Index
L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag NiederösterreichNorm
AVG §8Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/05/0096Ra 2019/05/0097Ra 2019/05/0098Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. des F K, 2. der C B, 3. der B B und 4. der E H, alle in A, alle vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 30. Jänner 2018, LVwG-AV-632/001-2017, LVwG-AV-633/001-2017, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben gemäß der NÖ BO 2014 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Bezirkshauptmannschaft Krems; mitbeteiligte Partei: K S in S), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird in ihrem Anfechtungsumfang betreffend die baurechtliche Bewilligung zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Darin ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Dieser ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 22.1.2019, Ra 2018/05/0272, mwN).
5 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems (im Folgenden: Bezirkshauptmannschaft) vom 14. April 2017 wurden dem Mitbeteiligten unter Spruchpunkt I. die gewerbebehördliche Genehmigung und unter Spruchpunkt II. gemäß § 1 NÖ Bau-Übertragungsverordnung sowie § 14 Z 1 und § 23 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage (Garage für Müllwägen) an einem näher bezeichneten Standort jeweils unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (unter Spruchpunkt I.) die von den Revisionswerbern gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde als unbegründet abgewiesen und (unter Spruchpunkt II.) eine ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.
7 In Bezug auf die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) im Wesentlichen (u.a.) aus, dass der Projektbeschreibung des Bauansuchens zufolge beabsichtigt sei, auf dem (näher bezeichneten) Grundstück Nr. 184 eine Einstellhalle für LKW samt Nebengebäuden und überdachte Geräteabstellplätze samt Nebengebäuden sowie Außenanlagen in Form einer Einfriedung des Grundstückes zu errichten und in der Folge zu betreiben (Müllabfuhrbetrieb), und dass die Revisionswerber, deren Liegenschaften unmittelbar an das Baugrundstück angrenzten, (auch) Nachbarn im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 NÖ BO 2014 seien. Das Baugrundstück liege nach dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan im "Bauland-Kerngebiet". Soweit die Revisionswerber im Hinblick auf die Bestimmung des § 52 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG die Befassung des nichtamtlichen Sachverständigen DI K. zu Fragen der Raumordnungskonformität und des Ortsbildschutzes als unzulässig erachteten und mit dem Hinweis auf die im Verfahren vorgelegte gutachterliche Stellungnahme des gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen DI L. die Einholung eines Obergutachtens verlangten, sei diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass davon keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn und somit keine Rechte der Revisionswerber betroffen seien. Vielmehr sei darauf zu verweisen, dass in Bauverfahren, die aufgrund der NÖ Bau-Übertragungsverordnung auf die Bezirksverwaltungsbehörde übertragen seien, die Gemeinde Parteistellung habe und berechtigt sei, die Einhaltung der von ihr wahrzunehmenden öffentlichen Interessen hinsichtlich der Raumordnung (Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan) und des Orts- und Landschaftsbildes im Verfahren geltend zu machen und gegebenenfalls Beschwerde an das Verwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Aus diesem Grund sei auch das weitergehende Beschwerdevorbringen, wonach das Verfahren mangels Einholung einer Stellungnahme von ICOMOS (International Council on Monuments and Sites) zur Welterbekompatibilität des Projektes aufgrund der UNESCO Welterbe-Konvention (Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt, BGBl. Nr. 60/1993) mangelhaft geblieben sei, nicht geeignet, damit eine Verletzung von subjektivöffentlichen Rechten im Sinne des § 6 Abs. 2 NÖ BO 2014 darzutun. 8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die bereits zum Teil - nämlich im Anfechtungsumfang betreffend die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung - mit Beschluss VwGH 26.6.2019, Ra 2019/04/0060 bis 0063, zurückgewiesen wurde.
9 Die Bezirkshauptmannschaft und der Mitbeteiligte haben keine Revisionsbeantwortung erstattet.
10 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) in Bezug auf den Anfechtungsumfang betreffend die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung im Wesentlichen vor, die Revisionswerber hätten den allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen DI L. mit einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragt, dessen Gutachten vom 30. Jänner 2017 auch vorgelegt worden sei. Dieser komme zu dem eindeutigen Ergebnis, dass aufgrund der örtlichen Befundaufnahme und seiner technischen Beurteilung das vom Mitbeteiligten geplante Vorhaben "Errichtung einer Einstellhalle für LKW in der Widmung Bauland Kerngebiet" nicht zulässig sei. Auch aufgrund der Tatsache, dass die Schallbelastung durch das eingereichte Projekt zunehme und damit die gesetzlichen Richtwerte überschritten würden, sei dieses Projekt am geplanten Standort unzulässig. Die Revisionswerber seien daher dem verfahrensgegenständlichen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, obwohl der vom Gericht bestellte Sachverständige DI K. jedenfalls als befangen zu qualifizieren sei. Das Verwaltungsgericht habe dies jedoch ignoriert und sich nicht mit den widersprüchlichen Gutachten auseinandergesetzt bzw. ein (offenbar gemeint: kein) drittes Gutachten eingeholt.
11 Damit stellt die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar:
12 Entgegen diesem Vorbringen hat sich das Verwaltungsgericht mit dem von den Revisionswerbern (in ihrer Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid) gestellten Begehren auf Einholung eines dritten Gutachtens ("Obergutachten") auseinandergesetzt, wobei es diesem Begehren mit der Begründung nicht entsprochen hat, dass diesbezüglich keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn und somit keine Rechte der Revisionswerber betroffen seien. Dass diese Beurteilung des Verwaltungsgerichtes rechtlich unzutreffend sei, wird in der Zulassungsbegründung der Revision nicht dargelegt.
13 Abgesehen davon ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wie auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht ausreicht (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 25.6.2019, Ra 2019/05/0079, mwN). 14 Hiebei kommt einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden muss. So läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung etwa im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes - zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist - nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. nochmals VwGH 25.6.2019, Ra 2019/05/0079, mwN).
15 Diesen Erfordernissen wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision unter Punkt 2.2. mit dem bloßen - allgemeinen - Hinweis der Revisionswerber auf nach Datum und Zahl angeführte hg. Entscheidungen nicht entsprochen, zumal sich diese Entscheidungen dem Revisionsvorbringen zufolge auf die behauptete Verletzung von Ermittlungspflichten und Feststellungsmängel, nicht jedoch auf die vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung, dass den Revisionswerbern kein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Flächenwidmung zukomme, beziehen.
16 Wenn die Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung die Unbefangenheit des nichtamtlichen Sachverständigen DI K. in Zweifel ziehen, weil dieser im Rahmen der Projekteinreichung des Mitbeteiligten eine Stellungnahme zur Raumordnungskonformität abgegeben habe, so ist diesem Vorbringen zu erwidern, dass- wie oben bereits ausgeführt - einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden muss (vgl. dazu auch VwGH 28.5.2019, Ra 2018/05/0195, mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht gerecht, zumal in ihr nicht aufgezeigt wird, inwieweit die Beiziehung eines anderen Sachverständigen zu einem für die Revisionswerber günstigeren Ergebnis geführt hätte. 17 Dem weiteren Revisionsvorbringen in der Zulässigkeitsbegründung, dass das gegenständliche Bauvorhaben dem zu schützenden Ortsbild widerspreche, ist zu erwidern, dass den Nachbarn mangels Aufzählung im taxativen Katalog des § 6 Abs. 2 NÖ BO 2014 kein Mitspracherecht hinsichtlich der in § 56 NÖ BO 2014 geregelten Aspekte der Ortsbildgestaltung zukommt (vgl. etwa das zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach der NÖ BauO 1996 ergangene Erkenntnis VwGH 12.6.2012, 2009/05/0101, mwN). Abgesehen davon kann, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat (vgl. etwa VwGH 3.10.2013, 2012/09/0075), aus den Artikeln 4 und 5 der UNESCO Welterbe-Konvention niemand ein subjektives Recht ableiten, weil diese nicht "self-executing" sind und nur Verpflichtungen der Mitgliedstaaten normieren. 18 Mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 30. März 2020
Schlagworte
Baurecht NachbarMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019050095.L00Im RIS seit
18.05.2020Zuletzt aktualisiert am
18.05.2020