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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §12 Abs6 litc idF 1993/817;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des H in B, vertreten durch Dr. Ekardt Blahut, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schulerstraße 1-3, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 30. Juni 1995, Zl. IVc 7022/7100 B, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid widerrief die belangte Behörde gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) die dem Beschwerdeführer für die Zeit vom 1. Jänner 1994 bis 31. Oktober 1994 gewährte Notstandshilfe. Gleichzeitig wurde der aus dem Widerruf resultierende Übergenuß an Notstandshilfe in der Höhe von S 65.155,-- gemäß § 38 iVm § 25 Abs. 1 AlVG zum Rückersatz vorgeschrieben.
Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer seit 1. Februar 1993 "gewerberechtlich" versichert und laut Firmenbuch handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH, an der er mit 25 % beteiligt sei. Laut Schreiben vom 23. Februar 1995 habe der Umsatz dieser Gesellschaft für das Wirtschaftsjahr 1994 S 4,964.727,-- betragen. Gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG ergebe sich daraus für den streitgegenständlichen Zeitraum ein monatlicher Umsatz aufgrund der selbständigen Erwerbstätigkeit in der Höhe von S 11.481,--. Dieser Betrag übersteige die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG (für das Jahr 1994: S 3.288,-- monatlich). Die Notstandshilfe sei daher für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Oktober 1994 zu widerrufen gewesen. Da der Beschwerdeführer den Bezug der Leistung durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt habe, sei er zum Rückersatz der bezogenen Leistungen zu verpflichten gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.
Gemäß § 12 Abs. 3 lit. b AlVG ist nicht arbeitslos, wer selbständig erwerbstätig ist.
Gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG idF der am 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen Novelle BGBl. Nr. 817/1993 gilt jedoch als arbeitslos, wer selbständig erwerbstätig ist und im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit einen Umsatz erzielt, von dem 11,1 % die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt.
Gemäß § 12 Abs. 9 AlVG idF dieser Novelle wird der Umsatz gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG aufgrund des Umsatzsteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wird, festgestellt. Als monatlicher Umsatz gilt bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahresumsatzes, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit der anteilsmäßige Umsatz in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorlag.
Die Anknüpfung des § 12 Abs. 9 AlVG an den Umsatzsteuerbescheid bedeutet, daß der Bezieher von Arbeitslosengeld und jene Person ident sein müssen, die als Unternehmer Adressat des Umsatzsteuerbescheides ist (vgl. das Erkenntnis vom 11. Februar 1997, Zl. 96/08/0272).
Adressat des Umsatzsteuerbescheides ist nach den Feststellungen der belangten Behörde jedoch die GmbH und nicht der Beschwerdeführer. Eine Rechtsgrundlage dafür, die Umsätze der GmbH für Zwecke der Arbeitslosenversicherung ihrem Geschäftsführer (bzw. einem Gesellschafter) zuzurechnen, läßt sich dem Arbeitslosenversicherungsgesetz nicht entnehmen.
Da sich schon aus diesem Grund der Widerruf des Leistungsbezuges des Beschwerdeführers auf dem Boden der Feststellungen der belangten Behörde als rechtswidrig erweist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf die Frage einer allfälligen Rückforderung einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995080226.X00Im RIS seit
18.10.2001