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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1991 §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des T, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landhausgasse 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Oktober 1997, Zl. SD 886/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. Oktober 1997 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer, der am 23. Juli 1995 nach Österreich eingereist sei, habe einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid vom 11. März 1996, rechtswirksam erlassen am 14. März 1996, abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe dagegen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Dieser Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung mit der Maßgabe zuerkannt worden, daß dem Beschwerdeführer die Rechtsstellung zukomme, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Asylbescheides gehabt habe. Da der Beschwerdeführer über Ungarn nach Österreich eingereist sei, dort vor Verfolgung sicher gewesen und ihm auch nicht die Einreise gemäß § 6 Abs. 2 des Asylgesetzes (iVm § 37 des FrG) gestattet worden sei und er somit nie über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 des Asylgesetzes 1991 verfügt habe, habe ihm die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eine solche Berechtigung auch nicht verschaffen können.
Da der Beschwerdeführer somit weder im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 des Asylgesetzes 1991 gewesen sei noch über eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt habe, sei die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG gegeben. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden die Ausweisung zu verfügen, sofern dem nicht § 19 leg. cit. entgegenstehe.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so sei aufgrund der illegalen Einreise und des zwar tolerierten, aber rechtswidrigen Aufenthalts von keiner relevanten Integration des Beschwerdeführers auszugehen. Familiäre oder sonstige Bindungen des Beschwerdeführers bestünden im Bundesgebiet ebenfalls nicht. Die Bindung des Beschwerdeführers zu seinem in Österreich lebenden Onkel wäre nur dann relevant, wenn der Beschwerdeführer mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt lebte, was von ihm jedoch nicht behauptet worden sei. Mangle es an einem im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff, so bedürfe es keiner Prüfung, ob die Ausweisung nach dieser Bestimmung dringend geboten sei.
Was das auf die Lage in seinem Heimatland bezugnehmende Vorbringen in der Berufung anlange, so verkenne der Beschwerdeführer, daß im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung von der Behörde nicht auf eine dort allenfalls bestehende Gefährdungs- und/oder Bedrohungssituation im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG Bedacht zu nehmen sei. Zur Prüfung dieser Frage stehe vielmehr ein eigenes Verfahren zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat gemäß § 54 FrG zur Verfügung.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, er sei im Hinblick auf den hg. Beschluß (nach Ausweis des Verwaltungsaktes vom 14. Mai 1996), mit dem seiner gegen den ihm Asyl versagenden Bescheid eingebrachten Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Dies deshalb, weil ihm im Asylverfahren eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 des Asylgesetzes 1991 zugekommen sei und ihm nach der Erlassung des hg. Beschlusses die Rechtsstellung zukomme, die er vor der Erlassung des negativen Asylbescheides gehabt habe. Entgegen der Behörde sei der Beschwerdeführer in Ungarn nämlich nicht "vor Verfolgung sicher" gewesen. Es sei bekannt, daß dieser Staat Flüchtlingen aus der Türkei kein Asyl gewähre, Asylwerber aus der Türkei würden "außereuropäischen Flüchtlingen gleichgestellt", weiters verfüge Ungarn über "kein Asylgesetz in Durchführung der Genfer Flüchtlingskonvention". Da der Beschwerdeführer in Ungarn nicht vor Verfolgung sicher gewesen sei, sei er nach Österreich eingereist, um hier Asyl zu beantragen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 14. Mai 1996, AW 96/01/0313, ausgesprochen, daß dem Antrag des Beschwerdeführers, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. März 1996 erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit der Wirkung stattgegeben werde, "daß dem Antragsteller die Rechtsstellung zukommt, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte". Mit diesem Beschluß hätte daher für die Dauer der Anhängigkeit des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens für den Beschwerdeführer nur dann ein Aufenthaltsrecht begründet werden können, wenn er bereits vor Erlassung des besagten Bescheides ein solches - nach Lage des Falles käme nur ein asylrechtliches vorläufiges Aufenthaltsrecht in Betracht - gehabt hätte.
Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 kommt (nur) jenen Asylwerbern zu, die außer der Voraussetzung der rechtzeitigen Stellung eines Asylantrages auch die Voraussetzung des § 6 leg. cit. erfüllen. Letzteres trifft aber im Fall des Beschwerdeführers nicht zu.
Der Beschwerdeführer ist nach der - seinen eigenen Angaben folgenden - (und somit unbestrittenen) Feststellung der belangten Behörde von Ungarn kommend und somit nicht direkt aus dem Staat (Türkei) eingereist, in dem er behauptet Verfolgung befürchten zu müssen (§ 6 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991). Daß der Beschwerdeführer in Ungarn nicht vor Verfolgung sicher gewesen wäre und er daher im Grunde des § 37 FrG nicht in diesen Staat, aus dem er (unbestritten) "direkt" eingereist ist, zurückgewiesen hätte werden dürfen (§ 6 Abs. 2 des Asylgesetzes 1991), hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet; sein diesbezüglich erstmals in seiner Beschwerde erstattetes Vorbringen stellt daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).
Da der Beschwerdeführer im Asylverfahren bis zu dessen rechtskräftigem Abschluß keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 hatte, vermochte ihm eine solche auch der genannte hg. Beschluß nicht zu verschaffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1998, Zl. 96/18/0590, mwH).
Vor diesem Hintergrund bestehen gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich zukomme, keine Bedenken.
3. Ebenfalls unbekämpft läßt die Beschwerde die Beurteilung der belangten Behörde im Grunde des § 19 FrG.
Gegen das Ergebnis dieser Beurteilung, daß § 19 FrG der vorliegenden Ausweisung nicht entgegensteht, besteht kein Einwand. Die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers und eine daraus (allenfalls) abzuleitende Integration sind nicht so stark ausgeprägt, daß sie schwerer zu gewichten gewesen wären als die gravierende Verletzung des aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH), die durch den zur Gänze unberechtigten Aufenthalt des Beschwerdeführers bewirkt wurde.
4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997180606.X00Im RIS seit
20.11.2000