TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/9 I421 2223669-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I421 2223669-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA.

BENIN, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien gegen den Bescheid des BFA, RD Wien, Außenstelle Wien vom 22.08.2019, Zl. 1126405910-161128072, nach

Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

1. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

2. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides wird stattgegeben und dem Beschwerdeführer XXXX, Staatsbürger von Benin, der Status des subsidiär Schutzberechtigen gemäß § 8 AsylG bezogen auf den Herkunftsstaat Benin zuerkannt. Dem Beschwerdeführer XXXX, wird gemäß § 8 Abs 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für ein Jahr erteilt.

3. Die Spruchpunkte III., IV., V. und VI. des bekämpften Bescheides werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Benin, stellte am 15.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am darauffolgenden Tag erklärte er, dass er Benin aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe, seine Familie habe kein Geld gehabt.

Das Verfahren wurde zugelassen und der Beschwerdeführer am 04.06.2019 niederschriftlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) im Beisein seiner Rechtsvertretung einvernommen. Der Beschwerdeführer führte aus, dass er Benin verlassen habe, weil er von seinem Onkel an einen Mann in Paraku verkauft worden sei. In Paraku habe er arbeiten müssen und habe die Schule nicht besuchen können. Eines Tages habe ihn ein Schlepper von dort mitgenommen und ihn an Araber verkauft, für welche er von Libyen bis nach Italien tätig gewesen sei.

In einer Stellungnahme vom 25.06.2019 gab der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung an, dass er nach dem Tod seines Vaters und der neuerlichen Heirat seiner Mutter von dieser weggegeben und von der Familie seines Onkels väterlicherseits betreut worden sei. In weiterer Folge sei er als Arbeitskraft nach Djougou, Parakou, Lybien und schließlich nach Italien verkauft worden. Er sei mit großer Wahrscheinlichkeit Opfer von Menschenhandel geworden. Es wurde auf das Länderinformationsblatt, vor allem unter Berücksichtigung der Thematik Menschenhandel, eingegangen.

Mit Bescheid des BFA vom 22.08.2019, zugestellt am 23.08.2019, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 15.08.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Benin abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Benin zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde unter Spruchpunkt VII. gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 20.09.2019 Beschwerde erhoben. Der Bescheid wurde dem gesamten Inhalt und Umfang nach wegen absoluter und relativer Verfahrensfehler sowie wegen inhaltlich unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Inhaltlich wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Opfer von Menschenhandel sei. Es wurden ergänzend ein klinisch-psychologischer Befund vom Juni 2019, eine Stellungnahme der behandelnden Psychotherapeutin vom September 2019 sowie die Stellungnahme der Opferschutzeinrichtung XXXX (Unterstützung für Männer als Betroffene von Menschenhandel) vom September 2019 übermittelt, mit welcher erklärt wurde, dass der Beschwerdeführer als Opfer von Menschenhandel identifiziert worden sei.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 25.09.2019 vorgelegt.

Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7.10.2019 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Am vom 25.11.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung über die Beschwerde in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung und eines Dolmetschers für die Sprache Dendi statt. In der Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer als Beilage ./B der Bericht der LPD Wien an die Staatsanwaltschaft betreffend Verdacht auf Menschenhandel bezogen auf den Beschwerdeführer vom 19.11.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter I. geschilderte Verfahrensgang wird, ausgenommen die darin enthaltenen Angaben des Beschwerdeführers, zu Sachverhaltsfeststellungen erhoben.

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist ein am XXXX geborener junger Mann, Staatsbürger von Benin, bekennt sich zum muslimischen Glauben und spricht Dendi als Muttersprache. Seine Identität steht nicht fest zumal keine diese bestätigende Ausweise vorliegen. Französisch, die Amtssprache von Benin, spricht der Beschwerdeführer nicht. Allerdings spricht der Beschwerdeführer mittlerweile Deutsch auf niedrigen Niveau, sodass er sich in einfacher Ausdrucksweise verständigen kann.

Der Beschwerdeführer ist weder verheiratet noch verlobt und lebt auch in keiner Lebensgemeinschaft. Er hat keine Kinder und es treffen ihn keine Sorgepflichten.

In seinem Herkunftsstaat wurde dem Beschwerdeführer keine Schulbildung zu teil, er besuchte lediglich für drei Jahre eine Koranschule, wo er lernte den Koran zu lesen und zu beten. Der Beschwerdeführer verfügt auch über keine Berufsausbildung.

