TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/18 I416 2192601-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.11.2019
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Entscheidungsdatum

18.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I416 2192601-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH, Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH, p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1040 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.10.2019, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF wirdXXXX der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Burundi zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 idgF wird XXXXeine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.

IV. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte III., IV., V. und VI. ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ein Staatsangehöriger von Burundi wurde am 25.10.2017 aufgrund des Dubliner Übereinkommens von Schweden nach Österreich überstellt und stellte dieser am Flughafen Schwechat einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 27.10.2017, gab er an, dass sein ursprünglichen Ziel Südafrika gewesen sei, ein Freund habe ihm aber gesagt, er solle nach Österreich gehen, da es hier eine UNO Konferenz gebe. Er habe dann wegen dieser UNO Konferenz ein Visum für Österreich bei der belgischen Botschaft in XXXX beantragt und erhalten. Zu seiner Reiseroute führte er aus, dass er über Äthiopien nach Österreich gekommen sei und sich hier vom 31.07.2017 bis 05.08.2017 aufgehalten habe und danach nach Schweden gegangen sei, wo er vom 05.08.2017 bis 25.10.2017 in Stockholm gewesen sei, bis er am 25.10.2017nach Österreich rücküberstellt worden sei. Organisiert habe er seine Reise über die Organisation XXXX, in Kontakt getreten sei er mit dieser über E- Mail und habe diese sein Hotel und seine Verpflegung bezahlt, er habe das Flugticket gekauft. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte er aus, dass sein Bruder XXXX, der Polizist gewesen sei am 13.12.2016 aus politischen Gründen in der Stadt XXXX getötet worden sei. Da er als einziger seiner Familie über eine universitäre Ausbildung verfüge, sei es seine Aufgabe gewesen, die wahren Hintergründe der Ermordung seines Bruders aufzuklären, was er versucht habe und auch belegen könne. Am 15.06.2017 habe die NGO

XXXX die von ihm unternommenen Schritte öffentlich gemacht, worauf ihm die burundische Geheimpolizei eine Vorladung geschickt habe, die an seine Frau zugestellt worden sei. Daraufhin sei er untergetaucht und sei ihm nichts Anderes übriggeblieben als seine Flucht zu organisieren und sein Heimatland so schnell wie möglich zu verlassen. Seine Frau und seine beiden Kinder würden seither auf der Flucht leben und würden sich verstecken. Diese Organisation XXXX habe er über das Internet gefunden, den Tipp habe er von einem Arbeitskollegen bekommen. Im Fall seiner Rückkehr befürchte er getötet zu werden und werde er in Burundi gesucht.

2. Am 05.03.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Zu seinen persönlichen Lebensumständen führte er aus, dass er XXXX heiße, am XXXX geboren und Staatsangehöriger von Burundi sei. Er gab weiters an, dass er die Grundschule und danach 7 Jahre lang die Mittelschule besucht habe und drei Jahre Telekommunikation an der Universität studiert habe. Danach hab er ein Jahr an einer berufsbildenden Schule eine Ausbildung im Bereich Hotel und Tourismus gemacht. Eingeschult sei er 1992 worden, die Universität habe er 2014 abgeschlossen. Zum Thema seiner Abschlussarbeit befragt, gab er wörtlich an: "Das hatte einen Bezug zu Elektrik, irgendwas mit Leitungen, Hertzfrequenzen."

Studiert habe er am "XXXX. Der Beschwerdeführer legte dazu eine beglaubigte Kopie des Diploms der Mittelschule, eine beglaubigte Kopie vom Schulabschluss der technischen Schule, ein Erfolgsnachweis der technischen Schule (Erfolgsnachweis der Universität vor Ausstellung des Diploms) und ein Konvolut an Bestätigungen über Praktika vor. Er gab weiters an, dass er der Volksgruppe der Tutsi angehöre und katholischen Glaubens sei, er sei verheiratet und Vater von zwei Kindern, verheiratet sei er sowohl traditionell als auch amtlich und kirchlich. Geheiratet habe er im Mai 2015, kirchlich am 27. Mai, das Datum der standesamtlichen Hochzeit wisse er nicht. Seine Frau heiße XXXX und sei im Oktober 1991 oder 1992 geboren, bei den Daten sei er sich nicht sicher, sie würden auch keine Geburtstage feiern. Seine Frau sei Hausfrau, kennengelernt habe er sie an der Universität, sie habe Kommunikation studiert, zusammengewohnt haben sie seit 2013, geheiratet 2015. Gefragt wo sich seine Frau derzeit aufhalten würde, gab er an, dass er es nicht wissen würde, da sie sich verstecken würde und innerhalb des Landes von Adresse zu Adresse reise würde. Kontakt zu den Eltern seiner Frau habe er keinen, er würde aber manchmal Kontakt mit seiner Frau über einen Freund haben. Der letzte Kontakt sei Freitag gewesen. Seine Mutter und seine Geschwister, drei Brüder und zwei Schwestern, würden noch in seinem Heimatland leben. Seinen Lebensunterhalt habe er seit 2012 als Kellner, Rezeptionist und Chef Rezeptionist bestritten, zuletzt sei er Verkaufs- und Marketingleiter im XXXXHotel gewesen. Gewohnt habe er nach der kirchlichen Hochzeit bis zu seiner Ausreise in XXXX, zusammen mit seiner Frau den beiden Kindern und dem jüngeren Bruder seiner Frau. Ausgereist sei er am 30.06.2017, davor habe er sich zwei Wochen lang im Busch versteckt und manchmal im Hotel genächtigt. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte er zusammengefasst aus, dass sein ältester Bruder XXXX am 13.12.2016 getötet worden sei, wobei sie davon über das Radio erfahren hätten. Da er der einzige mit einem Schulabschluss gewesen sei, habe nur er die Möglichkeit gehabt etwas zu tun und sei er am 14.12.2016 zur Polizeistation XXXX gefahren. Dort habe er gesagt, dass er von jemandem erfahren habe, dass mit seinem Bruder etwas passiert sei. Die Polizisten hätten ihm daraufhin gesagt, dass sein Bruder von den Häftlingen getötet worden sei und hätten ihn in einen Raum mit fünf Toten geführt. Er führte weiters aus, dass die Präsidentschaft und das Zentrum für Dokumentation von Burundi seinen Bruder damit beauftragt hätten den Häftling zu töten, dieser habe den Auftrag aber abgelehnt. Gewesen sei es so, dass der Häftling darum gebeten habe, hinausgehen zu dürfen, um Geld für seine Frau abzuheben und sein Bruder der in begleiten sollte, hätte ihn während dieses Freiganges töten sollen. Er habe dann seinen Bruder mit nach Hause nehmen können und sei dieser würdig bestattet worden. Er selbst sei danach wieder zu seiner Familie zurück. Im März 2017 sei er dann vom Präsidenten der XXXX angerufen und gefragt worden, was er genau am 14.12.2016 gesehen hätte. Dieser hätte ihm gesagt, dass die Regierung falsche Berichte über die Ereignisse am 14.12.2016 in Umlauf gebracht hätte und für die Kinder seines Bruders nicht mehr zahlen würde, sodass er nunmehr für diese sorgen müsste und auch das Haus für die Mutter zahlen müsse, was sein Bruder bisher gemacht hätte. Er habe es aber abgelehnt eine Zeugenaussage zu machen. Er sei dann im Mai 2017 nochmals zur Dienststelle seines Bruders gegangen. um für seine Neffen zu sprechen, dort jedoch abgewiesen worden. Daraufhin habe er sich dann per E- Mail an die FO.CO.DE gewandt und diesen mitgeteilt, dass er eine Zeugenaussage machen werde. Sein Anliegen sei es gewesen, die Wahrheit über den Tod seines Bruders herauszufinden und öffentlich zu machen, sowie die Versorgung der Hinterbliebenen sicherzustellen. Er habe dann mit dem Präsidenten von FO.CO.DE über WhatsApp gesprochen und alles erzählt was er in diesem Raum gesehen habe. Am 15.06.2017 sei es dann im Internet und auf zwei Radiostationen veröffentlicht worden. Daraufhin hätte der Geheimdienst sie damit begonnen zu kommen und ihn zu Hause zu suchen. Seine Frau habe ihn angerufen und gesagt, dass die Leute von der Dokumentation da gewesen seien und gefragt hätten, wo er sei. Da sei ihm klar geworden, dass er nicht mehr nach Hause könne und sich verstecken müsse. Es sei ihm bis zu seiner Ausreise gelungen jeglichen Kontakt mit diesen Leuten zu vermeiden. Ein Freund habe ihm dann gesagt, dass er die Möglichkeit nutzen sollte an der genannten Veranstaltung in Österreich teilzunehmen und versuchen sollte dahin geschickt zu werden, da er dann ein Visum bekommen würde. Im Falle seiner Rückkehr fürchte er getötet zu werden, da diese kaum nachdem er weggewesen sei, zweimal bei seiner Frau gewesen wären, das Haus leergeräumt hätten und gesagt hätten:

"Sobald XXXX da ist, muss er sich melden." Zu seinem Bruder befragt, führte er weiters aus, dass dieser 40 Jahre alt gewesen sei, als er starb, dass er annehme, dass dieser 20 Jahre als Polizist gedient habe und dass er nicht wisse wann dieser zur Polizei gegangen sei, da er damals noch sehr klein gewesen sei, gearbeitet habe sein Bruder im zentralen Gefängnis von XXXX. Befragt zu den näheren Umständen des Todes seines Bruders gab er an, dass im Radiosender vom Hotels XXXX gesprochen worden sei, gefragt, warum so ein Aufwand betrieben werde, um einen Häftling zu töten, gab er an, dass er dies nicht wisse, er denke aber dass es unmöglich sei jemanden im Gefängnis zu töten, außer er würde einen Fluchtversuch unternehmen. Gefragt warum der Häftling eliminiert werden sollte, gab er an, dass die Radiosender und dann die XXXX berichtet hätten, dass dieser Häftling viel über den Präsidenten und das Zentrum für Dokumentation SNR gearbeitet habe und man diesem zur Last gelegt habe, den Generalleutnant XXXX getötet zu haben. Gefragt wer seinen Bruder getötet habe, gab er an, dass er nicht da gewesen wäre, sein Bruder habe fünf Kugeln im Körper gehabt und sei zerschnitten gewesen. Der Mörder seines Bruders müsse ein Profi gewesen sein, weil er den Kopf seines Bruders nicht angerührt habe. Gesprochen habe er auf der Polizeistation mit einfachen Polizisten, später sei deren Chef gekommen, dieser habe ihm aber den Namen nicht genannt. Gefragt von wem er konkret bedroht worden sei, gab er an, dass die Leute von der Dokumentation zwischen dem 15. 06 und 30 Juli jeden Tag vorbeigekommen seien und auch noch bis zum 15.08., solange seine Frau dort gewohnt habe. Gefragt wie oft er persönlich und direkt bedroht worden sei, gab er wörtlich an: "Nie man darf Ihnen die Möglichkeit eines direkten Kontaktes gar nicht geben. Sie töten im Stillen." Gefragt, was er in Schweden gewollt habe, gab er wörtlich zu Protokoll: "Ich sage Ihnen die Wahrheit. Mein Freund hat mir zu Österreich geraten. Als ich dann in Österreich war, habe ich mich umgesehen und alle Schwarzen haben Englisch gesprochen. Ich sprach mit einem Nigerianer, der wollte mir seinen Namen nicht nennen. Da habe ich dann verstanden das es kompliziert ist. Ich habe mich mit einem Burundier unterhalten. Ich wollte ihn fragen, wie man hier Asyl beantragt. Einer der Leute hat mir angeboten, bei ihm zu wohnen, der homosexuell ist und es wurde gesagt, dass hier die Polizei alles macht, mich nach Hause schicken wird, wo man mich töten wird. Man sagte, dass ich zuerst zur Polizei müsste und da

fühlte ich mich nicht mehr sicher. ... "Man sagte, dass es in

Schweden oder auch in Kanada mehr meiner Landsleute gibt und das ist dann einfacher. Ich wollte meinen Asylantrag in Schweden stellen."

