TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/9 W235 2130174-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.01.2020
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Entscheidungsdatum

09.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W235 2130174-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2019, Zl. 1068329704-190544932, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Spruchpunkte I., III., IV., V., VI. und VII. werden ersatzlos behoben.

II. Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass dem Antrag vom 10.04.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 10.06.2021 erteilt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 13.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag erfolgte seine Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes und in der Folge wurde er am 26.04.2016 niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.

1.2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2016, Zl. 1068329704-150501703, sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 10.06.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).

Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer afghanischer Staatsangehöriger sei und der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensgemeinschaft angehöre. Bereits im Kindesalter habe er gemeinsam mit seiner Familie Afghanistan verlassen. Seither habe er im Iran gelebt. Er habe drei Jahre lang die Schule besucht und in weiterer Folge als Hilfsarbeiter auf Baustellen gearbeitet. An einer lebensbedrohenden Erkrankung leide er nicht. Im Herkunftsstaat habe er drei Verwandte väterlicherseits, wobei er das genaue verwandtschaftliche Verhältnis zu diesen Personen nicht kenne und zu ihnen keinen Kontakt pflege. Über sonstige soziale Anknüpfungspunkte verfüge er nicht. Im Fall seiner Rückkehr würde er in eine existenzielle Notlage geraten. Auf den Seiten 11 bis 32 dieses Bescheides wurden Feststellungen zur allgemeinen Situation in Afghanistan getroffen.

Beweiswürdigend wurde unter anderem festgehalten, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe, seine übrigen Angaben jedoch als glaubhaft qualifiziert werden könnten.

Rechtlich folgerte das Bundesamt zu Spruchpunkt II. dieses Bescheides, dass aufgrund der herangezogenen Länderberichte davon ausgegangen werden müsse, dass Personen ohne soziale Anknüpfungspunkte in Afghanistan gefährdet seien, in eine existenzielle Notlage zu geraten. Abgesehen von drei Verwandten, zu welchen der Beschwerdeführer keinen Kontakt pflege, habe er keine Angehörigen im Herkunftsstaat. Ferner sei er nicht ortskundig, da er im Iran aufgewachsen sei. Für ihn als Zivilperson könne eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

1.3. Mit Beschwerde vom 10.07.2016 wurde Spruchpunkt I. dieses Bescheides vom Beschwerdeführer im Wege seiner Vertretung angefochten. Am 20.05.2019 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer im Wege seiner Vertretung die Beschwerde zurückzog. Mit Beschluss vom 28.05.2019 wurde das Verfahren daraufhin gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG vom Bundesverwaltungsgericht eingestellt.

1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2017, Zl. 1068329704-150501703, wurde die Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers bis zum 10.06.2019 verlängert.

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Am 10.04.2019 stellte der Beschwerdeführer unter Verwendung des vorgesehenen Formulars einen neuerlichen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung.

2.2. Am 28.05.2019 erfolgte daraufhin eine mündliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, im Zuge derer er zu seinem Gesundheitszustand angab, er sei gesund, nehme keine Medikamente und befinde sich nicht in ärztlicher Behandlung. Er könne auch arbeiten gehen. Zu seinen Angehörigen brachte er vor, seine Eltern würden sich momentan in der Türkei befinden. Seine drei Schwestern seien verheiratet und würden im Iran leben. Brüder habe er keine. Der Beschwerdeführer sei nicht verheiratet, habe keine Kinder und stehe nicht in Kontakt zu seinen Eltern, sondern nur zu seinen Schwestern. Im Herkunftsstaat habe er niemanden mehr. Die Familie seines Vaters sei bereits verstorben. Seine Mutter habe zwei Schwestern, die in Kabul leben würden. Er glaube, sie seien verheiratet, habe jedoch schon lange keinen Kontakt mehr zu ihnen. In Herat habe er sich für etwa ein Monat lang aufgehalten, da er aus dem Iran nach Herat und schließlich weiter nach Europa geflüchtet sei. Den Iran habe er verlassen, da er ein Verhältnis mit einer jungen Frau namens Sarah gehabt habe. Die Polizei habe sie aufgegriffen und er habe flüchten müssen. Er sei nach Herat geflüchtet, da dieser Ort nahe XXXX gelegen sei.

Hinsichtlich seines Aufenthalts in Österreich gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, er habe seinen Pflichtschulabschluss gemacht und suche zurzeit eine Lehrstelle als Kraftfahrzeugtechniker. Am 12. Juni habe er ein Vorstellungsgespräch. In Österreich lebe er in einer Mietwohnung gemeinsam mit drei weiteren Personen, welche aus Pakistan und aus Afghanistan stammen würden. Er habe Freunde, die er schon im Iran kennengelernt habe. Auch seine Nachhilfelehrerin unterstütze ihn. Zum dauernden Aufenthalt berechtigte Verwandte habe er nicht. Derzeit lebe er von der Sozialhilfe sowie vom AMS. In einem Verein oder einer sonstigen Organisation sei er nicht Mitglied, sondern besuche lediglich das Fitnessstudio. Ferner absolviere er Kurse über das AMS. Eine strafbare Handlung habe der Beschwerdeführer in Österreich nicht begangen.

Zu seinen Rückkehrbefürchtungen gab der Beschwerdeführer an, aufgrund seiner Beziehung zu einer jungen Frau im Iran sei sein Leben auch im Herkunftsstaat in Gefahr, da sich die Familie der Frau in Afghanistan befinde. Vom Iran aus hätten sie ihn in den Krieg nach Syrien schicken wollen. Er sei auch nicht streng gläubig. Dies sei ein weiterer Grund, warum er nicht dort leben könne.

In der Folge wurde das Länderinformationsblatt Afghanistan vom 29.06.2018 mit letzter Kurzinformation vom 26.03.2019 erörtert. Ferner wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, dass sich seine subjektive Lage im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, geändert habe. Es sei nicht festzustellen, dass eine Rückkehr die reale Gefahr für sein Leben oder seine Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Weder bestehe eine solche Gefahr aufgrund der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat noch leide er an einer lebensbedrohlichen und in seinem Herkunftsstaat nicht ausreichend behandelbaren Erkrankung. Eine Rückkehr sei ihm zuzumuten, da er sicher nach Herat oder Mazar-e Sharif gelangen könne und dort eine zumutbare Lebenssituation vorfinden würde. Es sei ihm zuzumuten, sich auch unter schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. In Anbetracht fehlender familiärer oder privater Bindungen in Österreich sei nicht ersichtlich, dass eine Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens darstellen würde. Hinsichtlich dieses Vorhalts gab der Beschwerdeführer an, er sei als Kleinkind aus Afghanistan ausgereist und habe dort keine Verwandten mehr. Sein Leben sei ferner aufgrund der Drohungen der Familie des Mädchens in Gefahr. Überdies sei er gefährdet, da er nicht mehr streng gläubig sei.

Im Zuge der Einvernahme wurden folgende Dokumente in Vorlage gebracht:

* Zeugnis über die Absolvierung der Pflichtschulabschlussprüfung an der XXXX Mittelschule XXXX in 1070 Wien;

* Empfehlungsschreiben vom XXXX .05.2019, aus welchem hervorgeht, dass sich der Beschwerdeführer seit einigen Wochen in einem Berufsorientierungs- und Ausbildungskurs befindet und

* Kursbesuchsbestätigung vom XXXX .05.2018, ausgestellt von " XXXX ", wonach der Beschwerdeführer an einem Deutsch-, Mathematik- und Englisch-Training sowie an diversen Workshops teilgenommen hat

2.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2016 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und sein Antrag vom 10.04.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Seine befristete Aufenthaltsberechtigung wurde ihm gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 57 AsylG wurde ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt IV.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt V.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt VI.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VII.).

Festgestellt wurde im Wesentlichen, dass der Beschwerdeführer Dari, Deutsch und ein wenig Englisch spreche. Afghanistan habe er im Alter von fünf Jahren gemeinsam mit seiner Familie verlassen. Anschließend habe er im Iran gelebt. Der Beschwerdeführer sei schiitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Hazara an. Er sei ledig, arbeitsfähig und leide an keiner lebensbedrohlichen Krankheit. Ferner verfüge er über Arbeitserfahrung und Schulbildung. Es würden aktuell keine Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorliegen. Der Beschwerdeführer könne seinen Lebensunterhalt in Herat oder Mazar-e Sharif bestreiten, zumal er dort Arbeitsmöglichkeiten vorfinden würde. Diese Städte seien sicher erreichbar. In Österreich habe der Beschwerdeführer keine Verwandten, er gehe keiner Arbeit nach und engagiere sich nicht in Vereinen. Er sei unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Auf den Seiten 10 bis 102 wurden Feststellungen zur allgemeinen Situation in Afghanistan getroffen.

Im Zuge der Beweiswürdigung wurde unter anderem ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in der Einvernahme am 28.05.2019 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan keine aktuellen und individuellen Fluchtgründe dargetan, zumal sein Fluchtvorbringen betreffend die Bedrohung durch die Familie einer jungen Frau, mit welcher er ein Verhältnis gehabt habe, nicht als glaubhaft erachtet werde. Zudem werde sein Vorbringen, wonach er nicht streng gläubig sei, als Schutzbehauptung gewertet. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten würden im Entscheidungszeitpunkt nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der über eine dreijährige Schulbildung verfüge, im Iran Arbeitserfahrung als Hilfsarbeiter auf Baustellen gesammelt und in Österreich an Lebenserfahrung gewonnen habe, sodass er nun seinen Lebensunterhalt auch aus Eigenem bestreiten könne. Hinsichtlich der Lebenserfahrung sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass er bereits in Österreich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, auf bestehende Netzwerke zurückzugreifen, was ihm zweifelsohne im Fall einer Rückkehr in Anbetracht des damit gewonnenen Erfahrungsschatzes zugutekommen werde. Ein fehlender sozialer oder familiärer Rückhalt im Herkunftsstaat führe nicht zur Unzumutbarkeit einer Neuansiedlung in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat, da ein erwachsener, arbeitsfähiger und gesunder Mann seinen Lebensunterhalt aus Eigenem bestreiten und im Bedarfsfall auch auf diverse Unterstützungsnetzwerke (internationale und nationale Rückkehrorganisationen bzw. NGOs) zurückgreifen könne. Im Gegensatz zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt bestehe nunmehr die Möglichkeit, finanzielle Rückkehrhilfe sowie Informationsgespräche verschiedener Organisationen in Anspruch zu nehmen. Ein familiäres Netzwerk sei nicht mehr erforderlich, um die Sicherstellung des Lebensunterhaltes zu gewährleisten. Ferner sei im Fall des Beschwerdeführers auf die Möglichkeit einer Unterstützung durch Angehörige der Volksgruppe der Hazara zu verweisen. Im Übrigen gehe aus den Länderberichten nicht hervor, dass Rückkehrende in Afghanistan einer besonderen Diskriminierung ausgesetzt wären.

Rechtlich folgerte das Bundesamt, aus dem Urteil des EuGH vom 23.05.2019, C-720/17, gehe hervor, dass Art. 19 Abs. 1 iVm Art. 16 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes dahingehend auszulegen sei, dass ein Mitgliedstaat den Schutzstatus aberkennen müsse, wenn er diesen Status zuerkannt habe, ohne dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung erfüllt gewesen wären, indem er sich auf Tatsachen gestützt habe, die sich in der Folge als unzutreffend erwiesen hätten, und obgleich der betroffenen Person nicht vorgeworfen werden könne, sie habe den Mitgliedstaat bei dieser Gelegenheit irregeführt. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bringe seit Jahren klar zum Ausdruck, dass im Fall von arbeitsfähigen, erwachsenen, gesunden Männern eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative auch dann vorliege, wenn der Betroffene über kein soziales oder familiäres Netzwerk in Afghanistan verfüge. Wenn es - wie im gegenständlichen Fall - zur Gewährung von subsidiären Schutz gekommen sei, ohne dass individuelle Gefährdungselemente hinzugetreten seien, sei dies lediglich darauf zurückzuführen, dass die ordnungsgemäße Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative unterblieben sei. Eine solche Prüfung sei jedoch zwingende Voraussetzung bei der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten. Im gegenständlichen Fall sei sohin dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG abzuerkennen. Die Gründe für die Zuerkennung des Schutzstatus würden nicht (mehr) vorliegen. Eine aktuelle Gefährdung im Herkunftsstaat habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht. Die Städte Herat und Mazar-e Sharif seien als ausreichend sicher zu bewerten. Im Fall der Rückkehr würde der Beschwerdeführer vor keine unzumutbare Situation gestellt werden. Es werde nicht verkannt, dass die Situation in den genannten Städten nach wie vor angespannt sei, jedoch habe die afghanische Regierung die Kontrolle über diese Gebiete. Die genannten Städte seien überdies sicher über den Luftweg erreichbar. Hinsichtlich der Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen sei auszuführen, dass die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich, die Versorgung jedoch zumindest grundlegend gesichert sei. Für Personen, die über keine permanente Wohnmöglichkeit verfügen würden, würden Teehäuser im ganzen Land Wohnmöglichkeiten mit geringer Qualität bieten. Der Beschwerdeführer habe bislang noch nicht in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat gelebt und verfüge dort über keine sozialen oder familiäre Anknüpfungspunkte. Er sei jedoch mit den kulturellen Gepflogenheiten Afghanistans sowie mit der Sprache vertraut. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, erwerbsfähiger Mann, welcher über Schulbildung und Arbeitserfahrung verfüge. Er gehöre keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen sei, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstelle, als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen könne. Überdies dürfe er auch Unterstützung von Hilfsorganisationen wie UNHCR oder IOM erwarten. Zu bemerken sei ferner, dass die islamische Glaubensgemeinschaft in aller Welt grundsätzlich bestrebt sei, Schutz- und Unterkunftssuchende zu beherbergen, was auch für Afghanistan Gültigkeit habe. Wenn Schutzsuchende den Wunsch auf Unterstützung in Moscheen oder anderen islamischen Einrichtungen entsprechend formulieren würden, würden sie auch Gehör und Hilfe bei der Neu- oder Wiederansiedlung in Herat oder Mazar-e Sharif erhalten. Ferner dürfe der Beschwerdeführer auch mit Unterstützung von Angehörigen der Volksgruppe der Hazara rechnen. Die zu erwartende Unterstützung durch die existierenden Stammes- und Volksgruppenstrukturen sei mit dem familiären oder sozialen Netzwerk in seinem klassischen Sinn zu vergleichen. Schließlich gebe es im Fall der erfolglosen Suche nach einer Unterkunft komplementäre Auffangmöglichkeiten, beispielsweise in Lagern. Eine etwaige Ortsunkenntnis führe im Übrigen nicht zur Unzumutbarkeit einer Neuansiedlung, da es einem Erwachsenen zumutbar sei, sich neue Ortskenntnisse in einer Stadt im Herkunftsstaat anzueignen. Im Fall der Rückkehr sei der Beschwerdeführer zwar mit einer schwierigen Lebenssituation konfrontiert, allerdings werde er dadurch in seinen Rechten nach Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Zusatzprotokolle Nr. 6 und Nr. 13 nicht verletzt. Die Gründe, die zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt hätten, würden nicht mehr vorliegen, weshalb ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen gewesen sei.

Mit Verfahrensanordnung vom 03.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

2.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung am 21.06.2019 Beschwerde. Begründend wurde nach Darstellung des Sachverhalts zusammengefasst ausgeführt, dass sich die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage seit 01.02.2016 nicht verbessert habe. Dies gehe unter anderem aus den aktuellen UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 sowie aus der ACCORD-Anfragebeantwortung vom 07.12.2018 hervor. Hinsichtlich der Lage in Herat und Mazar-e Sharif sei auf die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 13.09.2018 zu verweisen. Demnach komme es im Umland von Mazar-e Sharif zu einer unzureichenden Wasserversorgung. Aufgrund der Dürre falle die Getreideernte in Afghanistan dieses Jahr deutlich geringer aus als in den vergangenen Jahren. Im September 2018 sei von FEWS NET berichtet worden, dass der Konflikt die Vertreibung und die Zerstörung der Lebensgrundlagen verstärke. Viele der neu Vertriebenen seien wahrscheinlich von der Lebensmittelkrise betroffen, da sie keinen Zugang zu ihrer normalen Lebensgrundlage hätten. In Herat seien mehrere Infrastrukturprojekte aufgrund von ausstehenden Zahlungen verschoben worden. Mehrere Quellen hätten berichtet, dass ca. 45% der Bevölkerung über keinen gesicherten Zugang zu Lebensmitteln verfüge. Die Deckung der lebensnotwendigen Grundbedürfnisse des Beschwerdeführers sei daher im Fall der Rückkehr nicht ausreichend gesichert. Eine wesentliche und nachhaltige Verbesserung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat sei sohin nicht eingetreten. Auch die persönliche Situation des Beschwerdeführers habe sich seit 2016 nicht grundlegend geändert. Ihm fehle es im Fall seiner Rückkehr weiterhin an einer finanziellen Unterstützung durch seine Familie. Ebenso wenig sei hinsichtlich seiner Schul- bzw. Berufsbildung eine substanzielle Änderung eingetreten, zumal der Beschwerdeführer zwischenzeitlich keine wesentliche und nachhaltige Berufserfahrung erlangt habe. Insoweit die Behörde ihre Argumentation darauf stütze, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung von der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative für Personen ohne familiären Rückhalt ausgehe, sei festzuhalten, dass eine andere rechtliche Würdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht rechtfertige. Abschließend wurden die vom Beschwerdeführer gesetzten Integrationsschritte hervorgehoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensrichtung des Islam an und stammt aus der afghanischen Provinz Kabul. Seine Erstsprache ist Dari. Im Alter von ungefähr fünf Jahren ist er mit seiner Familie in den Iran gezogen. Nachdem er dort drei Jahre eine afghanische Schule besucht hat, ist er als Hilfsarbeiter auf Baustellen tätig gewesen. Im Jahr 2015 ist er endgültig aus dem Iran ausgereist.

In Österreich ist der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten. Er ist ledig, gesund und arbeitsfähig. Ihn treffen keine Obsorgeverpflichtungen. Während seines Aufenthalts im Bundesgebiet hat er den Pflichtschulabschluss nachgeholt und an Bildungsmaßnahmen von " XXXX " teilgenommen. Aktuell besucht er Kurse des AMS und bestreitet seinen Lebensunterhalt aus staatlichen Leistungen. Einen Beruf hat er in Österreich bisher nicht ausgeübt.

1.1.2. Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 13.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Seither ist er durchgehend in Österreich aufhältig.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2016, Zl. 1068329704-150501703, wurde dem zum damaligen Zeitpunkt bereits volljährigen Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 10.06.2017 erteilt. Festgestellt wurde unter anderem, dass der Beschwerdeführer im Kindesalter gemeinsam mit seiner Familie Afghanistan verlassen und seither im Iran gelebt habe. Er habe drei Jahre die Schule besucht und seinen Lebensunterhalt als Hilfsarbeiter auf Baustellen verdient. Im Herkunftsstaat habe er drei Verwandte väterlicherseits, wobei er das genaue verwandtschaftliche Verhältnis zu diesen Personen nicht kenne und zu diesen Personen keinen Kontakt pflege. Über sonstige soziale Anknüpfungspunkte verfüge er in Afghanistan nicht. Im Fall seiner Rückkehr würde er sohin in eine existenzielle Notlage geraten.

Mit Bescheid vom 06.06.2017 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers bis zum 10.06.2019 verlängert. Daraufhin stellte er am 10.04.2019 einen Antrag auf (weitere) Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung.

1.1.3. Die Eltern des Beschwerdeführers halten sich aktuell in der Türkei auf, während seine Schwestern nach wie vor im Iran leben. Die Angehörigen seines Vaters sind bereits verstorben. Zu seinen beiden Tanten mütterlicherseits, welche in Kabul leben, hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt. Er verfügt im Herkunftsstaat über kein tragfähiges soziales Netzwerk, welches im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan willig und in der Lage wäre, ihn zu unterstützen.

1.1.4. Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers und der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan, insbesondere in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat, kann nicht festgestellt werden, dass sich die Umstände, die zur Gewährung subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2016, Zl. 1068329704-150501703, wesentlich und nachhaltig verändert haben.

1.2. Zur allgemeinen Situation in Afghanistan:

1.2.1. Sicherheitslage:

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (UNGASC 03.09.2019), nachdem im Frühjahr sowohl die Taliban als auch die afghanische Regierung neue Offensiven verlautbart hatten (USDOD 6.2019). Traditionell markiert die Ankündigung der jährlichen Frühjahrsoffensive der Taliban den Beginn der sogenannten Kampfsaison - was eher als symbolisch gewertet werden kann, da die Taliban und die Regierungskräfte in den vergangenen Jahren auch im Winter gegeneinander kämpften (AJ 12.04.2019). Die Frühjahrsoffensive des Jahres 2019 trägt den Namen al-Fath (UNGASC 14.06.2019; vgl. AJ 12.04.2019; NYT 12.04.2019) und wurde von den Taliban trotz der Friedensgespräche angekündigt (AJ 12.04.2019; vgl. NYT 12.04.2019). Landesweit am meisten von diesem aktiven Konflikt betroffen waren die Provinzen Helmand, Farah und Ghazni (UNGASC 14.06.2019). Offensiven der afghanischen Spezialeinheiten der Sicherheitskräfte gegen die Taliban wurden seit Dezember 2018 verstärkt - dies hatte zum Ziel, die Bewegungsfreiheit der Taliban zu stören, Schlüsselgebiete zu verteidigen und damit eine produktive Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.07.2019). Seit Juli 2018 liefen auf hochrangiger politischer Ebene Bestrebungen, den Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban politisch zu lösen (TS 22.01.2019). Berichten zufolge standen die Verhandlungen mit den Taliban kurz vor dem Abschluss, als Anfang September der US-amerikanische Präsident ein geplantes Treffen mit den Islamisten - als Reaktion auf einen Anschlag - absagte (DZ 08.09.2019). Während sich die derzeitige militärische Situation in Afghanistan nach wie vor in einer Sackgasse befindet, stabilisierte die Einführung zusätzlicher Berater und Wegbereiter im Jahr 2018 die Situation und verlangsamte die Dynamik des Vormarsches der Taliban (USDOD 12.2018).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte und die meisten Distriktzentren (USDOD 6.2019). Die afghanischen Kräfte sichern die Städte und andere Stützpunkte der Regierung; die Taliban verstärken groß angelegte Angriffe, wodurch eine Vielzahl afghanischer Kräfte in Verteidigungsmissionen eingebunden ist, Engpässe entstehen und dadurch manchmal auch Kräfte fehlen können, um Territorium zu halten (SIGAR 30.04.2019; vgl. NYT 19.07.2019). Kämpfe waren auch weiterhin auf konstant hohem Niveau. Die Ausnahme waren islamische Festtage, an denen, wie bereits in der Vergangenheit auch schon, das Kampfniveau deutlich zurückging, als sowohl regierungsfreundliche Kräfte, aber auch regierungsfeindliche Elemente ihre offensiven Operationen reduzierten. Im Gegensatz dazu hielt das Kampftempo während des gesamten Fastenmonats Ramadan an, da regierungsfeindliche Elemente mehrere Selbstmordattentate ausführten und sowohl regierungsfreundliche Truppen, als auch regierungsfeindliche Elemente, bekundeten, ihre operative Dynamik aufrechtzuerhalten (UNGASC 03.09.2019). Die Taliban verlautbarten, eine asymmetrische Strategie zu verfolgen: die Aufständischen führen weiterhin Überfälle auf Kontrollpunkte und Distriktzentren aus und bedrohen Bevölkerungszentren (UNGASC 07.12.2018). Angriffe haben sich zwischen November 2018 und Jänner 2019 um 19% im Vergleich zum Vorberichtszeitraum (16.08. - 31.10.2018) verstärkt. Insbesondere in den Wintermonaten wurde in Afghanistan eine erhöhte Unsicherheit wahrgenommen. (SIGAR 30.04.2019). Seit dem Jahr 2002 ist die Wintersaison besonders stark umkämpft. Trotzdem bemühten sich die ANDSF und Koalitionskräfte, die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren, und konzentrierten sich auf Verteidigungsoperationen gegen die Taliban und den ISKP. Diese Operationen verursachten bei den Aufständischen schwere Verluste und hinderten sie daran, ihr Ziel zu erreichen (USDOD 6.2019). Der ISKP ist auch weiterhin widerstandsfähig: Afghanische und internationale Streitkräfte führten mit einem hohen Tempo Operationen gegen die Hochburgen des ISKP in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch, was zu einer gewissen Verschlechterung der Führungsstrukturen der ISKP führt. Dennoch konkurriert die Gruppierung auch weiterhin mit den Taliban in der östlichen Region und hat eine operative Kapazität in der Stadt Kabul behalten (UNGASC 03.09.2019).

So erzielen weder die afghanischen Sicherheitskräfte noch regierungsfeindliche Elemente signifikante territoriale Gewinne. Das aktivste Konfliktgebiet ist die Provinz Kandahar, gefolgt von den Provinzen Helmand und Nangarhar. Wenngleich es keine signifikanten Bedrohungen der staatlichen Kontrolle über Provinzhauptstädte gibt, wurde in der Nähe der Provinzhauptstädte Farah, Kunduz und Ghazni über ein hohes Maß an Taliban-Aktivität berichtet (UNGASC 03.09.2019). In mehreren Regionen wurden von den Taliban vorübergehend strategische Posten entlang der Hauptstraßen eingenommen, sodass sie den Verkehr zwischen den Provinzen erfolgreich einschränken konnten (UNGASC 07.12.2018). So kam es beispielsweise in strategisch liegenden Provinzen entlang des Highway 1 (Ring Road) zu temporären Einschränkungen durch die Taliban (UNGASC 07.12.2018; vgl. ARN 23.06.2019). Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte stellen erhebliche Mittel für die Verbesserung der Sicherheit auf den Hauptstraßen bereit - insbesondere in den Provinzen Ghazni, Zabul, Balkh und Jawzjan (UNGASC 03.09.2019).

Für das gesamte Jahr 2018 registrierten die Vereinten Nationen (UN) in Afghanistan insgesamt 22.478 sicherheitsrelevante Vorfälle. Gegenüber 2017 ist das ein Rückgang von 5%, wobei die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Jahr 2017 mit insgesamt 23.744 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hatte (UNGASC 28.02.2019).

[...]

Für den Berichtszeitraum 10.05. - 08.08.2019 registriert die Vereinten Nationen (UN) insgesamt 5.856 sicherheitsrelevante Vorfälle - eine Zunahme von 1% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 63% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, die höchste Anzahl, wurde im Berichtszeitraum in den südlichen, östlichen und südöstlichen Regionen registriert (UNGASC 03.09.2019). Für den Berichtszeitraum 08.02 - 09.05.2019 registrierte die UN insgesamt 5249 sicherheitsrelevante Vorfälle - ein Rückgang von 7% gegenüber dem Vorjahreswert; wo auch die Anzahl ziviler Opfer signifikant zurückgegangen ist (UNGASC 14.06.2019).

Für den Berichtszeitraum 10.05 - 08.08.2019 sind 56% (3.294) aller sicherheitsrelevanten Vorfälle bewaffnete Zusammenstöße gewesen; ein Rückgang um 7% im Vergleich zum Vorjahreswert. Sicherheitsrelevante Vorfälle, bei denen improvisierte Sprengkörper verwendet wurden, verzeichneten eine Zunahme von 17%. Bei den Selbstmordattentaten konnte ein Rückgang von 44% verzeichnet werden. Die afghanischen Sicherheitskräfte führen gemeinsam mit internationalen Kräften weiterhin eine hohe Anzahl von Luftangriffen durch: 506 Angriffe wurden im Berichtszeitraum verzeichnet - 57% mehr als im Vergleichszeitraum des Jahres 2018 (UNGASC 03.09.2019).

Im Gegensatz dazu registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) für das Jahr 2018 landesweit

29.493 sicherheitsrelevante Vorfälle, welche auf NGOs Einfluss hatten. In den ersten acht Monaten des Jahres 2019 waren es 18.438 Vorfälle. Zu den gemeldeten Ereignissen zählten beispielsweise geringfügige kriminelle Überfälle und Drohungen ebenso wie bewaffnete Angriffe und Bombenanschläge (INSO o.D.).

[...]

Jänner bis Oktober 2018 nahm die Kontrolle oder der Einfluss der afghanischen Regierung von 56% auf 54% der Distrikte ab, die Kontrolle bzw. Einfluss der Aufständischen auf Distrikte sank in diesem Zeitraum von 15% auf 12%. Der Anteil der umstrittenen Distrikte stieg von 29% auf 34%. Der Prozentsatz der Bevölkerung, welche in Distrikten unter afghanischer Regierungskontrolle oder -einfluss lebte, ging mit Stand Oktober 2018 auf 63,5% zurück. 8,5 Millionen Menschen (25,6% der Bevölkerung) leben mit Stand Oktober 2018 in umkämpften Gebieten, ein Anstieg um fast zwei Prozentpunkte gegenüber dem gleichen Zeitpunkt im Jahr 2017. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an von den Aufständischen kontrollierten Distrikten waren Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.01.2019).

Ein auf Afghanistan spezialisierter Militäranalyst berichtete im Januar 2019, dass rund 39% der afghanischen Distrikte unter der Kontrolle der afghanischen Regierung standen und 37% von den Taliban kontrolliert wurden. Diese Gebiete waren relativ ruhig, Zusammenstöße wurden gelegentlich gemeldet. Rund 20% der Distrikte waren stark umkämpft. Der Islamische Staat (IS) kontrollierte rund 4% der Distrikte (MA 14.01.2019).

Die Kontrolle über Distrikte, Bevölkerung und Territorium befindet sich derzeit in einer Pattsituation (SIGAR 30.04.2019). Die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle Ende 2018 bis Ende Juni 2019, insbesondere in der Provinz Helmand, sind als verstärkte Bemühungen der Sicherheitskräfte zu sehen, wichtige Taliban-Hochburgen und deren Führung zu erreichen, um in weiterer Folge eine Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.07.2019). Intensivierte Kampfhandlungen zwischen ANDSF und Taliban werden von beiden Konfliktparteien als Druckmittel am Verhandlungstisch in Doha erachtet (SIGAR 30.04.2019; vgl. NYT 19.07.2019).

Zivile Opfer:

Die Vereinten Nationen dokumentierten für den Berichtszeitraum 01.01. - 30.09.2019 8.239 zivile Opfer (2.563 Tote, 5.676 Verletzte) - dieser Wert ähnelt dem Vorjahreswert 2018. Regierungsfeindliche Elemente waren auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer; 41% der Opfer waren Frauen und Kinder. Wenngleich die Vereinten Nationen für das erste Halbjahr 2019 die niedrigste Anzahl ziviler Opfer registrierten, so waren Juli, August und September - im Gegensatz zu 2019 - von einem hohen Gewaltniveau betroffen. Zivilisten, die in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni, und Faryab wohnten, waren am stärksten vom Konflikt betroffen (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 17.10.2019).

Für das gesamte Jahr 2018 wurde von mindestens 9.214 zivilen Opfern (2.845 Tote, 6.369 Verletzte) (SIGAR 30.04.2019) berichtet, bzw. dokumentierte die UNAMA insgesamt 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte). Den Aufzeichnungen der UNAMA zufolge entspricht das einem Anstieg bei der Gesamtanzahl an zivilen Opfern um 5% bzw. 11% bei zivilen Todesfällen gegenüber dem Jahr 2017 und markierte einen Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2009. Die meisten zivilen Opfer wurden im Jahr 2018 in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni und Faryab verzeichnet, wobei die beiden Provinzen mit der höchsten zivilen Opferanzahl - Kabul (1.866) und Nangarhar (1.815) - 2018 mehr als doppelt so viele Opfer zu verzeichnen hatten wie die drittplatzierte Provinz Helmand (880 zivile Opfer) (UNAMA 24.02.2019; vgl. SIGAR 30.04.2019). Im Jahr 2018 stieg die Anzahl an dokumentierten zivilen Opfern aufgrund von Handlungen der regierungsfreundlichen Kräfte um 24% gegenüber 2017. Der Anstieg ziviler Opfer durch Handlungen regierungsfreundlicher Kräfte im Jahr 2018 wird auf verstärkte Luftangriffe, Suchoperationen der ANDSF und regierungsfreundlicher bewaffneter Gruppierungen zurückgeführt (UNAMA 24.02.2019).

[...]

High-Profile Angriffe (HPAs):

Sowohl im gesamten Jahr 2018 (USDOD 12.2018), als auch in den ersten fünf Monaten 2019 führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen (USDOD 6.2019; vgl. USDOD 12.2018). Diese Angriffe sind stetig zurückgegangen (USDOD 6.2019). Zwischen 01.06.2018 und 30.11.2018 fanden 59 HPAs in Kabul statt (Vorjahreswert: 73) (USDOD 12.2018), zwischen 01.12.2018 und 15.05.2019 waren es 6 HPAs (Vorjahreswert: 17) (USDOD 6.2019).

Anschläge gegen Gläubige und Kultstätten, religiöse Minderheiten:

Die Zahl der Angriffe auf Gläubige, religiöse Exponenten und Kultstätten war 2018 auf einem ähnlich hohen Niveau wie 2017: bei 22 Angriffen durch regierungsfeindliche Kräfte, meist des ISKP, wurden 453 zivile Opfer registriert (156 Tote, 297 Verletzte), ein Großteil verursacht durch Selbstmordanschläge (136 Tote, 266 Verletzte) (UNAMA 24.02.2019).

Für das Jahr 2018 wurden insgesamt 19 Vorfälle konfessionell motivierter Gewalt gegen Schiiten dokumentiert, bei denen es insgesamt zu 747 zivilen Opfern kam (223 Tote, 524 Verletzte). Dies ist eine Zunahme von 34% verglichen mit dem Jahr 2017. Während die Mehrheit konfessionell motivierter Angriffe gegen Schiiten im Jahr 2017 auf Kultstätten verübt wurden, gab es im Jahr 2018 nur zwei derartige Angriffe. Die meisten Anschläge auf Schiiten fanden im Jahr 2018 in anderen zivilen Lebensräumen statt, einschließlich in mehrheitlich von Schiiten oder Hazara bewohnten Gegenden. Gezielte Attentate und Selbstmordangriffe auf religiöse Führer und Gläubige führten zu 35 zivilen Opfern (15 Tote, 20 Verletzte) (UNAMA 24.02.2019).

Angriffe im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen im Oktober 2018:

Die afghanische Regierung bemühte sich, Wahllokale zu sichern, was mehr als 4 Millionen afghanischen Bürgern ermöglichte zu wählen (UNAMA 11.2018). Und auch die Vorkehrungen der ANDSF zur Sicherung der Wahllokale ermöglichten eine Wahl, die weniger gewalttätig war als jede andere Wahl der letzten zehn Jahre (USDOS 12.2018). Die Taliban hatten im Vorfeld öffentlich verkündet, die für Oktober 2018 geplanten Parlamentswahlen stören zu wollen. Ähnlich wie bei der Präsidentschaftswahl 2014 warnten sie Bürger davor, sich für die Wahl zu registrieren, verhängten "Geldbußen" und/oder beschlagnahmten Tazkiras und bedrohten Personen, die an der Durchführung der Wahl beteiligt waren (UNAMA 11.2018; vgl. USDOS 13.03.2019). Von Beginn der Wählerregistrierung (14.04.2018) bis Ende des Jahres 2018 wurden 1.007 Opfer (226 Tote, 781 Verletzte) sowie 310 Entführungen aufgrund der Wahl verzeichnet (UNAMA 24.02.2019). Am Wahltag (20.10.2018) verifizierte UNAMA 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) durch Wahl bedingte Gewalt. Die höchste Anzahl an zivilen Opfern an einem Wahltag seit Beginn der Aufzeichnungen durch UNAMA im Jahr 2009 (UNAMA 11.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan bleibt eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat, al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan, sowie Islamic Movement of Uzbekistan (USDOD 6.2019; vgl. CRS 12.02.2019) und stellt nicht nur für die beiden Länder eine Sicherheitsherausforderung dar, sondern eine Bedrohung für die gesamte regionale Sicherheit und Stabilität (USDOD 6.2019).

Taliban:

Die USA sprechen seit rund einem Jahr mit hochrangigen Vertretern der Taliban über eine politische Lösung des langjährigen Afghanistan-Konflikts. Dabei geht es vor allem um Truppenabzüge und Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen wird. Beide Seiten hatten sich jüngst optimistisch gezeigt, bald zu einer Einigung zu kommen (FAZ 21.08.2019). Während dieser Verhandlungen haben die Taliban Forderungen eines Waffenstillstandes abgewiesen und täglich Operationen ausgeführt, die hauptsächlich die afghanischen Sicherheitskräfte zum Ziel haben. (TG 30.07.2019). Zwischen 01.12.2018 und 31.05.2019 haben die Talibanaufständischen mehr Angriffe ausgeführt als in der Vergangenheit üblich, trotzdem war die Gesamtzahl effektiver feindlicher Angriffe stark rückläufig. Diese Angriffe hatten hauptsächlich militärische Außenposten und Kontrollpunkte sowie andere schlecht verteidigte ANDSF-Posten zu Ziel. Das wird als Versuch gewertet, in den Friedensverhandlungen ein Druckmittel zu haben (USDOD 6.2019).

Der derzeitige Taliban-Führer ist nach wie vor Haibatullah Akhundzada (REU 17.08.2019; vgl. FA 03.01.2018) - Stellvertreter sind Mullah Mohammad Yaqub - Sohn des ehemaligen Taliban-Führers Mullah Omar - und Serajuddin Haqqani (CTC 1.2018; vgl. TN 26.05.2016) - Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (TN 13.01.2017). Die Taliban bezeichnen sich selbst als das Islamische Emirat Afghanistan (VOJ o.D.). Die Regierungsstruktur und das militärische Kommando sind in der Layha, einem Verhaltenskodex der Taliban, definiert (AAN 04.07.2011), welche zuletzt 2010 veröffentlicht wurde (AAN 06.12.2018).

Ein Bericht über die Rekrutierungspraxis der Taliban teilt die Taliban-Kämpfer in zwei Kategorien: professionelle Vollzeitkämpfer, die oft in den Madrassen rekrutiert werden, und Teilzeit-Kämpfer vor Ort, die gegenüber einem lokalen Kommandanten loyal und in die lokale Gesellschaft eingebettet sind (LI 29.06.2017). Die Gesamtstärke der Taliban wurde von einem Experten im Jahr 2017 auf über 200.000 geschätzt, darunter angeblich 150.000 Kämpfer (rund 60.000 Vollzeitkämpfer mobiler Einheiten, der Rest sein Teil der lokalen Milizen). Der Experte schätzte jedoch, dass die Zahl der Vollzeitkämpfer, die gleichzeitig in Afghanistan aktiv sind, selten 40.000 übersteigt (LI 23.08.2017). Im Jänner 2018 schätzte ein Beamter des US-Verteidigungsministeriums die Gesamtstärke der Taliban in Afghanistan auf 60.000 (NBC 30.01.2018). Laut dem oben genannten Experten werden die Kämpfe hauptsächlich von den Vollzeitkämpfern der mobilen Einheiten ausgetragen (LI 23.08.2017; vgl. AAN 03.01.2017; AAN 17.03.2017).

Die Taliban betreiben Trainingslager in Afghanistan. Seit Ende 2014 wurden 20 davon öffentlich zur Schau gestellt. Das Khalid bin Walid-Camp soll zwölf Ableger in acht Provinzen betreiben (Helmand, Kandahar, Ghazni, Ghor, Saripul, Faryab, Farah und Maidan Wardak). 300 Militärtrainer und Gelehrte sind dort tätig, und es soll möglich sein, in diesem Camp bis zu 2.000 Rekruten auf einmal auszubilden (LWJ 14.08.2019).

Die Mehrheit der Taliban sind immer noch Paschtunen, obwohl es eine wachsende Minderheit an Tadschiken, Usbeken, Belutschen und sogar mehreren hundert Hazara (einschließlich Schiiten) gibt (LI 23.08.2017). In einigen nördlichen Gebieten sollen die Taliban bereits überwiegend Nicht-Paschtunen sein, da sie innerhalb der lokalen Bevölkerung rekrutieren (LI 23.08.2017).

Haqqani-Netzwerk:

Das seit 2012 bestehende Haqqani-Netzwerk ist eine teilautonome Organisation, Bestandteil der afghanischen Taliban und Verbündeter von al-Qaida (CRS 12.02.2019). Benannt nach dessen Begründer, Jalaluddin Haqqani (AAN 01.07.2010; vgl. USDOS 19.09.2018; vgl. CRS 12.02.2019), einem führenden Mitglied des antisowjetischen Jihad (1979-1989) und einer wichtigen Taliban-Figur; sein Tod wurde von den Taliban im September 2018 verlautbart. Der derzeitige Leiter ist dessen Sohn Serajuddin Haqqani, der seit 2015 als stellvertretender Leiter galt (CTC 1.2018).

Als gefährlichster Arm der Taliban hat das Haqqani-Netzwerk seit Jahren Angriffe in den städtischen Bereichen ausgeführt (NYT 20.08.2019) und wird für einige der tödlichsten Angriffe in Afghanistan verantwortlich gemacht (CRS 12.02.2019).

Islamischer Staat (IS/ISIS/ISIL/Daesh), Islamischer Staat Khorasan Provinz (ISKP):

Erste Berichte über den Islamischen Staat (IS, auch ISIS, ISIL oder Daesh genannt) in Afghanistan gehen auf den Sommer 2014 zurück (AAN 17.11.2014; vgl. LWJ 05.03.2015). Zu den Kommandanten gehörten zunächst oft unzufriedene afghanische und pakistanische Taliban (AAN 01.08.2017; vgl. LW 04.12.2017). Schätzungen zur Stärke des ISKP variieren zwischen 1.500 und 3.000 (USDOS 18.09.2018), bzw. 2.500 und 4.000 Kämpfern (UNSC 13.06.2019). Nach US-Angaben vom Frühjahr 2019 ist ihre Zahl auf 5.000 gestiegen. Auch soll der Islamische Staat vom zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan sowie von aus Syrien geflohenen Kämpfern profitieren (BAMF 03.06.2019; vgl. VOA 21.05.2019).

Berichten zufolge besteht der ISKP in Pakistan hauptsächlich aus ehemaligen Teherik-e Taliban Mitgliedern, die vor der pakistanischen Armee und ihrer militärischen Operationen in der FATA geflohen sind (CRS 12.02.2019; vgl. CTC 12.2018). Dem Islamischen Staat ist es gelungen, seine organisatorischen Kapazitäten sowohl in Afghanistan als auch in Pakistan dadurch zu stärken, dass er Partnerschaften mit regionalen militanten Gruppen einging. Seit 2014 haben sich dem Islamischen Staat mehrere Gruppen in Afghanistan angeschlossen, z.B. Teherik-e Taliban Pakistan (TTP)-Fraktionen oder das Islamic Movement of Uzbekistan (IMU), während andere ohne formelle Zugehörigkeitserklärung mit IS-Gruppierungen zusammengearbeitet haben, z.B. die Jundullah-Fraktion von TTP oder Lashkar-e Islam (CTC 12.2018).

