Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Priv.-Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P ***** GmbH, *****, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Dr. Wendling GmbH in Kitzbühel, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, Deutschland, vertreten durch Dr. Dan Katzlinger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 70.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 19. Dezember 2019, GZ 10 R 49/19k-32, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerin ist unter anderem als Immobilienmaklerin tätig. Im März 2017 erhielt sie von der K-GmbH (Verkäuferin) den Auftrag zum Verkauf eines Grundstücks in E*****. Dieses Grundstück weckte das Interesse des Geschäftsführers der „Projekt-Gruppe“, zu der die Beklagte gehört. Nach einer Grundstücksbesichtigung begannen am 31. 5. 2017 die Verkaufsgespräche. Dabei informierte der Geschäftsführer der Projekt-Gruppe den Vertreter der Verkäuferin, dass er hinsichtlich der Finanzierung auf das Eigenkapital der Gesellschafter und auf das durch Bankkredit aufzubringende Fremdkapital angewiesen sei. Am 19. 9. 2017 nahm der Geschäftsführer der Projekt-Gruppe vom zunächst angedachten „Share-Deal“ Abstand und erklärte sein Interesse am Kauf des Grundstücks samt Baubewilligung und Ausführungsplänen. In der Folge wurde beim Oktoberfest in München der Kaufpreis mit 2.947.000 EUR festgelegt, wobei der Kauf Anfang des Jahres 2018 abgewickelt werden sollte. Am 12. 12. 2017 kam es zu einem Treffen auf Ibiza, bei dem der Geschäftsführer der Projekt-Gruppe gegenüber dem Vertreter der Verkäuferin erklärte, dass der Klägerin die Provision auch dann gezahlt werde, wenn das Kaufgeschäft nicht zustande komme. Mit E-Mail vom 22. 1. 2018 teilte der Geschäftsführer der Projekt-Gruppe mit, dass nunmehr die Beklagte (anstatt der bisher angedachten GmbH) als Käuferin auftreten und der Kaufvertrag nicht beim Notar in Kitzbühel, sondern bei seiner Notarin in Regensburg unterschrieben werden solle. Dazu kam es letztlich nicht, weil es ihm nicht gelang, die Gesellschafter der Beklagten für das Projekt zu gewinnen und das notwendige Kapital aufzubringen.
Die Klägerin begehrte 70.000 EUR sA an Vermittlungsprovision. Sie habe der Beklagten die fragliche Liegenschaft vermittelt. Der Kaufvertrag sei mündlich wirksam zustande gekommen. Sie sei in dieser Hinsicht verdienstlich geworden und habe sämtlichen Informations- und Aufklärungspflichten entsprochen.
Die Beklagte bestritt den geltend gemachten Provisionsanspruch, weil es zwischen ihr und der Verkäuferin zu keinem Vertragsabschluss gekommen sei. Ihr Geschäftsführer habe bis zum Notartermin vergeblich versucht, die Zustimmung der Bank und der Mitgesellschafter für die Finanzierung des Kaufgeschäfts zu bekommen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Provisionsanspruch des Maklers entstehe gemäß § 7 MaklerG grundsätzlich mit dem rechtswirksamen Zustandekommen des vermittelten Geschäfts. Im Anlassfall sei der Kaufvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil die Vertragsteile davon ausgegangen seien, dass der Vertrag erst mit der notariell beglaubigten Vertragsunterzeichnung wirksam werden solle.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Einhaltung einer vereinbarten Form sei im Zweifel ein Gültigkeitserfordernis. Nach der Rechtsprechung könne sich auch nur ein Vertragsteil vorbehalten, dass ein bindender Vertrag nur dann zustande kommen solle, wenn er seine Erklärung in einer bestimmten Form abgebe. Von einer solchen vereinbarten Form könne nur einverständlich abgegangen werden. Im Anlassfall sei es zur Unterzeichnung des Vertrags in der vereinbarten Form nicht mehr gekommen, weshalb der geltend gemachte Provisionsanspruch nicht zu Recht bestehe. Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.
In der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision führt die Klägerin aus, dass auch ein einseitiger Formvorbehalt nur dann wirksam sei, wenn dieser gegenüber dem Vertragspartner geäußert und vom Vertragspartner angenommen werde. Eine solche Erklärung sei hier nicht abgegeben worden. Außerdem habe das Berufungsgericht übersehen, dass ein echter Vertrag zugunsten Dritter vorliege. Bleibe nach der Auslegung offen, ob eine Drittbegünstigung beabsichtigt sei, so liege im Zweifel ein echter Vertrag zugunsten Dritter vor, wenn die Leistung hauptsächlich zum Vorteil des Dritten gereiche.
Damit zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Vorinstanzen haben den von der Klägerin geltend gemachten Provisionsanspruch mit der Begründung abgewiesen, dass dieser Anspruch nach § 7 MaklerG erst mit dem rechtswirksamen Zustandekommen des vermittelten Geschäfts entstehe. Dieser Beurteilung tritt die Klägerin auch in der außerordentlichen Revision nicht entgegen.
2. Das Erstgericht verneinte das wirksame Zustandekommen des Kaufvertrags mit der Begründung, dass die Verhandlungspartner übereinstimmend davon ausgegangen seien, dass eine Bindung und damit ein rechtswirksames Zustandekommen des Kaufgeschäfts erst mit der notariell beglaubigten Vertragsunterzeichnung hätte erfolgen sollen.