Befragt zu seinem Visum und dem Ausstellungsgrund gab er an, dass es sich bei den Versammlungen, um eine Konferenz der XXXX gehandelt habe, die von der UNIDO organisiert worden sei. Teilgenommen habe er nur ein einziges Mal an der Sitzung, wenn nicht man 03.08., dann sei es am 02.08. gewesen, betreffend den Inhalt der Sitzung gab er an, dass diese einen Bezug zu Entwicklung, zur gemeinsamen Entwicklung und zur industriellen Entwicklung von Afrika gehabt habe. Er gab weiters an, dass er nicht wisse, wer der Redner der Sitzung gewesen sei, da er dort nur für 40 Minuten gewesen sei, da er krank gewesen sei. Der Beschwerdeführe brachte neben den schulischen Dokumenten noch einen burundischen Reisepass mit der Nr. XXXX, gültig vom 24.05.2016 bis 24.05.2021, einen burundischen Führerschein Nr. XXXX, einen Personalausweis in französischer Sprache, einen Ausweis vom Roten Kreuz, einen internationalen Impfausweis, eine ID Karte der UN datiert mit 04.08.2017, zwei als "Convocation" bezeichnete handschriftlich ausgefüllte Schriftstücke de Republique Du Burundi, Minister de la Justice, XXXX für den 08.08. und 15.08.2017, französischsprachige Unterlagen, der XXXX über XXXX, eine Hepatologie Ambulanzkarte vom 07.20.2018, ein radiologischer Befund vom 01.12.2017, Schreiben des rö. Katholischen Pfarramtes XXXX vom 23.02.2018, Bestätigung der Diakonie vom 02.03.2018 über freiwillige Arbeit im Flüchtlingsheim, zwei Empfehlungsschreiben, eine Deutschkursbescheinigung des ÖROK über die Teilnahme am Deutsch Basiskurs vom 22.02.2018, zwei Fotos, Auszug aus dem Geburtenbuch in französischer Sprache vom 26.06.2015, Arbeitsvertrag vom 01.07.2014 mit dem Hotel XXXX, Unterlagen bezüglich seiner Visa Antragstellung, Unterlagen über das das XXXX Summit vom 01.08 bis 04.08.2017, Unterlagen seines Arbeitgebers dem XXXX Hotel, allesamt in Kopie, bei.

3. Mit Bescheid vom 08.03.2018, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Burundi gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt (Spruchpunkt III.). "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Burundi zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für seine freiwillige Ausreise wurde "gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG" mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgestellt (Spruchpunkt VI.).

4. Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 09.02.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH, Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH, p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1040 Wien als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

5. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine gewillkürte Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 05.04.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den Beschwerdeführer günstigerer Bescheid erzielt worden wäre. Begründend führte er zusammengefasst aus, dass die Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt habe und die im Bescheid getroffenen Länderfeststellungen unvollständig und teilweise unrichtig seien, da sie lediglich allgemeine Aussagen über Burundi enthalten würden, sich jedoch nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen befassen würden und würde jegliche Auseinandersetzung mit dem Vorgehen des burundischen Geheimdienstes fehlen. Zur mangelhaften Beweiswürdigung führte er aus, dass er ein detailliertes und lebensnah gestaltetes Vorbringen erstattet habe und sich die behaupteten Widersprüche bei näherer Auseinandersetzung leicht hätten auflösen lassen. Weiters wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seiner Nachforschungen sowie seiner Zusammenarbeit mit oppositionellen Organisationen, eine regierungsfeindliche politische Gesinnung unterstellt werde, dass ihm aufgrund der politisch äußerst instabilen Lage in Burundi unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung drohe und könne nicht ausgeschlossen werden, dass er im Falle einer Rückführung in eine aussichtlose Lage geraten würde. Hinsichtlich seiner Integration wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer seit 2017 im Bundesgebiet aufhalten würde seine Integration vorangetrieben habe, wie die Deutschkursbestätigung und die Empfehlungsschreiben belegen würden. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen, falls nicht alle zu Lasten des BF gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufgreifen bzw. allenfalls dem BF einen Verbesserungsauftrag erteilen und ihm einen Verfahrenshelfer beizustellen, um die nicht mit der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkte ausführen zu können, den angefochtenen Bescheid beheben und dem Beschwerdeführer den Status eines Asylberechtigten zuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und dem Beschwerdeführer den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen, den angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt III. aufheben bzw. dahingehend abändern, dass eine Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt wird und ihm einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und an die belangte Behörde zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverweisen.

6. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 16.43.2018 vorgelegt.

7. Mit Schriftsätzen, vom 17.08.2018 und 07.11.2018 wurden dem Bundesverwaltungsgericht folgende Integrationsunterlagen übermittelt: Diplom A2 der Technischen Sekundarschule vom 11.08.2007, Staatsdiplom vom 28.02.2008 das zum Besuch einer Universität berechtigt, Diplom Technischer Ingenieur vom 03.04.2014, eine Bestätigung der Stadtgemeinde XXXX über seine Tätigkeit als Hilfskraft in der Abteilung Stadtgärten vom 02.07.2018, Teilnahmebestätigung der Marktgemeinde XXXX an vier Landschaftspflegeterminen im Oktober 2018, ein entsprechender Face-Book Eintrag des Bürgermeisters darüber und ein Zertifikat über den Abschluss "Grundkurs XXXX". Mit E-Mail vom 01.10.2019 wurden dem Bundesverwaltungsgericht von XXXX neben bereits vorhanden Unterlagen, folgende weitere Unterlagen übermittelt:

Beschwerdevorentscheidung der Universität XXXX hinsichtlich der Zulassung zum Bachelorstudium XXXX vom 06.02.2019, wonach der Beschwerde gegen die Nichtzulassung Folge gegeben wurde und die Zulassung zum außerordentlichen Studium Vorstudienlehrgang XXXX) unter Vorschreibung der Ergänzungsprüfung Deutsch erteilt wurde, Kursbesuchsbestätigung "Deutschkurs" des Instituts XXXX vom 12.04.2019 Bestätigung der Gemeinde Paffstätten vom 22.11.2018 und ein Zeugnis über die abgelegte Integrationsprüfung vom 22.09.2019. Mit Schriftsatz vom 01.10.2019 wurde seitens der Rechtsvertretung die Ladung von XXXX als Zeuge zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer über ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich verfügt, beantragt. Mit Ladung vom 02.10.2019 wurde diesem Antrag seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folge gegeben.

8. Am 08.10.2019 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der unter Punkt I. beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Burundi und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005. Er ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer leidet seit seiner Geburt an Hepatitis B. Der Beschwerdeführer nimmt keine Medikamente. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist er daher auch erwerbsfähig. Es wurde keine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnte.

Der Antragsteller gehört der Volksgruppe der Tutsi an und ist in Burundi verheiratet. Der Antragsteller hat einen Sohn und eine Tochter. Seine Familienangehörigen leben seit 2018 bei der Mutter eines Freundes und hat er noch, wenn auch unregelmäßig ca. alle 3 Monate, Kontakt zu seiner Frau. In Burundi leben noch seine Mutter seinen beiden jüngeren Schwestern und seine beiden Brüder.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Heimat die Grund- und Mittelschule besucht und war auf der Universität. Der Beschwerdeführer hat laut eigenen Angaben Telekommunikation studiert und danach beine Ausbildung im Bereich Hotellerie und Tourismus gemacht. Der Beschwerdeführer hat vor seiner Ausreise aus Burundi als Kellner, Rezeptionist und im Marketing von Hotels gearbeitet und damit den Lebensunterhalt für sich und seine Familie bestritten.

Der Beschwerdeführer geht keiner Beschäftigung nach, bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte, es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich.

Der Beschwerdeführer spricht qualifiziert Deutsch, hat während seines Aufenthaltes gemeinnützige und ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt und verfügt über soziale Kontakte. Der Beschwerdeführer hat während seines Aufenthaltes am kulturellen und sozialen Leben teilgenommen.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Eine konkrete Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder der politischen Gesinnung in Burundi konnte vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht werden.

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Burundi einer persönlichen Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.

Die vom Beschwerdeführer angegeben Gründe für das Verlassen seines Herkunftslandes sind nicht glaubhaft. Es kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen hat.

Unter Beachtung der derzeitigen politischen Lage und der Menschrechtssituation in Burundi kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückführung nach Burundi keiner realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die derzeit in Burundi vorherrschende Sicherheitslage und/oder Menschenrechtssituation zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Beschwerdeführers führt bzw. ihn in seiner Existenz bedroht. Diese maßgebliche Wahrscheinlichkeit in Rechten nach Art. 3 EMRK verletzt zu werden, ist für das gesamte Staatsgebiet von Burundi zu erwarten, weshalb für den Beschwerdeführer aufgrund der herrschenden Sicherheitslage und Menschenrechtslage auch keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Burundi erscheint deshalb derzeit als nicht zumutbar.

Zur Lage in Burundi:

Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Burundi übermittelt. Zudem wurden seitens des erkennenden Richters weitere aktuelle Berichte zur Lage in Burundi ins Verfahren eingebracht. Daraus ergeben sich folgende Feststellungen:

Burundi ist ein Post-Konflikt-Land. Die Auswirkungen des Bürgerkriegs (von 1993 bis 2002) sind noch deutlich zu spüren, die demokratischen Strukturen sind noch nicht gefestigt. Auch nach den Wahlen 2015 ist die Opposition kaum in Parlament und Senat vertreten, da viele Vertreter der Opposition die Wahlen boykottiert haben oder ihre Mandate aus Protest nicht annehmen. Das Misstrauen zwischen Regierung und Opposition ist groß, ein Dialog kommt nur schwer zustande (BMZ o.D.).

Staatspräsident Nkurunziza löste mit der Ankündigung seiner Kandidatur für eine dritte Amtszeit im April 2015 eine seither andauernde innenpolitische Krise aus. Die burundische Verfassung gründet auf dem Friedensvertrag von Arusha aus dem Jahr 2000, der vorsieht, dass ein Staatsoberhaupt nach zwei Amtszeiten nicht erneut zur Wahl antreten darf. In der auf die Verkündung der Kandidatur folgenden Auseinandersetzung geht Gewalt von Regierung und Opposition aus. Ein eskalierender Konflikt und hasserfüllte öffentliche Äußerungen verantwortlicher Politiker in XXXX bergen das Risiko weiterer Destabilisierung (AA 12.2015a).

Anhaltende Menschenrechtsverletzungen und -verletzungen durch staatliche Streitkräfte in Burundi gefährden die Bevölkerung durch Massengrausamkeiten. Der vom HRC mandatierte CoI zu Burundi hat festgestellt, dass seit April 2015 potenzielle Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen werden. In einem am 4. September 2019 veröffentlichten Bericht stellte das CoI fest, dass es sich bei der anhaltenden Gewalt gegen mutmaßliche Regierungsgegner um systematische Angriffe handelt, die ein günstiges Umfeld für die Begehung von Grausamkeiten geschaffen haben.

Seit Mai 2018 haben weiterhin schwere Menschenrechtsverletzungen - einschließlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit - stattgefunden haben, insbesondere Verletzungen des Rechts auf Leben, willkürliche Verhaftung und Inhaftierung, Folter und andere Formen der Misshandlung, sexuelle Gewalt und Verletzungen der wirtschaftlichen und sozialen Rechte, alles in einem allgemeinen Klima der Straflosigkeit. Auch die Verletzungen der bürgerlichen Freiheiten nehmen zu. Einige dieser Verstöße stellen internationale Straftaten dar. Mitglieder der Jugendliga der Regierungspartei, der Imbonerakure sind die Haupttäter. Offiziere des Nationalen Nachrichtendienstes und der Polizei sowie lokale Verwaltungsbeamte werden ebenfalls häufig als Täter solcher Verstöße identifiziert.

Die wichtigsten Menschenrechtsverletzungen fanden im Anschluss an das Verfassungsreferendum im Mai 2018 statt oder finden vor dem Hintergrund der Vorbereitung der Wahlen 2020 statt. Die Opfer sind nach wie vor größtenteils - tatsächliche oder mutmaßliche - Gegner der Regierung oder der Regierungspartei (der Conseil national pour la défense de la démocratie-Forces pour la défense de la démocratie (CNDD-FDD)), in erster Linie Mitglieder der neuen politischen Oppositionspartei unter der Führung von Agathon Rwasa, dem Congrès national pour la liberté, der im Februar 2019 registriert wurde. Weitere Zielgruppen sind burundische Staatsangehörige, die seit Anfang 2017 im Rahmen des Rückführungsprogramms ins Land zurückgekehrt sind, sowie junge Männer, die nach einem Aufenthalt oder einer Auslandsreise nach Burundi zurückgekehrt sind und der Zugehörigkeit zu oder Unterstützung bewaffneter Oppositionsgruppen beschuldigt werden.

Seit der Registrierung einer neuen Oppositionspartei im Februar - dem Congrès national pour la liberté (CNL) - haben der Europarat und Menschenrechtsorganisationen Alarm über zunehmende Repressionen geschürt. Nach Angaben des CoI könnten die für 2020 geplanten Wahlen weitere Verletzungen und Missbräuche auslösen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen können. Das CoI hat Beweise für die jüngsten außergerichtlichen Hinrichtungen und summarischen Hinrichtungen, das erzwungene Verschwinden von Personen, sexuelle Gewalt, willkürliche Inhaftierung und Folter von verdächtigen Dissidenten gefunden. Solche Handlungen wurden in erster Linie von der Imbonerakure, der Jugendabteilung des regierenden Conseil national pour la défense de la démocratie-Forces pour la défense de la démocratie (CNDD-FDD), zusammen mit Mitgliedern des nationalen Nachrichtendienstes und der Polizei durchgeführt.

Eine Untersuchungskommission der UN, berichtete am 02.07.19 von anhaltenden Missständen. Die Situation gebe weiterhin Anlass zur Sorge. Die schwere Unterdrückung und Verfolgung angeblicher Regierungsgegner gefährdet die Bevölkerung in Burundi durch Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Der burundische Staat kann für die Handlungen, die Menschenrechtsverletzungen darstellen, verantwortlich gemacht werden kann. Die Handlungen von Agenten des Staates, insbesondere von Beamten des Nationalen Nachrichtendienstes und der Polizei, aber auch von Verwaltungsbehörden, die den Staat in den Provinzen, Gemeinden, Bezirken und Bergdistrikten vertreten, sind direkt dem burundischen Staat zuzuschreiben. Tatsächlich muss der Staat, wenn er von Verletzungen oder Missbräuchen durch Dritte Kenntnis hat oder hätte haben müssen, wirksame Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen durchführen, was im Allgemeinen jedoch nicht der Fall ist.

Am 18. Oktober 2016 initiierte Präsident Nkurunziza den Rückzug Burundis aus dem Römischen Statut, das im Oktober 2017 in Kraft trat. Vor dem Rückzug leitete der IStGH eine Untersuchung der in Burundi von April 2015 bis Oktober 2017 begangenen Verbrechen ein.

Die Imbonerakure, die Polizei, der nationale Geheimdienst und die lokalen Regierungsbeamten begehen weiterhin schwere Menschenrechtsverletzungen und -verletzungen, die bis hin zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit reichen können. Trotz der Ankündigung von Präsident Nkurunziza, im Jahr 2020 nicht für eine weitere Amtszeit zu kandidieren, ist das derzeitige politische Umfeld für die Durchführung freier und fairer Wahlen nicht günstig. Organisierte Gewalt und öffentliche Drohungen von hohen Beamten gegen verdächtige Oppositionelle stellen Frühwarnsignale für mögliche Massenverbrechen dar.

Die anhaltende Feindseligkeit gegenüber den Mechanismen und Institutionen der Vereinten Nationen ist ein beunruhigendes Zeichen dafür, dass die Regierung nicht bereit ist, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten. Die Regierung hat sich geweigert, mit dem OHCHR, dem HRC und dem ICC zusammenzuarbeiten, und hat offen Mitglieder des CoI bedroht. Am 28. Februar 2019 kündigte die Regierung die endgültige Schließung des UN-Menschenrechtsbüros in XXXX an. Die Regierung hat auch die meisten unabhängigen Nichtregierungsorganisationen und Medien verboten.

Die Regierung versäumt es, ihrer Verantwortung für den Schutz aller Burundier gerecht zu werden, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder politischen Zugehörigkeit.

Burundi befindet sich seit mehr als vier Jahren in einer politischen und wirtschaftlichen Krise. Die Menschenrechtsverletzungen sind im Wesentlichen politischer Natur, und die Unterdrückung der bürgerlichen Freiheiten nimmt im Vorfeld der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2020 zu.

Am 13. November 2018 nahm die Afrikanische Kommission für Menschenrechte und Rechte der Völker eine Resolution zur Menschenrechtssituation in Burundi an, in der sie ihre Besorgnis über das Fehlen angemessener und unabhängiger Untersuchungen zu gemeldeten Fällen von Menschenrechtsverletzungen und die Nichtumsetzung ihrer Empfehlungen aus dem Jahr 2015 zum Ausdruck brachte. In der Entschließung wird Burundi aufgefordert, mit der Afrikanischen Union, den Vereinten Nationen und der Ostafrikanischen Gemeinschaft bei der Suche nach einer friedlichen und menschenrechtsorientierten Lösung für die Krisensituation in Burundi zusammenzuarbeiten.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden vom 1. Juni bis 4. Oktober 2019 in den Gesundheitsbezirken XXXX 795 Cholera- und 6 Todesfälle (davon 5 in der Stadt XXXX) registriert. Seit der Ausrufung der Choleraepidemie in diesen Gebieten am 5. Juni 2019 durch das Ministerium für öffentliche Gesundheit und AIDS-Bekämpfung (MSPLS) wurden in den Provinzen XXXX Mairie, Rumonge, Mwaro und Bubanza neue Fälle von Cholera registriert, was vor allem auf die Bereitstellung von Trinkwasser unter insu?sance und unzureichende Haushaltshygiene zurückzuführen ist. Männer repräsentieren 55% (162) der Fälle, die im Prince Regent Charles Hospital in der Provinz XXXX und 55% (52) im Rugombo Cholera Treatment Centre (CTC) in der Provinz Cibitoke aufgenommen wurden. Frauen stellen 67% (28) der Fälle dar, die in das Ndava CTC in der Provinz Mwaro aufgenommen wurden. Bei starken Regenfällen ab Oktober 2019 besteht die Gefahr von Überschwemmungen in den Küstengebieten des Tanganjikasees, die dazu führen können, dass Latrinen, Klärgruben und Abwasserkanäle überlaufen. Darüber hinaus haben der Gesundheitsbezirk Rumonge und einige entlegene Bezirke von XXXX Probleme mit der Trinkwasserknappheit, was die Menschen zwingt, unbehandeltes Seewasser zu nutzen und zu teilen.

Die Regierung kontrolliert die Verbreitung der Medienausgaben im Land durch den Nationalen Kommunikationsrat, angeblich das unabhängige Medienregulierungsorgan, das in Wirklichkeit ein Instrument zur Zensur ist. Viele nationale und internationale Nachrichtenmedien wurden mit Sanktionen belegt; jüngste Beispiele sind der Radiosender Voice of America, der auf unbestimmte Zeit ausgesetzt wurde, das BBC-Radio, dem die Lizenz entzogen wurde, und Radio France Internationale, das eine Verwarnung erhielt. Ihnen wird vorgeworfen, Kritik an der Regierung oder Berichte verbreitet zu haben, die offiziellen Aussagen widersprachen. Unabhängigen Medien wird regelmäßig vorgeworfen, das Image des Landes zu beschmutzen und Friedensbrüche zu verursachen.

Das neue Gesetz zur Regulierung der Presse, das im September 2018 verabschiedet wurde, hat direkt zur Verringerung des demokratischen Raums im Vorfeld der Wahlen beigetragen. Neben anderen Anforderungen schreibt sie Journalisten vor, "nur Informationen zu veröffentlichen, die ausgewogen sind.... deren Quelle, Zuverlässigkeit und Genauigkeit festgestellt und sorgfältig überprüft wurden".

Die Regierung behandelt jeden Diskurs, der nicht mit der offiziellen Propaganda übereinstimmt, als Versuch der Destabilisierung des Landes oder als Angriff auf die nationale Souveränität. Im Gegensatz dazu werden Diskurse, Lieder und politische Erklärungen, die Intoleranz und Gewalt gegen andere politische Formationen als CNDD-FDD aufwiegeln, von den Behörden toleriert. Statistiken von internationalen Organisationen, die als ungünstig eingestuft wurden, wurden von den Behörden ebenfalls verurteilt. Der Grad der Kontrolle, den die Regierung über die Zusammensetzung und Tätigkeit nationaler und ausländischer Nichtregierungsorganisationen (NGOs) ausübt, hat weiter zugenommen. Alle ausländischen NGOs mussten ihre Aktivitäten ab dem 1. Oktober 2018 vorübergehend einstellen und erneut um Genehmigung bitten. Sie waren verpflichtet, ein Drittel ihres Jahresbudgets in die Zentralbank von Burundi einzuzahlen und den Behörden Listen ihrer Mitarbeiter unter Angabe ihrer ethnischen Zugehörigkeit zu übermitteln. Die Regierung versucht nun, eine Rolle bei der Rekrutierung von nationalen Mitarbeitern dieser ausländischen NGOs zu spielen. Nationale NGOs werden streng kontrolliert, sowohl ihre öffentlichen Äußerungen als auch ihre Projekte und Aktivitäten. So wurde beispielsweise die Aussetzung der Organisation Parole et action pour le réveil des consciences et l'évolution des mentalités (PARCEM) für die Vorlage eines Berichts, der die sozioökonomischen Bedingungen kritisiert und auf Daten der Weltbank basiert, vom Innenministerium am 3. Juni 2019 bestätigt.

Die Bemühungen, Menschen, größtenteils Männer, zum Beitritt zur CNDD-FDD oder zur Imbonerakure zu zwingen, wurden fortgesetzt, insbesondere die Anwendung von Belästigung, Morddrohungen, Misshandlung und sogar willkürlicher Inhaftierung. Solche Maßnahmen verletzen die Vereinigungsfreiheit, die die Folge der Vereinigungsfreiheit ist. Auch Mitglieder von Oppositionsparteien wurden ins Visier genommen, um sie zur Einstellung ihrer politischen Aktivitäten zu bewegen. Darüber hinaus werden alle Aktivitäten der Oppositionsparteien streng kontrolliert und eingeschränkt, insbesondere die des Congrès national pour la liberté. Treffen von kleinen Gruppen von Mitgliedern dieser Gruppe wurden blockiert und die Teilnehmer verhaftet.

Es gibt noch immer Hindernisse für die Freizügigkeit. Barrieren, die normalerweise von Imbonerakure betrieben werden, wurden auf Straßen errichtet, um die Bewegung der Bevölkerung zu kontrollieren. Um reisen zu können, mussten die Burunder regelmäßig eine Quittung vorlegen, aus der hervorgeht, dass sie den Beitrag für die Wahlen 2020 bezahlt haben oder einen unterschiedlichen Betrag zahlen, dessen Endempfänger unbekannt bleibt. Die Bewegungsfreiheit in den Grenzgebieten wurde strenger kontrolliert, und in vielen Fällen waren Kontrollpunkte Schauplatz von Gewalttaten oder Einschüchterungen. Teilweise haben die lokalen Verwaltungsbehörden nach 18.00 oder 19.00 Uhr Freizügigkeitsbeschränkungen erlassen, die ausschließlich für Frauen und Mädchen gelten, um "unerwünschte Schwangerschaften" und "Ausschweifungen" zu verhindern. Auch würden ins Ausland geflohene und seit 2018 im Rahmen eines Abkommens zur freiwilligen Rückkehr heimkehrende Personen Ziel von Übergriffen. Nach wie vor würden Personen aus Burundi fliehen (3.080 zwischen Anfang Januar und Ende Mai 2019).

Die Regierung hat ihre Kontrolle über die Kirchen verstärkt. Mit ihren Verbündeten hat sie auch an religiöse Führer, einschließlich der katholischen Läufer, gewarnt, um jeder Kritik oder jedem Diskurs "politischer Natur" entgegenzuwirken, und die Gläubigen aufgefordert, sie zu überwachen. Darüber hinaus wurden die Menschen gezwungen, am Verfassungsreferendum teilzunehmen oder sich CNDD-FDD anzuschließen, auch wenn dies ihren religiösen Überzeugungen zuwiderlief.

In Burundi seien 2019 1,7 Millionen der etwa elf Millionen Einwohner von unsicherer Versorgung mit Nahrungsmitteln bedroht. Burundi ist eines der ärmsten Länder der Welt, 74,7 Prozent der Bevölkerung leben in Armut. Das Land liegt im Human Development Index auf Platz 185 von 189, die Lebenserwartung bei der Geburt beträgt nur 57,9 Jahre und das Bruttonationaleinkommen pro Kopf (in Kaufkraftparität) beträgt U$ 702 pro Jahr. Das Land, das sich 2015 und 2016 in einer Rezession befand, erholt sich seit 2017, wenn auch unsicher, da die politische Krise seinen Zugang zu internationaler Hilfe, von der es stark abhängig ist, eingeschränkt hat und zu einem Handelsdefizit, einem Mangel an Devisen und einem Anstieg der Lebenshaltungskosten geführt hat.

Die Krise dauert seit mehr als vier Jahren an und hat keine wirklichen Aussichten auf eine Lösung. Die täglichen Lebensbedingungen der Burundier, ob im Land oder nicht, werden immer schlechter. Die Wahlen 2020 stellen ein großes Risiko dar.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und dem AJ-WEB Auskunftsverfahren wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens weiters Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Burundi vom April 2017, den in das Verfahren eingebrachten Berichten über die aktuelle Lage in Burundi hinsichtlich der politischen Situation und der Sicherheits- und Menschrechtslage.

Außerdem konnte im vorliegenden Beschwerdefall auf die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 08.10.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgegriffen werden.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, Herkunft und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, sowie der im Akt inneliegenden Kopie des Reisepasses (AS 27) und den Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 08.10.2019.

Die Feststellungen betreffend die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Aussagen vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zu seiner Ausbildung, seinen beruflichen Tätigkeiten und zu seiner Familie und seinen Lebensumständen in Burundi ergeben sich aus seinen Aussagen vor der belangten Behörde, den vorgelegten Unterlagen und seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung und den dort vorgelegten Unterlagen, zudem nimmt er keine Medikamente und steht nicht in dauernder ärztlicher Behandlung.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig ist, ergibt sich aus dem Akt und seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Dass der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung und aus dem Verfahrensakt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer qualifiziert Deutsch spricht gründet sich einerseits auf dem persönlichen Eindruck des erkennenden Richters im Rahmen der mündlichen Verhandlung, wo er die ihm auf Deutsch gestellten Fragen beantworten konnte, sowie auf den vorgelegten Unterlagen über die abgelegte Integrationsprüfung gemäß § 5 Integrationsgesetz auf dem Niveau A2. Dass der Beschwerdeführer im Laufe seines Aufenthaltes integrative Schritte gesetzt hat, dass er ehrenamtlich und gemeinnützig gearbeitet hat und somit am kulturellen und sozialen Leben teilgenommen hat, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen der Stadtgemeinde XXXX, der Gemeinde Paffstätten und der Angaben des einvernommenen Zeugen XXXX. Daraus ergeben sich auch berücksichtigungswürdige soziale Kontakte zu ÖsterreicherInnen.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, Leistungen aus der Grundversorgung bezieht und somit nicht selbsterhaltungsfähig ist, ergibt sich aus seinen Angaben vor der belangten Behörde in Zusammenschau mit dem am 07.10.2019 eingeholten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem des Bundes und einer AJ-WEB Auskunft.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 07.10.2019.

2.3. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Im Hinblick darauf, dass im Asylverfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, stützt sich das erkennende Gericht vor allem auf die unmittelbaren Angaben des Beschwerdeführers und müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Generell ist zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.

Es ist anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Der erkennende Richter geht aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung und aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes davon aus, dass der Beschwerdeführer den angegebenen Fluchtgrund nicht glaubhaft machen konnte, dies aus folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführer hat bei seinen Einvernahmen, insbesondere in der Gegenüberstellung der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2018 und der Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.10.2019 in wesentlichen Punkten lückenhafte, widersprüchliche und unplausible Angaben gemacht, bzw. konnte er auch auf Nachfrage des erkennenden Richters auf die ihm gestellten Fragen keine nachvollziehbaren Angaben machen.

Dies zeigt sich insbesondere in seinen Ausführungen im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme, wo er befragt ausführte, dass die Präsidentschaft und das Zentrum für Dokumentation seinen Bruder beauftragt hätten, den Häftling zu töten und dieser es abgelehnt hätte. Da seien Sie dann gemeinsam von den Leuten des Dokumentationszentrum erwischt worden (AS 90). Diese Angaben sind jedoch weder dem vorgelegten FO.CO.DE Artikel zu entnehmen, noch entspricht dies seinen detailarmen Angaben im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung, wo er dazu befragt wörtlich ausführte:

"RI: Schildern Sie mir nochmals in kurzen Worten das fluchtauslösende Ereignis. Was hat Sie veranlasst Ihr Heimatland zu verlassen?

BF: Ich hatte eine Organisation namens FO.CO.DE darüber informiert, was ich selbst gesehen hatte. Dies betraf, was man meinem Bruder angetan wurde. Die Nachricht wurde an die Zeitungen und ans Radio weitergegeben, woraufhin die Regierung davon ausging, ich wäre der einzige Augenzeuge gewesen.

RI: Von was waren Sie Augenzeuge?

BF: Ich habe gesehen, wie sie meinen Bruder umgebracht haben, diesbezüglich fehlen mir die Worte.

RI: Wo haben Sie das gesehen und wer hat Ihr Bruder umgebracht?

BF: Im Radio haben sie gesagt, es wäre ein Häftling gewesen. Mein Bruder hatte jedoch quer über den Brustkorb fünf Messerschnitte. Er wurde zerstückelt, wobei sein Gesicht unverletzt blieb. Außerdem steckten in seinem Körper fünf Kugeln. Ich habe ihn zusammen mit fünf anderen Leichen in einem Zimmer am Boden liegend gesehen.

RI: Wo war das, wo Sie Ihren Bruder gesehen haben?

BF: Das war auf der Polizeistation einer Provinz namens XXXX.

RI: Wieso sind Sie denn zu dieser Polizeistation gegangen?

BF: Seit 2015 gibt es in Burundi keine Privatradios. Bei der Arbeit habe ich immer Internetradio gehört. Dort wurde berichtet, dass man meinen Bruder ermordet hatte. Sie nannten seinen Vor- und Nachnamen sowie seinen Spitznamen.

RI wiederholt die Frage.

BF: Kein anderer aus meiner Familie hätte das tun können, niemand außer mir auch ein Ticket besaß. Außerdem hatte ich Angst und wollte sichergehen, ob es sich tatsächlich um meinen Bruder handelte. Da ich als einzige Person meiner Familie die Schule besucht habe, war ich dafür verantwortlich.

RI: Woher wussten Sie, dass Sie zu dieser Polizeistation gehen mussten?

BF: Ich wusste ja, wo mein Bruder arbeitet, und bin dorthin gegangen. Das war auf der Polizeistation XXXX. Es war das Zentralgefängnis von XXXX.

RI: Wissen Sie, wie Ihr Bruder umgekommen ist?

BF: Das weiß ich nicht, ich kann lediglich sagen, was ich gesehen habe."

Die Glaubwürdigkeit seiner Angaben wird aber auch dadurch erschüttert, dass der Beschwerdeführer betreffend seiner Ausreise angab, mit einem Visum legal nach Österreich eingereist zu sein (AS 61), obwohl er laut eigenen Angaben vom Geheimdienst gesucht worden sei. Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab er dazu befragt, wörtlich an:

"RI: Können Sie mir erklären, wie Sie das Land auf offiziellem Wege haben verlassen können, wo Sie doch gesucht werden?