Der islamische Staat hat eine Präsenz im Osten des Landes, insbesondere in der Provinz Nangarhar, die an Pakistan angrenzt (CRS 12.02.2019 ;vgl. CTC 12.2018). In dieser sind vor allem bestimmte südliche Distrikte von Nangarhar betroffen (AAN 27.09.2016; vgl. REU 23.11.2017; AAN 23.09.2017; AAN 19.02.2019), wo sie mit den Taliban um die Kontrolle kämpfen (RFE/RL 30.10.2017; vgl. AAN 19.02.2019). Im Jahr 2018 erlitt der ISKP militärische Rückschläge sowie Gebietsverluste und einen weiteren Abgang von Führungspersönlichkeiten. Einerseits konnten die Regierungskräfte die Kontrolle über ehemalige IS-Gebiete erlangen, andererseits schwächten auch die Taliban die Kontrolle des ISKP in Gebieten in Nangarhar (UNSC 13.06.2019; vgl. CSR 12.02.2019). Aufgrund der militärischen Niederlagen war der ISKP dazu gezwungen, die Anzahl seiner Angriffe zu reduzieren. Die Gruppierung versuchte, die Provinzen Paktia und Logar im Südosten einzunehmen, war aber schlussendlich erfolglos (UNSC 31.07.2019). Im Norden Afghanistans versuchten sie ebenfalls Fuß zu fassen. Im August 2018 erfuhr diese Gruppierung Niederlagen, wenngleich sie dennoch als Bedrohung in dieser Region wahrgenommen wird (CSR 12.02.2019). Berichte über die Präsenz des ISKP könnten jedoch übertrieben sein, da Warnungen vor dem Islamischen Staat laut einem Afghanistan-Experten "ein nützliches Fundraising-Tool" sind: so kann die afghanische Regierung dafür sorgen, dass Afghanistan im Bewusstsein des Westens bleibt und die Auslandshilfe nicht völlig versiegt (NAT 12.01.2017). Die Präsenz des ISKP konzentrierte sich auf die Provinzen Kunar und Nangarhar. Außerhalb von Ostafghanistan ist es dem ISKP nicht möglich, eine organisierte oder offene Präsenz aufrechtzuerhalten (UNSC 13.06.2019).

Neben komplexen Angriffen auf Regierungsziele verübte der ISKP zahlreiche groß angelegte Anschläge gegen Zivilisten, insbesondere auf die schiitische-Minderheit (CSR 12.02.2019; vgl. UNAMA 24.02.2019; AAN 24.02.2019; CTC 12.2018; UNGASC 07.12.2018; UNAMA 10.2018). Im Jahr 2018 war der ISKP für ein Fünftel aller zivilen Opfer verantwortlich, obwohl er über eine kleinere Kampftruppe als die Taliban verfügt (AAN 24.02.2019). Die Zahl der zivilen Opfer durch ISKP-Handlungen hat sich dabei 2018 gegenüber 2017 mehr als verdoppelt (UNAMA 24.02.2019), nahm im ersten Halbjahr 2019 allerdings wieder ab (UNAMA 30.07.2019).

Der ISKP verurteilt die Taliban als "Abtrünnige", die nur ethnische und/oder nationale Interessen verfolgen (CSR 12.02.2019). Die Taliban und der Islamische Staat sind verfeindet. In Afghanistan kämpfen die Taliban seit Jahren gegen den IS, dessen Ideologien und Taktiken weitaus extremer sind als jene der Taliban (WP 19.08.2019; vgl. AP 19.08.2019). Während die Taliban ihre Angriffe weitgehend auf Regierungsziele und afghanische und internationale Sicherheitskräfte beschränken (AP 19.08.2019), zielt der ISKP darauf ab, konfessionelle Gewalt in Afghanistan zu fördern, indem sich Angriffe gegen Schiiten richten (WP 19.08.2019).

Al-Qaida und ihr verbundene Gruppierungen:

Al-Qaida sieht Afghanistan auch weiterhin als sichere Zufluchtsstätte für ihre Führung, basierend auf langjährigen und engen Beziehungen zu den Taliban. Beide Gruppierungen haben immer wieder öffentlich die Bedeutung ihres Bündnisses betont (UNSC 15.01.2019). Unter der Schirmherrschaft der Taliban ist al-Qaida in den letzten Jahren stärker geworden; dabei wird die Zahl der Mitglieder auf 240 geschätzt, wobei sich die meisten in den Provinzen Badakhshan, Kunar und Zabul befinden. Mentoren und al-Qaida-Kadettenführer sind oftmals in den Provinzen Helmand und Kandahar aktiv (UNSC 13.06.2019).

Al-Qaida will die Präsenz in der Provinz Badakhshan stärken, insbesondere im Distrikt Shighnan, der an der Grenze zu Tadschikistan liegt, aber auch in der Provinz Paktika, Distrikt Barmal, wird versucht die Präsenz auszubauen. Des Weiteren fungieren al-Qaida-Mitglieder als Ausbilder und Religionslehrer der Taliban und ihrer Familienmitglieder (UNSC 13.06.2019).

Im Rahmen der Friedensgespräche mit US-Vertretern haben die Taliban angeblich im Jänner 2019 zugestimmt, internationale Terrorgruppen wie Al-Qaida aus Afghanistan zu verbannen (TEL 24.01.2019).

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* AN - Ariana News (30.11.2018): Infighting Leaves 45 Taliban Militants Killed or Wounded in Herat,

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* AP - Associated Press (4.9.2018): Death of Afghan group's founder unlikely to weaken militants,

https://www.apnews.com/be6aab352110497696ddc9a01f3bf693, Zugriff 5.6.2019;

* ARN - Arab News (23.6.2019): In the line of fire: Wardak residents struggle to stay afloat in Afghanistan, http://www.arabnews.com/node/1514761/world, Zugriff 22.7.2019;

* BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.6.2019):

Briefing Notes, Afghanistan, per E-Mail;

* BFA Staatendokumentation (4.11.2019): grafische Darstellung der sicherheits-relevanten Vorfälle 1.1.2018-30.9.2019, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor;

* CRS - Congressional Research Center (12.2.2019): Al-Qaida and Islamic State Affiliates in Afghanistan,

https://crsreports.congress.gov/product/pdf/download/IF/IF10604/IF10604.pdf/, Zugriff 6.6.2019;

* CTC - Combating Terrorism Center Sentinel (12.2018): Allied & Letal: Islamic State Khorasan's Network

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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