TE Vfgh Erkenntnis 1996/6/26 V38/96

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Veröffentlicht am 26.06.1996
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 29.11.74 über die Änderung des Flächenwidmungsplanes
Krnt GemeindeplanungsG 1970 §5
Krnt GemeindeplanungsG 1970 §9

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Änderung eines Flächenwidmungsplanes hinsichtlich der Festlegung der Sonderwidmung "Bundesschule" für ein Grundstück mangels Vorliegen eines wichtigen Grundes für die - bloß zum Zweck der Verhinderung einer beabsichtigten Bauführung beschlossene - Flächenwidmungsplanänderung

Spruch

Die Wendung "190/2" in der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 29. November 1974, genehmigt mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19. März 1975, Z Ro-113/75, dieser kundgemacht in der Kärntner Landeszeitung vom 24. März 1975, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Kärntner Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B2862/94 eine auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde gegen einen Bescheid der Kärntner Landesregierung anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Der Beschwerdeführer im o.z. Bescheidprüfungsverfahren und seine Mutter sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 123 des Grundbuches KG 75455 Völkendorf, bestehend aus den Grundstücken Nr. 190/2, 207/1 und 207/3.

Mit der vom Gemeinderat der Gemeinde Villach am 29. November 1974 beschlossenen Änderung des Flächenwidmungsplanes dieser Gemeinde wurde für diese Grundstücke, die bis dahin als "Bauland Wohngebiet" gewidmet waren, die Sonderwidmung "Bundesschule" festgelegt.

1.2. Zu dieser Änderung des Flächenwidmungsplanes kam es in folgendem Verfahren:

Mit Schreiben vom 27. Juni 1974 teilte das Bundesministerium für Unterricht und Kunst der Gemeinde Villach mit, daß auf dem Grundstück Nr. 190/2, KG Völkendorf, das an das Grundstück anschließt, auf dem sich die Höhere Technische Lehranstalt Villach befindet, die Errichtung einer Großlagerhalle für einen Lebensmittelgroßhandel beabsichtigt sei. Das Bundesministerium für Unterricht und Kunst erhebe gegen die Errichtung einer solchen Lagerhalle Einspruch, da der Schulbetrieb durch die Nähe und Höhe der Lagerhalle wie durch den zusätzlichen Verkehr beeinträchtigt würde und eine zukünftige Erweiterung der Höheren Technischen Lehranstalt nicht mehr möglich wäre.

Mit an den Magistrat Villach gerichtetem Schreiben vom 2. Juli 1974 ersuchte die Bundesgebäudeverwaltung (BGV) I für die Grundstücke Nr. 207/1 und 207/3 sowie eine Teilfläche des Grundstückes Nr. 190/2, jeweils KG Völkendorf, im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Villach gemäß §5 des Gemeindeplanungsgesetzes die Sonderwidmung "Bundesschule" festzulegen.

In einem als "Amtsvortrag an den Bauausschuß, Stadtsenat und Gemeinderat" bezeichneten Aktenvermerk des Magistrates Villach vom 26. Juli 1974 ist hiezu folgendes festgehalten: Es sei bekannt, daß in den vergangenen Jahren ein Wettbewerb für die Errichtung einer neuen Höheren Technischen Lehranstalt auf dem Grundstück Nr. 190/8, KG Völkendorf, stattgefunden habe. In den folgenden Jahren sei sodann ein baureifes Projekt entwickelt worden. Nunmehr stehe der Spatenstich für dieses Schulprojekt vor seiner unmittelbaren Durchführung. Im Laufe der Weiterplanung seien aus dem "Aufgabengebiet der HTL" weitere Erfordernisse entstanden, welche weitere Grundflächen in Anspruch nehmen würden. Ausgelöst durch das Projekt, auf einem Nachbargrundstück den dort schon bestehenden Lebensmittelgroßhandel, der zur Zeit in Baracken untergebracht ist, durch ein massives Bauwerk zu ersetzen, sei seitens des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst einerseits Einspruch gegen die Errichtung einer neuen, massiven Lagerhalle erhoben und darauf hingewiesen worden, daß durch den zusätzlichen Verkehr der Schulbetrieb beeinträchtigt würde. Andererseits wäre aber die zukünftige Erweiterung der HTL nicht mehr möglich. Seitens der Gemeinde Villach sei daraufhin angeregt worden, daß - vorausgesetzt der Bund wolle diese Flächen ernstlich erwerben - ein Umwidmungsansuchen an den Magistrat Villach gestellt werden sollte. Dies sei nunmehr geschehen. Die Stadtplanung habe außerdem den Antrag der BGV I fachlich geprüft und sei nach reiflicher Überlegung zur Auffassung gekommen, entgegen dem Antrag der BGV I, welcher nur Teile des Grundstückes 190/2, KG Völkendorf, zur Umwidmung vorsehe, das gesamte Grundstück mit dem darauf befindlichen eingeschossigen Wohnobjekt zur Umwidmung zu beantragen. Dies deshalb, um eine Enklave zu vermeiden, die mitten im Schulzentrum entstehen und zu weiteren Unzulänglichkeiten führen würde.

Nach Kundmachung eines Entwurfes für eine derartige Änderung des Flächenwidmungsplanes beschloß der Gemeinderat der Gemeinde Villach in seiner Sitzung am 29. November 1974 einstimmig, daß "der Flächenwidmungsplan nach dem einen Bestandteil dieses Antrages bildenden Flächenwidmungsplanentwurfes vom 19. Juli 1974, Zl.: 610/3 - 369, im Maßstab 1:5000, abgeändert wird, das heißt, daß die Parzellen Nr. 207/1, 207/3 und 190/2, alle KG Völkendorf, von derzeit Bauland-Wohngebiet in Sonderwidmung für Bundesschule gemäß §5 im Zusammenhang mit §2 Abs4 des Gemeindeplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 1/1970, festgelegt werden".

Dieser Beschluß des Gemeinderates wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19. März 1975 gemäß §7 Abs3 in Verbindung mit §9 Abs3 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970 genehmigt.

Die Kundmachung dieser Genehmigung erfolgte in der Ausgabe der Kärntner Landeszeitung vom 24. März 1975. Mit Ablauf dieses Tages ist die Änderung des Flächenwidmungsplanes somit wirksam geworden (§8 Abs1 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970).

1.3. Mit Antrag vom 27. August 1993 an den Magistrat Villach hat der nunmehrige Beschwerdeführer im eingangs zitierten Bescheidprüfungsverfahren die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung einer Doppelgarage in Massivbau auf dem Grundstück Nr. 190/2 beantragt.

Mit Bescheid vom 2. Mai 1994 hat der Bürgermeister der Gemeinde Villach diesen Antrag abgewiesen, weil das Bauvorhaben mit dem Flächenwidmungsplan im Widerspruch stünde.

Mit der - im wesentlichen - gleichen Begründung gab der Stadtsenat der Gemeinde Villach mit Bescheid vom 3. August 1994 der Berufung des Baubewilligungswerbers gegen den in erster Instanz ergangenen Bescheid keine Folge.

Die dagegen erhobene Vorstellung des nunmehrigen Beschwerdeführers im eingangs zitierten Bescheidprüfungsverfahren hat dann die Kärntner Landesregierung mit Bescheid vom 15. November 1994 abgewiesen. Begründend wird dazu vor allem ausgeführt: Es stehe auf Grund der Aktenlage außer Streit, daß das Grundstück Nr. 190/2, KG Völkendorf, im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Villach als "Bauland-Wohngebiet-Sonderwidmung Bundesschule" ausgewiesen ist. Diese Sonderwidmung bedeute, daß diese Fläche für die Errichtung einer Bundesschule vorbehalten und daher nicht für Bauten anderer Art bestimmt sei.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die oben genannte, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums und die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eventualiter die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

1.5. In diesem Verfahren hat die Kärntner Landesregierung als belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Darin hat sie im wesentlichen die Auffassung vertreten, daß die hier maßgebliche Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht gesetzmäßig sei: Dies vor allem deshalb, weil eine Sonderwidmung nicht das zur Verwirklichung des Vorhabens notwendige Ausmaß überschreiten dürfe (VfSlg. 7102/1973). Außerdem dürfe gemäß §9 Abs1 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 ein Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen abgeändert werden. Aus den von der Gemeinde Villach vorgelegten Verwaltungsakten könne aber nicht entnommen werden, daß die für die gegenständliche Änderung des Flächenwidmungsplanes geforderten Gründe vorgelegen seien.

2. Aus Anlaß dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Wendung "190/2" in der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Villach vom 29. November 1974 von Amts wegen zu prüfen.

3. In diesem Verfahren hat der Gemeinderat der Gemeinde Villach in einer Äußerung beantragt, diese Verordnungsbestimmung nicht als gesetzwidrig aufzuheben. Die Kärntner Landesregierung hat mitgeteilt, daß sie von der Erstattung einer Äußerung absieht.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. In dem das Verordnungsprüfungsverfahren einleitenden Beschluß ging der Verfassungsgerichtshof aus folgenden Erwägungen davon aus, daß das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig sei:

"Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß die Beschwerde zulässig ist.

