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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache der X Y, vertreten durch Mag. Martin Sauseng, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. November 2019, W242 2194552- 1/12E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige des Iran, stellte am 30. März 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den sie zusammengefasst damit begründete, sich im Iran "über eine Freundin" dem Christentum zugewandt zu haben. Als diese festgenommen worden sei, sei sie aus Angst davor geflüchtet, ebenfalls verhaftet zu werden.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 28. März 2018 ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die Revisionswerberin eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Iran zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die von der Revisionswerberin dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 BVG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst ins Treffen geführt, das BVwG sei bei der Beweiswürdigung betreffend die Konvertierung der Revisionswerberin von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Das Bundesverwaltungsgericht habe zwar den Seelsorger, der die Revisionswerberin betreue, als Zeugen vernommen, dessen umfangreichen Angaben aber nicht einmal ansatzweise einer beweiswürdigenden Auseinandersetzung unterzogen. Bei Berücksichtigung seiner Aussagen hätte die Entscheidung anders ausfallen können.
8 Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an (vgl. VwGH 4.12.2019, Ra 2019/14/0472; 28.8.2019, Ra 2019/14/0129, mwN), die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand der vorliegenden Beweismittel, wie etwa einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 4.2.2020, Ra 2020/14/0002, mwN). 10 Das BVwG hat eine Verhandlung durchgeführt, in der es sich einen persönlichen Eindruck von der Revisionswerberin verschaffte sowie einen Vertreter aus der Kirchengemeinde der Internationalen Baptistengemeinde Graz als Zeugen zum Taufunterricht und Glaubensleben der Revisionswerberin vernahm. Das BVwG ist mit näherer Begründung zum Ergebnis gekommen, dass die Angaben zum von der Revisionswerberin behaupteten fluchtauslösenden Ereignis, nämlich die Festnahme einer Freundin im Zuge von Missionstätigkeiten, sowie zu einer bereits im Iran erfolgten Hinwendung zum Christentum unglaubwürdig seien. Dabei stützte sich das BVwG in seinen beweiswürdigenden Erwägungen auf die lediglich detailarmen und oberflächlichen Angaben der Revisionswerberin zu den behaupteten Ereignissen, der mangelnden Nachvollziehbarkeit der persönlichen Motivlage zu einem Glaubenswechsel sowie aufgezeigter Widersprüchlichkeiten. Die Revisionswerberin habe aber auch eine Konversion aus innerer Überzeugung in Österreich trotz der erfolgten Taufe und der von ihr nach außen hin gesetzten religiösen Aktivitäten nicht glaubhaft machen können, was das BVwG damit begründete, dass die Revisionswerberin nicht in der Lage gewesen sei, wesentliche Grundlagen des christlichen Glaubens bzw. Besonderheiten ihrer Konfession zu nennen. Vielmehr habe die Revisionswerberin aufgrund der behaupteten "Ferntrauung", der Art ihrer Einreise - die Revisionswerberin war mit einem als gestohlen gemeldeten Reisepass unterwegs - und der behaupteten Konversion den Anschein erweckt, dass die Hochzeit mit ihrem in Österreich aufhältigen Ehemann bereits seit längerer Zeit geplant gewesen sei und sie lediglich deshalb einen Asylantrag gestellt habe, um bei diesem bleiben zu können. Dies werde auch durch den Umstand untermauert, dass die Revisionswerberin ihre Dokumente im Iran bereits in den Jahren 2014 und 2015 in die deutsche Sprache habe übersetzen lassen und sich noch im Dezember 2015 im Iran einen internationalen Führerschein habe ausstellen lassen. Eine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
11 Wenn die Revision eine mangelnde Auseinandersetzung mit der Aussage des vernommenen Zeugen rügt, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach es nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. VwGH 21.2.2020, Ra 2019/14/0513, mwN). Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 22.1.2020, Ra 2019/14/0591, mwN). Mit den allgemein gehaltenen Ausführungen in der Zulassungsbegründung, die Entscheidung des BVwG hätte bei Berücksichtigung der Aussagen "anders im Sinne der Gewährung von internationalem Schutz ausfallen können", wird die Revision diesen Anforderungen nicht gerecht, zumal das BVwG seiner Entscheidung ohnehin die vom Zeugen geschilderten Aktivitäten der Revisionswerberin zugrunde legte. Wenn die Revision ins Treffen führt, dass der Zeuge angegeben habe, dass er im konkreten Fall nicht davon ausgehe, dass die Revisionswerberin den Religionswechsel nur zur Erlangung von Asyl vorgenommen habe, ist zu entgegnen, dass der Zeuge dies mit ihrer Zuwendung zum Christentum bereits im Iran begründete. Allerdings erachtete das BVwG - wie bereits ausgeführt - dies mit näherer Begründung als unglaubwürdig. Diese Erwägungen greift die Revision aber nicht substantiiert an.
12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 26. März 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019140620.L00Im RIS seit
19.05.2020Zuletzt aktualisiert am
19.05.2020