangen.

Zu den unzutreffenden Verweisen auf das ABGB wird abschließend bemerkt: dass – wie behauptet - in den Luftraum von Nachbarn ragende Pflanzen Eigentum des Nachbarn sind, ist nicht in § 297 ABGB geregelt. § 297 ABGB behandelt Häuser und andere Gebäude mit dem in senkrechter Linie darüber befindlichen Luftraum. Vielmehr bleiben gemäß § 295 Satz 1 ABGB Gras, Bäume, … welche die Erde auf ihrer Oberfläche hervorbringt, so lange ein unbewegliches Vermögen, als sie nicht von Grund und Boden abgesondert worden sind. Auch ist in der Literatur zum „Recht auf Licht“ ABGB (Arno Engel, Licht und Schatten – Die Neuerungen im Nachbarrecht des ABGB … in immolex 2004, 36; Kissich, Pfurtscheller, Der Baum am Nachbargrund, ÖJZ 2004, 706 ff) festgehalten, dass gemäß dem Vorrang des Bundesrechts im § 364 Abs. 3 ABGB verwaltungsrechtliche Vorschriften dem Abwehranspruch vorgehen.

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 46 beantragt beim Verwaltungsgericht Wien die Maßnahmenbeschwerde der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückzuweisen allenfalls abzuweisen sowie als Aufwandersatz den von der Beschwerdeführerin zu leistenden Pauschalbetrag für den Ersatz des Vorlageaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei von 57,40 EUR sowie für diesen Schriftsatz den Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei von 368,80 EUR gemäß der VwG-AufwErsV in Verbindung mit § 35 VwGVG. Weiters wird zur Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht auch im Fall der Rückziehung ebenso ein Aufwandersatz der von der Beschwerdeführerin zu leistende Pauschalbetrag für den Ersatz des Vorlageaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei von 57,40 EUR sowie für diesen Schriftsatz den Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei von 368,80 EUR gemäß der VwG-AufwErsV in Verbindung mit § 35 VwGVG begehrt."

3. Die Gegenschrift wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnisnahme und allfälligen Stellungnahme übermittelt. Die Beschwerdeführerin machte nach erstreckter Frist von der ihr eingeräumten Möglichkeit Gebrauch.

1. Sachverhalt unrichtig und unvollständig

Die Stellungnahme der MA 46 enthält viele unrichtige Sachverhaltselemente:

?    Auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin befinden sich keine Hecken.

Beweis:      Lokalaugenschein vor Ort; PV und Zeugeneinvernahme des Vertreters der Beschwerdeführerin

?    Die D.-gasse ist entlang der Liegenschaft ON ... nicht zweispurig; aus eigener Erfahrung weiß aus der Beschwerdevertreter, dass lediglich die Ausweichstelle auf der Höhe des Hauses der D.-gasse ... in dem verfahrensgegenständlichen Bereich ein Vorbeifahren von zwei entgegenkommenden PKW möglich ist.

Beweis:      Lokalaugenschein vor Ort; PV und Zeugeneinvernahme des Vertreters der Beschwerdeführerin

?    Die Kurve der D.-gasse liegt nicht gegenüber der Liegenschaft ....

o    Der Bereich ist unrichtig. Es ist für die Beschwerdeführerin nicht ersichtlich, wo welche Sträucher zurückzuschneiden wären.

Beweis:      Lokalaugenschein vor Ort; PV und Zeugeneinvernahme des Vertreters der Beschwerdeführerin

?    Sträucher und Hecken sind nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht 4,2 m hoch, sodass der Beschwerdeführerin unklar ist, wie eine Rückschneideverpflichtung von Sträucher und Hecken bis zu einer Höhe von 4,2 m reichen kann.

Auch die belangte Behörde hat den bekämpften AuvBZ vom 23.10.2019 nicht als Verfahrenseinleitenden Akt gesehen.

?    Es folgte keine weitere Reaktion durch die Behörde auf die Informationen, die in der Maßnahmenbeschwerde enthalten sind. Hätte die belangte Behörde ein Verwaltungsverfahren führen wollen, so hätte sie zB.

o    Einen Lokalaugenschein mit der Beschwerdeführerin veranlassen können und

o    hätte dann das Verfahren eingestellt, da es keine Sträucher (und jedenfalls keine Hecken) auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin gibt, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen.

