TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/10 W108 2173968-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.02.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W108 2173968-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX bzw. XXXX , Staatsangehörigkeit: Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.09.2017, Zl. 1087337000/151342395, wegen Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang, Sachverhalt und Vorbringen:

1.1. Verfahrensgegenständlich ist der Antrag des Beschwerdeführers, eines syrischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (im Folgenden: Antrag bzw. Asylantrag und AsylG) vom 14.09.2015, der mit dem vor dem Bundesverwaltungsgericht bekämpften Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen wurde (Spruchpunkt I.). Der Bescheid enthält weiters Aussprüche über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG und über die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG (Spruchpunkte II. und III.).

1.2. Im verwaltungsbehördlichen Verfahren wurde der Beschwerdeführer in der Erstbefragung und vor der belangten Behörde niederschriftlich befragt. Den im Verwaltungsakt einliegenden Niederschriften zufolge sagte der Beschwerdeführer in der Erstbefragung, zu der ein Dolmetscher für Arabisch hinzugezogen wurde, im Wesentlichen Folgendes aus:

Er sei syrischer Staatsangehöriger, Araber, moslemisch/sunnitischen Glaubens und am XXXX in XXXX geboren sowie mit einer im Jahr XXXX geborenen Frau verheiratet. Er sei im Jahr 2011 legal unter Verwendung seines Reisepasses von Syrien mit dem Flugzeug nach Libyen geflogen, wo er sich bis September 2013 aufgehalten habe. Danach habe er sechs Monate in Ägypten verbracht. Syrien habe er wegen des Krieges und der unsicheren Lage verlassen. Er fürchte um sein Leben, da in seinem Land Krieg herrsche.

Aus der Niederschrift über die Einvernahme vor der belangten Behörde, die ebenfalls mit Hilfe eines Dolmetschers für Arabisch durchgeführt wurde, ergeben sich im Wesentlichen folgende Aussagen des Beschwerdeführers:

Er sei am XXXX in XXXX geboren. Er sei verheiratet, seine Frau sei im Jahr XXXX geborenen. Syrien habe er legal im Oktober 2011 mit dem Bus und Schiff nach Libyen verlassen, wo er sich ca. ein Jahr und fünf Monate aufgehalten habe. Danach sei er legal nach Ägypten gereist und habe dort in Hotels gearbeitet. Nach ca. sechs Monaten in Ägypten sei er mit dem Flugzeug legal in die Türkei geflogen. Seinen Reisepass habe er in der Türkei verloren und in Serbien sei sein Personalausweis geraubt worden. Er habe zwei Brüder und sechs Schwestern. Seine Ehefrau lebe mit seinem Sohn und seiner Tochter bei der Familie seiner Mutter in XXXX . Den Asylantrag stelle er, weil in Syrien keine Sicherheit mehr herrsche. Der Hauptgrund sei jedoch, dass er Probleme mit seiner Ehefrau habe und sein Onkel, ein Staatsanwalt in Syrien, ihm eine feindliche politische Gesinnung habe unterstellen wollen. Dieser habe das oft gemacht und er sei deswegen im Gefängnis gewesen. Als er wieder rausgekommen sei, sei er gleich ausgereist. Er sei als Flüchtling gekommen und kenne sich nicht aus. Er habe nicht gewusst, dass er in der Erstbefragung alles detailliert hätte sagen sollen. Seine Frau habe ihm immer gedroht, dass ihr Onkel ihn ins Gefängnis bringen könne. Die gesamte Familie seiner Ehefrau arbeite im Gericht und hätte dort das Sagen. Es handle sich nicht um politische, sondern nur um private Probleme. Im Jahr 2000 habe er seine Ehefrau mit einem anderen Mann erwischt, den sie dann auch geheiratet habe. Er sei nämlich seit dem Jahr 2001 geschieden. Seine Probleme hätten 2001 begonnen. Er sei sehr oft im Gefängnis gewesen und habe immer Geld bezahlen müssen, um entlassen zu werden. Es habe ihm dann gereicht. Er sei bis zu seiner Ausreise im Jahr 2011 ca. 20 Mal im Gefängnis gewesen, einmal sogar acht Monate lang. Im Gefängnis sei er des Öfteren geschlagen worden. Er sei immer unterschiedlich lange im Gefängnis gewesen, manchmal nur drei bis vier Tage, aber auch drei Monate. Dort sei er immer geschlagen worden. Der Polizist habe mit der Rückseite einer Waffe die Leute geschlagen, bis sie geblutet hätten. Ihn hätten sie aber nicht geschlagen, sondern nur bedroht. Er sei niemals persönlich bedroht worden. Er sei auf die Polizeistationen in XXXX gebracht worden. Dort hätte man mit ihm nur reden wollen. Er habe nachgefragt, welche Anschuldigungen gegen ihn bestünden, er habe aber keine Antwort bekommen und sei nur beschimpft worden. Das letzte Mal sei er für acht Monate, von November 2010 bis Juli 2011, im Gefängnis in einem Vorort von XXXX gewesen. Er sei ohne Verurteilung im Gefängnis gewesen. Den Gefängnisalltag beschreibe er dahingehend, dass sie in der Früh um sieben Uhr für das Frühstück aufgeweckt worden seien, von 13 - 17 Uhr seien die Türen geöffnet gewesen und sie hätten im Hof spazieren gehen können. Am Abend hätten sie schlafen gehen müssen. Das sei alles. In einer Zelle wären 60 Personen gewesen, es hätte Stockbetten und in der Ecke zwei Fernseher gegeben. Es gebe große Räume und kleine Räume. Er sei nicht immer in der gleichen Zelle gewesen. In der letzten Zelle hätten sich 120 Personen befunden, ab und zu seien es 800 - 900 Inhaftierte in einer Zelle gewesen. Sie seien alle zwei bis drei Wochen in ein anderes Zimmer versetzt worden. Das Ganze habe sich vor sechs Jahren ereignet und sei nicht mehr in seinem Gedächtnis. Er habe alles vergessen. Er habe bereits alles dazu gesagt. Er habe Syrien wegen seiner Frau verlassen und nicht wegen des Krieges. Bei der Erstbefragung seien viele Fehler passiert. Er habe dort Englisch gesprochen, es sei kein Dolmetscher dabei gewesen. Es sei auch falsch protokoliert worden, dass er irakische Reisepässe gehabt hätte. Bevor er nach Syrien zurückkehre, bringe er sich um. Er sei bereit, wieder nach Griechenland zurückzugehen und er lüge nicht. Er sei schon alt genug. Die Regierung sei seine Frau und deren Familie. Er habe vor der Familie seiner Frau Angst, weil sie entscheide, was passiere. Er habe nur Probleme mit der Familie seiner Frau und nicht mit der Regierung oder Assad. In Syrien gebe es keine Anzeigen oder Haftbefehle gegen ihn, aber sein Name scheine im Computer auf, da gegen ihn ein Ausreiseverbot verhängt worden sei. Er habe ca. 1000 US-Dollar bezahlt, damit er einen Pass bekomme, er habe die gleiche Summe bezahlt, um einen Ausreisestempel zu erhalten. Es sei nur ein Stempel gewesen und es sei nicht im System registriert worden. Er habe jemandem in Syrien Geld gegeben, damit er für ihn nachsehe. Als er aus dem Gefängnis gekommen sei, habe er nachgefragt und es sei ihm gesagt worden, dass er ein Ausreiseverbot habe. Den Militärdienst habe er von XXXX bis XXXX am Militärflughafen von XXXX abgeleistet. Er sei zuständig für die Kontrolle der Flugzeuge gewesen. Sein Wehrdienstbuch sei in Serbien gestohlen worden. Er hätte kein Problem damit, wenn er vom syrischen Regime als Reservist eingezogen werden würde, aber er wolle nicht nach Syrien.

1.3. Die belangte Behörde erachtete die Angaben des Beschwerdeführers im Wesentlichen als tatsachenwidrig und den Beschwerdeführer in persönlicher Hinsicht als unglaubwürdig. Sie ging nicht davon aus, dass der Beschwerdeführer in Syrien einer individuellen asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und eine solche Verfolgung zukünftig zu befürchten hätte. Er habe unterschiedliche Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates angegeben. Bezüglich seiner Fluchtgründe sei nur glaubwürdig, dass er Syrien aufgrund des Krieges verlassen habe. Unglaubwürdig sei, dass er vom Onkel seiner Frau bzw. Exfrau verfolgt worden sei. Der Beschwerdeführer habe durchwegs unwahre, weil widersprüchliche Angaben gemacht, so auch zu seinem Familienstand und zum Geburtsdatum seiner Ehefrau, zu den Reisedaten und den verwendeten Transportmitteln. Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage gewesen, ein konkretes und stichhaltiges bzw. widerspruchsfreies Vorbringen darzulegen. Darüber hinaus habe er sein Fluchtvorbringen im Rahmen des Verfahrens gesteigert.

3. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides (Versagung des Asylstatus) richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.

Der Beschwerdeführer sei am XXXX geboren worden. Es seien Verfahrensvorschriften verletzt worden. Die Behörde habe es komplett unterlassen zu ermitteln, weshalb es zu den mehrmaligen Inhaftierungen gekommen sei und was die Exfrau ihrem Onkel mitgeteilt habe. Der Beschwerdeführer hätte im Fall eines ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahrens angegeben können, dass sich der Beschwerdeführer des Öfteren seiner Exfrau gegenüber regimekritisch geäußert und auch an Demonstrationen gegen die Regierung beteiligt habe. Seine Exfrau habe diese Informationen ihrem Onkel weitergegeben. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer mehrmals, zuletzt für acht Monate, inhaftiert worden. Auch Ermittlungen zum Gefängnis in XXXX und zu den Haftbedingungen habe die belangte Behörde unterlassen. Der Beschwerdeführer sei bei der Erstbefragung nicht nüchtern gewesen, weshalb die Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme entstanden sein könnten. Der Beschwerdeführer habe sagen wollen, dass er bei seinen Verhaftungen manchmal geschlagen worden sei, er habe deshalb keine nähere Beschreibung zu seinem Verfolger geben können, weil er ihn nur ein Mal getroffen habe. Ferner drohe dem Beschwerdeführer schon wegen seiner Asylantragstellung und seiner illegalen Ausreise Verfolgung durch die syrische Regierung.

4. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

5. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der Sache des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher sich der Beschwerdeführer persönlich beteiligte. Er sagte im Wesentlichen aus:

Er sei am XXXX und nicht am XXXX geboren. Er habe Dokumente in digitaler Form auf seinem Handy gespeichert, man könne aber in der Verhandlung nicht Einsicht nehmen, weil sein Handy nicht aufgeladen sei. Ein Auszug aus dem Personalregister und das Familienbuch befänden sich zuhause in XXXX bei seiner Schwester. Von Syrien sei er ohne Originaldokumente ausgereist, auch nicht mit einem Reisepass. Wenn ihm vorgehalten werde, dass er seinen früheren Angaben zufolge aus Syrien legal mit dem Reisepass ausgereist sei, gebe er an, er sei mit dem Reisepass ausgereist, aber illegal. Er könne die Kopie des Familienbuches seines Vaters morgen vorlegen. Seine eigenen Dokumente habe er alle bei der Überquerung des Meeres von der Türkei nach Griechenland verloren. Er sei aus Syrien mit den Papieren ausgereist. Er sei kein Krimineller. Er brauche kein Asyl. Er wolle diese Fragen nicht haben. Wenn die Behörde ihn aufgefordert habe, seine Dokumente nachzureichen, was aber nicht geschehen sei, sei das nicht sein Problem, er habe alles vorgelegt. Wenn er bei der Behörde gesagt habe, dass ihm sein Personalausweis und sein Familienbuch von sechs Leuten in Serbien geraubt worden seien, stimme das, es seien aber drei Leute gewesen. Wenn ihm vorgehalten werde, dies stelle einen Widerspruch zu seiner Angabe, dass die Dokumente bei der Überfahrt untergegangen seien, dar, stelle er klar, dass auf der Überfahrt nur sein Reisepass verloren gegangen sei und in Serbien der Personalausweis und Geld gestohlen worden seien. Das Familienbuch sei in der Türkei gestohlen worden. Nunmehr gebe er an, er habe seinen Reisepass im Jahr 2013 in Istanbul verkauft, um Geld für Essen zu haben. Er sei mit seinem eigenen Reisepass, Familienbuch und mit seinem Personalausweis aus Syrien ausgereist. Ihm drohe keine Verfolgung durch den syrischen Staat, er habe mit dem Regime kein Problem. Er hätte vom syrischen Staat und von der Regierung Assad bei einer Rückkehr nach Syrien keine Probleme zu erwarten. Er habe aber Probleme mit der Staatsanwaltschaft in Syrien, weil der Staatsanwalt ein Onkel seiner Exfrau sei. Er sei acht Monate im Gefängnis gewesen. Er habe private Probleme mit der Ehefrau und deren Onkel. Momentan habe er diesbezüglich keine Probleme mehr, er schicke seinen Kindern Geld und seine Frau habe wieder geheiratet, aber er könne nicht mehr nach Syrien. Das Regime fahnde nach ihm, weil er an der Revolution in Syrien teilgenommen habe und auch die Leute von der Revolution würden nach ihm fahnden. Während der Revolution sei er in Libyen gewesen und er habe die Revolution von dort aus unterstützt. Er habe herausgefunden, dass die Leute von der Revolution Geld veruntreut hätten. Er sei der Grund gewesen, warum viele von ihnen in Libyen verhaftet worden seien, deshalb fahndeten sie nach ihm. Wenn er vor der Behörde ausgesagt habe, politisch nicht aktiv gewesen zu sein und keine Probleme politischer Natur gehabt zu haben, gebe er an, er habe in allen Einvernahmen diese Gründe erwähnt. Er sei vor der Revolution im November 2010 aus Syrien ausgereist. Er habe für die Ausreise 50 US-Dollar Bestechungsgeld bezahlt. Das Regime fahnde nach ihm, er stehe auf der Fahndungsliste. Das Regime brauche dazu keinen Grund. Wenn man Probleme mit der Staatsanwaltschaft habe, habe man auch Probleme mit dem Regime. Er sei legal ausgereist. Er habe gegen Bestechungsgeld einen Ausreisestempel erhalten. Dieser Stempel gelte als legal. Für das Ausreiseverbot gebe es keinen Grund. Er habe vom Ausreiseverbot gewusst, weil er nachgefragt habe. Er habe die Sicherheitsbehörde bestochen, woraufhin ihm das gesagt worden sei.

6. Der Beschwerdeführer brachte am Tag nach der Beschwerdeverhandlung eine Kopie eines Dokumentes mit Lichtbild in Vorlage (hg. OZ 12). Der eingeholten Übersetzung dieses Dokumentes zufolge (hg. OZ 13) handelt es sich um einen Auszug aus dem Personenregister, ausgestellt im Onlineportal der Zivilbehörde des Innenministeriums der Arabischen Republik Syrien, wobei das Datum durch das Lichtbild verdeckt ist. Das Geburtsdatum des Beschwerdeführers lautet diesem Dokument zufolge " XXXX ", sein Familienstand "geschieden".

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. hinsichtlich der Lage in Syrien:

Politische Lage

In der Praxis unterhält die syrische Regierung noch immer einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat zur Überwachung von Oppositionsbewegungen, die sich zu ernstzunehmenden Konkurrenten zur Regierung Assads entwickeln könnten. Seit 2011 tobt die Gewalt in Syrien. Aus anfangs friedlichen Demonstrationen ist ein komplexer Bürgerkrieg geworden, mit unzähligen Milizen und Fronten. Die Arabische Republik Syrien existiert formal noch, ist de facto jedoch in vom Regime, von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) und von anderen Rebellen-Fraktionen oder dem sogenannten Islamischen Staat (IS) kontrollierte Gebiete aufgeteilt.