BF: Ich bin am 30.07. abgereist. Am Flughafen hatte ich schon zuvor immer wieder Hotelgäste abgeholt. Es gibt dort nicht so viele Kontrollen wie hier. Den wenigen Polizisten dort kann man zwei oder fünf Euro geben und sie helfen sogar einem mit dem Gepäck. Außerdem überprüfen sie auch nicht alle Personen. Wenn sie jemanden verdeckt schnappen und umbringen wollen, dann machen sie das nicht an öffentlichen Orten. Ich hatte zwar Angst, wusste aber, dass man mich am Flughafen vermutlich nicht suchen wird."

Der Beschwerdeführer konnte aber auch keine nachvollziehbare Erklärung dafür angeben, wo er die Zeit zwischen der Veröffentlichung des Berichtes und seiner Ausreise verbracht hat, wie der nachfolgende Auszug aus der Niederschrift der mündlichen

Beschwerdeverhandlung zeigt:

RI: Das heißt also, Sie haben bis zu Ihrer Ausreise 6 Wochen unbehelligt Ihrer Arbeit nachgehen können, ohne dass Sie irgendwelchen Verfolgungen bzw. Bedrohungen ausgesetzt waren? Können Sie mir das erklären?

BF: Ich habe damals nicht gearbeitet, sondern hielt mich versteckt. Das habe ich bereits in einer anderen Einvernahme angegeben.

RI: Können Sie mir sagen, ob sie zwischen 15.06. und 30.07 im Hotel gearbeitet haben?

BF: Nein, da habe ich nicht mehr gearbeitet.

RI: Können Sie mir erklären, warum Ihre Gehaltsabrechnung für Juni steht, dass Sie 25 Tage anwesend gewesen sind im Hotel?

BF: Ein Freund von mir, der auch im Hotel gearbeitet hat und dessen Namen und Telefonnummer ich Ihnen gerne geben kann, hat mir die Dokumente gebracht. Sie befanden sich in meinem Büro. Es handelt sich um die Unterlagen, die ich auch der Botschaft vorgelegt habe. Mein Freund wusste, wo er mich finden konnte. Er gehörte zur Führungsriege des Hotels und hat mir die Unterlagen gesendet, mit denen ich das Visum beantragt habe. Entschuldigen Sie bitte, aber die Daten habe ich leider nicht überprüft.

...

RI: Erklären Sie mir, wie es möglich war, dass Sie am 20.07.2017 eine Bestätigung vom Direktor erhalten haben, dass Sie dort arbeiten und vom 26.07.2017 bis 15.08.2017 Ihren Jahresurlaub konsumieren, wenn Sie sich seit dem 15.06.2017 versteckt haben?

BF: Nach dem 15.06.2017 habe ich mein Büro tatsächlich nicht mehr betreten. Ich hatte leider keine Zeit, die Daten auf den Dokumenten zu überprüfen. Die Dokumente habe ich zur Erlangung meines Visums bei der Botschaft vorgelegt."

Seinen Aussagen fehlt auch generell jene Detailliertheit, die bei einem tatsächlich erlebten Sachverhalt gegeben sein müsste. Auch sein Vorbringen hinsichtlich der Bedrohung durch den Geheimdienst weist in ihrer Gesamtheit, insbesondere auch den zeitlichen Ablauf und die daraus resultierende Bedrohung im Rahmen der freien Schilderung bei weitem nicht die Realkennzeichen eines wahrheitsgemäßen Vorbringens auf. Es fehlt beispielweise die logische Konsistenz, als auch die strukturierte Darstellung und der quantitative Detailreichtum und blieb der Beschwerdeführer jegliche Interaktionsschilderung bzw. Wiedergabe von Gesprächen die Schilderung ausgefallener und nebensächlicher Einzelheiten, wie sie typischer Weise bei einem wahrheitsgetreuen Vorbringen auftreten, schuldig, wie einerseits seine Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (AS 88-99) und andererseits der folgende Auszug aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung belegt:

"RI: Hat es eine konkrete Bedrohung Ihrer Person gegeben, z.B.:

durch persönlichen Kontakt, wenn ja von wem und wer waren diese Personen?

BF: Ja, diese gab es, und zwar seitens der "Documentation", das ist der Geheimdienst von Burundi. Persönlichen Kontakt gab es keinen. Nachdem sie von den Veröffentlichungen vom 15.06.2017 erfahren hatten, haben sie mich zu Hause gesucht, ich war jedoch bei der Arbeit."

...

"RI: Wurde Ihre Frau oder Ihre Kinder persönlich bedroht? Wenn ja von wem und wie hat diese Bedrohung konkret ausgesehen?

BF: Bei uns ist der Kopf immer der Vater, wenn ich nochmals aufgetreten wäre bzw. irgendwelche Informationen weitergegeben hätte, dann hätten sie meine Familie getötet, deshalb hat sie sich dann auch versteckt. Das hat man meiner Frau ins Gesicht gesagt und bei uns werden die Frauen nicht nur ermordet, sondern zuvor auch vergewaltigt."

...

"RI: Wieso wurden Sie nicht an ihrem Arbeitsplatz aufgesucht, nachdem Sie zu Hause nicht angetroffen wurden, für die Personen des Geheimdienstes wäre dies sicherlich kein Problem gewesen das herauszufinden?

BF: Welche Techniken der Geheimdienst einsetzt, kann ich leider nicht sagen. Deshalb weiß ich auch nicht, weshalb sie mich nicht an meiner Arbeitsstelle gesucht haben. Für mich war es einfach Glück."

Zudem erscheint es dem erkennenden Richter weder plausibel noch nachvollziehbar, weshalb Ladungen erst 6 Wochen nach Veröffentlichung des Artikels ausgestellt werden sollten und warum die Polizei diese seiner Frau hätte geben sollen, wo diese ja laut seinen Aussagen schon gewusst hätten, dass er nicht mehr im Lande sei. Auch seine widersprüchlichen Angaben zur Bedrohung seiner Familie, können seine Angaben in Zusammenschau mit den vorgelegten Dokumenten nicht glaubwürdiger erscheinen lassen. So führte er noch im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde aus, dass die Leute vom "Zentrum für Dokumentation" zwischen dem 15.Juni und 30 Juli und darüberhinaus noch bis zum 15.August jeden Tag bei ihm zu Hause vorbeigekommen seien und nach ihm gesucht hätten, um dementgegen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung wörtlich auszuführen:

"RI: Wie oft wurde denn Ihre Frau aufgesucht?

BF: Sie sind zweimal gekommen, beim dritten Mal war sie bereits fortgegangen und nicht mehr zu Hause."

Grundsätzlich ist ein Verfolgungsschicksal von einem Antragsteller glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus, eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fäll

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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