Die belangte Behörde hatte sich in ihrem, die Vorstellung des nunmehrigen Beschwerdeführers abweisenden Bescheid auch mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der beantragten Erteilung der Baubewilligung die mit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Villach vom 29. November 1974 festgelegte Widmung des hier maßgeblichen Grundstückes als 'Bauland-Wohngebiet, Sonderwidmung-Bundesschule' entgegenstehe: Gemäß §13 Abs1 der Kärntner Bauordnung 1992 ist nämlich ein Bauansuchen unter anderem dann abzuweisen, wenn es dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan widerspricht; darüberhinaus sind nach §11 Abs1 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 die in Landesgesetzen vorgesehenen Bewilligungen für raumbeeinflussende Maßnahmen nur dann zulässig, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen und sind gemäß §11 Abs3 leg.cit. entgegen dieser Bestimmung erlassene Bescheide mit Nichtigkeit bedroht.

Der Verfassungsgerichtshof nimmt daher vorläufig an, daß der angefochtene Bescheid (auch) auf der oben genannten Verordnung beruht. Der Verfassungsgerichtshof geht deshalb davon aus, daß auch er diese Verordnung, soweit sie für das hier maßgebliche Grundstück die genannte Widmung festlegt, bei der Entscheidung über die vorliegende Beschwerde anzuwenden hätte. In diesem Umfang dürfte die Verordnung iS des Art139 Abs1 B-VG präjudiziell sein.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorzuliegen scheinen, dürfte das Verordnungsprüfungsverfahren somit zulässig sein."

Im Verfahren ist weder vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen, daß die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes über die Zulässigkeit der Beschwerde und über die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung unzutreffend wäre.

Da alle Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. Der Verfassungsgerichtshof begründete im Beschluß über die Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens seine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnung wie folgt:

"2.1. Zum einen hat der Verfassungsgerichtshof auf Grund der nachstehenden Überlegungen das Bedenken, daß die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung schon in gesetzwidriger Weise erlassen worden sein könnte:

2.1.1. Gemäß §5 Abs1 des - im Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Villach vom 29. November 1974 geltenden - Gemeindeplanungsgesetzes 1970 durften, wenn es wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung erfordern, nach den §§2 (betreffend Bauland) und 3 (betreffend Grünland) leg.cit. festgelegte Flächen für besondere Verwendungszwecke vorbehalten werden (Sonderwidmung); gemäß §9 Abs1 leg.cit. durfte der Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen abgeändert werden.

Aus den dem Verfassungsgerichtshof bisher vorliegenden Akten, deren hier maßgeblicher Inhalt unter Pkt.I.2. wiedergegeben wurde, scheint sich folgendes zu ergeben:

Die mit der erwähnten Änderung des Flächenwidmungsplanes für das hier maßgebliche Grundstück festgelegte Sonderwidmung dürfte im vorliegenden Fall lediglich den Zweck gehabt haben, eine damals auf diesem Grundstück beabsichtigte Bauführung zu verhindern (vgl. dazu - und zwar gerade im Zusammenhang mit den §§5 und 9 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970 - VfSlg. 7949/1976); dagegen dürfte damit nicht der damals etwa aufgetretenen Dringlichkeit eines schon bei der ursprünglichen Erlassung des Flächenwidmungsplanes vorhandenen oder dem Entstehen eines neuen wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnisses der Bevölkerung entsprochen worden sein (vgl. VfSlg. 13014/1992). Im Hinblick darauf scheint - vor allem wenn man die vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretene erhöhte Bestandskraft von Raumplänen und deren - im Hinblick darauf - erschwerte Abänderbarkeit (vgl. VfSlg. 13503/1993 mwN) berücksichtigt - die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Villach vom 29. November 1974 den oben zitierten Bestimmungen des Gemeindeplanungsgesetzes 1970 widersprochen zu haben.

2.1.2. Selbst wenn aber das unter 2.1.1. geäußerte Bedenken nicht zutreffen sollte, ist auch noch folgendes zu erwägen: Aus den dem Verfassungsgerichtshof bisher vorliegenden Akten scheint sich weiters zu ergeben, daß die BGV I, die die mit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Villach vom 29. November 1974 verfügte Änderung des Flächenwidmungsplanes 'initiiert' hatte, bloß die Sonderwidmung für Teile des maßgeblichen Grundstückes für erforderlich hielt, während der Gemeinderat der Gemeinde Villach die Festlegung für die gesamte Fläche traf.