Wehrdienst/Rekrutierung

Für männliche Syrer und Palästinenser, welche in Syrien leben, ist ein Wehrdienst von 18 oder 21 Monaten ab dem Alter von 18 Jahren verpflichtend, außerdem gibt es einen freiwilligen Militärdienst. Frauen können ebenfalls freiwillig einen Militärdienst ableisten. Seit Jahren versuchen immer mehr Männer die Rekrutierung zu vermeiden, indem sie beispielsweise das Land verlassen oder bewaffneten Gruppen beitreten, die das Regime unterstützen. Jenen, die den Wehrdienst verweigern, oder auch ihren Familienangehörigen, können Konsequenzen drohen.

Es ist schwer zu sagen, in welchem Ausmaß die Rekrutierung durch die syrische Armee in verschiedenen Gebieten Syriens, die unter der Kontrolle verschiedener Akteure stehen, tatsächlich durchgesetzt wird, und wie dies geschieht.

In der syrischen Armee herrscht zunehmende Willkür und die Situation kann sich von einer Person zur anderen unterscheiden.

Regierungseinheiten, Pro-Regime-Milizen, bewaffnete oppositionelle Gruppen und terroristische Organisationen rekrutieren Kinder und nutzen sie als Soldaten, menschliche Schutzschilde, Selbstmordattentäter, Henker und auch in unterstützenden Funktionen.

Kinder werden als Zwangsarbeiter oder Informanten benutzt, wodurch sie dem Risiko von Vergeltungsakten oder extremen Bestrafungen ausgesetzt sind. Manche bewaffnete Gruppierungen, die auf der Seite der Regierung kämpfen, zwangsrekrutieren Kinder - manche nicht älter als 6 Jahre.

Die syrische Armee hat durch Todesfälle, Desertionen und Überlaufen zu den Rebellen einen schweren Mangel an Soldaten zu verzeichnen. Viele weigern sich, der Armee beizutreten. Die regulären Rekrutierungsmethoden werden in Syrien noch immer angewendet, weil das Regime zeigen will, dass sich nichts verändert hat, und das Land nicht in totaler Anarchie versinkt. Es werden Rekrutierungsschreiben verschickt, wenn Männer das wehrfähige Alter erreichen. Männer, die sich außer Landes oder in Gebieten, die nicht von der Regierung kontrolliert werden, befinden, erhalten ihre Rekrutierungsschreiben häufig nicht. Wenn eine persönliche Benachrichtigung nicht möglich ist, können Männer, welche das wehrfähige Alter erreichen, auch durch Durchsagen im staatlichen Fernsehen, Radio oder der Zeitung zum Wehrdienst aufgerufen werden.

Männer werden jedoch auch auf der Straße an Checkpoints oder an anderen Orten rekrutiert. Es gibt auch Massenverhaftungen und Tür-zu-Tür-Kampagnen, um Wehrdienstverweigerern habhaft zu werden.

Berichten zufolge besteht aber auch für - teils relativ junge - Minderjährige die Gefahr, in Zusammenhang mit der Wehrpflicht an Checkpoints aufgehalten zu werden und dabei Repressalien ausgesetzt zu sein.

Wehrdienstpflichtige Männer werden bei Hausdurchsuchungen, Razzien, an Checkpoints oder an der Grenze verhaftet und in den Militärdienst eingezogen. Bei Behördengängen, wie zum Beispiel der Registrierung einer Heirat, soll es auch zu Verhaftungen kommen. Gemäß den vom Finnish Immigration Service befragten Quellen werden Männer auf der Straße, an Universitäten und an Checkpoints eingezogen. Busse werden angehalten, um Männer im wehrdienstpflichtigen Alter zu suchen. Im privaten Sektor werden Firmen unter Druck gesetzt, ihre Arbeiter in den Militärdienst zu schicken. Das US Department of State weist darauf hin, dass an den Checkpoints der Regierung Männer allein aufgrund ihres wehrdienstpflichtigen Alters verhaftet werden. Viele verschwinden nach den Verhaftungen an Checkpoints. Auch die Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates zu Syrien geht von zehntausenden Männern im wehrdienstpflichtigen Alter aus, die verschwunden sind.

Bei Kapitulationsverhandlungen über Gebiete, die von der Opposition besetzt waren, verlangt das Regime, dass die jungen Männer der Region in die syrische Armee eintreten. Nach der Machtübernahme der Regierung in Aleppo fotografierte ein Reuters Mitarbeiter hunderte junge Männer, die zwangsrekrutiert wurden. Die Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates zu Syrien berichtet, dass die syrischen Sicherheitskräfte nach der Eroberung von Aleppo über 5000 Männer in den Wehrdienst einzogen. Auch während der Evakuierung von Zivilisten in der Region von Aleppo sollen im Dezember 2016 Pro-Assad-Gruppen Männer und Jugendliche ab 16 Jahren zwangsrekrutiert haben. Zudem werden Häftlinge unter Druck gesetzt, entweder in Haft zu bleiben oder in die Armee einzutreten.

Gemäß Berichten werden Anwohner unter Druck gesetzt, sich den lokalen Milizen anzuschließen, obwohl der Beitritt zu den Verteidigungsmilizen freiwillig ist. Im Februar 2016 wurde auf einer Webseite der Opposition berichtet, dass in Deir al-Zur, einer Stadt im Osten Syriens, welche vom sogenannten "Islamischen Staat" belagert wurde, der zuständige General die Schaffung einer Selbstverteidigungsmiliz verkündete, und dass die syrischen Sicherheitsdienste alle Männer zwischen 15 und 60 Jahren verhaftet und eingezogen haben.

Bestechung als Mittel, um den Wehrdienst zu vermeiden, ist mittlerweile schwieriger geworden - zumindest wenn jemand keine großen Geldsummen zur Verfügung hat. Es gibt auch Männer im wehrpflichtigen Alter, die frei in Syrien leben. Dem Regime liegt nicht daran, alle wehrtauglichen Personen in die Flucht zu treiben. Es werden nämlich auch künftig motivierte Kämpfer benötigt. Nach der Massenwanderung von Syrern im Jahr 2015 wurde das Wehrdienstalter erhöht, und mehr Männer wurden an Checkpoints rekrutiert, auch solche, die ihren Militärdienst bereits beendet hatten. Für junge Männer im Alter von 16 und 17 Jahren ist es schwer, einen Reisepass zu erhalten, oder sie erhalten nur einen Pass, der zwei Jahre gültig ist.

Gemäß dem Danish Immigration Service können Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren freiwillig der Armee beitreten. Aktivisten berichten über Zwangsrekrutierungen von Minderjährigen sowohl in die syrische Armee wie auch in die paramilitärischen Selbstverteidigungseinheiten. Gemäß der Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates zu Syrien rekrutieren die Volkskomittees und Milizen der National Defence Forces Minderjährige und schicken sie ohne militärisches Training in den Kampf.

Auch das US Department of State geht davon aus, dass Regierungsmilizen Kinder ab 13 Jahren rekrutieren und dass die syrische Regierung Kinder zwischen sechs und 13 Jahren als Informanten einsetzt. In den ersten Jahren des Krieges waren die meisten Kinder, die von bewaffneten Gruppen rekrutiert wurden, im Alter zwischen 15 und 17 Jahren. Seit 2014 rekrutieren alle Gruppen immer jüngere Kinder; einige sollen bereits mit sieben Jahren rekrutiert worden sein.

