TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/27 I406 1311613-2

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Veröffentlicht am 27.09.2019
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Entscheidungsdatum

27.09.2019

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §88
FPG §88 Abs1
FPG §88 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I406 1311613-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria alias Sudan, vertreten durch RAe Dr. Martin Dellasega & Dr. Max Kapferer, Schmerlingstraße 2/2, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2016, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte am 31.08.2016 einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit mit rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 88 Abs. 2 FPG. In einer schriftlichen Stellungnahme seiner Rechtsvertretung führte er aus, seit dem Jahr 2006 in Österreich aufhältig zu sein und seit dem 11.05.2016 über eine Aufenthaltsberechtigung plus mit vollem Arbeitsmarktzugang zu verfügen. Er gehe in Österreich einer Beschäftigung als Hilfsarbeiter nach und würde gerne wegen des besseren Verdienstes auch auf Montagen nach Deutschland fahren, verfüge aber über kein Reisedokument. Er sei im Gebiet des heutigen Südsudan geboren und habe versucht, bei der sudanesischen Botschaft in Wien einen Pass zu erhalten. Diese habe ihm mitgeteilt, dass die sudanesische Botschaft seit der Abspaltung des Südsudan vom Sudan am 09.07.2011 nicht mehr für ihn zuständig sei. Die nächste südsudanesische Botschaft befinde sich in Deutschland, es sei ihm ohne Reisedokument nicht möglich, dorthin zu reisen. Weiters sei fraglich, ob die südsudanesische Botschaft ihn als Südsudanesen anerkenne, weil er bereits seit 17.12.2006 in Österreich aufhältig sei. Dem Antrag beigefügt war eine Kopie seiner Rot-Weiß-Rot Karte plus.

2. Mit Schreiben vom 02.09.2016 erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) dem Beschwerdeführer Parteiengehör. Ausgeführt wurde, dem Antrag lägen keine Nachweise bei, aus denen sich ein Interesse der Republik an der Ausstellung eines Fremdenpasses ergebe. Auch sonst lägen keine Nachweise oder Beweismittel vor, aus denen ein Anspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 FPG abgeleitet werden könne. Unter Zitierung der gesetzlichen Bestimmung wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen zwei Wochen geeignete Nachweise und Beweismittel dafür vorzulegen, dass ein Interesse der Republik an der Ausstellung eines Fremdenpasses bzw. ein Anspruch des Beschwerdeführers darauf bestehe, ansonsten werde aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse entschieden und der Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses abgewiesen.

3. Bis zur erstinstanzlichen Entscheidung langte trotz ordnungsgemäßer Zustellung des Schreibens an den Beschwerdeführer sowie seine Rechtsvertretung keine Stellungnahme des Beschwerdeführers bzw. seiner Rechtsvertretung ein.

4. Mit im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 15.11.2016, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2 FPG abgewiesen.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 14.11.2016 wurde dem Beschwerdeführer für ein Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

6. Gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der Beschwerdeführer habe im Verfahren sehr wohl mitgewirkt. Er sei auf dem Gebiet des heutigen Südsudan geboren, welches damals zum Sudan gehört habe. Am 09.07.2011 habe sich der eigenständige Staat Südsudan gebildet und seit diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer keine sudanesische Staatsbürgerschaft mehr. Seine Vertreter hätten bereits am 19.05.2016 ein E-Mail an die südsudanesische Botschaft in Berlin gerichtet. Erst am 24.11.2016 hätten sie die Antwort erhalten, dass die Botschaft in Berlin keine Identitätspapiere ausstellen könne und alle entsprechenden Anträge in Juba, Südsudan gestellt werden müssen. Da sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Staatsgründung des Südsudan bereits in Österreich aufgehalten habe, habe er auch keine Staatsbürgerschaft des Südsudan erworben. Er sei daher staatenlos, bzw. liege zumindest eine ungeklärte Staatsangehörigkeit vor. Mit der Beschwerde wurde erneut die schriftliche Stellungnahme der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 30.08.2016 sowie der Schriftverkehr seines Vertreters mit der südsudanesischen Botschaft übermittelt.

7. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 18.04.2017 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer und seiner Rechtsvertretung zwei Sachverständigengutachten, wonach er - entgegen seiner Behauptung, südsudanesischer Staatsbürger zu sein - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus Nigeria stamme. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.

8. Eine solche langte mit E-Mail seiner Rechtsvertretung vom 02.05.2017 ein. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 14.01.2015, Zl. I406 1311613-1/13E davon ausgegangen sei, dass der Beschwerdeführer aus dem Sudan stamme und sei seine Staatsangehörigkeit mit "Sudan" festgestellt worden. Die beiden Gutachten stammten aus dem Jahren 2007 und 2011 und seien damals in die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes eingeflossen. Ohne Vorliegen neuer Beweismittel könne aufgrund der materiellen Rechtskraft des Erkenntnisses vom 14.01.2015 die dort festgestellte Staatsbürgerschaft bzw. Herkunft des Beschwerdeführers nicht von "Sudan" auf "Nigeria" geändert werden. Weiters habe die nigerianische Botschaft in Wien mit Schreiben vom 23.11.2015 bestätigt, dass der Beschwerdeführer nicht als nigerianischer Staatsbürger registriert sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der oben wiedergegebene Verfahrensgang wird der Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger.

Ein von ihm am 17.12.2006 gestellter Antrag auf internationalen Schutz war mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom 12.04.2007, Zl. XXXX als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.) und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet in den Sudan ausgewiesen worden (Spruchpunkt III.).

Einer gegen Spruchpunkt III. erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.01.2015, Zl. I406 1311613-1/13E, stattgegeben und festgestellt, dass gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

Dem Beschwerdeführer wurde zuletzt vom Stadtmagistrat XXXX mit 13.05.2019 ein bis 13.05.2022 gültiger Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" erteilt.

Der Beschwerdeführer ist weder staatenlos noch eine Person ungeklärter Staatsangehörigkeit. Er gehört nicht zu dem Personenkreis, dem ein Fremdenpass gemäß § 88 Abs. 2 FPG ausgestellt werden kann. Weiters hat er keine geeigneten Gründe vorgebracht, die eine Ausstellung eines Fremdenpasses rechtfertigen würden. Auf ein seiner gewillkürten Rechtsvertretung von Seiten der belangten Behörde am 10.10.2016 übermitteltes Parteiengehör hat er nicht geantwortet und die erforderlichen Nachweise nicht erbracht.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht wurde auch genommen in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zur GZ I406 1311613-1. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister (IZR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Feststellung zum Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, zu seinem rechtskräftig abgeschlossenen vorangegangenen Asylverfahren und zum ihm erteilten Aufenthaltstitel resultieren aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Die Feststellung zur nigerianischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründet sich auf die forensisch-afrikanistische Befunderhebung des Linguisten XXXX vom 20.09.2011. Der vorliegende Befund zeichnet sich durch eine fachliche Kompetenz, Ausführlichkeit sowie Schlüssigkeit und Plausibilität aus. Daraus geht hervor, dass der Beschwerdeführer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Nigeria hauptsozialisiert wurde. Eine Hauptsozialisierung im Sudan wurde mit ebensolcher Sicherheit ausgeschlossen. Ein Sprachanalysegutachten von XXXX vom 17.02.2007 kam zu demselben Ergebnis, wobei der Vollständigkeit halber anzumerken ist, dass dieses Gutachten, wie auch in der Beschwerde moniert, laut ergänzender gutachterlicher Stellungnahme des Linguisten XXXX vom 12.09.2011 nicht den Anforderungen an ein wissenschaftliches Gutachten genügt, auch wenn er die im Rahmen eines laiendialektologischen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse als durchaus wertvoll beurteilte.

