TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/21 97/11/0388

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Veröffentlicht am 21.04.1998
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §67 Abs2;
KFG 1967 §75 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. O in G, vertreten durch Dr. Held & Berdnik, Rechtsanwaltskanzlei Graz KEG, Graz, Schlögelgasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. November 1997, Zl. 11 - 39 Ho 22 - 97, betreffend Aufforderung gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der (im Jahr 1911 geborene) Beschwerdeführer gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, sich binnen einer Woche ab Rechtskraft des Bescheides durch den Amtsarzt der Erstbehörde untersuchen zu lassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Erstbehörde habe sich auf eine Anzeige vom 7. Juni 1997 gestützt, wonach der Beschwerdeführer an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt gewesen und sodann ohne Anhalten weggefahren sei. Aufgrund dieses Sachverhaltes habe die belangte Behörde eine gutächtliche Äußerung der ärztlichen Amtssachverständigen darüber eingeholt, ob beim Beschwerdeführer Bedenken hinsichtlich der Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung bestünden.

In ihrem Schreiben vom 1. Oktober 1997 habe die ärztliche Amtssachverständige ausgeführt, wenn es den Tatsachen entspreche, daß der Beschwerdeführer einen Sachschaden verursacht und diesen nicht wahrgenommen habe, sei der "Verdacht auf ein fragliches Sinnesdefizit medizinischerseits gerechtfertigt". Aufgrund des fortgeschrittenen Lebensalters des Beschwerdeführers seien entsprechende Sinnesdefizite "im Bereich der medizinischen Möglichkeiten".

Mit dieser Stellungnahme stimme die belangte Behörde überein. Die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner dazu abgegebenen Stellungnahme, daß er keinen Schaden verursacht habe und viele Jahrzehnte straffrei und unfallfrei Kraftfahrzeuge gelenkt habe, könnten "keine Entlastung im Gegenstande bringen".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Sache nach Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 ist vor der Entziehung der Lenkerberechtigung wegen mangelnder geistiger oder körperlicher Eignung ein neuerliches ärztliches Gutachten gemäß § 67 Abs. 2 einzuholen. Leistet der Besitzer einer Lenkerberechtigung einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, u.a. sich ärztlich untersuchen zu lassen, keine Folge, so ist ihm die Lenkerberechtigung zu entziehen.

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach dieser Bestimmung ist ein anhängiges Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung, was wiederum voraussetzt, daß begründete Bedenken in der Richtung bestehen, die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung seien nicht mehr gegeben (§ 75 Abs. 1 KFG 1967). Die belangte Behörde stützt ihre Bedenken allein auf die Stellungnahme der ärztlichen Amtssachverständigen vom 1. Oktober 1997. Diese Stellungnahme ist aber deshalb nicht geeignet, begründete Bedenken im dargestellten Sinn zu rechtfertigen, weil sie einen Sachverhalt voraussetzt, den der Beschwerdeführer stets bestritten und zu dem die belangte Behörde keine Ermittlungen durchgeführt und keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen hat. Nur dann, wenn die belangte Behörde als erwiesen annehmen kann, daß der Beschwerdeführer den in der Anzeige vom 7. Juni 1997 genannten Sachschaden verursacht und dies nicht bemerkt hat, wären der in der ärztlichen Stellungnahme vom 1. Oktober 1997 genannte Verdacht betreffend ein reduziertes Wahrnehmungsvermögen des Beschwerdeführers und damit Bedenken hinsichtlich seiner körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gerechtfertigt.

Da nach dem Gesagten der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997110388.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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