Das Berufungsgericht verwies in diesem Zusammenhang zunächst auf ein aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft, wobei es dazu „beispielsweise“ auf eine fehlende grundverkehrsbehördliche Genehmigung Bezug nahm und „ergänzend“ anmerkte, dass das Vorliegen einer Bestätigung der Grundverkehrsbehörde über den Eingang einer Erklärung der Käuferin nach § 11 Abs 1 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes nicht erwiesen sei. Zu diesem Aspekt führt die Klägerin in der außerordentlichen Revision zutreffend aus, dass dies nicht Thema des erstinstanzlichen Verfahrens war und daher unbeachtlich bleiben muss.
3. Im Weiteren führte das Berufungsgericht aus, dass die Einhaltung der gewillkürten Form im Zweifel ein Gültigkeitserfordernis sei und sich auch nur ein Vertragsteil die Abgabe seiner Erklärung in einer bestimmten Form vorbehalten könne; von einem solchen vereinbarten Formerfordernis könne nur einverständlich abgegangen werden.
Mit diesen Ausführungen vermischt das Berufungsgericht die gewillkürte Schriftform nach § 884 ABGB (vereinbarter Formvorbehalt in Bezug auf das Zustandekommen des Vertrags) und die einseitig festgelegte Bedingung, dass die Wirksamkeit einer selbst abgegebenen Erklärung an die Einhaltung einer bestimmten Form geknüpft wird (Formvorbehalt durch einseitige Erklärung zur Beschränkung des Bindungswillens im vorvertraglichen Bereich [vgl dazu 4 Ob 143/18k]). Dazu weist die Klägerin in der außerordentlichen Revision zu Recht darauf hin, dass auch ein einseitiger Formvorbehalt erklärt werden müsse.
4. Im Anlassfall kommt es auf den vom Erstgericht angenommenen einseitigen Formvorbehalt allerdings nicht an:
Bereits beim Gespräch am 31. 5. 2017 wies der Geschäftsführer der Beklagten den Vertreter der Verkäuferin darauf hin, dass er für den Vertragsabschluss auf die Finanzierungszusagen der Gesellschafter sowie der Bank angewiesen sei. Daran ist der Kaufvertrag letztlich auch gescheitert, weil es dem Geschäftsführer der Beklagten nicht gelang, die Gesellschafter für das Projekt zu gewinnen. Hinzu kommt, dass die Vertragsverhandlungen am 12. 12. 2017 auf Ibiza fortgeführt wurden und dabei auch ein mögliches Scheitern des Kaufvertrags Gesprächsthema war. In der Folge sollten sich die Parteien zur Vertragsunterzeichnung treffen, wozu es aber nicht mehr gekommen ist.
Das Berufungsgericht hat, wenn auch nur hilfsweise, dazu auch ausgeführt, dass die Erklärungen des Geschäftsführers der Beklagten „nicht von besonderer Verbindlichkeit gekennzeichnet“ und beim Vertreter der Verkäuferin die Zweifel am tatsächlichen Zustandekommen des Kaufvertrags nicht gänzlich ausgeräumt gewesen seien. Ausgehend von den Feststellungen ist die Beurteilung, dass ein mündlicher Vertragsabschluss nicht erfolgt und der Kaufvertrag mangels Unterfertigung letztlich nicht zustande gekommen sei, im Ergebnis jedenfalls vertretbar.
5. Auf einen Vertrag zugunsten Dritter kann sich die Klägerin nicht berufen:
Ein echter Vertrag zugunsten Dritter liegt vor, wenn aufgrund einer Vereinbarung ein an dieser nicht beteiligter Dritter nicht nur Leistungsempfänger, sondern Forderungsberechtigter sein soll (RS0017149). Ein echter Vertrag zugunsten Dritter liegt demnach nur dann vor, wenn auch der Dritte ein Recht erwerben sollte. Nach ständiger Rechtsprechung hängt es von dem – aus der Natur und dem Zweck des Vertrags zu ermittelnden – Parteiwillen ab, ob und unter welchen Voraussetzungen und in welchem Zeitpunkt auch der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, vom Versprechenden die Erfüllung des zu seinen Gunsten abgegebenen Versprechens zu fordern (RS0017137; 7 Ob 76/19f).
Auf einen solchen Anspruch hat sich die Klägerin im bisherigen Verfahren nicht gestützt. Vielmehr will sie erstmals in der außerordentlichen Revision den geltend gemachten Anspruch aus der Feststellung ableiten, wonach der Geschäftsführer der Projekt-Gruppe am 12. 12. 2017 auf Ibiza erklärte, die Provision auch bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags zu zahlen. Dabei handelt es sich jedoch um eine unzulässige und damit unbeachtliche überschießende Feststellung, weil sich diese nicht mehr im Rahmen des von der Klägerin geltend gemachten Klagsgrundes hält (vgl RS0040318; 8 Ob 116/13m).
In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass eine – wie hier – im Berufungsverfahren zu einer selbständigen Rechtsfrage unterbliebene Rechtsrüge im Revisionsverfahren nicht mehr nachgeholt werden kann (RS0043573 [T43 und T47]).
6. Insgesamt gelingt es der Klägerin mit ihren Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
Textnummer
E127858European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0040OB00026.20G.0221.000Im RIS seit
30.04.2020Zuletzt aktualisiert am
16.10.2020