Im Hinblick darauf hegt der Verfassungsgerichtshof - vorläufig - das Bedenken, daß Flächen in einem Ausmaß mit der Sonderwidmung belegt worden sein könnten, das das zur Realisierung der - diesfalls wohl in erster Linie maßgeblichen - kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung Notwendige überschritten hat (vgl. dazu - u.zw. gerade für die sich aus §5 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970 ergebende Rechtslage - VfSlg. 7102/1973).

2.2. Zum anderen hat der Verfassungsgerichtshof auf Grund der nachstehenden Überlegungen das Bedenken, daß die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung gesetzwidrig geworden sein könnte.

Gemäß §5 Abs4 des - im Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Villach vom 29. November 1974 geltenden - Gemeindeplanungsgesetzes 1970, idF des Landesgesetzes LGBl. Nr. 57/1972, war bei der Festlegung der Sonderwidmung für Zwecke des Gemeinbedarfes auf die Vermeidung unbilliger Härten für den Grundeigentümer Bedacht zu nehmen und hinsichtlich der betroffenen Grundstücke der Erwerb oder die Nutzungsberechtigung sicherzustellen.

Gemäß - dem im Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Villach vom 29. November 1974 geltenden - §5 Abs5 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970, idF des Landesgesetzes LGBl. Nr. 57/1972, war im vorliegenden Zusammenhang ferner folgendes vorgesehen:

'Nach Ablauf von sechs Jahren kann der Eigentümer von Grundstücken, für die eine Sonderwidmung für Zwecke des Gemeinbedarfes festgelegt wurde, die Einlösung verlangen. Langt ein solcher Antrag bei der Gemeinde ein, ist binnen zwei Jahren entweder das Grundstück zum Verkehrswert abzulösen oder die Sonderwidmung aufzuheben.'

Mit dem mit 3. Oktober 1979 in Kraft getretenen Gesetz, mit dem das Gemeindeplanungsgesetz 1970 geändert wird, LGBl. Nr. 78/1979, wurden in §5 Abs7 und 8 leg.cit. weiters die folgenden hier relevanten Neuregelungen getroffen:

'(7) Nach Ablauf von sechs Jahren kann der Eigentümer von Grundstücken, für die eine Sonderwidmung für Zwecke des Gemeinbedarfes festgelegt wurde, die Einlösung verlangen. Begehrt der Grundeigentümer die Einlösung, so hat die Gemeinde binnen zwei Jahren das Grundstück zum Verkehrswert zu erwerben oder - wenn sie hiezu nicht bereit ist - die Sonderwidmung aufzuheben. Wird innerhalb dieser Frist keine Einigung über die Höhe des Verkehrswertes erzielt, so hat der Grundeigentümer nach Ablauf der Frist das Recht, bei der Bezirksverwaltungsbehörde einen Antrag auf Eigentumsübergang an die Gemeinde und auf Festsetzung der Höhe des dafür zu zahlenden Verkehrswertes zu stellen. Dieser Antrag kann vom Grundeigentümer bis zur Erlassung der Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde zurückgezogen werden. Der Grundeigentümer kann binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die Entscheidung über die Höhe des Verkehrswertes bei jenem Bezirksgericht beantragen, in dessen Sprengel sich das Grundstück befindet. Mit der Anrufung des Gerichtes tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe des Verkehrswertes außer Kraft. Für die Ermittlung der Höhe des Verkehrswertes ist das Eisenbahnenteignungsgesetz, BGBl. Nr. 71/1954, sinngemäß anzuwenden. Bei Zurücknahme des Antrages beim Bezirksgericht gilt die im Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde festgesetzte Höhe des Verkehrswertes als vereinbart.

(8) Zieht der Grundeigentümer seinen Antrag bei der Bezirksverwaltungsbehörde (Abs7) zurück, so ist frühestens fünf Jahre nach diesem Zeitpunkt ein neuerliches Begehren auf Einlösung bei der Gemeinde möglich.'

Mit dem am 31. Dezember 1994 in Kraft getretenen Gesetz, mit dem das Gemeindeplanungsgesetz 1982 geändert wird, LGBl. Nr. 105/1994, sind schließlich an die Stelle der bisherigen - oben wiedergegebenen - Bestimmungen die folgenden Regelungen getreten:

'§4a Vorbehaltsflächen

(1) Wenn wirtschaftliche, soziale, ökologische oder kulturelle Bedürfnisse in der Gemeinde es erfordern, dürfen im Flächenwidmungsplan als Bauland (§2) oder als Grünland (§3) festgelegte Grundflächen für besondere Verwendungszwecke vorbehalten werden.

(2) Die Festlegung von Vorbehaltsflächen darf zur Sicherstellung der Verfügbarkeit geeigneter Grundflächen erfolgen, insbesondere für

a) die Errichtung und Erweiterung von Einrichtungen des Gemeindebedarfes wie Schulen, Kindergärten, Spielplätze, Sportplätze, Friedhöfe, Grün- und Parkanlagen, Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen u. ä. und

b) die Errichtung von nach dem III. Abschnitt des Kärntner Wohnbauförderungsgesetzes förderbaren Wohngebäuden, sofern in der Gemeinde eine erhebliche Nachfrage der ortsansässigen Bevölkerung nach Grundflächen für Wohnzwecke zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes besteht, die trotz ausreichend vorhandener Baulandreserven zu angemessenen und ortsüblichen Preisen nicht gedeckt werden kann.

(3) Bei der Festlegung von Vorbehaltsflächen ist auf die Vermeidung unbilliger Härten für den betroffenen Grundeigentümer Bedacht zu nehmen. Werden Vorbehalte festgelegt, ist hinsichtlich der davon betroffenen Grundflächen durch Rechtsgeschäft mit dem Grundeigentümer der Eigentumserwerb zum ortsüblichen Verkehrswert oder die Erlangung der Nutzungsberechtigung sicherzustellen.

(4) Nach Ablauf von vier Jahren kann der Eigentümer von Grundflächen, die als Vorbehaltsflächen festgelegt worden sind, von der Gemeinde die Einlösung der Grundstücke verlangen. Begehrt der Grundeigentümer die Einlösung, so hat die Gemeinde innerhalb eines Jahres die Grundstücke zum ortsüblichen Verkehrswert zu erwerben oder - wenn sie hiezu nicht bereit ist - den Vorbehalt aufzuheben. Wird innerhalb dieser Frist keine Einigung über die Höhe des ortsüblichen Verkehrswertes erzielt, so hat der Grundeigentümer nach Ablauf der Frist das Recht, bei der Bezirksverwaltungsbehörde einen Antrag auf Eigentumsübergang an die Gemeinde und auf Festsetzung der Höhe der dafür zu zahlenden Entschädigung zu stellen. Dieser Antrag kann vom Grundeigentümer bis zur Erlassung der Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde zurückgezogen werden.

(5) Für das Einlöseverfahren und das Verfahren zur gerichtlichen Festsetzung der Entschädigung sind die Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes, BGBl. Nr. 71/1954, in der Fassung BGBl. Nr. 20/1970 und 137/1975, mit den im §47 Abs3 der Gefahrenpolizei- und Feuerpolizeiordnung enthaltenen Abweichungen sinngemäß anzuwenden.

(6) Der Grundeigentümer kann binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die Entscheidung über die Höhe des ortsüblichen Verkehrswertes bei jenem Bezirksgericht beantragen, in dessen Sprengel das Grundstück gelegen ist. Mit der Anrufung des Gerichtes tritt der Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde über die Höhe der zu leistenden Entschädigung einschließlich der Leistungsfrist außer Kraft. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann nur mit Zustimmung des Antragsgegners zurückgenommen werden. Bei Zurücknahme des Antrages gelten der im Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde festgesetzte Entschädigungsbetrag und die festgesetzte Leistungsfrist als vereinbart.

(7) Zieht der Grundeigentümer seinen Antrag bei der Bezirksverwaltungsbehörde (Abs4) zurück, ist frühestens vier Jahre nach diesem Zeitpunkt ein neuerliches Begehren auf Einlösung bei der Gemeinde zulässig.'

Hiezu ist weiters in ArtII des Landesgesetzes LGBl. Nr. 105/1994 die folgende Übergangsvorschrift erlassen worden:

'(8) Für Grundflächen, die in bestehenden Flächenwidmungsplänen für besondere Verwendungszwecke vorbehalten sind, gilt hinsichtlich der Fristen für die Einlösung dieser Grundflächen durch die Gemeinde die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehende Rechtslage weiter.'

Der die regelmäßige Überprüfung des Flächenwidmungsplanes regelnde §10 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 (eine identische Bestimmung gehörte schon im Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Villach vom 29. November 1974 dem Rechtsbestand an) sieht schließlich folgendes vor:

'(1) Der Bürgermeister hat binnen einem Jahr nach dem Zusammentritt des neugewählten Gemeinderates aufzufordern, allfällige Anregungen zur Abänderung des Flächenwidmungsplanes einzubringen. Die Aufforderung ist durch vier Wochen kundzumachen. Die Anregungen sind innerhalb der Kundmachungsfrist schriftlich beim Gemeindeamt (Magistrat) einzubringen.

(2) Nach Ablauf der Kundmachungsfrist ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Änderung des Flächenwidmungsplanes, insbesondere auch hinsichtlich der Aufrechterhaltung von Sonderwidmungen, gegeben sind. Bejahendenfalls ist das Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes einzuleiten.'