?    Die belangte Behörde hat es auch - als Reaktion auf den Inhalt der Beschwerde - insbesondere unterlassen,

o    mitzuteilen, genau welche Sträucher (Hecken sind keine Vorhanden) ihrer Ansicht nach von einer Verpflichtung zur Zurückschneiden umfasst sind.

o    das Verfahren einzustellen, da es keine Sträucher (und jedenfalls keine Hecken) auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin gibt, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen.

Beweis:      PV und Zeugeneinvernahme des Vertreters der Beschwerdeführerin;

              Beischaffung und Anschluss zum Gerichtsakt des Aktes zur GZ MA 46/ALLG/...  

2. Keine Sträucher oder Hecken, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen

Auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin gibt es keine Sträucher (Hecken gibt es dort überhaupt nicht.), die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen:

(Fotos nicht anonymisierbar)

Der auf dem unten eingefügten Foto ersichtliche Baum befindet sich nicht gegenüber der Liegenschaft D.-gasse ..., sondern in der Kurve nach dem Kreuzungsbereich der D.-gasse mit dem F.-weg und dem G.-weg. Wenn die belangte Behörde sich an diesem Baum stört, so ist zu beachten, dass er nicht verfahrensgegenständlich ist, da

?    Bäume ausgenommen sind (wohl weil eine Rodungsverpflichtung mit dem Wr. Baumschutzgesetz nicht in Einklang zu bringen ist),

?    der verfahrensgegenständliche Bereich lediglich gegenüber D.-gasse ... beschränkt ist und

?    lediglich Sträucher und Hecken verfahrensgegenständlichen sind.

?    

(Foto nicht anonymisierbar)

3. Voraussetzungen eines AuvBZ

Zu den Elementen von AuvBZ zählen nach stRsp und hM (Ennöckl, Die Maßnahmenbeschwerde an das Verwaltungsgericht, in Bergthaler/Grabenwarter (Hrsg), Musterhandbuch Öffentliches Recht, Rz 1; ecolex 2017, 466), dass er

(1)  von Verwaltungsorganen

(2)  durch ein aktives Handeln

(3)  im Bereich der Hoheitsverwaltung unter Inanspruchnahme von imperium

(4)  relativ verfahrensfrei,

(5)  unmittelbar, dh ohne die Notwendigkeit neuerlichen Handelns, und

(6)  normativ, dh entweder in Form eines Befehls oder durch Inanspruchnahme physischen Zwangs, gesetzt werden,

(7)  eine Außenwirksamkeit aufweisen und

(8)  sich an einen nach individuellen Merkmalen bestimmten Personenkreis richten.

Der angefochtene AuvBZ erfüllt alle aufgezählten Elemente.

a. Unmittelbarkeit

Die Aufforderung als Verpflichtung der Beschwerdeführerin ergibt sich aus der fetten und in übergroßen Buchstaben geschriebenen Überschrift:

AUFFORDERUNG GEM. § 91/1 StVO

Weiters ist der klare Wille der belangten Behörde der Beschwerdeführerin eine unmittelbare Handlungspflicht mit der Aufforderung aufzuerlegen aus dem Wortlaut, „EHESTENS“ tätig zu werden.

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Rechtsakt nicht als „Aufforderung zur Stellungnahme“ oder „Einleitung eines Verfahrens“ betitelt, sondern als Aufforderung gem. § 91/1 StVO. Objektiv ist der angefochtene Rechtsakt damit klar eine Anordnung, die – wenn sie rechtskräftig wird – Bindungswirkung für spätere Ersatzvornahmen entfaltet.

Da der angefochtene Rechtsakt inhaltlich unrichtig ist, war die Beschwerdeführerin gezwungen, diesen zu bekämpfen, da anderenfalls in allen weiteren Verfahren eine Bindung an diesen unrichtigen AuvBZ vorliegt und die Beschwerdeführerin die Unrichtigkeit einer Verpflichtung zum Zurückschneiden dem Grunde nach nicht mehr relevieren kann (Ra 2017/07/008).

Unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 91 Abs. 1 StVO 1960 (StVO) werden sich somit aufgefordert, die Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen ehestens zu beseitigen, d.h. das Zurückschneiden der Sträucher und Hecken ehestens zu veranlassen.

Die Handlungsaufforderung unter Fristsetzung wird ein weiters Mal wiederholt.

Sie werden aufgefordert, obige Maßnahmen innerhalb von 3 Wochen zu setzen

Die Beschwerdeführerin musste daher nach einer objektiven Auslegung der Aufforderung damit rechnen, dass– sollte sie keine Maßnahmenbeschwerde erheben und den angefochtenen AuvBZ rechtskräftig werden lassen – spätere verwaltungsbehördliche Ersatzvornahmen (ob in Form eines Bescheides oder eines AuvBZ) folgen würden. Die belangte Behörde bestätigt dieses Verständnis in Ihrer Stellungnahme vom 27.1.2020 mit ihren eigenen Worten:

Laut dem als Maßnahme angefochtenem Schreiben vom 23.Oktober 2019 sind Beeinträchtigungen ehestens zu beseitigen, d.h. das Zurückschneiden der Sträucher und Hekcen binnen 3 Wochen zu veranlassen.

Die belangte Behörde ist daher davon ausgegangen, dass die Reaktion der Beschwerdeführerin die Befolgung der Anordnung ist und das Zurückschneiden veranlasst hätte werden sollen. Die belangte Behörde bestätigt damit selbst, die Intention der Verbindlichkeit des angefochtenen Rechtsaktes. Ein späteres Uminterpretieren wegen der eingelangten Beschwerde ist nicht zulässig.

4. Zweistufiges Agieren der Verwaltung

Das Vorgehen der Verwaltung in derartigen Fällen ist typischerweise „zweistufig“ (vgl dazu nur Oberleitner/Berger, WRG³ § 31 Rz 23 unter Berufung auf die stRsp des VwGH), wobei es sich sowohl bei der Anordnung (VwGH 93/07/0126, 2009/07/0110; vgl auch VwGH 2011/07/0191) als auch der Durchführung auf Kosten der Verpflichteten (1 Ob 8/86 = SZ 59/111 = RIS-Justiz RS0053659 mit Hinweis auf VwGH ZfVB 1985/346; 1 Ob 56/98m = SZ 71/99 = RIS-Justiz RS0110310 ua) um getrennte Verwaltungsakte handelt (1 Ob 208/14s):

?    Im ersten Schritt erfolgt die Anordnung gegenüber dem Normunterworfenen.

?    Im zweiten Schritt erfolgt die Durchführung der Maßnahmen auf Kosten des Verpflichteten.

Beide Schritte sind je nach Formwahl der Behörde durch die Behörde als Bescheid oder AuvBZ einzuordnen.

5. Keine direkte Pflicht nach § 91 StVG ohne Aufforderung

Aus § 91 Abs 1 StVO ergibt sich – entgegen der Stellungnahme der belangten Behörde - keine unmittelbare und direkte Verkehrssicherungspflicht ohne Aufforderung durch die Behörde. § 91 Abs 1 StVO lautet wörtlich:

Die Behörde hat die Grundeigentümer aufzufordern, Bäume, Sträucher, Hecken und dergleichen, welche die Verkehrssicherheit, insbesondere die freie Sicht über den Straßenverlauf oder auf die Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs oder welche die Benützbarkeit der Straße einschließlich der auf oder über ihr befindlichen, dem Straßenverkehr dienenden Anlagen, z. B. Oberleitungs- und Beleuchtungsanlagen, beeinträchtigen, auszuästen oder zu entfernen.

Entgegen der unrichtigen Stellungnahme der MA 46 und nach dem klaren Wortlaut sieht § 91 StVO sieht keine Pflicht der Normunterworfenen vor, ohne einer Aufforderung der der Behörde tätig zu werden. Eine Pflicht des Normunterworfenen ohne Einschreiten der Behörde tätig zu werden, würde bedeuten, dass

?    der Normunterworfene selber einschätzen muss, ob eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit vorliegt,

?    was zu einer Haftung des Normunterworfenen bedeuten würde, wenn die Einschätzung der Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit unrichtig getroffen würde,

?    was dem Normunterworfenen mangels ausreichender Fachkenntnis idR nicht zugemutet werden kann.

