TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/2 W195 1402556-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.12.2019
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Entscheidungsdatum

02.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W195 1402556-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX vertreten durch XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Abgeschlossenes erstes Asylverfahren:

I.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte am 16.07.2008 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

I.1.2. Am XXXX 2008 wurde der BF vor dem Bundesasylamt (im Folgenden: BAA) niederschriftlich einvernommen und gab zu seinen Fluchtgründen unter anderem folgendes zu Protokoll: "Ich hatte eben Gelegenheit, vor meiner Befragung mit meinem Bruder zu sprechen, der vor mir bei Ihnen dran war. Ich gebe gleich an dieser Stelle von mir aus zu, dass meine Fluchtgeschichte nicht wahr ist. Ich war nie politisch engagiert und hatte nie Probleme mit der RAB oder der Polizei. Das habe ich nur angegeben, weil der Schlepper uns, damit meine ich meinen Bruder und mich, das so eingeredet hat.

In Wahrheit haben ich Bangladesch verlassen, weil ich in Bangladesch keine Lebensgrundlage mehr für mich sah. Sowie der Bruder sicher schon gesagt hat, ist mein Vater hoch verschuldet. Er hat sich durch die Mitgift meiner Schwestern, unsere Schulausbildung und letztlich auch durch die Kosten für unsere Schleppung finanziell völlig übernommen. Ich habe noch schlechtere Qualifikationen als mein Bruder und es gibt bei uns keine Aussichten auf eine Arbeitsstelle. Daher habe ich Bangladesch verlassen um hier Geld zu verdienen um meinem Vater zu helfen."

I.1.3. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BAA mit Bescheid vom XXXX 2008, XXXX , den Antrag auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt II.) und den BF gem. § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bangladesch aus (Spruchpunkt III.).

I.1.4. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof (im Folgenden: AsylGH) mit Erkenntnis vom XXXX 2012, XXXX gem. §§ 3, 8 und 10 AsylG 2005 als unbegründet ab.

Diese Entscheidung erwuchs mit Ablauf des 11.12.2012 in Rechtskraft.

I.1.5. Am 14.12.2012 stellte der BF bei der Magistratsabteilung (im Folgenden: MA) 35 des Magistrats der Stadt Wien einen Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot Aufenthaltsberechtigung gemäß NAG. Am 12.02.2013 wurde der BF von der Landespolizeidirektion Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, Referat 3, zwecks Sicherung der Ausreise einvernommen und ihm zur Kenntnis gebracht, dass für ihn bei der Vertretungsbehörde die Ausstellung eines Heimreisezertifikats beantragt werde. Mit Bescheid der MA 35 vom 24.11.2014 wurde der Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot Karte abgewiesen.

I.1.6. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 02.07.2015 wurde eine Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 24.11.2014 abgewiesen. Eine dagegen erhobene außerordentliche Revision wies der Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden: VwGH) mit Erkenntnis vom 15.12.2015, Zl. Ra 2015/22/0107, als verspätet zurück.

I.1.7. Der BF kam seiner aus diesen Entscheidungen resultierenden Ausreiseverpflichtung nicht nach und zog es dagegen vor, seinen - nunmehr rechtswidrigen - Aufenthalt im Bundesgebiet illegal fortzusetzen.

I.2. Gegenständliches Verfahren (unter Einbeziehung der aktenkundigen bisherigen Gegebenheiten):

I.2.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 25.02.2015 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag Asyl), zu welchem er am Tag der Antragstellung einer Erstbefragung zugeführt wurde.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er aus, gestern und vorgestern per E-Mail Unterlagen betreffend zwei Strafverfahren, welche gegen ihn und seinen Bruder eingeleitet worden seien, erhalten zu haben. Am XXXX 2015 sei in der Polizeistation XXXX eine Strafanzeige gegen mehrere Personen, darunter der BF und sein Bruder, erstattet worden. Am XXXX 2015 sei eine Anklageschrift beim Gericht eingebracht worden, welche er in Kopie beilege. Am XXXX 2016 sei eine Klage direkt beim Gericht des obersten Berufsrichters in XXXX eingebracht worden. In dieser Klage sei dem BF und seinem Bruder Betrug, gefährliche Nötigung und gefährliche Drohung vorgeworfen worden. Bei beiden Strafverfahren handle es sich um politische Racheakte. Sie beide seien unschuldig. Da der BF weder zur bengalischen Sicherheitsbehörde noch zur Justizbehörde vertrauen habe, erwarte er auch kein faires Verfahren. Nun könne er nicht nach Bangladesch zurückkehren, weil ihm zwei Strafverfahren mit langjährigen Haftstrafen drohen würden. Da ein neuer Sachverhalt vorliege, stelle er einen neuen Antrag.

Der BF brachte bei der Erstbefragung ein Konvolut an Unterlagen in Vorlage.

I.2.2. Mit nichtdatiertem Schreiben, beim BFA am XXXX 2018 eingelangt, legte der BF ein bengalisprachiges Schreiben seiner Mutter samt Übersetzung vor.

I.2.3. Am XXXX 2018 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

Eingangs legte er ein Konvolut an Unterlagen vor.

Aufgefordert, alles, was er über die nunmehr in Rede stehenden Anzeigen wisse, darzutun, gab er zunächst an: " XXXX ." Die Frage wurde wiederholt und dahingehend konkretisiert, weswegen der BF angezeigt worden sei, und der BF gab an: "Mein Bruder ist der Erstbeschuldigte, ich bin der Zweitbeschuldigte, wir haben ihm zufolge 300.000 Taka von ihm ausgeborgt, als er das Geld zurückverlangte, haben wir ihm, laut ihm, mit dem Umbringen bedroht. Das ist natürlich nicht wahr, er ist ein Handlanger bzw. Mittelsmann der Awami-League. Er hat gute Kontakte zur Polizei und zur Verwaltung." Jeden Monat komme es zu einer Vorladung. Der BF habe einen Rechtsanwalt, der ihn dort regelmäßig vertrete.

Dem Dolmetscher zufolge handele sich um ein Gerichtsverfahren, keine Anzeige.

Die zweite Anzeige besage, dass der BF bei diversen Demonstrationen Sachbeschädigungen und Brandstiftungen bei Autos begangen hätte. Es habe auch einen Haftbefehl gegen ihn und seinen Bruder wegen dieser Sache gegeben, das sei am XXXX 2015 gewesen.

Sodann gab der BF zu Protokoll, alles über die Anzeigen gesagt zu haben und nunmehr etwas zu seiner Mutter angeben zu wollen. Seine Mutter sei sehr labil und fürchte sich, weil die Polizei regelmäßig drei- bis viermal in der Woche zu ihr komme und ihr Druck mache, dass sie ihre Söhne zurück nach Bangladesch holen sollte. Ihr gehe es so schlecht wie dem Vater des BF vor seinem Tod. Vorher wussten die Polizei und die Verwaltung nicht, dass er und sein Bruder in Österreich seien, mittlerweile wüssten sie es. Dadurch, dass sie es wüssten, sei ihr Leben in Gefahr und wenn er und sein Bruder, egal aus welchen Gründen, nach Bangladesch reisen würden, würden sie sie bereits am Flughafen festhalten.

Befragt, ob er jemals Probleme mit der Polizei oder den Sicherheitbehörden in Bangladesch Probleme gehabt habe, gab der BF an: "Ja, weil es in Bangladesch das Rapid Action Bataillon (RAB), das sich zusammensetzt aus verschieden Verwaltungsbehörden und der Polizei und die ohne zu zögern einen erschießen." Er habe mit der RAB Probleme gehabt.

Zum Fluchtgrund befragt, gab der BF an, er habe den Asylantrag gestellt, weil es jetzt zwei neue Verfahren gegen ihn gebe. Wenn er nach Bangladesch zurückkehren würde, würde ihn die Polizei festnehmen, ins Gefängnis sperren und dort würden sie ihn foltern. Er würde mit alten Leuten in die Zelle gesperrt werden. Es könne sein, dass er sexuell belästigt werden könnte.

Er habe Bangladesch ca. 2008 verlassen, so genau wisse er das nicht mehr, weil es mittlerweile mehr als zehn Jahre her sei. In der Nähe von Geschäft der Familie des BF habe eine von der BNP organisierte Demonstration stattgefunden, es seien die Polizeieinheiten gekommen und hätten die Demonstration gewaltsam aufgelöst. Viele Leute seien geflüchtet und hätten sich versteckt. Der Bruder des BF sei dort vor Ort aufgehalten und geschlagen worden. Der BF sei auch geflüchtet und die jeweiligen BNP-Funktionäre hätten seinen Bruder geheim im Spital notversorgt. Wenn sie den BF erwischen würden, würde mir das Dreifache drohen.

Befragt, warum ihm "das Dreifache" drohen würde, gab er an: "Wenn sie uns aufhalten und unsere Arbeit verhindern, können Sie verhindern, dass wir Demonstrationen machen."

Weitere Fluchtgründe habe er nicht. Er sei ein einfaches Mitglied der BNP gewesen und habe an Demonstrationen und Kundgebungen teilgenommen. Wenn sie weiter geblieben wären, hätten sie jetzt auch eine Position wie höhere Funktionäre. Deswegen hätten sie ja versucht sie in jüngeren Jahren aufzuhalten, damit sie nicht mächtiger werden könnten.

Auch sein Bruder sei einfaches Mitglied der BNP gewesen, da er älter als der BF sei, sei er in seiner Altersgruppe aktiv gewesen.

Im Weiteren wurden dem BF einige Fragen zur BNP gestellt, die er großteils nicht bzw. nicht zutreffend beantworten konnte.

Dem BF wurde seine obzitierte Aussage vom XXXX 2008 vorgehalten.

Dazu gab er an: "Habe ich das gesagt? Vor mir wurde mein Bruder einvernommen, der aufgrund von Stress, Krankheit und Angst diese Angaben gemacht hatte. Der Dolmetscher hätte gesagt, sagen Sie diese Sachen, es wird schon gut gehen. Als ich dann hineinkam um die Einvernahme machen, sagte man mir nur, ich soll da unterschreiben, weil mein Bruder schon alles ausgesagt hätte. Daraufhin habe ich gefragt, was ich unterschrieben soll. Weil ich ja eine selbstständige Person bin. Der Dolmetscher sagte, dein Bruder hat alles gesagt und meinte, ich und mein Bruder sind ja gleich."

Im Falle einer Rückkehr würde die Botschaft den BF und seinen Bruder festhalten, weil die ja wüssten, dass sie hier aufhältig seien. Darüber hinaus würden sie sie am Flughafen schon festhalten, ins Gefängnis stecken und dort sexuell missbrauchen.

I.2.4. Mit dem angefochtenen und im Spruch bezeichneten Bescheid vom XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.

I.2.5. Mit Schriftsatz vom 11.10.2018 wurde dieser Bescheid des BFA seitens des - durch den XXXX vertretenen - BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.

Nach Wiedergabe der behaupteten Fluchtgründe wurde dabei zusammengefasst begründend ausgeführt, es sei nicht erkennbar, was das BFA an den Angaben des BF "auszusetzen" habe. Auf jegliche Überprüfung der vom BF vorgelegten Beweismittel werde explizit verzichtet, ebenso auf eine inhaltliche Beurteilung seiner Rückkehrbefürchtungen und seiner Integration in Österreich. Das BFA hätte kein Interesse daran gehabt, die Angaben des BF einer adäquaten Beurteilung zu unterziehen, es seien keine diesbezüglichen Recherchen angestellt worden, worin sich zeige, dass der Fall des BF keiner objektiven Beurteilung zugeführt worden sei. Das BFA habe sich mit dem zentralen Vorbringen des BF nicht auseinandergesetzt. Bestritten werde überdies, dass dem BF eine innerstaatliche Fluchtalternative offen stünde.

Der BF habe bereits größte Anstrengungen hinsichtlich seiner Integration unternommen. Dass das Privat- und Familienleben des BF als nicht schützenswert angesehen werde, sei im Hinblick auf die vorgelegten Urkunden und die Dauer seines Aufenthaltes nicht verständlich. Außerdem könne sich der BF im Alltag problemlos auf Deutsch verständigen. Er sei unbescholten und selbsterhaltungsfähig und stelle keine Belastung für eine Gebietskörperschaft dar.

Es wurden die Anträge gestellt, dem BF Asyl, allenfalls subsidiären Schutz zu gewähren, allenfalls den Bescheid aufzuheben und an die erste Instanz zurückzuverweisen, einen "landeskundigen" Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der Situation in Bangladesch und den vom BF vorgebrachten Punkten befasse, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, "aufschiebende Wirkung zu gewähren", allenfalls die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären, allenfalls einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen sowie allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung nach Bangladesch unzulässig sei.

I.2.6. Mit Schreiben vom 29.10.2018 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.2.7. Mit Schreiben vom 04.11.2019 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit dem BF auch das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den XXXX angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.

I.2.8. Am XXXX führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.

Der BF verwies am Anfang der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auf sein seinerzeitiges, auf das Jahr 2008 zurückgehende Vorbringen. Unter Hinweis auf die vom AsylGH im Jahr 2012 (hinsichtlich Asylgrund), sowie vom VwG Wien im Jahr 2015 (hinsichtlich Rot-weiß-rot-Karte) rechtskräftig beurteilte Situation wurde der BF zu seinen Fluchtgründen seit 2012 befragt. Diese gründen sich auf behauptete Anzeigen gegen ihn, welche politisch motiviert seien, weil er vor 2008 "Politik gemacht habe". Gefragt, weshalb er nicht gegen diese Anzeigen vorgegangen sei, da er ja zu den behaupteten Vorfällen im Hinblick auf seine (teilweise illegale) Anwesenheit im Bundesgebiet leicht nachweisen könnte, dass diese - nach 2008 bzw 2012 erfolgten - Anzeigen ungerechtfertigt seien, vermeinte der BF unter Hinweis auf Aktivitäten seiner Schwester, dass diese in laufend informiert halte. Er selbst habe zu seinem Anwalt nur sporadisch Kontakt; eine telefonische Kontaktnahme sei wegen des fünfstündigen Zeitunterschiedes nicht möglich; dass dieser (gleiche) Zeitunterschied auch hinderlich sei, um mit seiner Schwester Kontakt zu halten, wurde vom BF nicht kommentiert.

Zu seinem Familien- und Privatleben befragt teilte der BF mit, dass er derzeit von der Unterstützung lebe. Er wolle Koch lernen und habe eine Einstellungszusage der XXXX Wien. Sein Freundeskreis habe primär bengalischen Hintergrund; dies auch deshalb, weil eine seiner Schwestern mit ihrer Familie in Wien wohne und er mit dieser Familie intensiven Kontakt habe; auch sein Bruder lebe illegal in Wien. Der BF selbst habe keine Beziehung und keine Kinder.

Die Deutschkenntnisse des BF sind so weit vorhanden, dass eine Konversation durchaus möglich ist.

Ein weiteres Vorbringen erstattete der BF in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen

Lebensumständen in Österreich:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali (AS 29).

Der BF ist im Ort XXXX geboren (AS 29), aufgewachsen und hat zuletzt auch dort gewohnt (AS 96). Er hat in seinem Heimatland für zehn Jahre die Grundschule und zwei Jahre AHS besucht und vor seiner Ausreise aus Bangladesch seinem Vater im Lebensmittelgeschäft geholfen (Bescheid AS 233).

Der BF ist ledig und hat keine Kinder (AS 99). In Bangladesch halten sich die Mutter, drei Geschwister und entfernte Verwandte auf (AS 98). Zwischen dem BF und seinen Verwandten besteht aufrechter regelmäßiger Kontakt.

Der BF ist im Juli 2008 nicht legal in das Bundesgebiet eingereist

Er stellte am 16.07.2008 einen ersten Asylantrag, der mit Erkenntnis des AsylGH vom XXXX 2012 rechtskräftig abgewiesen wurde. Seinen dadurch rechtswidrig gewordenen Aufenthalt setzte er fort, seiner Ausreiseverpflichtung kam er nicht nach. Bis zur gegenständlichen Antragstellung am 25.02.2018 war sein Aufenthalt im Bundesgebiet rechtswidrig und illegal.

Der BF ist in die staatliche Grundversorgung einbezogen. Er ist Mitglied bei der XXXX (AS 123), bei der XXXX (AS 125). Er hat Empfehlungsschreiben in Vorlage gebracht (AS 131 ff.).

In Österreich hält sich sein Bruder, XXXX , dessen zweiter Antrag auf internationalen Schutz mit hg Erkenntnis vom 07.05.2019, Zl. W195 2202242-1/9E abgewiesen wurde, sowie eine verheiratete Schwester auf.

Es besteht keine Lebensgemeinschaft des BF in Österreich; er hat auch keine Kinder im Bundesgebiet. Mit seinem - in Österreich illegal aufhältigen - Bruder lebt er in einer gemeinsamen Wohnung. Finanzielle oder sonstige Abhängigkeiten bestehen nicht. In seiner Freizeit lernt der BF Deutsch. Im Sommer spielt der BF Cricket mit anderen Bengalen. Mit solchen trifft er sich auch gelegentlich zum Kaffeetrinken. Er hat bereits gearbeitet (AS 100 f.), derzeit geht er keiner Arbeit nach.

Der BF hat das Deutschzertifikat B1 erworben (AS 121), er ist strafrechtlich unbescholten.

Der BF ist im Wesentlichen gesund, er nimmt aber ein Medikament gegen zu viel Fett im Blut.

I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Nicht festgestellt werden kann eine konkrete Verfolgung des BF in Bangladesch, insbesondere nicht seit 2012.

Festgestellt wird, dass der BF seit 2008 nicht in Bangladesch war;

festgestellt wird, dass der BF seit 2008 nicht politisch in Bangladesch tätig war.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in Bangladesch Mitglied der BNP gewesen wäre. Nicht festgestellt wird weiters, dass gegen den BF Anzeigen eingebracht wurden oder Strafverfahren gegen ihn anhängig sind. Es wird festgestellt, dass der BF jedenfalls keine großen Anstrengungen unternimmt, um von ihm behaupteten Anzeigen im Herkunftsland entgegenzutreten.

Es wird ebenfalls nicht festgestellt, dass der BF im Falle einer Rückkehr eine wie auch immer geartete Verfolgung zu gewärtigen hätte.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

Politische Lage:

Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People' s Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die "junge Generation" übergeben wolle (DW 14.2.2019).

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt. (HRW 13.12.2018). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

2014 trat die BNP aus Protest gegen Verfahrensfehler bei der Organisation der Wahlen nicht zur Wahl an und forderte die Bevölkerung, ihre eigenen Parteimitglieder und Wähler zu einem Generalstreik (Hartal) auf. Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).

Durch Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren. Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 12.2018).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL in 176 Bezirken als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016). Die kommenden Kommunalwahlen werden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 stattfinden (bdnews24 3.2.2019). Am ersten Wahltermin wurden in den 78 Upazilas eine geringe Wahlbeteiligung beobachtet. Die Wahl wird von der BNP und einigen anderen Parteien boykottiert (DS 10.3.2019).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018):

Bangladesch - Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322, Zugriff 7.3.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote,

https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 7.3.2019

* bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase,

https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019

* BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019

* BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019

* DS - Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053, Zugriff 11.3.2019

* DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,

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* DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3

by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 11.3.2019

* DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019

* DW - Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 7.3.2019

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2018a): Bangladesch - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 7.3.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2019): Bangladesch - Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 11.3.2019

* Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 7.3.2019

* Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results,

https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 7.3.2019

* NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019

* ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 7.3.2019

* RW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 7.3.2019

* WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019,

http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019

Sicherheitslage:

Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League und die Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).

Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).

Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z. B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).

In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017 griff eine aufgebrachte Menschenmenge indigene Bewohner der Stadt Langadu im Bezirk Rangamati Hill an und tötete dabei mindestens eine Person. Außerdem wurden Hunderte Häuser niedergebrannt. Berichten zufolge unternahmen Polizisten und Soldaten nichts, um die indigenen Bewohner zu schützen (AI 23.5.2018). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox's Bazar der Division Chittagong, hat es zuletzt in bzw. in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Am 21. Februar 2019 wurden dabei auch ausländische Journalisten angegriffen (AA 25.2.2019).

An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKHO 28.2.2019).

In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 25.2.2019). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 27.10.2017). Die Kriminalität hat ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 14.12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (25.2.2019):

Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 27.2.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018):

The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019

* AI - Amnesty International (23.5.2018): Bangladesch 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bangladesch, Zugriff 5.3.2019

* BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (14.12.2018): Bangladesch - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 6.3.2019

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* UKHO - UK Home Office (28.2.2019): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 6.3.2019

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Rechtsschutz/Justizwesen:

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen "Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem "High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem "Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 12.2018).

Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 12.2018). Gemäß einer Verfassungsänderung hat das Parlament seit 2014 das Recht, oberste Richter abzusetzen (USDOS 20.4.2018).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB 12.2018).

Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 12.2018). Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2018). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 9.1.2019).

Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftliche Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 12.2018).

Quellen:

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019):

Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka] on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 6.3.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Sicherheitsbehörden:

Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und andere Sicherheitsbehörden. Die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen; sie werden aber nicht immer angewandt (USDOS 20.4.2018).

Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 27.10.2017). Misstrauen gegenüber der Polizei und anderen Sicherheitsdiensten hält viele Bürger davon ab, Unterstützung zu suchen oder Verbrechen anzuzeigen. Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 20.4.2018). Trotz dieser Bemühungen kommt es weiterhin zu Machtmissbrauch und unangebrachter Gewaltanwendung von Sicherheitskräften, insbesondere durch die Rapid Action Batallions (RAPs), die in weiterer Folge ungestraft bleiben (ÖB 12.2018).

Es gibt Hinweise auf willkürliche Festnahmen durch die Polizeikräfte, obwohl dies gesetzlich verboten ist, sowie auf willkürliche Nutzung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen. Die Festnahme ohne Angabe von Gründen ist für bis zu 30 Tagen zur Verhinderung von Taten, die die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden, erlaubt. Die Arretierten haben kein Recht auf einen Verteidiger. Die hauptsächlich Betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben. Nach wie vor problematisch ist auch die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Gegenwärtig geht man von über 2 Millionen ausständigen Zivil- und Strafverfahren aus (ÖB 12.2018).

Die Sicherheitskräfte lassen Personen weiterhin routinemäßig "verschwinden". Bei den Opfern handelte es sich zumeist um Anhänger der Opposition. Folter und andere Misshandlungen waren noch immer weit verbreitet, die Behörden gingen entsprechenden Anzeigen jedoch nur selten nach (AI 23.5.2018; siehe auch Abschnitt 6.). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 27.10.2017).

Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung (ÖB 12.2018):

Rapid Action Batallions (RABs): Es gibt 14 RABs mit insgesamt ca.

8.500 Mann, die ebenfalls dem Innenministerium unterstellt sind. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen. Die RABs sind hauptsächlich in urbanen Zentren stationiert, rekrutieren sich hauptsächlich aus Polizei und Armee, sind gut ausgebildet und mit moderner Ausrüstung versehen (ÖB 12.2018; vgl. RAB o.D.). Ihnen werden schwere menschenrechtliche Verstöße wie z. B. extralegale Tötungen zugeschrieben (AA 27.10.2017). Die RABs verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Toten durch Schießereien führt. Sie werden auch bei Demonstrationen eingesetzt, wobei exzessive Gewalt, Gummigeschosse aber auch scharfe Munition gegen Demonstranten zum Einsatz kam, welche wiederholt Todesopfer forderten. Es kam trotz zahlreicher Verhaftungen noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen gegen Mitglieder der RABs (ÖB 12.2018). Trotz Vorwürfen von Verstößen, einschließlich einer Audioaufzeichnung einer außergerichtlichen Hinrichtung durch Mitglieder des RAB, haben die Behörden es versäumt, die Verantwortlichen auszuforschen und zu verfolgen (HRW 17.1.2019).

Bangladesh Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB 12.2018).

Bangladesh Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Home Ministry, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB 12.2018).

Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" à 32 Personen geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sog. Town Defence Parties (ÖB 12.2018).

Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 27.10.2017).

Die Zivilbehörden haben eine effektive Kontrolle über das Militär und die Regierung verfügt über die notwendigen Mechanismen, um Missbrauch und Korruption zu ahnden. Allerdings macht sie hiervon immer weniger Gebrauch. Faktisch hat der Sicherheitsapparat ein Eigenleben entwickelt, das kaum mehr von der Regierung kontrolliert wird (AA 27.10.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002245.html, Zugriff 7.3.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* RAB - Rapid Action Battalion Bangladesh (o.D.): Contact Us, http://www.rab.gov.bd/english/contact-us/, Zugriff 11..2019

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Korruption:

Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 27.10.2017; vgl. LIFOS 25.2.2019). Der Vorsitzende der Antikorruptionsbehörde, Iqbal Mahmood, wird mit den Worten zitiert, die Korruption habe ein solches Ausmaß erreicht, dass er ratlos sei, wie er sie reduzieren könne (AA 27.10.2017). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2018 den 149. Platz unter 180 untersuchten Staaten, das ist eine Verschlechterung von sechs Plätzen im Vergleich zum Jahr 2017 (143/180) (TI 29.1.2019).

Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen. Wohlhabenden oder in den großen Parteien verankerten Personen stehen die Möglichkeiten des ineffizienten und korrupten Justizsystems offen. Das Ausmaß der Korruption stellt jedoch sicher, dass auch Opfer staatlicher Verfolgung davon profitieren können (ÖB 12.2018).

Laut Transparency International haben im Jahr 2015 47 % der befragten Haushalte und 49 % der befragten Unternehmen Bestechungsgeld gezahlt (TI 30.5.2016). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NGOs genießen den besten Ruf (AA 27.10.2017).

Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC). Diese wird seitens der deutschen Botschaft Dhaka jedoch als "eher zahnloser Papiertiger" sowie "reines Aushängeschild" beurteilt (ÖB 12.2018). Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die ACC der Korruption verdächtigte Beamte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 27.10.2017). Im Gegenzug wird der Regierung vorgeworfen, die ACC für politisch motivierte Strafverfolgung zu nutzen (USDOS 20.4.2018), beispielsweise gegen die oppositionelle BNP (FH 1.2018).

Es gibt Ambitionen der jüngsten Regierungen, Korruption einzuschränken (LIFOS 25.2.2019) und die Regierung setzt Schritte zur Bekämpfung der weitverbreiteten Polizeikorruption (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* LIFOS - Center för landinformation och landanalys inom migrationsområdet (25.2.2019): Bangladesh falska handlingar, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458189/1226_1551169348_190225550.pdf, Zugriff 5.3.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* TI - Transparency International (29.1.2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/cpi2018, https://www.transparency.org/files/content/pages/2018_CPI_Methodology.zip, Zugriff 6.3.2019

* TI - Transparency International (30.5.2016): U4 Expert Answer - Corruption and governance indicators in selected Asian countries, https://knowledgehub.transparency.org/assets/uploads/helpdesk/Corruption_trends_in_Asia_Pacific_region.pdf, Zugriff 6.3.2019

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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