Aus all dem scheint sich für die Frage der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Villach vom 29. November 1974 folgendes zu ergeben:

Die Gemeinde Villach hätte schon bei Erlassung der in Prüfung gezogenen Verordnung ihrer aus dem damals geltenden §5 Abs4 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970 resultierenden Verpflichtung nachkommen und insbesondere den Erwerb oder die Nutzungsberechtigung hinsichtlich des von der Sonderwidmung betroffenen Grundstückes sicherstellen müssen. Darüber hinaus konnte aber auch der nunmehrige Beschwerdeführer auf Grund des seinerzeitigen §5 Abs5 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970 und in weiterer Folge auf Grund des §5 Abs7 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982, nach Ablauf von sechs Jahren nach dem Inkrafttreten der die Sonderwidmung festlegenden Verordnung die Einlösung des davon betroffenen Grundstückes verlangen; die Gemeinde hätte daraufhin binnen zwei Jahren das Grundstück zum Verkehrswert zu erwerben oder die Sonderwidmung aufzuheben gehabt. (Diese Rechtslage besteht - wie sich aus den oben wiedergegebenen Bestimmungen des Landesgesetzes LGBl. Nr. 105/1994 ergibt - im wesentlichen unverändert weiter.)

Aufgrund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, daß der Beschwerdeführer seit dem Jahre 1984 bemüht war, eine Aufhebung der Sonderwidmung bzw. die Einlösung des Grundstückes zum Verkehrswert zu erreichen. Im Hinblick auf VfSlg. 11849/1988 läßt sich der Verfassungsgerichtshof dabei - gleichfalls vorläufig - von der Erwägung leiten, daß bei rechtsschutzfreundlicher Deutung sowohl die ausdrücklich auf die Einlösung des Grundstückes gerichteten Begehren, als auch die auf die Aufhebung der Sonderwidmung gerichteten Begehren als solche iS des §5 Abs7 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 zu verstehen sind. Daraus könnte sich aber ergeben, daß die Gemeinde Villach schon seit geraumer Zeit gehalten gewesen wäre, die Sonderwidmung aufzuheben. Unter Zugrundelegung der vom Verfassungsgerichtshof für vergleichbare gesetzliche Regelungen unter dem Aspekt des Eigentumsschutzes entwickelten Rechtsprechung (vgl. VfGH 17.3.1994, G233, 235/93 S. 14) könnte daraus in weiterer Folge die Gesetzwidrigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Villach vom 29. November 1974 resultieren.

Zum gleichen Ergebnis könnte - erneut unter Zugrundelegung der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - schließlich auch die Anwendung des §10 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 auf den hier vorliegenden Fall führen. Dies deshalb, weil danach - wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt - unabhängig von einem Begehren gemäß §5 Abs7 leg.cit. von Amts wegen zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für die Änderung des Flächenwidmungsplanes insbesondere hinsichtlich der Aufrechterhaltung von Sonderwidmungen gegeben sind."

3. Der Gemeinderat der Gemeinde Villach hält dem in seiner Äußerung folgendes entgegen:

"Die verfahrensgegenständliche Änderung des Flächenwidmungsplanes erfolgte auf Anregung der Bundesgebäudeverwaltung I (BGV I), um die für eine damals erforderlich erachtete Erweiterung der Höheren Technischen Lehr- und Versuchsanstalt (HTL) notwendigen Grundflächen zu sichern, wobei abweichend von dieser Anregung aus fachlichen Gründen zur Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen durch die zulässige Nutzung der einzelnen Baugebiete und auf Grund der vorhersehbaren Entwicklung die Gesamtfläche der Grundstücke Nr 207/1, 207/3 und 190/2 KG Völkendorf als 'Sonderwidmung Bundesschule' festglegt wurde. Es bestand auch zum Zeitpunkt des Widmungsantrages durchaus die Absicht der BGV I, diese Flächen käuflich zu erwerben. Eine diesbezügliche schriftliche Erklärung liegt uns zwar nicht vor, doch ergibt sich diese Absicht aus der Tatsache, daß seit 1984 immer wieder Kaufverhandlungen zwischen dem Beschwerdeführer und der BGV I, Vertretern des Landesschulrates und der Stadt Villach geführt wurden.

Der Beschwerdeführer hat zwar mehrfach um die Aufhebung der Sonderwidmung ersucht, jedoch nie ein Grundeinlösungsbegehren an die Stadt Villach gerichtet, sondern gingen die Initiativen zum Grunderwerb immer von der Stadt aus. Ebensowenig hat der Grundeigentümer den im §5 Abs7 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 vorgesehenen Antrag an die Bezirksverwaltungsbehörde auf Eigentumsübergang an die Gemeinde und auf Feststzung des dafür zu zahlenden Verkehrswertes gestellt.

Was die durch §10 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 normierte Pflicht zur amtswegigen Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Änderung des Flächenwidmungsplanes, insbesondere hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Sonderwidmung gegeben sind, anlangt, so ist die Stadt Villach auch diesem Erfordernis nachgekommen. Eine im Zuge dieser Überprüfung am 25.2.1991 an die Direktion der HTL gerichtete Anfrage ergab die Notwendigkeit der Beibehaltung der Sonderwidmung und der Planungsausschuß des Gemeinderates hat in seiner Sitzung am 21.7.1993 die Aufrechterhaltung der Sonderwidmung beschlossen, weil die Flächen auch als Standort für die Errichtung der beantragten Fachhochschule vorgesehen werden sollten.

Der Gemeinderat der Stadt Villach ist auf Grund dieser Sachlage der Auffassung, daß die im Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 2.12.1995, Zl. B2862/94-7, dargelegten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Verordnung nicht vorliegen ..."

4. Im Verordnungsprüfungsverfahren ist nichts hervorgekommen, was die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung zerstreuen könnte.

4.1. Gemäß §9 Abs1 des - im Zeitpunkt der Erlassung der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung geltenden - (Kärntner) Gemeindeplanungsgesetzes 1970, LGBl. Nr. 1, durfte der Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen abgeändert werden. Gemäß dem Abs1 des mit "Sonderwidmung" betitelten §5 leg.cit. durften, wenn wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung es erfordern, als Bauland oder als Grünland festgelegte Flächen für besondere Verwendungszwecke vorbehalten werden.

An dieser Rechtslage hat sich ungeachtet der mittlerweile erfolgten formellen Änderungen des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes nichts geändert: Nach wie vor darf - nunmehr gemäß §9 Abs1 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982, LGBl. Nr. 51, - der Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen abgeändert werden und dürfen - nunmehr gemäß Abs1 des mit "Vorbehaltsflächen" betitelten §4a des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982, idF des Landesgesetzes LGBl. Nr. 105/1994, (diese Bestimmung ist an die Stelle des o.z. §5 Abs1 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970 bzw. des nachfolgenden Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 getreten, welche durch die soeben zitierte Novellierung ersatzlos entfallen ist) - im Flächenwidmungsplan als Bauland oder als Grünland festgelegte Grundflächen nur dann für besondere Verwendungszwecke vorbehalten werden, wenn wirtschaftliche, soziale, (neuerdings auch) ökologische oder kulturelle Bedürfnisse in der Gemeinde dies erfordern.

4.2. Mit der hier zu beurteilenden Änderung des Flächenwidmungsplanes wurde für eine zuvor als "Bauland-Wohngebiet" gewidmete Fläche die "Sonderwidmung Bundesschule" festgelegt. In Zusammenhalt mit §11 des Kärtner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 folgt daraus vor allem, daß in Landesgesetzen vorgesehene Bewilligungen für raumbeeinflussende Maßnahmen auf der davon betroffenen Grundfläche nur mehr dann zulässig sind, wenn sie dieser Sonderwidmung nicht widersprechen.

4.3. In seinem Beschluß über die Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens ist der Verfassungsgerichtshof - wie zu erinnern ist - auf Grund der ihm damals vorliegenden Akten primär von folgendem ausgegangen:

"Die mit der erwähnten Änderung des Flächenwidmungsplanes für das hier maßgebliche Grundstück festgelegte Sonderwidmung dürfte im vorliegenden Fall lediglich den Zweck gehabt haben, eine damals auf diesem Grundstück beabsichtigte Bauführung zu verhindern (vgl. dazu - und zwar gerade im Zusammenhang mit den §§5 und 9 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970 - VfSlg. 7949/1976); dagegen dürfte damit nicht der damals etwa aufgetretenen Dringlichkeit eines schon bei der ursprünglichen Erlassung des Flächenwidmungsplanes vorhandenen oder dem Entstehen eines neuen wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnisses der Bevölkerung entsprochen worden sein (vgl. VfSlg. 13014/1992). Im Hinblick darauf scheint - vor allem wenn man die vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretene erhöhte Bestandskraft von Raumplänen und deren - im Hinblick darauf - erschwerte Abänderbarkeit (vgl. VfSlg. 13503/1993 mwN) berücksichtigt - die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Villach vom 29. November 1974 den oben zitierten Bestimmungen des Gemeindeplanungsgesetzes 1970 widersprochen zu haben."

