TE Vwgh Beschluss 2020/3/24 Ra 2019/01/0194

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Veröffentlicht am 24.03.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/01/0295Ra 2019/01/0296Ra 2019/01/0297Ra 2019/01/0298

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision 1. des M I alias A,

2. der Z H, 3. des A I alias A, 4. der D I alias A, 5. des A I alias A, alle in Innsbruck, alle vertreten durch Dr. Max Kapferer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. April 2019, Zlen. 1. G306 2181384-1/15E (hg. protokolliert zu Ra 2019/01/0194), 2. G306 2181386-1/15E, 3. G306 2181377-1/15E,

4. G306 2181381-1/15E und 5. G306 2181379-1/20E (hg. protokolliert zu Ra 2019/01/0295 bis 0298), betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber und die Zweirevisionswerberin sind miteinander verheiratet und die Eltern des Dritt- und Fünftrevisionswerbers sowie der Viertrevisionswerberin. Die Revisionswerber, alle irakische Staatsangehörige, stellten am 31. Dezember 2015 Anträge auf internationalen Schutz, die mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 30. November 2017 vollinhaltlich abgewiesen wurden. Zudem erteilte das BFA den Revisionswerbern keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ jeweils Rückkehrentscheidungen gegen sie, stellte fest, dass die Abschiebung der Revisionswerber in den Irak zulässig sei, und setzte eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise fest.

2 Die dagegen von den Revisionswerbern erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

3 Das Erkenntnis wurde der bevollmächtigten Vertreterin der Revisionswerber am 2. Mai 2019 zugestellt. Ausschließlich der Erstrevisionswerber beantragte innerhalb der offenen Revisionsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung einer außerordentlichen Revision. Der Antrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 2019, Ra 2019/01/0194-2, dem Erstrevisionswerber am 26. Juni 2019 zugestellt, abgewiesen. Die übrigen Revisionswerber stellten keine Verfahrenshilfeanträge, erhoben jedoch gemeinsam mit dem Erstrevisionswerber die vorliegende, am 26. Juli 2019 beim BVwG elektronisch eingebrachte, außerordentliche Revision. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Werden Verfahrensmängel - wie hier Feststellungs- und Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargetan werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen (vgl. etwa VwGH 28.1.2020, Ra 2020/01/0003, Rn. 7, mwN). Die Revision wird diesen Anforderungen mit dem weitgehend allgemein gehaltenen Vorbringen betreffend fehlender "wesentlicher Feststellungen" sowie fehlender Länderinformationen zur individuellen Lage der Revisionswerber im Falle ihrer Rückkehr in den Irak nicht gerecht. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang von einer besonderen Vulnerabilität der Revisionswerber als "gemischt religiöse, mehrheitlich sunnitische Familie", die sich "im Falle der Rückkehr an niemanden mehr wenden" könne, weil "die Bürgen für die Freilassung der Kinder nun ebenfalls zu Feinden der Familie geworden" seien, ausgeht, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt (vgl. zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bei einer Entfernung vom festgestellten Sachverhalt etwa VwGH 28.6.2018, Ra 2018/19/0266, mwN). Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen setzte sich das BVwG entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision sehr wohl mit der individuellen Situation der Revisionswerber im Falle ihrer Rückkehr in den Irak auseinander. Inwiefern diese Beurteilung "in absolutem Widerspruch" zu den Länderfeststellungen zur Lage von Frauen und Kindern im Irak steht, vermag die Revision nicht konkret darzulegen.

8 Soweit sich das Zulässigkeitsvorbringen der Revision gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 23.1.2020, Ra 2019/01/0140, Rn. 8, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung des BVwG wird im Zulässigkeitsvorbringen nicht dargelegt.

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher bereits deshalb hinsichtlich sämtlicher Revisionswerber zurückzuweisen, sodass es sich erübrigt, auf eine allfällige Versäumung der Revisionsfrist in Bezug auf die Zweit- und Viertrevisionswerberin sowie den Dritt- und Fünftrevisionswerber näher einzugehen.

Wien, am 24. März 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019010194.L00

Im RIS seit

03.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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