RS Vfgh 2020/3/5 E491/2020

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 05.03.2020
beobachten
merken

Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

B-VG Rassendiskriminierung Art1 Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung Fremder untereinander durch Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen irakischen Staatsangehörigen mit assyrisch-christlichem Glauben; keine Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) legte seinem Erkenntnis Länderberichte aus dem Jahr 2018 zu Grunde, aus denen zum einen hervorgeht, dass der irakische Staat den Schutz von Minderheiten nicht sicherstellen könne und Christen Angriffen bis hin zu Tötungen und Entführungen ausgesetzt seien; zum anderen hätten in der Autonomen Region Kurdistan seit 2003 viele dem Christentum zugehörige Flüchtlinge Zuflucht gefunden. Es gäbe christliche Städte, wie beispielsweise Ankawa in Erbil, in denen Christen in Frieden leben könnten. Angesichts der vom BVwG selbst herangezogenen Länderberichte aus dem Jahr 2018 ist zum einen im Hinblick auf eine allfällige Rückkehr des Beschwerdeführers nach Quaraqosh - dem Herkunftsort des Beschwerdeführers - nicht ersichtlich, wie das BVwG auf Grund der allgemeinen Aussage des Beschwerdeführers in der Verhandlung vor dem BVwG ("Es sind nur ganz wenige Leute nach Qaraqosh zurückgegangen, eigentlich nur die alten Leute. Auch diese möchten ausreisen.") zu dem Schluss gelangte, dass dem Beschwerdeführer keine Verletzung in Art3 EMRK drohe.

Zum anderen unterließ es das BVwG in Bezug auf Erbil als angenommene innerstaatliche Fluchtalternative - auch wenn dort gemäß den Feststellungen des BVwG christliche Flüchtlinge Zuflucht gefunden haben mögen -, aktuelle Länderberichte vor allem im Hinblick auf die allgemeine humanitäre Lage heranzuziehen

Aus dem aktuellen UNHCR-Bericht aus Mai 2019 geht hervor, dass der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge die Region Kurdistan vor dem Hintergrund der dort vorherrschenden humanitären Lage nur unter eng begrenzten Voraussetzungen als innerstaatliche Fluchtalternative als gegeben erachtet. Das BVwG lässt den aktuellen UNHCR-Bericht aus Mai 2019 jedoch gänzlich außer Acht.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E491.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten