TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/2 W195 1418360-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.12.2019
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Entscheidungsdatum

02.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W195 1418360-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. XXXX , vertreten durch XXXX , Rechtsanwältin in XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Weiteren: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 17.02.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 18.02.2011 gab der BF an, er stamme aus Bangladesch, sei Bengale und Sunnit. Er sei als Generalsekretär der BNP für einen politischen Bezirk tätig gewesen. Wegen seiner Parteitätigkeit sei er von Mitgliedern der Awami League mit dem Umbringen bedroht worden. Dem BF sei zudem ein Mord unterstellt worden, weswegen er am 25.12.2010 angezeigt worden sei. Da er von der Polizei, der Sondereinheit RAB, und vom Militär gesucht worden sei, sei er schließlich geflohen.

I.3. In seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt (im Weiteren: BAA) am 25.02.2011 gab der BF an, er sei verheiratet und habe keine Kinder. Er habe sein Land verlassen, weil er aufgrund seiner Tätigkeit als Generalsekretär der BNP eines Polizeiverwaltungsbezirkes seit September 2008 von Mitgliedern der Awami League bedroht worden sei. Als Generalsekretär habe er Sozialarbeit geleistet. Er habe bedürftigen Menschen geholfen.

Am 15.08.2009 sei er von Mitgliedern der Awami League tätlich angegriffen worden. Von diesem Angriff habe er Verletzungen davongetragen.

Am 10.01.2010 hätten Mitglieder der Awami League ihn zu Hause gesucht. Sie hätten ihn dort jedoch nicht angetroffen. Sie hätten bei ihm zu Hause ein Feuer gelegt und seine Schwester misshandelt, sodass diese medizinische Hilfe in Anspruch hätte nehmen müssen.

Am 25.12.2010 sei er fälschlicherweise wegen Mordes angezeigt worden. Die Polizei habe seinem Vater eine Abschrift der Klageschrift ausgehändigt. Der BF werde daher von der Polizei und möglicherweise auch vom Militär gesucht. Er verfüge über keine innerstaatliche Fluchtalternative.

I.4. Mit Bescheid vom 28.02.2011, Zl. 11 01.693-BAT, wies das BAA den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.), und den BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bangladesch aus (Spruchpunkt III.); einer Beschwerde gegen diesen Bescheid erkannte das BAA gemäß § 38 Abs. 1 aF AsylG 2005 die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.).

Im Wesentlichsten zusammengefasst führte das BAA in seiner Begründung aus, der BF sei persönlich unglaubwürdig, sein Fluchtvorbringen oberflächlich und widersprüchlich und qualifiziert unglaubhaft. Soweit der BF eine Verfolgung durch Privatpersonen behaupte, sei diese zudem nicht asylrelevant.

I.5. Dieser Bescheid wurde dem BF durch persönliche Übernahme am 01.03.2011 zugestellt.

I.6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 10.03.2011 Beschwerde, in der der BF den angefochtenen Bescheid vollumfänglich wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpfte.

Begründend führte der BF im Wesentlichsten zusammengefasst aus, die belangte Behörde habe sich in ihrer Entscheidung nur unzureichend mit seinem konkreten Vorbringen und der daraus resultierenden Verfolgungssituation auseinandergesetzt. Das Ermittlungsverfahren sei nur unzureichend und oberflächlich durchgeführt worden; die belangte Behörde hätte durch geeignete Fragestellungen und Recherchen im Heimatland den materiellen Sachverhalt zu ermitteln gehabt. Zudem sei auch sein Recht hinsichtlich der Wahrung des Parteiengehörs verletzt worden. Er habe im Verfahren vor der belangten Behörde nicht ausreichend Zeit und Gelegenheit bekommen, zu den von der belangten Behörde vorgehaltenen Länderberichten Stellung zu nehmen.

I.7. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 24.03.2011, C5 418.360-1/23011/2Z wurde dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

I.8. Mit hg. Beschluss vom 06.07.2015, W144 1418360-1, wurde der Bescheid vom 28.02.2011 behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. S VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das nunmehr zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Weiteren: BFA) zurückverwiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht begründete diesen Beschluss im Wesentlichen mit dem Unterbleiben erforderlicher Ermittlungen durch das BAA. Dieses habe sich nur unzureichend mit dem Fluchtvorbringen des BF auseinandergesetzt und nicht auf eine Beibringung von Beweismitteln hingewirkt. Insbesondere habe es keine Ermittlungen hinsichtlich der vom BF behaupteten Anzeige und allfälliger daraus resultierender Strafverfahren im Heimatland angestellt. Auch habe es nicht die Vorlage allfälliger vorhandener Dokumente betrieben.

I.9. Mit Schreiben vom 31.08.2016 nahm der BF durch seinen damaligen rechtsfreundlichen Vertreter Stellung. Aufgrund seines nunmehrigen fünfjährigen Aufenthalts befinde sich der Lebensmittelpunkt des BF in Österreich. Er habe die B1-Deutschprüfung abgelegt, verfüge durch seine Tätigkeit als Pizzazusteller über ein durchschnittliches monatliches Einkommen von € 1.700,- und benötige keine Unterstützungen durch die öffentliche Hand. Er verfüge über einen Gewerbeschein sowie einen österreichischen Führerschein. Er sei bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft aufrecht kranken- und sozialversichert. Neben seiner Arbeitstätigkeit, im Zuge derer der BF mit vielen Österreichern in Kontakt komme, betreibe er Hobbies. Er sei sozial und gesellschaftlich integriert. Zudem sei er Mitglied des Wiener Roten Kreuzes, der Büchereien der Stadt Wien, der SPÖ und des ÖAMTC. Er gehe in eine Tanzschule und in ein Fitnesscenter. Der BF legte ein Konvolut an Unterlagen vor.

I.10. Am 04.04.2017 wurde der BF vor dem BFA wiederholt niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, er sei in Bangladesch politisch tätig gewesen, Mitglieder der AL hätten ihn umbringen wollen. Er sei auf Grund seiner politischen Tätigkeit und Gesinnung von den Mitgliedern der Gegenpartei der AL bedroht und verfolgt worden. Sein Leben sei dort nicht sicher gewesen. Er sei Mitglied der B.N.P. Chattro Dal und Generalsekretär gewesen. Sie hätten versucht, neue Mitglieder für seine Partei zu gewinnen, sie hätten Demonstrationen und Veranstaltungen organisiert und kundgemacht. Auf Vorhalt, dass er in der ersten Einvernahme von einem wohltätigen Verein namens XXXX gesprochen habe, gab er an, er wisse nicht mehr, was er bei der ersten Einvernahme gesagt habe, es sei ein "Sozial Club" in seinem Dorf unabhängig von seiner politischen Tätigkeit gewesen. Eine "Votar Card" habe er nicht gehabt. Er sei krank gewesen und es sei schon so lange her. Er könne sich nicht erinnern. Er sei auf verschiedenster Art und Weise bedroht worden. Er habe Drohbriefe bekommen, in denen gestanden sei, er solle aufhören aktiv in der Chattro Dal zu sein. Er habe weitere Morddrohungen über das Telefon mit der Aufforderung, sich nicht mehr politisch zu betätigen, erhalten. Die Polizei habe ihn gesucht, weil ihm eine falsche Anzeige angehängt worden sei. Es sei schon so lange her, er wisse nicht mehr alles so genau.

I.11. Mit undatiertem Schreiben, beim BFA am 12.04.2017 eingelangt, nahm der BF durch seine damalige rechtsfreundliche Vertreterin Stellung. Nach einer Wiederholung der behaupteten Fluchtgründe und weitwendigen Zitierungen von Länderberichten bringt diese im Wesentlichen vor, der BF sei im Falle einer Rückkehr nach Bangladesch dem realen Risiko einer Verfolgung ausgesetzt. Die ihm drohende strafrechtliche Verfolgung stehe in Kausalzusammenhang mit seiner politischen Gesinnung bzw. seiner Tätigkeit als Funktionär. Der BF sei jedenfalls einer asylrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stünde ihm nicht zur Verfügung und ihm drohe in Bangladesch Verfolgung. Im Falle einer Rückkehr würde er sofort in Haft genommen.

I.12. Mit Schreiben vom 12.02.2018 nahm der BF durch seinen damaligen rechtsfreundlichen Vertreter abermals Stellung. Aufgrund seines siebenjährigen Aufenthalts sei der BF gut integriert, er arbeite als Fahrer und im Gastronomiebereich, bringe € 2.000,- ins Verdienen und sei aufrecht kranken- und sozialversichert. Er gehe Hobbies nach und habe durch seinen Beruf viel Kontakt zu österreichischen Staatsangehörigen. Weiters habe er die Deutschprüfung B1 bestanden. In Bälde belege er einen Deutschkurs B2. Mit dem Schreiben wurde ein Konvolut an Urkunden in Vorlage gebracht.

I.13. Das BFA holte nach Einholung einer Übersetzung vorgelegter Beweismittel bei der Staatendokumentation eine Anfragebeantwortung ein, aus der sich folgendes ergibt:

"Kann eruiert werden, wann und wer 2010 für die Funktion des ordentlichen Sekretärs für den XXXX für die ‚Bangladesh Chattro Dal' gewählt wurde?

Kann eruiert werden, ob die Anzeige Nr. 12(12)10 der Polizeistation XXXX und der Haftbefehl des ‚Chief Judicial Magistrate Court, XXXX ', G.R. Nr. 132/10 vom 17.2.2011 tatsächlich bestehen und noch aufrecht sind bzw. zu einem Strafverfahren geführt haben?

Kann eruiert werden, ob der Inhalt der Einlieferungsbestätigungen des XXXX , den Tatsachen entspricht?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Aufgrund der personenbezogenen Art der Fragestellungen wurden diese an eine externe Stelle zur Recherche übermittelt.

Informationen zu ÖB/VA finden sich auf dem Quellenblatt der Staatendokumentation auf www.staatendokumentation.at.

Zusammenfassung:

Dem Bericht des Vertrauensanwaltes ist zu entnehmen, dass bei einer Befragung von mehreren Personen keine Verbindungen zwischen der Person des Hr. XXXX und der Partei ‚Chatiotabadi Chhattra Dal' bestätigt werden konnten. In den zur Prüfung vorgelegten Dokumenten der Polizeistation XXXX scheint der Name XXXX weder in der Anzeige, dem First Information Report (FIR) oder dem Haftbefehl auf. Darüber hinaus konnte durch Mitarbeiter des XXXX Health Complex XXXX , nicht bestätigt werden, dass Hr. XXXX zur Behandlung aufgenommen worden war.

Bei der Recherche wurden keine personenbezogenen Daten des Antragstellers an die Behörden weitergegeben.

Einzelquellen:

Dem Bericht des Vertrauensanwaltes ist folgendes zu entnehmen:

Am 30.10.2018 wurde das Gericht des Chief Judicial Magistrate, XXXX besucht und die Dokumente des Falles der XXXX Police Station Nr. 12(12)2010 überprüft. Aus dem Akt war ersichtlich, dass im Fall Nr. 12(12)2010 (umnumeriert zu G.R. Case No. XXXX /2010) der Name XXXX weder in der Anzeige, im FIR oder im Haftbefehl aufscheint. Der erwähnte Fall wurde am 10.1.2011 abgeschlossen und der Beschuldigte, Hr. XXXX , vom Judicial Magistrate No. 2, District- XXXX , zu drei Monaten schweren Kerkers verurteilt. Somit sind die vorgelegten Dokumente gefälscht und nicht vertrauenswürdig. Da es gegen den Antragsteller keine Ermittlungen gibt, wird dieser [Anm.: in Zusammenhang mit diesem Fall] nicht von der Polizei gesucht, es gibt keinen Haftbefehl und keine Grundlage einer Bestrafung bei seiner Rückkehr nach Bangladesch.

Bei einem Besuch des XXXX Health Complex XXXX District- XXXX am 31.10.2018 konnte nach Nachfrage nicht bestätigt werden, dass Hr. XXXX zur Behandlung in dieser Einrichtung aufgenommen worden war. Somit ist das übermittelte medizinische Zertifikat nicht echt und nicht zuverlässig.

Bei einem Besuch der Zweigstelle Bangladesh Jatiotabadi Chhattra Dal, XXXX Office, District- XXXX am 31.10.2018 war dieses Büro geschlossen. Personen in umliegenden Büros konnten keine Auskunft darüber geben, dass Hr. XXXX in der Jatiotabadi Chhattra Dal politisch involviert war. Auch im Heimatdorf von Hr. XXXX , Village-XXXX Post Office XXXX Police Station XXXX , District- XXXX am 31.10.2018 konnte von den befragten Personen keine Angaben zu politischen Aktivitäten von Hr. XXXX in der Jatiotabadi Chhattra Dal gemacht werden. Somit ist das übermittelte Parteizertifikat nicht authentisch und nicht vertrauenswürdig."

I.14. Am 22.11.2018 wurde der BF neuerlich einer niederschriftlichen Befragung vor dem BFA unterzogen. Hiebei wurde er zunächst zu seinen Lebensumständen befragt, wobei er im Wesentlichen hiezu angab, seine bengalische Ehefrau habe die Scheidung eingereicht. Hier in Österreich habe er bereits viele Freunde und er lebe in einer Lebensgemeinschaft mit einer Österreicherin und deren Tochter. Eine Verständigung mit dem BF in deutscher Sprache war gut möglich.

Zu seinen Fluchtgründen gab er zu Protokoll, Streitigkeiten mit der Polizei und Mitgliedern der AL gehabt zu haben. Er sei von der Polizei gesucht worden, deshalb sei er geflohen. Aufgefordert, genaue Angaben zur Bedrohung zu machen, gab der BF an, sich nicht erinnern zu können. Er sei von AL-Mitgliedern bedroht worden, weil er BNP-Mitglied gewesen sei. Das sei alles sehr traumatisch für ihn gewesen, deshalb könne er sich nicht mehr gut erinnern. Seiner Erinnerung zufolge sei er vom Generalsekretär der "Chhattro Dal" angezeigt worden. Was ihm vorgeworfen worden sei, wisse er nicht mehr. Seine Funktion bzw. seine Tätigkeiten könne er nicht beschreiben, er wisse nur mehr, dass er Generalsekretär gewesen sei. Er habe zu Versammlungen aufgerufen und gemeinnützige Tätigkeiten gemacht. Zu den Zielen und Grundsätzen der Partei befragt gab der BF an: "Fortschritt und Weiterentwicklung der Menschen." Er könne sich nicht erinnern, wie viele Parteigrundsätze es gebe, sein Leben sei jetzt in Österreich. Die Farbe der BNP sei Blau. Dem BF wurde sodann vorgehalten, dass laut Anfragebeantwortung der Staatendokumentation keine Verbindungen zwischen dem BF und der Chhattro Dal bestätigt worden seien. Dazu gab der BF an (Fehler im Original): "Wie sollen Sie eine Verbindung finden. Ich habe die Position von meinem Bruder, soweit ich mich erinnere, erhalten, aber es war noch nicht offiziell und nur für eine kurze Zeit, Weil ich schon nach wenigen Tagen die Anzeige erhielt. Es tut mir sehr leid aber ich habe diese traumatische Erfahrung verdrängt und kann mich nicht mehr erinnern. Ich habe mit diesem Leben abgeschlossen und habe überhaupt keine Kontakte mehr zu Bangladesch außer mit meinem Vater." Dem BF wurde weiter vorgehalten, dass die vorgelegten Anzeigen verfälscht seien und gegen ihn keine Ermittlungen laufen würden. Der Beschuldigte sei bereits verurteilt. Der BF werde weder von der Polizei gesucht, noch gebe es einen Haftbefehl gegen ihn. Dazu gab er an (sprachliche Unzulänglichkeiten im Original): "In Bangladesch ist alles möglich. Ich habe keine Ahnung über die Ermittlungen. Die Polizei hat nach mir gesucht, ich aber keine Untersuchungen diesbezüglich angestellt. Bei uns zu Hause war die Polizei und hat nach mir gesucht. Ich kann mich nur vage an diese Situation erinnern. Die AL und die Polizei sind sehr gewalttätig. In Bangladesch ist alles möglich, man kann auch Dokumente fälschen. So wie ich von der Anzeige gegen mich gehört habe, habe ich das Land verlassen. Die Menschen oder die Polizei werden denken, dass ich tot sei, weil ich seit meiner Flucht überhaupt keinen Kontakt, außer zum Vater, mit Bangladesch habe."

Sodann hielt das BFA dem BF vor, dass auch die vorgelegten medizinischen Zertifikate gefälscht seien. Dazu gab der BF an, er habe keine Ahnung, er könne sich nicht erinnern.

Im Falle einer Rückkehr habe der BF Angst um sein Leben. Er könne nicht zurück nach Bangladesch, weil er Angst habe, von AL-Leuten umgebracht zu werden. Er lebe in Österreich und liebe das Leben, das er hier führe.

Seine Lebensgefährtin habe er in XXXX , in der XXXX kennengelernt. Er lebe mit ihr seit fast drei Monaten zusammen.

Die Lebensgefährtin des BF wurde einer zeugenschaftlichen Einvernahme unterzogen. Diese gab insbesondere an, mit dem BF seit zwei Monaten zusammenzuleben. Auch sie wurde zu Gewohnheiten des BF befragt.

I.15. Mit einem als "Bescheid" bezeichneten Schriftstück vom XXXX , beabsichtigte das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch abzuweisen (Spruchpunkt II.), einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 dem BF nicht zu erteilen (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG zu erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festzustellen, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und auszusprechen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Diese Erledigung wies weder eine Unterschrift des genehmigenden Organwalters auf noch wurde die - mittels Textverarbeitung erstellte - Urschrift sonst durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters, etwa durch Amtssignatur genehmigt. Aus diesem Grund kam diesem Schriftstück der Bescheidcharakter nicht zu.

I.16. Gegen dieses Schriftstück erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

I.17. Mit hg. Beschluss vom 12.02.2019, L516 1418360-2, wurde diese Beschwerde gem. § 18 Abs. 3 AVG aus dem bereits genannten Grund als unzulässig zurückgewiesen.

I.18. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.

I.19. Mit Schriftsatz vom 17.05.2019 wurde dieser Bescheid des BFA seitens des - nunmehr durch XXXX , Rechtsanwältin in XXXX vertretenen - BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes und der behaupteten Fluchtgeschichte und neben weitwendig zitierter Länderberichte, deren Verfahrensrelevanz nicht konkret dargetan wird, wurde dabei zusammengefasst begründend ausgeführt, der BF müsse aufgrund der politischen Situation in Bangladesch seine politische Haltung verbergen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stünde ihm nicht zur Verfügung. Das BFA verkenne überdies, dass "erfolglose Rückkehrer" als "Schandfleck" angesehen würden und sich nicht auf familiäre Unterstützung verlassen könnten. In Österreich habe der BF ein intensives Privatleben. Er habe sich in Österreich ein Familienleben aufgebaut und sei essentieller Bestandteil der Kinderbetreuung seiner Lebensgefährtin geworden. Darüber hinaus verfüge er Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1. Ab April 2019 belege er einen Sprachkurs Niveau B2. Der BF halte sich seit mehr als acht Jahren durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet auf. In Anbetracht der langen Aufenthaltsdauer, seiner gesellschaftlichen, sozialen, beruflichen und kulturellen Integration erweise sich sein Privatleben als so gewichtig, dass die öffentlichen Interessen nicht überwiegen könnten.

Es wurden die Anträge gestellt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, allfällige nicht geltend gemachte Rechtswidrigkeiten amtswegig aufzugreifen, der Beschwerde stattzugeben und dem BF Asyl zu gewähren, in eventu, dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu, dem BF einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu gewähren sowie festzustellen, dass seine Abschiebung nach Bangladesch unzulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise ersatzlos zu beheben, in eventu, den Bescheid "ersatzlos" (sic) zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

I.20. Mit Schreiben vom 24.04.2019 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.21. Mit Schreiben vom 04.11.2019 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit dem BF auch das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den XXXX angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.

I.22. Am XXXX führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und der ausgewiesenen Rechtsvertreterin des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.

Der grundsätzlich gesunde BF, welcher zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht jedoch über Schwierigkeiten mit den Bandscheiben und Brustschmerzen klagte, arbeitet als selbständiger Unternehmer im Bereich Botendienste und Zustellung. Seine Deutschkenntnisse sind, wie im Rahmen der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht festgestellt werden konnte, ausreichend, und eine Konversation ist durchaus möglich.

Kontakte nach Bangladesch hat der BF nach seinen Angaben keine mehr. Nachdem seine Mutter vor ca einem Jahr verstorben sei habe er auch keinen Kontakt mehr zu seinem Vater. Eine Schwester, verheiratet, lebe in Bangladesch, ein Bruder angeblich in Bahrain.

Hinsichtlich seiner, wie die Rechtsvertreterin des BF betonte "verfestigten" Integration gab der BF an, dass er seit "fast zwei Jahren" mit einer Österreicherin befreundet sei. Seit 14 Monaten würden sie zusammenwohnen. Er habe sonst keine Beziehung, und er fühle sich wie der eigene Vater zu der jungen Tochter seiner Lebensgefährtin. Gemeinsam würden sie Ausflüge machen, zusammen ihre Freizeit gestalten und mit der Familie der Lebensgefährtin Zeit verbringen.

Zu seinem Fluchtgrund befragt führte der BF aus, dass er als Generalsekretär der Chattro Dal auf Ebene eines Polizeiverwaltungsbezirkes gewesen sei und in Opposition zur Awami League gestanden sei. Die Awami League hätte ihn umbringen wollen. Auf Grund seines Bruders hätte er die Funktion des Generalsekretärs erhalten. Er hätte eine politische Anzeige erhalten, weiters sei er mit dem Tod bedroht worden. Da dies vor langer Zeit passiert sei, könne er sich nicht mehr daran erinnern.

Die Freundin des BF, welche als Zeugin vom BF namhaft gemacht worden war, gab in ihrer Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass sie den BF liebe und auf jeden Fall haben möchte, dass der BF weiterhin bei ihnen leben solle. Dies gelte auch für die junge Tochter, um die sich der BF kümmern würde. Da sie selbst derzeit arbeitslos und beim AMS gemeldet sei, würden sie sich finanziell alles teilen. Zu den Fluchtgründen wisse sie nichts aus Erzählungen des BF, sondern habe dies lediglich nachgelesen. Der derzeitige asylrechtliche Status des BF sei ihr bewusst.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen

Lebensumständen in Österreich:

Der BF wirkt bei seinen Ausführungen sowohl was sein Privat- und Familienleben als auch seine Fluchtgründe betrifft unglaubwürdig.

Dies ergibt sich aus folgenden Feststellungen:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali (AS 31, 245).

Der BF ist in einem Dorf im Distrikt XXXX geboren und aufgewachsen und hat bis zuletzt dort gelebt (AS 55). Er hat in seinem Heimatland für zehn Jahre die Grundschule und danach zwei Jahre eine höhere Schule besucht und letztere im Jahr 2004 abgeschlossen. Einer Beschäftigung ist er nicht nachgegangen (AS 55).

Der BF ist seit 2009 (AS 61) mit einer Bengalin verheiratet, wobei er keinen Kontakt zu ihr hat (AS 544). Er hat keine Kinder (AS 342, 544). In Bangladesch halten sich sein Vater, ein Bruder und eine Schwester auf (AS 345, 543). Zwischen dem BF und seinen Verwandten bestünde aufrechter regelmäßiger Kontakt. Diesbezüglich widerspricht sich der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht, wo er ausführte, dass er keinen Kontakt zu seinen Verwandten, insbesondere seinem Vater, habe, und ein Bruder in Bahrain lebe.

Der BF ist im Februar 2011 nicht legal in das Bundesgebiet eingereist. Er ist nicht in die Grundversorgung einbezogen. In Österreich ist der BF für das Unternehmen Uber selbstständig als Fahrer tätig (AS 455 ff., 544), wodurch er € 2.000,- ins Verdienen bringt (AS 408),

Der BF ist in Österreich unterstützendes Mitglied des Wiener Roten Kreuzes (AS 319), Mitglied der SPÖ (AS 323), Mitglied beim ÖAMTC (AS 329) und hat eine Büchereikarte der Büchereien der Stadt Wien (AS 321). Er besucht ein Fitnessstudio (AS 325) und eine Tanzschule (AS 327).

Er hat in Österreich den Führerschein erworben (AS 317).

Der BF ist in Bangladesch verheiratet, seine Ehefrau habe angeblich die Scheidung eingebracht. In Österreich hält sich eine Lebensgefährtin des BF auf. Diese ist österreichische Staatsangehörige. Der BF lebt mit ihr und ihrer Tochter im gemeinsamen Haushalt (AS 546 ff.) und hat Kontakt zu ihrer Familie.

Der BF verfügt über gute Deutschkenntnisse (AS 544). Er ist strafrechtlich unbescholten.

Der BF ist - grundsätzlich - gesund. Er nimmt zwar derzeit Medikamente, aber es dürfte ein Bandscheibenvorfall innerhalb Monatsfrist ausgeheilt sein.

II.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Festgestellt wird, dass der BF politische Gründe als einzigen Fluchtgrund angibt.

Festgestellt wird, dass der BF mit seinem Fluchtgrund unglaubwürdig ist.

Festgestellt wird, dass der BF kein Funktionär einer politischen Partei war. Seine diesbezüglichen Äußerungen - sein Bruder habe ihn inoffiziell zum Generalsekretär in seinem Polizeiverwaltungsbezirk gemacht - entbehren einer Grundlage und sind durch eine Vor Ort Überprüfung falsifiziert. Der BF ist somit unglaubwürdig und hat keinen Nachweis hinsichtlich einer politischen Tätigkeit erbracht.

Es wird auch nicht festgestellt, dass der BF entgegen seinen Behauptungen, von Mitgliedern der Awami League, vom Militär und auch nicht von der Polizei verfolgt wird.

Festgestellt wird, dass, nach Ausführungen einer Vor Ort Überprüfung der BF in Bangladesch nicht gesucht wird.

Ein Brandanschlag auf die Wohnung des BF sowie tätliche Angriffe können ebenfalls nicht festgestellt werden.

Im Falle einer Rückkehr nach Bangladesch hat der BF keinerlei Bedrohungen zu gewärtigen. Allfälligen Behelligungen kann der BF durch ein innerstaatliches Ausweichen entgehen.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

Politische Lage:

Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People' s Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die "junge Generation" übergeben wolle (DW 14.2.2019).

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt. (HRW 13.12.2018). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

2014 trat die BNP aus Protest gegen Verfahrensfehler bei der Organisation der Wahlen nicht zur Wahl an und forderte die Bevölkerung, ihre eigenen Parteimitglieder und Wähler zu einem Generalstreik (Hartal) auf. Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).

Durch Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren. Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 12.2018).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL in 176 Bezirken als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016). Die kommenden Kommunalwahlen werden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 stattfinden (bdnews24 3.2.2019). Am ersten Wahltermin wurden in den 78 Upazilas eine geringe Wahlbeteiligung beobachtet. Die Wahl wird von der BNP und einigen anderen Parteien boykottiert (DS 10.3.2019).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018):

Bangladesch - Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322, Zugriff 7.3.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote,

https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 7.3.2019

* bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase,

https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019

* BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019

* BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019

* DS - Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053, Zugriff 11.3.2019

* DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,

https://www.thedailystar.net/country/news/election-78-upazilas-begins-1712992, Zugriff 11.3.2019

* DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3

by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 11.3.2019

* DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019

* DW - Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 7.3.2019

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2018a): Bangladesch - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 7.3.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2019): Bangladesch - Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 11.3.2019

* Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 7.3.2019

* Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results,

https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 7.3.2019

* NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019

* ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 7.3.2019

* RW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 7.3.2019

* WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019,

http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019

Sicherheitslage:

Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League und die Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).

Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).

Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z. B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).

In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017 griff eine aufgebrachte Menschenmenge indigene Bewohner der Stadt Langadu im Bezirk Rangamati Hill an und tötete dabei mindestens eine Person. Außerdem wurden Hunderte Häuser niedergebrannt. Berichten zufolge unternahmen Polizisten und Soldaten nichts, um die indigenen Bewohner zu schützen (AI 23.5.2018). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox's Bazar der Division Chittagong, hat es zuletzt in bzw. in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Am 21. Februar 2019 wurden dabei auch ausländische Journalisten angegriffen (AA 25.2.2019).

An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKHO 28.2.2019).

In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 25.2.2019). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 27.10.2017). Die Kriminalität hat ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 14.12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (25.2.2019):

Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 27.2.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018):

The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019

* AI - Amnesty International (23.5.2018): Bangladesch 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bangladesch, Zugriff 5.3.2019

* BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (14.12.2018): Bangladesch - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 6.3.2019

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* UKHO - UK Home Office (28.2.2019): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 6.3.2019

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Rechtsschutz/Justizwesen:

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen "Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem "High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem "Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 12.2018).

Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 12.2018). Gemäß einer Verfassungsänderung hat das Parlament seit 2014 das Recht, oberste Richter abzusetzen (USDOS 20.4.2018).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB 12.2018).

Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 12.2018). Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2018). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 9.1.2019).

Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftliche Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 12.2018).

Quellen:

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019):

Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka] on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 6.3.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Sicherheitsbehörden:

Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und andere Sicherheitsbehörden. Die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen; sie werden aber nicht immer angewandt (USDOS 20.4.2018).

Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 27.10.2017). Misstrauen gegenüber der Polizei und anderen Sicherheitsdiensten hält viele Bürger davon ab, Unterstützung zu suchen oder Verbrechen anzuzeigen. Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 20.4.2018). Trotz dieser Bemühungen kommt es weiterhin zu Machtmissbrauch und unangebrachter Gewaltanwendung von Sicherheitskräften, insbesondere durch die Rapid Action Batallions (RAPs), die in weiterer Folge ungestraft bleiben (ÖB 12.2018).

Es gibt Hinweise auf willkürliche Festnahmen durch die Polizeikräfte, obwohl dies gesetzlich verboten ist, sowie auf willkürliche Nutzung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen. Die Festnahme ohne Angabe von Gründen ist für bis zu 30 Tagen zur Verhinderung von Taten, die die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden, erlaubt. Die Arretierten haben kein Recht auf einen Verteidiger. Die hauptsächlich Betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben. Nach wie vor problematisch ist auch die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Gegenwärtig geht man von über 2 Millionen ausständigen Zivil- und Strafverfahren aus (ÖB 12.2018).

Die Sicherheitskräfte lassen Personen weiterhin routinemäßig "verschwinden". Bei den Opfern handelte es sich zumeist um Anhänger der Opposition. Folter und andere Misshandlungen waren noch immer weit verbreitet, die Behörden gingen entsprechenden Anzeigen jedoch nur selten nach (AI 23.5.2018; siehe auch Abschnitt 6.). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 27.10.2017).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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