Der Beschwerdeführer ist in der Stadt Djougou in Benin geboren, sein Vater war früh verstorben, seine Mutter hat neuerlich geheiratet und hat den Beschwerdeführer als Kleinkind in die Obhut eines Onkels väterlicherseits übergeben, bei dem der Beschwerdeführer ca. zwei Jahre lebte. Im Alter von ca. fünf Jahren wurde der Beschwerdeführer von diesem Onkel zu einem Mann in die Stadt Paraku auch in Benin gebracht, bei dem und dessen Familie der Beschwerdeführer die folgenden sechs bis sieben Jahre lebte, dessen Ziegen, Schafe und Rinder hütete. Der Beschwerdeführer bekam dort Obdach und Essen, aber kein Geld für seine Arbeit und auch keine Bildung oder Schulausbildung. Ein Bekannter dieses Mannes, ein Händler, hat den Beschwerdeführer von dort nach Libyen gebracht, da war der Beschwerdeführer ca. zwölf Jahre alt. In einer Stadt in Libyen hat dieser Mann den Beschwerdeführer an einen Araber übergeben, der ihn in ein Bekleidungsgeschäft brachte, wo der Beschwerdeführer fortan lebte und für den Araber arbeiten musste. Für die Arbeit bekam der Beschwerdeführer kein Geld, er schlief und arbeitete in diesem Geschäft und bekam dort Essen. Bei diesem Mann lebte der Beschwerdeführer ca. drei Jahre. Nach dieser Zeit hat der Inhaber des Bekleidungsgeschäfts den Beschwerdeführer an einen weiteren Araber übergeben, der Menschen aus Libyen nach Italien bringt, damit diese dort arbeiten. In einem Boot wurde der Beschwerdeführer mit weiteren Menschen von Libyen nach Italien gebracht und ist der Beschwerdeführer in Italien davongelaufen, dies ohne ein konkretes Ziel, er wurde von einem LKW-Fahrer mitgenommen und in Österreich abgesetzt, wo am 16.08.2016 seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seinem Antrag auf internationalen Schutz vom 15.08.2016 erfolgt (AS 9ff). Diese Befragung wurde abgebrochen, weil der Beschwerdeführer des Französischen nicht mächtig ist. Am 04.06.2019 wurde der Beschwerdeführer im Beisein seiner gesetzlichen Vertretung (AS 65 Beschluss zu XXXX) und unter Mitwirkung eines Dolmetschers für seine Muttersprache Dendi niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen.

Der Beschwerdeführer ist körperlich gesund, leidet aber an einer posttraumatischen Belastungsstörung, die sich in Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Konzentrationsdefizit und depressiver Episoden manifestiert (AS 113, 229).

Der Beschwerdeführer hat sich um Integration bemüht. Er besuchte im Schuljahr 2016/17 die Neue Mittelschule XXXX, in Wien, XXXX (AS 108f Schulbesuchsbestätigung), vom 6.11.2017 bis 31.12.2018 beim XXXX einen 20 stündigen Wochenkurs wovon 12 Stunden Deutsch als Zweitsprache und 8 Stunden anderen Wahl- und Pflichtfächern gewidmet waren (AS 105 Kursbesuchsbestätigung), weiter nahm er an zahlreichen Aktivitäten, die vom XXXX angeboten wurden, teil (AS 104 Teilnahmebestätigung "Aktiv in Wien").

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Kernfamilie und keine Verwandte. Ob der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland noch über eine Kernfamilie und/oder Verwandte verfügt, kann nicht festgestellt werden. Festgestellt kann werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland auf keine sozialen Kontakte zurückgreifen kann, die ihn allenfalls unterstützten.

Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung. Er ist strafgerichtlich unbescholten (amtswegig eingeholte Auszüge GVS und Strafregisterauskunft).

1.2. Zur Lage im Herkunftsland Benin

1. Politische Lage

Benin ist eine Republik und hat ein parlamentarisches Präsidialsystem mit Volkssouveränität, freien und geheimen Wahlen und Parteienpluralismus. Viele Elemente und Institutionen sind dem französischen Präsidialsystem entlehnt. Die als ein Resultat der Nationalkonferenz entwickelte und am 11.12.1990 verkündete neue Verfassung gilt als Kompromiss zwischen amerikanischer und französischer Verfassung und begründet die Republik Benin als parlamentarisches Präsidialsystem mit Volkssouveränität, freien und geheimen Wahlen, Parteienpluralismus, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (GIZ 3.2019a; vgl. AA 28.6.2019a). Achtung der Menschenrechte und Demokratie sind Kernelemente, auf denen die Verfassung beruht (AA 28.6.2019a).

Benin ist Anfang der neunziger Jahre ein friedlicher Übergang von diktatorischen zu demokratischen Verhältnissen gelungen. Die autonome Wahlkommission (CENA) hatte am 5.3.2019 auf Grundlage eines 2018 in Kraft getretenen neuen Wahlgesetzes für die Parlamentswahlen vom 28.4.2019, nur zwei nahestehende Parteien (Union progressiste, Bloc républicain) des Präsidentenlagers von Patrice Talon zugelassen (BAMF 25.3.2019; vgl. DW 27.4.2019). Es war ein negativer Rekord von nur 27% Wahlbeteiligung zu verzeichnen, der den Parlamentarismus und die noch junge Demokratie des Landes auf eine nicht einfache Bewährungsprobe stellen (AA 28.6.2019a; vgl. BAMF 25.3.2019). Demonstrationen, zu denen die Oppositionsparteien für den 4.4.2019 aufgerufen hatten, wurden in Cotonou von der Polizei aufgelöst bzw. unterbunden (BAMF 8.4.2019). Die Opposition kritisierte diese Vorgehensweise und befürchtet das Ende der einstigen Vorzeige-Demokratie (DW 27.4.2019). Darüber hinaus hat die Regierung am Wahlwochenende kurzerhand alle sozialen Netzwerke und Nachrichtendienste für 24 Stunden blockiert. Nicht einmal die Dating-Plattform Tinder blieb verschont. Die Internet-Sperre sollte dazu dienen, Proteste am Wahltag zu vermeiden. Die Wählerinnen und Wähler Benins protestierten schließlich leise, aber deutlich: Die meisten blieben ganz einfach zu Hause (NZZ 30.4.2019). Benin bleibt eine der stabilsten Demokratien im subsaharischen Afrika nach der Durchführung mehrerer freier und fairer Wahlen seit dem Übergang zur Demokratie im Jahr 1991 (FH 4.2.2019).

Die Exekutive hat aufgrund der starken Stellung des Präsidenten besonderes Gewicht. Der Präsident, seit dem 6.4.2016 Patrice Guillaume Athanase Talon, ist zugleich Staatsoberhaupt, Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er hat das Initiativrecht für Gesetze und Referenden und kann Notstandsdekrete mit Gesetzeskraft erlassen. Sein Veto kann das Inkrafttreten bereits vom Parlament verabschiedeter Gesetze verzögern. Der Präsident wird für eine Amtszeit von fünf Jahren direkt gewählt, zuletzt im März 2016 (AA 28.6.2019a; vgl. GIZ 3.2019a). Präsident Talon hat erklärt, dass er das Amt nur eine Amtszeit ausüben wird (AA 28.6.2019a).

Gesetzgebungsorgan ist die Assemblée Nationale, ein mit 83 Abgeordneten besetztes Ein-Kammer-Parlament, dessen Abgeordnete für vier Jahre direkt gewählt werden. Die letzte Wahl fand am 26.4.2015 statt (GIZ 3.2019a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (28.6.2019a): Benin - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/innen/209036, Zugriff 17.10.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (25.3.2019): Briefing Notes 25 März 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006124/Deutschland___Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_25.03.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 21.10.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (8.4.2019): Briefing Notes 8 April 2019,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2010660/Deutschland___Bundesamt_f%C3%BCr_Migration_und_Fl%C3%BCchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_08.04.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 21.10.2019

-

DW - Deutsche Welle (27.4.2019): Benin: Wahlen ohne Opposition, https://www.dw.com/de/benin-wahlen-ohne-opposition/a-48499375?maca=de-rss-de-top-1016-rdf, Zugriff 21.10.2019

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FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2006359.html, Zugriff 17.10.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2019a): Benin - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/benin/geschichte-staat/, Zugriff 17.10.2019

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NZZ - Neue Zürcher Zeitung (30.4.2019): Wie Benin in nur drei Jahren vom demokratischen Musterstaat zur Scheindemokratie wurde, https://www.nzz.ch/international/benin-ein-einstiger-musterstaat-wird-zur-scheindemokratie-ld.1478415, Zugriff 21.10.2019

2. Sicherheitslage

Benin ist eine Republik und hat ein parlamentarisches Präsidialsystem mit Volkssouveränität, freien und geheimen Wahlen und Parteienpluralismus. Viele Elemente und Institutionen sind dem französischen Präsidialsystem entlehnt. Die als ein Resultat der Nationalkonferenz entwickelte und am 11.12.1990 verkündete neue Verfassung gilt als Kompromiss zwischen amerikanischer und französischer Verfassung und begründet die Republik Benin als parlamentarisches Präsidialsystem mit Volkssouveränität, freien und geheimen Wahlen, Parteienpluralismus, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (GIZ 3.2019a; vgl. AA 28.6.2019a). Achtung der Menschenrechte und Demokratie sind Kernelemente, auf denen die Verfassung beruht (AA 28.6.2019a).

Insbesondere in den größeren Städten kann es zu Protestaktionen und Demonstrationen, die auch gewaltsame Auseinandersetzungen und Verkehrsbehinderungen auslösen können, kommen. Im Zuge der Parlamentswahlen Ende April 2019 kam es in mehreren Städten zu Protesten und insbesondere in Cotonou zu Ausschreitungen, bei denen auch Schusswaffen eingesetzt wurden. Weitere Proteste können nicht ausgeschlossen werden. 2018 kam es auch zu ethnischen Auseinandersetzungen zwischen Viehzüchtern der Volksgruppe der Peulh und der sesshaften, ackerbautreibenden Bevölkerung (AA 31.10.2019).

Auf burkinischer, nigerianischer und nigrischer Seite der Landesgrenzen Benins sind weiterhin terroristische Aktivitäten zu verzeichnen. Zwei europäische Besucher wurden Anfang Mai 2019 aus dem Pendjari Park im Norden Benins nach Burkina Faso entführt, ihr lokaler Führer wurde in unmittelbarer Nähe zur Grenze tot aufgefunden (AA 31.10.2019). Für das gesamte Gebiet entlang der Grenze zu Burkina Faso besteht ein erhöhtes Entführungsrisiko (AA 31.10.2019; vgl. EDA 31.10.2019; FD 31.10.2019). Sicherheitskräfte sind weiterhin in Alarmbereitschaft. Es ist mit verstärkten Kontrollen zu rechnen (AA 31.10.2019).

Das französische Außenministerium markiert auf der Karte mit Gefährdungseinschätzungen die südlichen, westlichen und zentralen Regionen als gelb (erhöhte Aufmerksamkeit) sowie die nordöstliche Region (nördlicher Teil der Grenzgebiete zu Nigeria, die Grenze zu Niger, östlicher Teil der Grenzgebiete zu Burkina Faso) als orange bzw. rot (Reisen nur bei Vorliegen wichtiger Gründe bzw. formelle Reisewarnung) (FD 31.10.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (31.10.2019): Benin - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/BeninSicherheit_node.html, Zugriff 31.10.2019

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EDA - Eidgenössisches Department für auswärtige Angelegenheiten (31.10.2019): Reisehinweise für Benin, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/benin/reisehinweise-fuerbenin.html, Zugriff 31.10.2019

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FD - France Diplomatie (31.10.2019): Conseils aux Voyageurs - Benin,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/benin/, Zugriff 31.10.2019

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung und das Gesetz gewährleisten eine unabhängige Justiz, aber die Regierung respektiert dies nicht immer. Staatsanwälte werden von der Regierung ernannt und sind somit politischen Einflüssen ausgesetzt. Jedoch sind keine Fälle bekannt, bei denen der Ausgang eines Gerichtsverfahrens bereits vorbestimmt gewesen wäre. Das Justizsystem ist für Korruption anfällig. In den vergangenen Jahren unternahm die Regierung jedoch Bemühungen im Kampf gegen die Korruption, u.a. mit der Schaffung einer Antikorruptionsbehörde und Amtsenthebung und Verhaftung von korrupten Beamten. Die Verfassung sieht das Recht auf einen fairen Prozess vor, aber Ineffizienz und Korruption behindern die Ausübung dieses Rechts. Das Rechtssystem basiert auf französischem Zivilrecht und auf lokalem Gewohnheitsrecht. Für jeden Angeklagten gilt das Recht der Unschuldsvermutung. Sämtliche Rechte der Beschuldigten in einem Gerichtsverfahren werden allen Bürgern seitens der Regierung ohne Diskriminierung gewährt (USDOS 13.3.2019).

Wichtige Organe der Judikative sind das Verfassungsgericht, der Oberste Gerichtshof und der Hohe Gerichtshof (AA 28.6.2019a). Der Oberste Gerichtshof ist die höchste richterliche Instanz in allen Fragen des öffentlichen und privaten Rechts, während der Hohe Gerichtshof für Straftaten zuständig ist, die Präsident oder Minister im Rahmen ihrer Amtsführung begehen (GIZ 3.2019a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (28.6.2019a): Benin - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/innen/209036, Zugriff 18.10.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2019a): Benin - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/benin/geschichte-staat/, Zugriff 18.10.2019

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USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2004137.html, Zugriff 18.10.2019

4. Sicherheitsbehörden

Die Streitkräfte Benins (The Beninese Armed Forces - FAB) sind für die äußere Sicherheit zuständig. 2018 wurden eine Fusion von Polizei und Gendarmerie gebildet - The Republican Police - diese untersteht dem Innenministerium und ist in erster Linie für die Durchsetzung des Rechts und die Aufrechterhaltung der Ordnung in städtischen und ländlichen Gebieten verantwortlich. Die zivilen Behörden haben eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch. Die Straffreiheit bleibt jedoch ein Problem. Die Polizeiführung schützt Beamte, die Missbräuche begangen haben. Einzelpersonen können Beschwerden über polizeilichen Missbrauch bei der Leitung der Polizei, den Gerichten, dem Ombudsmann oder dem Verfassungsgericht einreichen. Seit 2016 gibt es die "Green Lines", um polizeiliche Fehlverhalten zu melden. Der Generalinspektor der Untersuchungsabteilung der Polizei ist für die Untersuchung schwerer, sensibler und komplexer Fälle verantwortlich (USDOS 13.3.2019). Wie in Frankreich gab es auch in Benin eine Zweiteilung der Sicherheitsorgane in die Polizei des Innenministeriums und die Gendarmerie des Verteidigungsministeriums. Präsident Talon ließ kurz nach seiner Amtseinführung die Chefs von Polizei und Gendarmerie auswechseln. Am 1. Januar 2018 wurden die "Police Nationale" und die "Gendarmerie Nationale" zur "Police Républicaine du Bénin" fusioniert (GIZ 3.2019a).

Ein internes Generalinspektorat ist für die Untersuchung von Polizeivorfällen zuständig. Beim Militär übernehmen diese Aufgaben sogenannte Disziplinarräte, wobei Zivilgerichte für die Verfolgung von Übergriffen durch das Militär zuständig sind. Die Polizei ist unzureichend ausgebildet und ausgestattet. Seitens der Regierung wird versucht, dieser Situation durch Rekrutierung von mehr Beamten, Errichtung von mehr Polizeistationen und Modernisierung der Ausrüstung entgegenzusteuern, jedoch blieben Probleme bestehen, darunter Straffreiheit (USDOS 13.3.2019 ).

Quellen:

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2019a): Benin - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/benin/geschichte-staat/, Zugriff 18.10.2019

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USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2004137.html, Zugriff 18.10.2019

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Sowohl die Verfassung als auch Gesetze verbieten Folter und unmenschliche Behandlung, jedoch kommt es zu Vorfällen dieser Art (FH 4.2.2019; vgl. FH 4.2.2019) und Schläge in Haft sind verbreitet (USDOS 13.3.2019).

Die Haftbedingungen sind oft hart, und Gefangenen sind mit Überbelegung, fehlendem Zugang zu Nahrung und Wasser und gelegentlichem körperlichem Missbrauch konfrontiert (FH 4.2.2019). Trotz Folterverbot kam es auch 2018 zu körperlichem Missbrauch durch die Polizei, einschließlich Schläge und Folter von Untersuchungshäftlingen (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Das Gefängnispersonal wusste über diese Situation Bescheid, wies die Behauptung jedoch zurück. Das Gesetz und die Verfassung verbieten solche Praktiken (USDOS 13.3.2019) und Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem (FH 4.2.2019).

Quellen:

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FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2006359.html, Zugriff 18.10.2019

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USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2004137.html, Zugriff 18.10.2019

6. Korruption

Korruption ist in Benin nach wie vor ein weit verbreitetes Problem. Die Antikorruptionsbehörde der Regierung, die National Anti-Corruption Authority (ANLC) ist befugt, Fälle an die Gerichte weiterzuleiten, hat aber keine Durchsetzungsautorität (FH 4.2.2019). Obwohl gesetzlich Strafen für behördliche Korruption vorgesehen sind, setzt die Regierung diese Gesetze nicht effektiv um, und Beamte bleiben korrupt und tragen zu einer Kultur der Straflosigkeit bei. Korruption ist bei der Polizei weit verbreitet und existiert auf allen Ebenen des Justizsystems (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 4.2.2019).

Quellen:

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FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2006359.html, Zugriff 18.10.2019

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USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2004137.html, Zugriff 18.10.2019

7. Allgemeine Menschenrechtslage

Laut dem Ibrahim Governance Index von 2018 rangiert Benin auf dem 7. Platz von 54 afrikanischen Staaten (GIZ 3.2019a). Die Meinungsfreiheit wird in der Verfassung grundsätzlich gewährleistet (AA 28.6.2019a). Die Pressefreiheit ist per Verfassung und auch in der Praxis weitgehend gewährleistet (USDOS 13.3.2019; vgl. GIZ 3.2019a, FH 4.2.2019), allerdings berichten die staatlichen Fernseh- und Rundfunkmedien noch immer überwiegend aus Regierungssicht. Die Schließung der Zeitung "La Nouvelle Tribune" wegen beleidigender Kritik am Präsidenten zog im Juli 2018 einige Kritik auf sich (AA 28.6.2019a; vgl. FH 4.2.2019). Am Wahltag (28.4.2019) wurde der Zugang zum Internet gesperrt, Journalisten klagen über Einschüchterungen (AA 28.6.2019a). Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ist per Verfassung wie auch in der Praxis üblicherweise gewährleistet (GIZ 3.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Versammlungen müssen genehmigt werden, die Genehmigungen werden üblicherweise erteilt. Veranstaltungen werden fallweise nicht genehmigt, wenn die öffentliche Ordnung gefährdet scheint (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (28.6.2019a): Benin - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/innen/209036, Zugriff 18.10.2019

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FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2006359.html, Zugriff 18.10.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2019a): Benin - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/benin/geschichte-staat/, Zugriff 18.10.2019

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USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2004137.html, Zugriff 18.10.2019

8. Haftbedingungen

Die Haftbedingungen sind weiterhin hart und lebensbedrohlich (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 4.2.2019). Überbelegung stellt weiterhin ein Problem dar (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019), ebenso wie der Mangel an angemessenen sanitären Anlagen und medizinischen Einrichtungen. Es gab Todesfälle aufgrund schlechter Belüftung und aufgrund des Mangels an medizinischer Versorgung (USDOS 13.3.2019).

Die Regierung erlaubt Gefängnisbesuche durch Menschenrechtsbeobachter. NGOs und religiöse Gruppen besuchen Gefängnisse. Manchmal wird NGOs der Zugang verweigert (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

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FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2006359.html, Zugriff 18.10.2019

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USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2004137.html, Zugriff 18.10.2019

9. Todesstrafe

Obwohl das Verfassungsgericht die Todesstrafe 2016 abgeschafft hatte, erließ die Regierung keine Rechtsvorschriften zur Streichung der Todesstrafe aus dem Strafgesetzbuch. Sie nahm jedoch eine Empfehlung an, die der UN-Menschenrechtsrat im Rahmen der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung ausgesprochen hatte. Diese sah nicht nur die Umwandlung aller Todesurteile vor, sondern auch eine Beschleunigung beim Erlassen der Rechtsvorschriften zur Streichung der Todesstrafe aus dem neuen Strafgesetzbuch (AI 22.2.2018). Am 21.2.2018 hat die Regierung Benins Todesurteile gegen 14 Männer in lebenslange Haft umgewandelt. Die Umwandlungen folgten einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2016, wonach die Todesstrafe für alle Verbrechen wirksam abgeschafft wurde. Im Juni 2018 verabschiedete die Nationalversammlung ein neues Strafgesetzbuch, das die Todesstrafe nicht vorsah. Der Kodex wurde am 28.12.2018 veröffentlicht (AI 10.4.2019).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (10.4.2019): Death Sentences and Executions 2018 - Benin,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2006174/ACT5098702019ENGLISH.PDF, Zugriff 29.10.2019

-

AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/1443787.html, Zugriff 29.10.2019

10. Religionsfreiheit

Die Verfassung und die Gesetze gewährleisten Religionsfreiheit (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 21.6.2019). Religiöse Gruppen müssen sich registrieren. Die drei größten Religionsgruppen sind Christen (48,5%), Moslems (27,7%) und Voudon (Voodoo) mit 11,6%. Der Rest gehört kleineren religiösen Gruppen an oder fühlt sich keiner Religion zugehörig (USDOS 21.6.2019).

Der Katholizismus ist heute die wichtigste christliche Konfession in Benin mit einem klaren Schwerpunkt im Süden. Die westafrikanische Ausprägung des Islam unterscheidet sich in vielen Dingen vom Islam in arabischen Ländern. Charakteristikum aller Religionen ist Synkretismus. Alle Beniner ordnen sich demnach einer "offiziellen" Religion zu, da ihnen bei Befragungen nur eine Auswahlmöglichkeit gegeben wird. Tatsächlich aber verfolgen viele traditionelle spirituelle und religiöse Praktiken und bezeichnen sich gleichzeitig als Christ oder Moslem. Wie auch in anderen Teilen Afrikas sind Hexereidiskurse im Alltag eines großen Teils der Bevölkerung Benins sehr präsent (GIZ 3.2019b).

Quellen:

-

FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2006359.html, Zugriff 30.10.2019

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2019b): Benin - Gesellschaft, https://www.liportal.de/benin/gesellschaft/, Zugriff 30.10.2019

-

USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Benin, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011045.html, Zugriff 30.10.2019

10.1. Vodoun/Vodun (Voodoo)

Benin wird auch oft als 'Wiege des Vodoun' bezeichnet. Die verschiedenen Vodoun-Kulte sind vor allem im südlichen Drittel des Landes beheimatet und haben einen festen Platz im Alltagsleben der Bevölkerung. Im Alltag trifft man fast überall auf Spuren der religiösen Praxis: Altäre, Schreine, Opferstätten, Legbas (anthropomorphe Lehmfiguren), Tempel und Wegweiser zu den Priesterinnen und spirituellen Heilern. Ein am Wegrand liegender rostiger Motorblock ist hier keine Umweltsünde, sondern ein Altar für Gu (Ogun), den Gott des Eisens und der Schmiede. In all den verschiedenen Vodoun-Kulten spielen initiierte Frauen eine dominierende Rolle und Männer sind eher in der Minderheit. Glaubensinhalte und Götter des Vodoun ändern sich ständig, seit sie mit den Sklaven ins Exil nach Amerika gingen und sich dort mit anderen Religionen (Christentum und Hinduismus) vermischten. Dieses Amalgam gelangte durch die zurückgekehrten 'Brasilianer' wieder an die westafrikanische Küste und vermengte sich erneut mit den alten afrikanischen Göttern und Kulten. Transatlantische Verbindungen zwischen Afrika, Amerika und Europa machten den Vodoun zu einer globalisierten Religion. Heute ist der Vodoun in Benin eine anerkannte Religion mit eigenem Feiertag, dem 10. Jänner, und das 1992 erstmals in Ouidah abgehaltene internationale Vodoun-Festival hat sich mittlerweile zu einer wichtigen gesellschaftlichen, auch internationale Besucher anziehenden, Institution etabliert (GIZ 3.2019b).

Quellen:

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2019b): Benin - Gesellschaft, https://www.liportal.de/benin/gesellschaft/, Zugriff 30.10.2019

11. Ethnische Minderheiten

Benin ist durch ethnische, regionale und linguistische Vielfalt geprägt. Wie in fast allen westafrikanischen Ländern leben, bedingt durch die willkürliche koloniale Grenzziehung, auch in Benin viele der Ethnien in zwei oder gar mehreren Staaten. In den Veröffentlichungen der Ergebnisse des Zensus 2002 (bei der Volkszählung 2013 wurden die ethnischen Gruppierungen nicht mehr ausgewiesen) wurden die 61 gezählten ethnischen Gruppen in folgende Großgruppen zusammengefasst:

* ?Fon und verwandte ethnische Gruppen: 39,2%

* Adja und verwandte Gruppen: 15,2%

* Yoruba und verwandte Gruppen: 12,3%

* Baatombu (Bariba) und verwandte Gruppen: 9,2%

* Fulbe und verwandte Gruppen: 7%

* Bètammaribè und verwandte Gruppen: 6,1%

* Yom, Lokpa und verwandte Gruppen: 4%

* Dendi und verwandte Gruppen: 2,5%

* Andere ethnische Gruppen (darunter auch Europäer, Libanesen): 1,6%

* Nicht weiter spezifiziert: 2,9% (GIZ 3.2019b).

Die Beziehungen zwischen den unterschiedlichen ethnischen Gruppen sind im Allgemeinen freundschaftlich, obwohl gelegentliche Auseinandersetzungen vor allem zwischen dem Norden und dem Süden vorkommen (FH 4.2.2019). Minderheitengruppen werden nicht an der Beteiligung am politischen Prozess gehindert (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Minderheitengruppen sind in Regierungsagenturen, der Verwaltung und auch dem Militär gut vertreten. Ethnische. Ethnische Diskriminierung ist per Verfassung verboten (FH 4.2.2019).

Quellen:

-

FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2006359.html, Zugriff 30.10.2019

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2019b): Benin - Gesellschaft, https://www.liportal.de/benin/gesellschaft/, Zugriff 30.10.2019

-

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2004137.html, Zugriff 30.10.2019

12. Relevante Bevölkerungsgruppen

12.1. Frauen

Laut Verfassung sind in Benin Frauen und Männer gleichberechtigt, jedoch sieht das in der Praxis anders aus (GIZ 3.2019b; vgl. USDOS 13.3.2019). Frauen sind vor allem gesellschaftlichen Benachteiligungen ausgesetzt (USDOS 13.3.2019). Die Verfassung sieht die Gleichstellung von Frauen im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich vor (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Die Regierung setzt das Gesetz jedoch nicht wirksam durch (USDOS 13.3.2019). Frauen werden bei der Erlangung von Arbeitsplätzen, Krediten, gleichem Entgelt sowie bei der Führung oder Leitung von Unternehmen weitgehend diskriminiert. Frauen werden rechtlich nicht von der Teilnahme am politischen Prozess ausgeschlossen, aber kulturelle Faktoren schränken ihr politisches Engagement ein (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Die Polygamie wurde 2004 offiziell abgeschafft. Dennoch findet man vor allem auf dem Land Großfamilien, in denen Männer mehrere Frauen haben. Familienplanung ist nahezu unbekannt. Auch was Bildung betrifft, liegt die Zahl der Analphabeten bei Frauen sehr hoch. Aufgrund der ethnischen und kulturellen Vielfalt des Landes gibt es regionale Unterschiede. So sind im Norden des Landes Frauen insgesamt seltener in wichtigen Positionen und höheren Berufsklassen vertreten. Auch in der Nationalversammlung arbeiten nur wenige weibliche Abgeordnete. Wichtig zum Verständnis der Geschlechterrollen ist außerdem die Tatsache, dass Frauen und Männer in praktisch allen Haushalten über getrennte Budgets verfügen und hochgradig individualisiert wirtschaften (GIZ 3.2019b).

Vergewaltigung ist verboten, aber die Durchsetzung des Gesetzes ist nicht effektiv. Opfer erstatten aufgrund des sozialen Stigmas nur selten Anzeige. Auch häusliche Gewalt ist bei Strafe verboten, kommt aber weiterhin häufig vor (USDOS 13.3.2019).

Das Gesetz verbietet Genitalverstümmelung (FGM/C) und sieht Freiheitsstrafen von bis zu 10 Jahren und Geldstrafen von bis zu sechs Millionen CFA-Franken (10.830 $) vor (USDOS 13.3.2019). Viele Frauen leiden unter den Folgen der Genitalverstümmelung (GIZ 3.2019b; vgl. AA 28.6.2019). Die Praxis beschränkte sich weitgehend auf abgelegene ländliche Gebiete im Norden. Laut UNICEF wurden 7% der Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren einer FGM/C unterzogen (USDOS 13.3.2019).

Eines der größten Probleme der letzten Jahre stellt der sich ausweitende Kinderhandel dar. Viele Kinder werden als Arbeitssklaven, insbesondere nach Nigeria "verkauft" (AA 28.6.2019a). Das Gesetz sieht eine Freiheitsstrafe von 10 bis 20 Jahren zu allen Formen des Kinderhandels, einschließlich der sexuellen Ausbeutung von Kindern zu kommerziellen Zwecken, vor (USDOS 13.3.2019)

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (28.6.2019a): Benin - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/benin-node/innen/209036, Zugriff 30.10.2019

-

FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2006359.html, Zugriff 30.10.2019

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2019b): Benin - Gesellschaft, https://www.liportal.de/benin/gesellschaft/, Zugriff 30.10.2019

-

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Benin, https://www.ecoi.net/en/document/2004137.html, Zugriff 30.10.2019

12.2. Homosexuelle

Es gibt keine Gesetze, die gleichgeschlechtliche Aktivitäten kriminalisieren (GIZ 3.2019a; vgl. USDOS 13.3.2019), allerdings können solche Tätigkeiten unter den öffentlichen Unzüchtigkeitsbestimmungen des Strafgesetzbuches strafrechtlich verfolgt werden. Es gibt keine Berichte über strafrechtliche oder zivilrechtliche Fälle von einvernehmlichem gleichgeschlechtlichem sexuelle Handlungen. Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft berichteten über Fälle von Diskriminierung und sozialer Stigmatisierung aufgrund der sexuellen Orientierung (USDOS 13.3.2019). Dennoch werden homosexuelle Frauen und Männer gesellschaftlich geächtet und stigmatisiert, so dass sie gezwungen sind, ihre se

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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