Der vorliegende Fall zeigt trefflich, dass es der Beschwerdeführerin nicht klar ist, welche Sträucher (Hecken gibt es im verfahrensgegenständlichen Bereich nicht.) zurückzuschneiden wären.

§ 91 StVO sieht genau eine Anordnung der Behörde vor und keine direkte Pflicht der Normunterworfenen ohne eine derartige Aufforderung.

6. Bindung an AuvBZ

Hat der Verpflichtete den zugrunde liegenden Verwaltungsakt unbekämpft gelassen, ist von dessen Rechtmäßigkeit auszugehen und liegt im Kostenersatzverfahren eine Bindung daran vor, die eine selbständige Beurteilung ausschließt (RS0128268).

Ohne die vorliegende Anfechtung wäre der angefochtenen AuvBZ in Rechtskraft erwachsen und ein bindender Verwaltungsakt geworden, der auch im späteren Verfahren etwa wegen der Ersatzvornahme auf Kosten der Beschwerdeführerin oder in Kostenersatzverfahren nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (1 Ob 203/12p = RIS-Justiz RS0128268; VwGH, 96/07/0106; 1 Ob 208/14s) dem Grunde nach nicht mehr in Frage stellen werden kann.

7. Ersatzvornahme auf Kosten der Beschwerdeführerin mit Bescheid

Der angefochtene Rechtsakt drohte klar die Ersatzvornahme auf Kosten der Beschwerdeführerin an. Unerheblich ist, dass die belangte Behörde ankündigte, dass Sie für diese Ersatzvornahme die Form eines Bescheides und nicht in der Form eines AuVBZ wählen möchte. Klar ist, dass die Ersatzvornahme auf Kosten der Beschwerdeführerin der zweite rechtlich erforderliche Schritt im Sinne des zweistufigen Agierens der Verwaltung ist, bei dem eine Bindung an den nun angefochtenen Rechtsakt im Fall seiner Rechtskraft bestehen würde. Die Beschwerdeführerin und jeder objektive Leser des angefochtenen Rechtsaktes konnte diesen nur so verstehen.

Auch subjektiv fühlte sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Rechtsakt in ihrer Dispositionsfreiheit eingeschränkt, sodass Sie Auftrag zu dieser Beschwerde gab.

Beweis:      PV und Zeugeneinvernahme des Vertreters der Beschwerdeführerin

A. B.“

4. Einsicht genommen wurde in den Akt des Verwaltungsgerichtes Wien VGW-102/013/14355/2017.

5. Aufgrund der unbedenklichen und unbestrittenen Aktenlage, insbesondere der von den Parteien vorgelegten Schriftsätze und Unterlagen, wird in der Beschwerdesache folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Gegenüber der Beschwerdeführerin erging die oben unter Punkt I.2. wiedergegeben Aufforderung gemäß § 91 Abs. 1 StVO der belangten Behörde. Diese wurde der Beschwerdeführerin mit beginnender Abholfrist am 31.10.2019 durch Hinterlegung bei der Poststelle ... zugestellt.

II.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen (§ 28 Abs. 6 VwGVG).

Eine öffentliche mündliche Verhandlung hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen durchzuführen. Die Verhandlung kann jedoch u.a. entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 1 und 2 Z 1 VwGVG).

2. Die im Beschwerdeverfahren relevante Bestimmung der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO. 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 77/2019, und in der Fassung der Kundmachung, BGBl. I Nr. 113/2019, lautet auszugsweise:

§ 91. Bäume und Einfriedungen neben der Straße.

(1) Die Behörde hat die Grundeigentümer aufzufordern, Bäume, Sträucher, Hecken und dergleichen, welche die Verkehrssicherheit, insbesondere die freie Sicht über den Straßenverlauf oder auf die Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs oder welche die Benützbarkeit der Straße einschließlich der auf oder über ihr befindlichen, dem Straßenverkehr dienenden Anlagen, z. B. Oberleitungs- und Beleuchtungsanlagen, beeinträchtigen, auszuästen oder zu entfernen.

(2) bis (5) (…)“

3.1. Die Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt regelt § 35 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, welcher lautet:

„§ 35.

(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2)

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten