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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 28. Mai 2019, Zl. LVwG 30.19-1513/2017-25, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 20. April 2017 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 2 Abs. 2 und 4 sowie § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt, weil diese Gesellschaft in einem näher bezeichneten Lokal verbotene Ausspielungen mit zwölf näher bezeichneten Geräten ("Kontrollnummern 1 bis 12"), neun Touchscreens ("Kontrollnummern 13 bis 21") und einem Einzahlungsterminal ("Kontrollnummer 22") unternehmerisch zugänglich gemacht habe. Über den Revisionswerber wurde eine Geldstrafe in Höhe von 66.000 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen) verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 28. Mai 2019 wurde eine dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde hinsichtlich der genannten Geräte ("Kontrollnummern 1 bis 12") sowie eines Touchscreens ("Kontrollnummer 19") mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Höhe der Geldstrafen mit 3.000 Euro je Gerät festgesetzt, der Ausspruch über die Ersatzfreiheitsstrafe behoben, der Kostenbeitrag für das verwaltungsbehördliche Strafverfahren reduziert und die Strafsanktionsnorm ergänzt wurde. Weiters wurde ausgesprochen, dass der Beschwerde hinsichtlich der weiteren Touchscreens ("Kontrollnummern 13 bis 18 sowie 20 und 21") und des Einzahlungsterminals ("Kontrollnummer 22") Folge gegeben, das behördliche Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und die Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall VStG eingestellt würden. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 4 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 Dem Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision ist zunächst zu erwidern, dass die für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV aufgeworfenen Fragen klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Er hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser - weiterhin maßgeblichen - Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht mit seiner Beurteilung im Revisionsfall im Ergebnis nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12. 6 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 24 ff). 7 Soweit das Zulassungsvorbringen in der Revision auf § 14 Abs. 3 GSpG Bezug nimmt, aber sonst keine weiteren Ausführungen zu dieser Thematik vornimmt, genügt es, auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 2018 zu verweisen.
8 Mit dem Vorbringen, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 2018, Ra 2017/17/0052, bezüglich (unzulässiger) Werbepraktiken ein entsprechendes Beweisverfahren durchführen hätte müssen und entsprechende Feststellungen hätte treffen müssen, wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ausreichend dargetan (vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2019/09/0021, mwN). 9 Der Revisionswerber macht in der Zulässigkeitsbegründung auch geltend, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Verbot der reformatio in peius. Es stelle einen Verstoß gegen dieses Verbot dar, wenn das Verwaltungsgericht ohne Vorliegen eines im Bescheid oder in der Sache zweifellos ersichtlichen Aufteilungsschlüssels eine erstinstanzlich fälschlich verhängte Gesamtstrafe auf mehrere Einzelstrafen aufteile (Verweis auf VwGH 30.6.1994, 94/09/0049, VwSlg. 14095 A; 31.8.2016, 2013/17/0811; 11.8.2017, Ra 2017/17/0310).
10 Dem ist zu erwidern, dass der Verwaltungsgerichtshof im Lichte der durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 begründeten (auch) verfassungsgesetzlichen Vorgaben betreffend die Stellung der Verwaltungsgerichte an der im genannten Erkenntnis VwSlg. 14095 A vertretenen Auffassung für die nunmehrige Rechtslage nicht festgehalten hat (vgl. VwGH 20.3.2019, Ra 2018/09/0059, mwN). Das Verwaltungsgericht ist mit seinem Ausspruch, es werde für jede der dreizehn Übertretungen die Mindeststrafe von je 3.000 Euro festgesetzt, damit - im Ergebnis - nicht von dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
11 Wenn der Revisionswerber überdies rügt, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG, unterlässt er es konkret darzulegen, dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass er seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 21.2.2019, Ra 2018/09/0194, mwN). So wurde dem Revisionswerber im vorliegenden Fall bereits im behördlichen Straferkenntnis angelastet, er habe als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft zu verantworten, dass dieses Unternehmen an einer konkreten Adresse verbotene Ausspielungen mit (näher beschriebenen) Glücksspielgeräten unternehmerisch zugänglich gemacht habe, indem es geduldet habe, dass die Geräte im Lokal aufgestellt waren. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation bereits ausgesprochen, dass es sich bei der Einfügung des Umstandes, dass die Gesellschaft Betreiberin des an der Adresse befindlichen Lokals gewesen sei, nur um eine weitere Konkretisierung der bereits zuvor ausrechend konkreten Tatanlastung handelt (vgl. nochmals VwGH 21.2.2019, Ra 2018/09/0194).
12 Abschließend bringt der Revisionswerber vor, es sei gegen ihn innerhalb der Frist nach § 31 Abs. 1 VStG keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden, da ihm im Rahmen der Aufforderung zur Rechtfertigung noch nicht vorgeworfen worden sei, er habe verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht, sondern nur, dass er sich unternehmerisch an verbotenen Ausspielungen beteiligt habe. Eine - die Verfolgungsverjährung nach § 31 VStG unterbrechende - Verfolgungshandlung nach § 32 Abs. 2 VStG hat sich auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift zu beziehen. Die (korrekte) rechtliche Qualifikation der Tat ist hingegen nicht erforderlich. Ob dem Revisionswerber somit im Zusammenhang mit den ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen in jedem Punkt richtige Normen vorgehalten worden sind, spielt für die Frage der Verfolgungsverjährung keine Rolle (vgl. etwa VwGH 20.12.2017, Ra 2017/04/0129, mwN). Im Übrigen wurde dem Revisionswerber aber in der Aufforderung zur Rechtfertigung (auch) vorgehalten, dass das durch ihn vertretene Unternehmen "die Ausspielungen unternehmerisch zugänglich" gemacht habe. Auch diesbezüglich zeigt der Revisionswerber daher keine Frage grundsätzlicher Bedeutung auf.
13 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 30. März 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019090112.L00Im RIS seit
19.05.2020Zuletzt aktualisiert am
19.05.2020