Auch die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 02.05.2017 enthält nichts, was die Schlussfolgerungen des Sachverständigen in irgendeiner Form in Zweifel ziehen könnte. Seine Rechtsvertretung machte geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe mit Erkenntnis vom 14.01.2015, Zl. I406 1311613-1/13E rechtskräftig festgestellt, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger des Sudan sei. Die beiden aus den Jahren 2007 und 2011 stammenden Gutachten seien damals in die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes eingeflossen. Ohne Vorliegen neuer Beweismittel könne aufgrund der materiellen Rechtskraft des Erkenntnisses die dort festgestellte Staatsbürgerschaft bzw. Herkunft des Beschwerdeführers nicht von "Sudan" auf "Nigeria" geändert werden.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die angebliche sudanesische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers lediglich im Einleitungssatz des betreffenden Erkenntnisses Erwähnung fand, der Einleitungssatz jedoch nicht Teil des Spruchs im engeren Sinn ist und diesem daher keine Rechtskraft zukommt und somit insbesondere auch nicht der Erwähnung der sudanesischen Staatsangehörigkeit.

Dem Beschwerdeführer wäre es zudem freigestanden, beispielsweise durch die Vorlage eines Gegengutachtens oder auch zumindest durch nachvollziehbare Einwände darzulegen, warum den Ausführungen des im Jahr 2011 von der belangten Behörde beauftragten Sachverständigen nicht zu folgen sei.

Weiters machte der Beschwerdeführer geltend, die nigerianische Botschaft Wien habe schriftlich bestätigt, dass er nicht als nigerianischer Staatsbürger registriert sei. Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Schreiben der nigerianischen Botschaft in Wien vom 23.11.2015 bestätigt jedoch lediglich, dass er unter den von ihm gegenüber der Botschaft angegebenen Daten nicht als nigerianischer Staatsbürger registriert ist. Da jedoch - wie oben dargelegt -die nigerianische Herkunft und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers zweifelsfrei feststeht, ist davon auszugehen, dass er seine Identitätsdaten nicht wahrheitsgemäß angegeben hat, um seine Identität zu verschleiern. Wie auch von der belangten Behörde ausgeführt, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in der Lage wäre, ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu erlangen.

Nachdem die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers feststeht, gehört er nicht zu dem Personenkreis, dem ein Fremdenpass gemäß § 88 Abs. 2 FPG ausgestellt werden kann. Er ist weder staatenlos, noch eine Person ungeklärter Staatsangehörigkeit.

Der Beschwerdeführer hat auch in seiner Beschwerde keinen Nachweis erbracht, der eine Ausstellung eines Fremdenpasses rechtfertigen würde. Aus dem Hinweis, er gehe in Österreich einer Beschäftigung als Hilfsarbeiter nach und möchte wegen des besseren Verdienstes auch auf Montagen nach Deutschland oder Italien fahren, ergibt sich lediglich das persönliche Interesse des Beschwerdeführers, sich beruflich zu verbessern. Es kann daraus kein öffentliches Interesse an der Ausstellung eines Fremdenpasses für den Beschwerdeführer abgeleitet werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1 Zur anzuwendenden Rechtslage:

Die maßgebliche Bestimmung des Fremdenpolizeigesetzes lautet:

"Ausstellung von Fremdenpässen

§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für

1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;

2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45 NAG) gegeben sind;

4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder

5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.

(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.

(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend."

3.1.2 Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.1.3 Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Angesichts der Tatsache, dass der maßgebende Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend ermittelt wurde und der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen sowie eine initiative Darlegung der für die Entscheidungsfindung relevanten Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war, ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt.

Deshalb ist eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich und wurde in der Beschwerde auch nicht substantiiert dargetan, zu welchen Umständen noch Einvernahmen notwendig wären.

Zu A)

3.2 Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses:

Der Beschwerdeführer stützte seinen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses auf § 88 Abs. 2 FPG.

Laut dieser Bestimmung können Fremdenpässe ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder für Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

Dem Antrag des Beschwerdeführers war eine schriftliche Stellungnahme beigelegt, aber keine sonstigen Nachweise oder Beweismittel, die geeignet wären, seine schriftlichen Ausführungen zu belegen. Trotz der Möglichkeit zur Stellungnahme hierzu reichte der Beschwerdeführer bis zur erstinstanzlichen Entscheidung keine weiteren Unterlagen zu seinem Antrag nach.

Dem Beschwerdeführer als Antragsteller kommt im Verfahren eine erhöhte Obliegenheit zur Mitwirkung zu. Mit der im antragsbedürftigen Verfahren amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung korrespondiert die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Offizialmaxime befreit die Parteien nicht davon, durch substantiiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen; eine solche Mitwirkungspflicht ist dann anzunehmen, wenn der behördlichen Ermittlung faktische Grenzen gesetzt sind und die Behörde von sich aus nicht in der Lage ist, ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden (siehe die Nachweise bei Hengstschläger-Leeb, AVG § 39 Rz. 9 f; Erk. d. VwGH vom 24.4.2007, 2004/05/0285).

Nach der Rechtsprechung des VwGH hat die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes dort ihre Grenze, wo es der Mitwirkung der Partei bedarf und diese eine solche unterlässt (Erk. d. VwGH vom 12.9.2006, 2003/03/2006).

Im gegenständlichen Fall konnte sich die belangte Behörde kein ausreichendes Bild über den relevanten Sachverhalt machen, weshalb der Beschwerdeführer bzw. seine Vertretung im Rahmen ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert wurde. Dem kam der Beschwerdeführer bzw. seine Vertretung nicht entsprechend nach und unterließ er somit die zumutbare Mitwirkung im Verfahren.

Es stand daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung offen, hieraus entsprechende Schlüsse abzuleiten und die unterlassene Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung - idR zum Nachteil der Partei- zu berücksichtigen (VwGH 26.2.2002, 2001/11/0220; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 172; Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH).

Das Bundesverwaltungsgericht teilte dem Beschwerdeführer mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 18.04.2017 mit, dass der Verwaltungsakt zwei Sachverständigengutachten beinhalte, wonach er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus Nigeria stamme und nicht wie behauptet aus dem Sudan bzw. dem Gebiet des heutigen Südsudans. Diesen Sachverständigengutachten trat er - wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2. ausführlich dargelegt - in seiner Stellungnahme vom 02.05.2017 nicht substantiiert entgegen.

Eine Ausstellung eines Fremdenpasses auf Grundlage des § 88 Abs. 2 FPG kommt somit nicht in Frage, da der Beschwerdeführer weder staatenlos noch eine Person ungeklärter Staatsangehörigkeit ist.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 Z 1 bis 5 und Abs. 2a wurde vom Beschwerdeführer weder behauptet, noch ergaben sich aus dem Akteninhalt Hinweise darauf.

Österreich eröffnet mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert einen restriktiven Maßstab (VwGH 29.01.2008, 2007/18/0601). Dies gilt auch für die Verwirklichung jedes einzelnen der in den § 88 Abs. 1 Z 1 bis 5 FPG umschriebenen Tatbestände (Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht 2014, § 88 FPG E 1.).

Am Rande sei erwähnt, dass Fremdenpässe gemäß § 88 Abs. 1 FPG zusätzlich nur ausgestellt werden können, sofern dies nicht nur im Interesse des Betroffenen liegt, sondern vielmehr auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung besteht (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I 2009/122 (330 der Beilagen XXIV. GP).

Für die Ausstellung eines Fremdenpasses kommt es somit nicht bloß darauf an, dass diese im Interesse des Fremden gelegen ist, sondern es muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen, wobei ein restriktiver Maßstab anzulegen ist (VwGH 22.01.2014, Zl. 2013/21/0043 vgl. auch VwGH vom 15. September 2010, Zl. 2010/18/0279, und vom 19. Mai 2011, Zl. 2009/21/0288, jeweils mwN).

Der Beschwerdeführer hat jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses für ihn im Interesse der Republik gelegen ist.

Dass dem Beschwerdeführer durch die Nichtausstellung eines Fremdenpasses die Möglichkeit einer Reise in das Ausland genommen werde, auch um sich beruflich zu verbessern, stellt gerade keinen Grund dar, der ein öffentliches Interesse im Sinne des § 88 Abs. 1 FPG dartun könnte (VwGH 15.09.2010, 2010/18/0279).

Da somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 FPG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde stützt sich auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Bestimmungen des FPG.

Schlagworte

Fremdenpass, Mitwirkungspflicht, Nachreichung von Unterlagen,
Nachvollziehbarkeit, Nachweismangel, Rot-Weiß-Rot-Karte plus,
Sachverständigengutachten, Staatsangehörigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I406.1311613.2.00

Zuletzt aktualisiert am

30.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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