Das Höchstalter für den Militärdienst betrug zuvor 42 Jahre, wurde jedoch inzwischen erhöht, wobei es hierzu keine offizielle Regelung und daher auch kein offizielles Höchstalter mehr gibt. Sowohl der Danish Immigration Service wie auch der Finnish Immigration Service beschreiben, dass Männer, die älter als 42 Jahre sind, eingezogen werden: Kontaktpersonen des Danish Immigration Service gehen davon aus, dass vor allem technische Experten, die älter als 42 Jahre sind, eingezogen werden und dass Reservisten im Alter von 52 oder sogar 54 Jahren rekrutiert werden. Der Finnish Immigration Service wurde von einer Kontaktperson darüber informiert, dass Männer je nach Region und Umständen auch im Alter zwischen 50 und 60 Jahren Militärdienst leisten müssen. Ein syrischer Journalist sagte, dass auch Männer mit 47 oder 48 Jahren in den Militärdienst eingezogen werden.

Reservisten können je nach Gebiet und Fall auch im Alter von 50 bis 60 Jahren zum aktiven Dienst einberufen werden. Sie werden mittels Brief, den die Polizei persönlich zustellt, oder an Checkpoints rekrutiert. Bei der Einberufung von Reservisten ist das Alter weniger entscheidend als der Beruf oder die Ausbildung einer Person, sowie Rang und Position während des bereits abgeleisteten Militärdienstes oder die Einheit, in der gedient wurde.

Die Regierung strebt eine Stärkung der Berichten zufolge angespannten personellen Kapazitäten ihrer Streitkräfte an und hat daher, wie aus Berichten hervorgeht, ihre Bemühungen um Einziehung und Mobilisierung von Reservisten in Gebieten unter ihrer Kontrolle intensiviert, einschließlich an mobilen und fest installierten Kontrollstellen, bei Angriffen und Durchsuchungen von Häusern und öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch Jungen im Teenageralter, die das Aussehen von 18-Jährigen hatten, wurden Berichten zufolge an Kontrollstellen festgenommen. Zahlreiche Männer im Wehrdienst- oder Reservistenalter vermeiden es Berichten zufolge, sich im öffentlichen Raum zu bewegen, halten sich versteckt oder sind aus Angst vor Drangsalierung an Kontrollstellen und vor Einziehung außer Landes geflohen. Es stellt Berichten zufolge eine gängige Praxis dar, Wehrpflichtige und Reservisten nach begrenzter oder ganz ohne militärische Ausbildung an den Frontlinien einzusetzen. In von Regierungskräften von bewaffneten regierungsfeindlichen Gruppen zurückeroberten Gebieten wurden Männer im Wehrpflicht- oder Reservedienstalter in großer Zahl festgenommen und zwangsrekrutiert. Männer im wehrfähigen Alter können das Land nur mit Genehmigung des Rekrutierungsbüros verlassen. Auch um zu heiraten oder in den Staatsdienst einzutreten brauchen sie eine Genehmigung. Der Pflichtwehrdienst wurde Berichten zufolge in vielen Fällen über die vorgesehenen Monate hinaus verlängert. Nach einer eventuellen Entlassung aus dem Pflichtwehrdienst folgt, wie berichtet wird, in der Regel eine automatische Aufnahme in die Reservistenliste. Angesichts des anhaltenden Konflikts und des steigenden Bedarfs an Rekruten werden Berichten zufolge Regeln und Rechtsvorschriften für den Militärdienst zunehmend willkürlich angewandt, insbesondere in Bezug auf Aufschub- und Ausnahmeverfahren. Zunehmend zieht die Regierung, wie berichtet wird, zuvor "geschützte" Personen wie Studenten, Beamte und Häftlinge zum Militärdienst ein.

Es gibt verschiedene Gründe, um vom Militärdienst befreit zu werden. Der einzige Sohn einer Familie, Studenten oder Versorger der Familie können vom Wehrdienst befreit werden. Außerdem sind Männer mit Doppelstaatsbürgerschaft, die den Wehrdienst bereits in einem anderen Land abgeleistet haben, üblicherweise vom Wehrdienst befreit. Möglicherweise kommt es bei diesen Ausnahmen zum Wehrdienst derzeit jedoch auch zu Willkür. Durch den erhöhten Bedarf an Soldaten wird mittlerweile ebenso auf "geschützte" Gruppen wie Studierende, Beamte und Minderheiten zurückgegriffen.

Da es sich bei den Möglichkeiten zum Freikauf um "Kann-Bestimmungen" handelt, ist eine Befreiung in Krisenzeiten unwahrscheinlich.

Es wurden keine Berichte gefunden, nach denen Personen zum offiziellen Militärdienst einberufen wurden, die die einzigen Söhne der Familie sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass gesichert gesagt werden kann, dass es solche Fälle nicht gibt. Bei der Rekrutierung durch die syrische Armee herrscht mittlerweile durchaus eine gewisse Willkür. Außerdem kann sich jemand, selbst wenn er der einzige Sohn der Familie ist, als Freiwilliger beim Militär melden. Darüber hinaus existieren die NDF [National Defence Forces, eine im Jahr 2012 gegründete Pro-Regierungs-Miliz, die wiederum aus mehreren Milizgruppen besteht], deren Rekrutierungspolitik nicht gesetzlich geregelt ist. Gemäß einer Quelle ist davon auszugehen, dass die NDF jeden zwingen können, ihnen beizutreten, selbst dann, wenn die Person z.B. der einzige Sohn der Familie ist. Solche Fälle kommen jedoch laut unten angeführter Quelle jedoch nicht häufig vor.

Verschiedene Beobachter berichteten dem Danish Immigration Service, dass Freistellungen manchmal nicht mehr akzeptiert werden. Zudem sei die Freistellung vom Militärdienst auch gegen Bestechung schwieriger geworden. Gemäß dem Syrian Observer und Noah Bonsey von der International Crisis Group befürchten auch Männer, die vom Militärdienst befreit sind, eingezogen zu werden. Die Willkür hat vor allem in den Gebieten zugenommen, die von Milizen kontrolliert werden. Quellen des Finnish Immigration Service ist zu entnehmen, dass die Umsetzung der Freistellungen willkürlich ist. Die Freistellungsdokumente sind zwar vorzeigbar, können jedoch an einem Checkpoint zerrissen werden.

Entlassungen aus dem Militärdienst sind sehr selten geworden. Es gibt Männer in der Armee, die seit dem Beginn der Revolution 2011 in der Armee sind. Die Dauer des Militärdienstes hat sich verlängert, möglicherweise ist sie auch nicht mehr begrenzt. 2011 konnte der Wehrdienst noch um ein paar Monate verlängert werden, und danach wurde man entlassen. Mittlerweile ist Desertion häufig der einzige Ausweg.

Bei der Einreise nach Syrien über den Flughafen Damaskus oder andere Einreisepunkte in Gebiete, die vom syrischen Regime kontrolliert werden, wird bei Männern im wehrfähigen Alter überprüft, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Selbst wenn sie ihren Militärdienst bereits absolviert haben, kommt es vor, dass Männer im wehrfähigen Alter erneut zwangsrekrutiert werden.

Opposition/Zuschreibung einer oppositionellen Gesinnung

Bestimmte Personen werden aufgrund ihrer politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen oder ihnen wird auf andere Weise Schaden zugefügt. Aber die Konfliktparteien wenden Berichten zufolge breitere Auslegungen an, wen sie als der gegnerischen Seite zugehörig betrachten. Diese basieren z.B. auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz in einem bestimmten Gebiet, das als "regierungsfreundlich" oder "regierungsfeindlich" gilt.

Eine sich verstärkende Besonderheit des Konflikts in Syrien ist der Umstand, dass - auch - die syrische Regierung als Konfliktpartei oftmals größeren Personengruppen, einschließlich Familien, Stämmen, religiösen bzw. ethnischen Gruppen sowie ganzen Städten, Dörfern und Wohngebieten, eine politische Meinung unterstellt. Die Annahme, dass eine Person eine bestimmte politische Meinung hat, oder eine bestimmte Konfliktpartei unterstützt, basiert oft nur auf wenig mehr als der physischen Anwesenheit dieser Person in einem bestimmten Gebiet oder ihrer Abstammung aus diesem Gebiet oder auf ihrem ethnischen oder religiösen Hintergrund oder ihrer Stammeszugehörigkeit.

Personen, die tatsächlich oder vermeintlich regierungsfeindliche Ansichten haben

Einwohner Syriens, die tatsächlich oder vermeintlich regierungskritische politische Ansichten im weitesten Sinne haben, sind als Personen anzusehen, die gefährdet sind durch die Regierung verfolgt zu werden. Es liegen schon seit längerem Berichte darüber vor, dass die syrische Regierung politischen Dissens durch Einschüchterung, Überwachung und Inhaftierung von politischen Aktivisten, Journalisten, Schriftstellern und Intellektuellen unterdrückt. Auf die im März 2011 aufkommenden Protestbewegungen und die sich anschließenden bewaffneten Aufstände, reagierten die Regierung und regierungsfreundliche Kräfte, wie aus Berichten hervorgeht, mit massiver Unterdrückung und Gewalt. Die Regierung wendet, wie berichtet wird, bei der Beurteilung von politischem Dissens sehr breite Kriterien an: jegliche Kritik, Opposition oder sogar unzureichende Loyalität der Regierung gegenüber, wie auch immer ausgedrückt - friedlich oder gewalttätig, organisiert oder spontan, im Rahmen einer politischen Partei, bewaffneten Gruppe oder individuell, virtuell im Internet oder im bewaffneten Konflikt - führte Berichten zufolge zu schweren Vergeltungsmaßnahmen für die betreffenden Personen. Es wurde berichtet, dass zahlreiche Protestteilnehmer, Aktivisten, Wehrdienstentzieher, Deserteure, Laienjournalisten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Ärzte und andere Personen, denen regierungsfeindliche Haltungen zugeschrieben wurden, willkürlich verhaftet, in incommunicado Haft genommen, gefoltert oder anderen Misshandlungen ausgesetzt, oder Opfer von extralegalen oder Massenhinrichtungen wurden. Gegen zahlreiche Personen wurden Berichten zufolge Strafverfahren gemäß dem Terrorbekämpfungsgesetz (Gesetz Nr. 19 vom 2. Juli 2012) durchgeführt. Das Gesetz sieht schwere Strafen - von langjährigen Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe - für Personen vor, bei denen festgestellt wird, dass sie "terroristische" Handlungen begangen haben. "Terrorismus" ist vage und mit sehr weiten Begriffen in den Gesetzen definiert, die viel Raum für Strafverfolgung wegen zahlreicher unterschiedlicher Aktivitäten bieten, einschließlich Teilnahme an Protesten, Äußerungen in sozialen Medien, Bereitstellung humanitärer Hilfsdienste, Schmuggeln von Arzneimitteln und Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen. Berichten ist zu entnehmen, dass die meisten Häftlinge nie förmlich angeklagt werden. Gegen tausende Zivilisten wurden Berichten zufolge von Strafgerichten, dem Antiterrorismus-Gericht in Damaskus und militärischen Feldgerichten Strafverfahren durchgeführt, die gegen die internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren verstoßen. In der Regel gingen den Verfahren monatelange Untersuchungshaft in Einrichtungen der Sicherheitsdienste und erzwungene Geständnisse voraus. Es wird berichtet, dass die Strafen für jene Personen, die vor Gericht gestellt und verurteilt wurden, auch dann hart sind, wenn die fraglichen Aktivitäten selbst friedlich waren. Wie aus Berichten hervorgeht, überwacht die Regierung Korrespondenz, Online-Aktivitäten und politische Zusammenkünfte. Die Regierung hört Berichten zufolge mit Hilfe von entsprechender Ausrüstung Gespräche ab, installiert Spysoftware auf den Computern von Aktivisten, blockiert Textnachrichten und ortet Mobil- und Satellitentelefone. Aus Berichten geht hervor, dass die Online-Überwachung zu willkürlichen Verhaftungen, incommunicado Haft, Folter und Tötungen von zahlreichen politischen Dissidenten, Aktivisten, Laienjournalisten und anderen Personen geführt hat. Zahllose Personen wurden Berichten zufolge inhaftiert, nachdem sie über soziale Medien Fotos oder Videos, die regierungskritische Proteste oder Aufstände unterstützen, weitergeleitet, positiv bewertet oder kommentiert hatten. Wie berichtet wird, hackt die seit April 2011 bestehende so genannte Syrische Elektronische Armee mit stillschweigender Zustimmung der Regierung Websites und Seiten sozialer Medien von oppositionellen Gruppen, von bestimmten westlichen Medien und Menschenrechtsorganisationen und blockiert sie oder überflutet sie mit regierungsfreundlichen Inhalten. Wie aus Berichten hervorgeht, wurden nach Ausbruch der regierungskritischen Proteste im März 2011 Syrer, die im Ausland an solchen Protesten teilnahmen, durch Mitarbeiter syrischer Botschaften und durch andere Personen, die mutmaßlich im Auftrag der syrischen Regierung handelten, kontrolliert, eingeschüchtert und teilweise körperlich angegriffen. Berichten zufolge wurden die in Syrien gebliebenen Angehörigen von syrischen Staatsangehörigen, die sich an Protesten oder damit verbundenen Aktivitäten im Ausland beteiligt hatten, Befragungen unterzogen, durch telefonische Anrufe, E-Mails und Facebook-Nachrichten bedroht, sie wurden verhaftet, misshandelt oder sogar getötet. In Deutschland wurden vier Mitarbeiter der syrischen Botschaft, die mutmaßlich Aktivitäten syrischer Oppositionsmitglieder überwachten, ausgewiesen. Wie berichtet wird, befürchten im Exil lebende Syrer von Landsleuten, die aus eigener Initiative oder als Informanten im Auftrag der syrischen Regierung handeln, überwacht, bedroht oder in sozialen Medien als "regierungsfeindlich" dargestellt zu werden.

(Arabische) Sunniten werden im Allgemeinen und insbesondere, wenn sie aus Gebieten stammen, die bekanntermaßen mit der Opposition sympathisieren oder unter der de facto Kontrolle bewaffneter oppositioneller Gruppen stehen, als regierungsfeindlich wahrgenommen. Aus diesem Grund waren ihre Wohngebiete von Beschießungen, Artilleriefeuer und Militärangriffen betroffen und von der Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Grundbedarfsgütern abgeschnitten. Darüber hinaus wurden Sunniten von Streitkräften der Regierung aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Verbindung mit sunnitischen Islamisten oder Salafisten bzw. ganz allgemein bewaffneten oppositionellen Gruppen willkürlich verhaftet, in Isolationshaft genommen, gefoltert und auf andere Weisen misshandelt sowie extralegal und standrechtlich hingerichtet. Der unabhängigen UN-Untersuchungskommission zufolge besteht "in von der Regierung kontrollierten Gebieten für sunnitische Männer aus Unruhegebieten das größte Risiko, an Kontrollstellen oder bei Hausdurchsuchungen inhaftiert zu werden, da sie als wahrscheinliche Sympathisanten oder Unterstützer von oppositionellen bewaffneten Gruppen gelten. Diese Gemeinschaft ist insbesondere in Hinblick auf Zwangsverschleppung, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen während Inhaftierungen gefährdet.

Berichten ist zu entnehmen, dass Zivilpersonen, die aus Gebieten stammen oder in Gebieten wohnen, in denen es zu Protesten der Bevölkerung kam und/oder in denen bewaffnete oppositionelle Gruppen in Erscheinung treten oder (zeitweise) die Kontrolle übernommen haben, im Allgemeinen mit der Opposition in Verbindung gebracht werden und daher von der Regierung als regierungsfeindlich angesehen werden. Es gehört Berichten zufolge zu einer umfassenden Politik, Zivilisten aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, ihrer Anwesenheit in einem Gebiet oder ihrer Herkunft aus einem Gebiet, das als regierungsfeindlich und/oder als Unterstützer oppositioneller bewaffneter Gruppen betrachtet wird, ins Visier zu nehmen. Der Herkunftsort kann einen Faktor darstellen, wie mit dessen Bewohnern umgegangen wird - besonders bei Gebieten, die vormals von Aufständischen gehalten wurden oder sich noch unter deren Kontrolle befinden.

Die tatsächlich oder vermeintlich oppositionellen Ansichten einer Person werden häufig auch Personen in ihrem Umfeld, wie Familienmitgliedern, Nachbarn und Kollegen zugeschrieben. Die Familienangehörigen (beispielsweise Ehegatten, Kinder, Geschwister, Eltern und auch entferntere Verwandt) von (tatsächlichen oder vermeintlichen) Protestteilnehmern, Aktivisten, Mitgliedern von Oppositionsparteien oder bewaffneten oppositionellen Gruppen, Überläufern und Wehrdienstentziehern und anderen Personen wurden Berichten zufolge willkürlich verhaftet, in incommunicado Haft genommen, gefoltert und in sonstiger Weise - einschließlich unter Anwendung sexueller Gewalt - misshandelt sowie auch willkürlich hingerichtet. Verläuft die Fahndung nach einem Regierungsgegner bzw. einer Person, die für einen Regierungsgegner gehalten wird, erfolglos, gehen die Sicherheitskräfte Berichten zufolge dazu über, die Familienangehörigen der betreffenden Person festzunehmen oder zu misshandeln. Dies geschieht entweder, um Vergeltung zu üben für die Aktivitäten bzw. den Loyalitätsbruch der gesuchten Person oder um Informationen über ihren Aufenthaltsort zu gewinnen und/oder mit der Absicht, die betreffende Person dazu zu bewegen, sich zu stellen bzw. die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zu gestehen. Wie aus Berichten hervorgeht, wurden weibliche Verwandte verhaftet und als "Tauschobjekte" für Gefangenenaustausch mit regierungsfeindlichen bewaffneten Gruppen verwendet. Darüber hinaus liegen Berichte vor, dass sogar Nachbarn, Kollegen und Freunde verfolgt wurden.

Aus Angst, selbst inhaftiert und misshandelt zu werden, sehen Familienmitglieder, wie Berichten zu entnehmen ist, häufig davon ab, nach dem Aufenthaltsort von verhafteten Familienmitgliedern zu forschen oder sich über die Verhaftung zu beklagen. Wie aus Berichten hervorgeht, sehen sie sich stattdessen gezwungen, korrupten Staatsbediensteten Schmiergelder zu bezahlen, um Informationen über den Aufenthaltsort eines inhaftierten Angehörigen zu erhalten, seine Verlagerung von einer Haftanstalt des Sicherheitsdienstes in die zentrale Haftanstalt zu veranlassen oder für seine Freilassung zu sorgen - dabei besteht für sie keine Erfolgsgarantie. Amnestien durch den Präsidenten haben, wie berichtet wird, auch Richtern die Möglichkeit eröffnet, Bestechungsgelder von Familien entgegen zu nehmen, die die Freilassung eines inhaftierten Familienmitglieds erreichen möchten. In besonders schwerwiegenden Fällen wurden Berichten zufolge ganze Familien von Oppositionsmitgliedern oder Überläufern verhaftet oder extralegal hingerichtet, beispielsweise bei Hausdurchsuchungen.

Aufgrund verfügbarer Herkunftslandinformationen reicht allein der Verdacht, dass eine Person regierungskritische Ansichten hat oder mit einer Person in Verbindung steht, die solche Ansichten hat, für die Verfolgung aus.

Den vorliegenden Quellen zufolge können Angehörige von gesuchten Personen, inklusive Wehrdienstentziehern, bei ihrer Rückkehr verhaftet werden, etwa um die gesuchten Personen unter Druck zu setzen, ihre Aktivitäten einzustellen oder sich den syrischen Behörden zu stellen.

Wehrdienstverweigerer, Deserteure und ihre Familienangehörigen

Die Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates zu Syrien und das Syrian Human Rights Committee berichteten 2013 über Exekutionen von desertierten Soldaten, über Verhaftungen von Familienangehörigen von Deserteuren und über willkürliche Verhaftungen von Personen, die sich nicht ausweisen können und aus umkämpften Gebieten geflohen sind.

Syrische Oppositionelle oder Deserteure sind im mit Syrien verbündeten Libanon ebenfalls von Verhaftung bedroht. Sogar Familienangehörige von Deserteuren und Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, sind im Ausland in Gefahr.

Zivilisten, die für die Armee gearbeitet haben und die Armee verlassen haben, gelten als Verräter und werden wie Deserteure bestraft. Personen, die nach einem bewilligten Aufenthalt im Ausland nicht nach Syrien zurückkehren, werden als Wehrdienstverweigerer oder Deserteur eingestuft und dementsprechend bestraft.

Wenn die Personen, die vom syrischen Regime einberufen wurden, nicht freiwillig erscheinen, werden sie als Wehrdienstverweigerer gelistet und werden von den Behörden gesucht. Die Truppen der Regierung sind ausgedünnt und es mangelt an Militärs.

Wehrdienstentzieher, die sich nicht innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf der festgelegten Frist zum Militärdienst melden, werden (in Friedenszeiten) mit ein bis sechs Monaten Haft bestraft. Die Wehrdienstpflicht besteht dabei weiterhin fort. Wenn Personen sich innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf der Frist freiwillig melden, wird die Strafe um 50 Prozent herabgesetzt. In Kriegszeiten wird Wehrdienstentziehung je nach den Umständen mit Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren bestraft. Nach Verbüßung der Strafe muss der Wehrdienstentzieher weiterhin den regulären Militärdienst ableisten.

Es wird berichtet, dass Wehrdienstentzieher in der Praxis festgenommen und unterschiedlich lange inhaftiert werden und danach in ihrer militärischen Einheit Dienst leisten müssen. Aus Berichten geht hervor, dass sie während der Haft dem Risiko der Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind. Die Regierung inhaftiert Berichten zufolge außerdem gezielt Familienmitglieder von Wehrdienstentziehern, um Druck auf Männer im wehrfähigen Alter auszuüben, in den Militärdienst zu treten. Wie aus Berichten hervorgeht, ist es unklar, auf welche Weise Personen über die Verpflichtung informiert werden, sich zum Militärdienst zu melden. Ferner ist unklar, wie viel Zeit vergeht, bis der Name einer Person, die dem Einberufungsbefehl nicht Folge leistet, an das Militär und an Personenkontrollstellen mit der Anweisung gemeldet wird, die betreffende Person aufgrund von Wehrdienstentziehung festzunehmen. Einzelne Berichte legen außerdem nahe, dass zumindest in manchen Fällen Personen nach ihrer Festnahme an Kontrollstellen in die Armee eingezogen wurden, ohne zuvor einen Einberufungsbescheid erhalten zu haben. Ungeachtet des genauen Zeitpunkts, zu dem eine Person gemäß anwendbarem syrischem Recht als wehrdienstpflichtig betrachtet wird (und sich daher strafbar macht, wenn sie dem Einberufungsbefehl nicht Folge leistet), kann nach Beobachtungen von UNHCR "eine Wehrdienstentziehung auch präventiv erfolgen, indem die betreffende Person noch vor Eintreffen des eigentlichen Erfassungs- oder Einberufungsbefehls handelt", indem sie zum Beispiel das Land verlässt.

Die syrische Regierung betrachtet, wie Berichten zu entnehmen ist, Wehrdienstentziehung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen "terroristische" Bedrohungen zu schützen.

Jenen, die den Wehrdienst verweigern, oder auch ihren Familienangehörigen, können Konsequenzen drohen.

Auch Familien von Deserteuren oder Wehrdienstverweigerern haben mit Konsequenzen zu rechnen. Eine Familie könnte von der Regierung unter Druck gesetzt werden, wenn der Deserteur dadurch vielleicht gefunden werden kann. Familienmitglieder (auch weibliche) können festgenommen werden, um den Deserteur dazu zu bringen, sich zu stellen.