4.4. Im Verordnungsprüfungsverfahren hat sich dazu nichts Neues ergeben. Der Gemeinderat der Gemeinde Villach verweist in seiner Äußerung im wesentlichen darauf, daß

"die verfahrensgegenständliche Änderung des Flächenwidmungsplanes ... auf Anregung der Bundesgebäudeverwaltung I (BGV I) (erfolgte), um die für eine damals erforderlich erachtete Erweiterung der Höheren Technischen Lehr- und Versuchsanstalt (HTL) notwendigen Grundflächen zu sichern".

Die Kärntner Landesregierung hat im Verordnungsprüfungsverfahren von einer Äußerung abgesehen. Sie hat jedoch - wie bereits erwähnt - schon im anlaßgebenden, verfassungsgerichtlichen Bescheidprüfungsverfahren die Auffassung vertreten, daß die hier maßgebliche Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht gesetzmäßig sei und dies im wesentlichen damit begründet,

"daß ein konkreter Bedarf zur Errichtung eines bestimmten Bauvorhabens im vorliegenden Fall im Zeitpunkt der Festlegung der Sonderwidmung offensichtlich nicht vorgelegen ist und auch heute nicht vorzuliegen scheint... Gemäß §9 Abs1 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 darf ein Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen abgeändert werden. Eine Sonderwidmung darf nach §5 Abs1 dieses Gesetzes dann vorgesehen werden, wenn wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung dies erfordern. Diese Rechtslage war auch im Zeitpunkt der Festlegung der gegenständlichen Sonderwidmung gegeben. Aus den von der Stadtgemeinde Villach vorgelegten Verwaltungsakten kann nicht entnommen werden, daß die für die gegenständliche Änderung des Flächenwidmungsplanes geforderten Gründe vorliegen. Vielmehr läßt der Schriftverkehr zwischen dem Initiator der Sonderwidmung und der Stadtgemeinde Villach die Schlußfolgerung zu, daß die gegenständliche Sonderwidmung primär dem Zweck dienen sollte, das Projekt der Firma E zu verhindern."

4.5. Das Vorbringen des Gemeinderates der Gemeinde Villach im Verordnungsprüfungsverfahren ist nicht geeignet, das oben in Pkt. 4.3. wiedergegebene, vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß geäußerte Bedenken zu zerstreuen. Dieses Vorbringen ist auch keineswegs neu. Vielmehr war dem Verfassungsgerichtshof schon im Stadium des Prüfungsbeschlusses bekannt, daß die Bundesgebäudeverwaltung seinerzeit mit dem Argument des künftigen Erweiterungsbedarfes der HTL für die Festlegung der Sonderwidmung eingetreten ist. Für den Verfassungsgerichtshof ergibt sich jedoch aus den ihm vorliegenden Akten kein Hinweis, daß ein solcher Bedarf im Zeitpunkt der Festlegung der Sonderwidmung konkret vorgelegen wäre. Dafür spricht auch der Umstand, daß er sich bis heute - mehr als 20 Jahre später - noch nicht realisiert hat. Vielmehr steht für den Verfassungsgerichtshof fest (vgl. den oben in Pkt. 1.2. wiedergegebenen Aktenvermerk des Magistrates Villach vom 26.Juli 1974), daß das "Umwidmungsansuchen" der Bundesgebäudeverwaltung allein durch ein damals auf dem Grundstück des nunmehrigen Beschwerdeführers geplantes Bauprojekt "ausgelöst" worden ist. Daraus folgt, daß der eigentliche Zweck für die Sonderwidmung, die mit der in Prüfung gezogenen Änderung des Flächenwidmungsplanes für das hier maßgebliche Grundstück festgelegt wurde, darin bestanden hat, eine damals auf diesem Grundstück beabsichtigte Bauführung zu verhindern. Darin kann aber der gemäß §9 iVm §5 des Gemeindeplanungsgesetzes für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes zwingend geforderte wichtige Grund nicht liegen (vgl. dazu schon VfSlg. 7949/1976). Dies vor allem dann, wenn man die vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretene Bestandskraft von Raumplänen und deren - im Hinblick darauf - erschwerte Abänderbarkeit (VfSlg. 13503/1993 mwN) berücksichtigt.

Angesichts dieses Ergebnisses erübrigt es sich, auf die weiteren im Prüfungsbeschluß erwogenen Bedenken einzugehen.

5. Die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung ist daher als gesetzwidrig aufzuheben.

Der Ausspruch über die Kundmachung stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Abänderung (Flächenwidmungsplan), Planungsakte Verfahren (Flächenwidmungsplan)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:V38.1996

Dokumentnummer

JFT_10039374_96V00038_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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