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10/07 VerfassungsgerichtshofNorm
AlVG 1977 §1 Abs1 litaBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima LL.M., über die Revision der W GMBH in W, vertreten durch die Marschall & Heinz Rechtsanwalts-Kommanditpartnerschaft in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. November 2019, Zl. W198 2201838-1/20E, betreffend Pflichtversicherung nach dem AlVG und ASVG (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Wiener Gebietskrankenkasse, nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15-19; mitbeteiligte Parteien: 1. J B in W, 2. Pensionsversicherungsanstalt in 1020 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65-67; weitere Partei: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, 4. Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes aufgehoben.
Die Österreichische Gesundheitskasse hat der revisionswerbenden Partei den Aufwand von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. Juli 2018 wurde festgestellt, dass der Erstmitbeteiligte aufgrund seiner Beschäftigung bei der revisionswerbenden Partei vom 1. Jänner 2015 bis 31. Jänner 2016 gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Voll-(Kranken-, Unfall- und Pensions-)Pflichtversicherung sowie der Arbeitslosenpflichtversicherung unterliegt.
2 Die revisionswerbende Partei erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der sie beantragte, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und "eine mündliche Verhandlung (§ 24 Abs 1 AVG) sowie die Entscheidung durch einen Senat (§ 414 Abs 2 ASVG) (zu) ermöglichen". 3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. S. als Einzelrichter diese Beschwerde mit näherer Begründung gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. 4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision. Die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien haben keine Revisionsbeantwortung erstattet.
5 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
6 Die revisionswerbende Partei bringt zur Zulässigkeit der Revision unter anderem vor, sie habe einen Antrag auf Entscheidung durch einen Senat gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht habe verabsäumt, die Entscheidung durch einen Senat gemäß § 414 Abs. 2 ASVG zu ermöglichen.
7 Die revisionswerbende Partei zeigt damit eine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision ist auch berechtigt.
8 Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in den Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. 9 Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Der Antrag ist gleichzeitig mit der Beschwerde oder dem Vorlageantrag oder binnen vier Wochen ab Zustellung der Beschwerde einzubringen.
10 Die vorliegende Rechtssache betrifft die Pflichtversicherung eines Dienstnehmers nach dem ASVG und dem AlVG. Es handelt sich um eine der im § 414 Abs. 2 ASVG aufgezählten Angelegenheiten. Der im Akt erliegenden Beschwerde ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die revisionswerbende Partei in der Beschwerde die Entscheidung durch einen Senat beantragt hat (§ 414 Abs. 2 ASVG).
11 Das Bundesverwaltungsgericht hat entgegen § 414 Abs. 2 ASVG über die Beschwerde der revisionswerbenden Partei durch einen Einzelrichter und somit nicht in der gesetzmäßigen Senatsbesetzung entschieden.
12 Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes aufzuheben.
13 Auf das weitere Revisionsvorbringen war vor diesem Hintergrund nicht näher einzugehen.
14 Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am 30. März 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020080005.L00Im RIS seit
02.06.2020Zuletzt aktualisiert am
02.06.2020