TE Vwgh Beschluss 2020/3/4 Ra 2019/21/0331

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Veröffentlicht am 04.03.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §46a Abs1 Z3
FrPolG 2005 §46a Abs4
VwGG §25a Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des V M in G, vertreten durch Mag. Dr. Anton Karner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Steyrergasse 103/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3. Oktober 2019, I416 2192899-2/2E, betreffend Karte für Geduldete (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, gemäß seinen Behauptungen ein Staatsangehöriger Ugandas, stellte nach der Einreise in das Bundesgebiet am 29. März 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 23. März 2018 vollinhaltlich ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 und erließ gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung. Nach § 52 Abs. 9 FPG stellte das BFA fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers gemäß § 46 FPG nach Uganda zulässig sei. Gemäß § 55 FPG setzte es für die freiwillige Ausreise eine 14- tägige Frist ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. 2 Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 28. Mai 2018 mit einer hier nicht wesentlichen Maßgabe als unbegründet ab.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung einer gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 26. Juni 2018, E 2465/2018, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde in der Folge nicht ausgeführt. 3 Der Revisionswerber kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und missachtete auch eine ihm gegenüber mit rechtskräftigem Mandatsbescheid vom 18. Juni 2018 ausgesprochene Wohnsitzauflage. Einer für den 16. und 17. September 2018 anberaumten Identitätsfeststellung durch eine Expertendelegation der ugandischen Vertretungsbehörde aus Berlin blieb er unentschuldigt fern.

4 Nach Aufgriff und Festnahme bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle beantragte der anwaltlich vertretene Revisionswerber mit Eingabe vom 23. Mai 2019 die Ausstellung einer "Duldungskarte". Er verwies darauf, dass er über keinen Reisepass verfüge und ein Heimreisezertifikat nicht existiere. Die Außerlandesbringung erweise sich daher als "ohne sein Verschulden unmöglich". 5 Mit Bescheid vom 15. Juli 2019 wies das BFA diesen Antrag gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 3 FPG ab. Begründend verwies es darauf, dass der Revisionswerber den Behörden gegenüber widersprüchliche Angaben zu seiner Identität (durch Nennung unterschiedlicher Geburtsdaten) gemacht und somit seine Identität verschleiert habe. Er sei nicht im Besitz eines Reisedokumentes und habe nicht von sich aus mit der Vertretungsbehörde Ugandas Kontakt aufgenommen, um seine Identität nachzuweisen und in den Besitz eines Reisedokumentes zu gelangen. Ebenso habe er an dem zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments notwendigen Schritten nicht mitgewirkt bzw. diese vereitelt. Die bisherige Undurchführbarkeit der Abschiebung sei somit seinem Verhalten zuzurechnen.

6 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 3. Oktober 2019 als unbegründet ab. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 7 In seiner Begründung verwies das BVwG darauf, dass der Revisionswerber, der über kein Reisedokument verfüge, seine Identität durch Angabe verschiedener Aliasgeburtsdaten verschleiert habe. Er habe keine Dokumente vorgelegt, die geeignet wären, seine Identität zu bezeugen. Auch an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten habe er nicht mitgewirkt. Etwa einer am 16. und 17. September 2018 beabsichtigten Identitätsfeststellung durch eine Expertendelegation der Ugandischen Vertretungsbehörde Berlin sei er trotz Kenntnisnahme von diesem Termin unentschuldigt ferngeblieben.

Erst am 2. September 2019, nach Zustellung des (in Rn. 5) erwähnten Bescheides vom 15. Juli 2019, habe er (nunmehr kurzfristig) das Generalkonsulat der Republik Uganda in Österreich aufgesucht und um Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes gebeten. Diesem Antrag habe jedoch nicht entsprochen werden können. Er habe sich nämlich als nicht in der Lage erklärt, eine Person seines Vertrauens in Uganda namhaft zu machen, die seine (undokumentierten) Behauptungen hätte bestätigen können, obwohl sich nach seinen Behauptungen im Asylverfahren zumindest sein Vater in Uganda aufgehalten haben und nach wie vor aufhalten solle. Er habe somit auch dieser Vertretungsbehörde gegenüber bewusst die genannte Information verschwiegen, um die Ausstellung der erforderlichen Dokumente wiederum zu vereiteln.

Der Revisionswerber sei somit neuerlich seiner Mitwirkungsverpflichtung nicht nachgekommen, woraus abzuleiten sei, dass er "nicht gewillt sei, der österreichischen Rechtsordnung zu entsprechen", sondern alles versuche, um seinen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verlängern. Dieser Aufenthalt sei daher iSd § 46a Abs. 1 Z 3 FPG nicht zu dulden und es sei keine Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 FPG auszustellen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben können, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt sei, ein vorgelegtes Bestätigungsschreiben des Generalkonsulats der Republik Uganda in Österreich (betreffend die erwähnte Vorsprache des Revisionswerbers) nicht geeignet sei, die Entscheidung des BFA in Frage zu stellen, und im Übrigen eine "entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes" nicht substantiiert behauptet worden sei.

8 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision erweist sich als unzulässig:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich u. a. wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG). 10 Insoweit wiederholt der Revisionswerber das Vorbringen, seine Abschiebung sei faktisch unmöglich, weil er über kein Reisedokument verfüge. Er sei letztlich selbst zum Generalkonsulat Ugandas in Österreich gegangen und habe dort seine Identitätsprüfung (wenn auch erfolglos) initiiert. Das BVwG habe ihn dennoch, ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen, als unglaubwürdig erachtet.

11 Dem ist zu entgegnen, dass der Revisionswerber hiermit lediglich einen Teilaspekt der vom BVwG ausführlich vorgenommenen Beurteilung anspricht. Auf die bisherige Nichteinhaltung von Terminen und mangelnde Eigeninitiative (vgl. dazu etwa VwGH 7.3.2019, Ra 2018/21/0153, Rn. 13, mwN) sowie zuletzt die - gemessen an bisherigen Angaben - unrichtige Verneinung des Vorliegens einer Bezugsperson in Uganda, was allein schon die vom BVwG gezogene Schlussfolgerung rechtfertigt, geht der Revisionswerber insoweit gar nicht ein. Ebenso erscheint die Würdigung einer Nennung unrichtiger Geburtsdaten als kausal für die bislang unterbliebene Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes (vgl. dazu etwa VwGH 30.6.2016, Ra 2016/21/0078, Rn. 16, mwN) fallbezogen nicht unschlüssig.

12 Angesichts dieser in der Revision nicht substantiiert bestrittenen Beweisergebnisse ist auch die Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch das BVwG nicht zu beanstanden.

13 Insgesamt werden in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. März 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019210331.L00

Im RIS seit

05.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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