Manchmal wird ein Bruder oder der Vater eines Deserteurs ersatzweise zur Armee rekrutiert.

Die Familien und besonders die Väter von Militärdienstverweigerern und Deserteuren werden üblicherweise schikaniert, um die Söhne zu zwingen, sich zu stellen. Die Behörden treten auch an bestimmte Gemeinschaften heran und verlangen, dass die Familien die Mitglieder, die für den Militärdienst gesucht werden, übergeben. Obwohl die Soldaten streng beaufsichtigt werden und ihre Familien bei Fahnenflucht mit Repressalien rechnen müssen, gibt es immer wieder Deserteure. Die meisten von ihnen seien Angehörige der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit. Das Regime verwendet weiterhin alle möglichen Druckmittel von bürokratischen Auflagen bis hin zu Gefängnis und Folter, um die syrischen Streitkräfte oder die paramilitärischen Verbände zu verstärken. Amnestien dienen im Endeffekt nicht dazu, den Wehrdienstverweigerern und Deserteuren eine Strafe zu ersparen, sondern ihrer habhaft zu werden, um sie zum Militärdienst und letztendlich zum Kampfeinsatz einziehen zu können. Auch Familienangehörige von Deserteuren, von Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, oder von Zivilisten, die bei der Armee gearbeitet haben, werden bestraft. Geschwister, Brüder und Schwestern, wie auch Mütter und Väter werden verhaftet. Neben Plünderung ihrer Häuser und Verhaftungen werden Familienangehörige von Deserteuren und Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, häufig aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Die Maßnahmen gegen die Familien von Deserteuren variieren in den verschiedenen Regionen. Väter oder Brüder werden rekrutiert, um den Deserteur in der Armee zu ersetzen. Desertiert jemand mit der Waffe, werden die Familienangehörigen verhaftet. Wenn sie sich nicht mehr in Syrien aufhalten, werden sie auf eine der Suchlisten gesetzt.

Wie Berichte belegen, griffen Regierungskräfte zum Beispiel bei Verhaftungskampagnen in Gebieten, in denen ihrer Wahrnehmung nach die Opposition unterstützt wurde, gezielt Angehörige von Deserteuren heraus. Das Eigentum von Deserteuren wurde, wie berichtet wird, durch Plünderung und Brandstiftung zerstört.

Personen, die im Ausland auf bestimmte Weise aktiv sind

Wie aus Berichten hervorgeht, betrachtet die Regierung bestimmte Aktivitäten von im Ausland lebenden Syrern als Ausdruck einer oppositionellen Einstellung, darunter Anträge auf Asyl, Teilnahme an regierungskritischen Protesten, Kontakte zu Oppositionsgruppen oder andere Ausdrucksformen der Kritik an der Regierung, einschließlich über soziale Medien.

Menschenrechtsverletzungen

Die syrische Regierung, ihre Streitkräfte und regierungsfreundliche Kräfte begehen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, wie Mord, Vernichtung, Folter, Vergewaltigung, Zwangsverschleppungen, Angriffe auf die Zivilbevölkerung und andere unmenschliche Akte. Im Zuge mehrerer großer Militäroperationen von Regierungs- und regierungsfreundlichen Truppen verübten diese Massenmorde, auch an Frauen und Kindern. Der fortgesetzte Konflikt führte zu einigen der abscheulichsten Bedingungen für Menschenrechte und humanitäre Lage weltweit, darunter Ermordungen, Folter, willkürliche Haft, Verschwindenlassen, Verweigerung des Zugangs zu Justiz, schwere Einschränkungen der Meinungsfreiheit und die Verfolgung von Frauen und Minderheiten. Kinder wurden ermordet, gefoltert und der Gewalt durch alle Parteien ausgesetzt. Es kommt auch zu frühen Zwangsheiraten von Mädchen. Die meisten Menschenrechtsverletzungen und Brüche des humanitären Gesetzes wurden systematisch von syrischen Regierungskräften und ihren verbündeten Gruppen begangen.

Der bewaffnete Konflikt in Syrien ist Berichten zufolge weiterhin von weit verbreiteten und systematischen Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts gekennzeichnet, die in einem Klima der Straflosigkeit stattfinden. Die Unabhängige UN-Untersuchungskommission zu Syrien und Menschenrechtsorganisationen haben syrische Regierungskräfte der Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt. Willkürliche und direkte Angriffe auf Zivilisten, Belagerungen und Verwehrung des Zugangs von humanitärer Hilfe sowie Angriffe auf medizinische Einrichtungen und Mitarbeiter haben sich Berichten zufolge als typisches Schema von Menschenrechtsverletzungen auf Seiten der syrischen Regierungskräfte erwiesen. Wie aus Berichten hervorgeht, haben syrische Regierungskräfte Waffen auf willkürliche Weise eingesetzt, darunter Artillerie, Luftangriffe, Fassbomben, Brandwaffen, Streumunition und chemische Waffen.

Aus den Berichten der unabhängigen UN-Untersuchungskommission und von Menschenrechtsorganisationen geht hervor, dass bewaffnete oppositionelle Gruppen Kriegsverbrechen in Form von Mord, Hinrichtung ohne Gerichtsverfahren, Folter, Geiselnahme, Rekrutierung von Kindern und deren Einsatz für Kampfhandlungen und für andere Zwecke sowie Angriffe auf Mitarbeiter medizinischer und religiöser Einrichtungen, Journalisten und geschützte Objekte begehen. Von der Regierung kontrollierte Ortschaften, einschließlich solcher Gebiete, die von religiösen Minderheiten bewohnt werden, sind Berichten zufolge häufig Ziel willkürlicher Mörser-, Raketen- und USBV-Angriffe durch bewaffnete oppositionelle Gruppen. Diese bewaffneten oppositionellen Gruppen haben Berichten zufolge Zivilgebiete, die als regierungsnah angesehen werden, belagert oder zeitweise von der Wasser- und/oder Stromversorgung abgeschnitten.

Ausreise aus Syrien

Die Informationen beschreiben die Situation gemäß geltenden syrischen Gesetzen. Im Kontext des Konflikts in Syrien werden Berichten zufolge Gesetze jedoch auf willkürliche und nicht vorhersehbare Weise umgesetzt. Hinzu kommt, dass Grenzbehörden interne Anweisungen erhalten können, zu denen Informationen nicht öffentlich verfügbar sind.

Im Prinzip steht es syrischen Staatsangehörigen frei, mit ihrem syrischen Pass (oder bei einer Ausreise in den Libanon: mit gültigem Personalausweis) über alle funktionsfähigen Grenzübergänge, einschließlich dem Flughafen Damaskus, das Land zu verlassen. Syrische Staatsangehörige müssen eine Ausreisegebühr in einer Höhe zahlen, die vom Ausreisepunkt (Landgrenze oder Flughafen) abhängt. Auf Grundlage von Gesetz Nr. 18 aus dem Jahr 2014 kann die Ausreise oder Rückkehr ohne gültigen Pass oder ohne die erforderliche Genehmigung oder über einen nicht genehmigten Ausreisepunkt je nach Umständen des Einzelfalls Freiheits- und/oder Geldstrafen nach sich ziehen. Es ist nicht klar, ob das Gesetz tatsächlich angewandt wird und ob Personen, die aus dem Ausland zurückkehren, gemäß Gesetz Nr. 18 von 2014 einer Strafverfolgung ausgesetzt waren.

Personen der folgenden Kategorien benötigen eine Reiseerlaubnis, um das Land legal zu verlassen:

a) Staatsbedienstete

Staatsbedienstete genießen keine unbeschränkte Reisefreiheit, sondern brauchen eine Ausreisegenehmigung des jeweiligen Ministeriums. Je nach ihrer Position kann eine solche Genehmigung mit bestimmten Auflagen verknüpft sein, bis hin zu einer erforderlichen "Vor-Genehmigung" bei Anträgen auf Ausstellung eines Passes.

b) Berufssoldaten

Berufssoldaten brauchen vor jeder Auslandsreise eine Genehmigung. In den vergangenen Jahren wurde berichtet, dass derartige Genehmigungen jedoch nur solchen Personen bewilligt wurden, die das Land für offizielle Zwecke verlassen mussten. Berufssoldaten, die ohne Genehmigung außer Landes reisen, werden Berichten zufolge gemäß den für Deserteure geltenden Gesetzen behandelt.

c) Weitere Gruppen, die eine Reisegenehmigung brauchen:

Kinder können nicht ohne schriftliche Genehmigung ihres Vaters ins Ausland reisen (selbst wenn sie sich in Begleitung ihrer Mutter befinden).

Männer im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 42 benötigen für eine legale Ausreise eine Genehmigung des Rekrutierungsamts. Gemäß Informationen, die UNHCR zur Verfügung stehen, trifft dies in der Praxis auch auf Personen zu, die (etwa aus medizinischen Gründen) vom Militärdienst befreit wurden oder deren Militärdienst (wie etwa bei Studenten) aufgeschoben wurde. Nach Ende der Aufschubfrist wird erwartet, dass diese Personen zurückkehren, um Militärdienst zu leisten. Sofern sie nicht wie vorgesehen zurückkehren, gelten sie, wie aus Berichten hervorgeht, als Wehrdienstentzieher.

Männer, welche ihren Militärdienst geleistet haben, brauchen sowohl für die Ausstellung von Pässen, von Heiratsurkunden wie auch für die Arbeit im öffentlichen Dienst die Bewilligung der Armee. Ein syrischer Journalist bestätigt, dass alle Männer zwischen 18 und 42 Jahren die Bewilligung ihres Rekrutierungsbüros brauchen, damit sie einen Pass beantragen können.

Gemäß einer Quelle das Finnish Immigration Service erhalten Jugendliche ab 16 Jahre selten Pässe, da die Behörden nicht wollen, dass sie das Land verlassen. Wenn ihnen ein Pass ausgestellt wird, ist dieser nur zwei Jahre gültig.

Seit März 2012 implementiert die syrische Regierung eine Quasi-Reisesperre für Männer zwischen 18 und 42 Jahren. Es handelt sich dabei nicht um ein offizielles Reiseverbot. Die Männer dürfen in der Theorie reisen, aber sie brauchen die Bewilligung der Armee. Im Herbst 2014 erließ das Regime weitere Maßnahmen, um die Ausreise wehrdienstpflichtiger Männer zu verhindern. In einer Regulierung vom Oktober 2014 ist festgehalten, dass alle, welche eine Ausreisebewilligung haben, ein Depot von 50'000 syrischen Pfund hinterlegen müssen, das erst bei der Rückkehr nach Syrien wieder ausgehändigt wird. Zusätzlich muss ein Sponsor, entweder ein Beamter oder ein Kaufmann, die Rückkehr des Ausreisewilligen garantieren.

Gemäß dem Bericht des Danish Immigration Service wurden im Dezember 2014 die syrischen Immigrations- und Grenzbehörden erneut darüber informiert, dass syrische Männer, welche den obligatorischen Militärdienst abgeschlossen haben und sich als Reservisten bereithalten müssen, nicht ausreisen dürfen, es sei denn sie haben die Bewilligung ihres Rekrutierungsbüros. Auch Reservisten, die bereits einen Pass haben, brauchen die Bewilligung des Rekrutierungsbüros, damit sie das Land verlassen können. Für die Ausreisebewilligung müssen Dokumente vorgelegt werden, welche die Dringlichkeit der Reise belegen. Gründe können benötigte medizinische Versorgung oder eine Weiterbildung sein.

Sogar Zivilisten, die bei der Armee oder im Staatsdienst arbeiten, brauchen eine Bewilligung, damit sie das Land verlassen dürfen. Diese Bewilligung ist sehr schwierig zu erhalten. Verlassen sie das Land trotzdem ohne Bewilligung, werden sie, da sie Informationen über die Armee haben, als Verräter eingestuft und dementsprechend bestraft.

Am 20. Oktober 2014 verbot die General Mobilisation Administration des Department of Defense allen Männern die Ausreise, die zwischen 1985 und 1991 geboren sind. Die Washington Post berichtet, dass seither die Ausreise für Männer, die um die 20 bis 30 Jahre alt sind, praktisch unmöglich ist.

Der Finnish Immigration Service, der Danish Immigration Service wie auch ein syrischer Journalist weisen darauf hin, dass in Syrien Willkür vorherrscht. Es kommt vor, dass die Bewilligungen nicht akzeptiert werden. Andererseits können Bewilligungen von bestechlichen Beamten gekauft werden.

Die Art der Ausreise - ob offiziell oder inoffiziell -, für die Syrer sich entscheiden, hängt Berichten zufolge von verschiedenen Faktoren und Gründen ab, darunter vorhandene oder fehlende Papiere, Sicherheitserwägungen (einschließlich Sicherheit der Flugroute), finanzielle Lage der betroffenen Personen, Nähe eines bestimmten Grenzübergangs, usw. Da es für syrische Staatsbürger zunehmend schwierig wurde, offizielle Grenzübergänge der Nachbarstaaten zu benutzen, gab es Berichte, dass immer mehr Syrer gezwungen waren, Syrien auf gesetzeswidrige Weise zu verlassen. Wie berichtet wird, haben einige Männer aus Furcht vor Einziehung zum Wehrdienst Syrien innerhalb des knappen Zeitfensters ab Erhalt des Einberufungsbescheids bis zu dem Zeitpunkt, an dem ihre Namen an Grenzkontrollstellen geleitet wurden, über offizielle Grenzübergänge verlassen, oder Staatsbedienstete bestochen, ihre Namen vorübergehend aus der an Grenzkontrollstellen vorliegenden Liste gesuchter Personen zu entfernen.

Behandlung bei Rückkehr nach Syrien aus dem Ausland

Es liegen kaum konkrete Informationen über die Behandlung von Rückkehrern nach Syrien vor. Quellen zufolge werden Personen an der Grenzübergangsstelle (Landgrenze, Flughafen) bei ihrer Einreise untersucht, um festzustellen, ob sie im Zusammenhang mit sicherheitsbezogenen Vorfällen (wie Straftaten, tatsächliche oder vermeintliche regierungsfeindliche Aktivitäten oder Ansichten, Kontakte zu politischen Oppositionellen im Ausland, Einberufung etc.) gesucht werden. Personen, deren Profil irgendeinen Verdacht erregt, insbesondere aus den unter den Risikoprofilen unten beschriebenen Gründen, sind Berichten zufolge dem Risiko einer längeren incommunicado Haft und Folter ausgesetzt. Es wird berichtet, dass für Rückkehrer außerdem das Risiko besteht, inhaftiert zu werden, weil Familienmitglieder von den Behörden gesucht werden, weil sie ihren Militärdienst nicht geleistet haben, weil sie aus einem Gebiet stammen, das sich unter der Kontrolle der Opposition befindet, oder weil sie aufgrund ihrer konservativen Kleidung als religiös wahrgenommen werden. Andere werden, wie berichtet wird, ohne bestimmten Grund entsprechend der weit verbreiteten Willkür und des Machtmissbrauchs durch Sicherheitsbeamte inhaftiert und misshandelt.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch (HRW) haben mehrere Fälle dokumentiert, in denen Syrer am Flughafen Damaskus oder an Landgrenzübergängen bei Ein- oder Ausreisen durch Sicherheitsdienste verhaftet und später gefoltert wurden und/oder gewaltsam verschwanden. Auch nach der ersten Einreise nach Syrien kann das Inhaftierungsrisiko weiterhin bestehen. Berichten der Unabhängigen UN-Untersuchungskommission zu Syrien zufolge wurde

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten