TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/6 W159 2181568-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.2019
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Entscheidungsdatum

06.12.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W159 2181568-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2017, Zl. 1077628609 - 150840065, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.11.2019 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich, stellte am 12.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde dazu am 13.07.2015 vor der Landespolizeidirektion (LPD) Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug (AFA), einer niederschriftlichen Erstbefragung unterzogen. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen soweit wesentlich an, mit zwei Mullahs Meinungsverschiedenheiten über die Religion gehabt. Diese hätten ihn bei den Behörden angezeigt. Ein Freund habe ihm telefonisch diese Information gegeben. Der Beschwerdeführer habe Angst vor einer Haftstrafe.

Am 31.10.2017 erfolgte eine Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) Regionaldirektion (RD) Oberösterreich. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, seine herzkranke Schwester habe von einem Mullah ein Tawiz (ein Amulett) zwecks Heilung erhalten, wofür seine Mutter 4.000,- Afghani bezahlt habe. Der Beschwerdeführer sei daraufhin in die Moschee zum Mullah gegangen, habe ihm das Tawiz vor die Füße geworfen und diesem zu verstehen gegeben, dass er von dieser Heilpraxis nichts halte. Der Beschwerdeführer sei daraufhin vom Mullah geschlagen worden und am Folgetag nach Kabul ausgereist. Dort habe er von seiner Frau erfahren, dass er von den Mullahs gesucht würde und er habe Angst bekommen, dass er auch in Kabul gefunden werden würde, weshalb er ausgereist sei.

In Österreich interessiere sich der Beschwerdeführer für das Christentum und er sei in einer persischsprachigen Kirche in Linz getauft worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA, RD Oberösterreich, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt II.), erteilte einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht (Spruchpunkt III.), erließ gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gem. § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gem. § 55 Abs. 1-3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI.).

Rechtlich begründend führte das BFA aus, die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers seien nicht glaubhaft und seine Konversion zum Christentum würde ihm im Falle einer Rückkehr nicht zum Nachteil gereichen. Im Falle einer Rückkehr würde der Beschwerdeführer nicht in eine ausweglose Lage geraten. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sei dem Beschwerdeführer nicht zu erteilen und eine Integrationsverfestigung habe nicht festgestellt werden können. Daher sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und eine Ausreisefrist von 14 Tagen zu setzen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer - vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) - innerhalb offener Frist gegenständliche Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen das Vorbringen wiederholt und betont, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Konversion nicht nach Afghanistan zurückkehren könne. Im Falle einer Rückkehr würde er in eine aussichtslose Lage geraten, eine innerstaatliche Fluchtalternative habe er nicht.

Die Beschwerde beantragt, der Beschwerde dahingehend Folge zu geben, dass dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde, in eventu, den Bescheid zu beheben und das Verfahren zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen, in eventu, dem Beschwerdeführer subsidiären Schutz zu gewähren, die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären, die Abschiebung nach Afghanistan für unzulässig zu erklären und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 12.11.2019 an, zu der der Beschwerdeführer mit einer Mitarbeiterin des VMÖ erschien. Weiters nahm ein Vertreter des BFA an der Beschwerdeverhandlung teil. Der Beschwerdeführer wiederholte sein Vorbringen mit dem Tawiz. Er sei von den Mullahs bei der Distriktverwaltung von Jaghuri angezeigt worden. In Afghanistan sei sein Leben in Gefahr gewesen.

In Österreich habe der Beschwerdeführer über einen iranischen Freund zur Kirche gefunden. Nach eineinhalb Jahren habe er sich bei einer protestantischen Kirche taufen lassen.

Dem Beschwerdeführer wurden einige Fragen zum christlichen Glauben gestellt. Der Beschwerdeführer führte insbesondere auch aus, im Falle einer Rückkehr missionarisch tätig zu werden.

Ebenfalls einvernommen wurde ein Zeuge, welcher in der gleichen Glaubensgemeinde (persischsprachige Pfingstgemeinde PARS) wie der Beschwerdeführer aktiv ist.

Mit Schreiben vom 21.11.2019 nahm der Beschwerdeführer durch den VMÖ insbesondere zur Verfolgung von Christen in Afghanistan Stellung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführe ist Staatsbürger von Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Er war ursprünglich schiitischer Moslem und ist zum protestantischen Glauben konvertiert. Er wurde im Jahr XXXX im Dorf XXXX im Distrikt XXXX in der Provinz Ghazni geboren und hat dort auch den Großteil seines Lebens verbracht. Insgesamt war er aber auch acht Jahre im Iran und wurde von dort dreimal nach Afghanistan abgeschoben. Der Beschwerdeführer hat fünf Jahre lang die Schule besucht, im Iran hat er auf Baustellen gearbeitet. Er hatte in Afghanistan keine wirtschaftlichen Probleme.

In Afghanistan bekam die herzkranke Schwester des Beschwerdeführers von einem Mullah ein Tawiz zur Heilung der Herzkrankheit, wofür die Mutter des Beschwerdeführers 4.000,- Afghani bezahlte. Der Beschwerdeführer äußerte vor dem Mullah Zweifel an der Wirksamkeit dieser Heilungsmethode und warf ihm das Tawiz vor die Füße. Daraufhin wurde er vom Mullah geschlagen und bei den afghanischen Behörden angezeigt. Der Beschwerdeführer gilt in Afghanistan als ein vom moslemischen Glauben Abtrünniger und hat deshalb Verfolgung bis hin zum Tod zu gewärtigen.

In Österreich ist der Beschwerdeführer zum protestantischen Glauben konvertiert. Er ist in der XXXX gut integriert. Er hat eine innerliche Überzeugung vom christlichen Glauben gewonnen, diese Haltung trägt er nach außen und er würde auch im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan missionarisch tätig werden.

Seine Familie hat ihn wegen des Glaubenswechsels verstoßen und versucht, seine Frau zu einer Scheidung zu bewegen.

Der Beschwerdeführer hat sich bemüht, sich in Österreich zu integrieren. Er hat das Deutschdiplom A1 erworben und hat für die Gemeinde XXXX ehrenamtliche Tätigkeiten durchgeführt. Er ist sehr gut in einer Volleyballmannschaft integriert.

Zu Afghanistan wird folgendes verfahrensbezogen festgestellt:

Todesstrafe

Die Todesstrafe ist in der Verfassung und im Strafgesetzbuch für besonders schwerwiegende Delikte vorgesehen (AA 5.2018). Das neue Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, sieht die Todesstrafe für Delikte wie Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Angriff gegen den Staat, Mord und Zündung von Sprengladungen, Entführungen bzw. Straßenraub mit tödlicher Folge, Gruppenvergewaltigung von Frauen usw. vor (MoJ 15.5.2017: Art. 170). Die Todesstrafe wird vom zuständigen Gericht ausgesprochen und vom Präsidenten genehmigt (MoJ 15.5.2017: Art. 169). Sie wird durch Erhängen ausgeführt (AA 5.2018).

Die Anzahl der mit Todesstrafe bedrohten Verbrechen wurde durch den neuen Kodex signifikant reduziert (HRC 21.2.2018). So ist bei einigen Straftaten statt der Todesstrafe nunmehr lebenslange Haft vorgesehen (AI 22.2.2018).

Unter dem Einfluss der Scharia hingegen droht die Todesstrafe auch bei anderen Delikten (z.B. Blasphemie, Apostasie, Ehebruch). Berichten zufolge wurden im Jahr 2017 elf Menschen zu Tode verurteilt (AA 5.2018). Im November 2017 wurden fünf Männer im Pul-e-Charki-Gefängnis hingerichtet (AI 22.2.2018; vgl. HRC 21.2.2018). Des Weiteren fand am 28.1.2018 die Hinrichtung von drei Menschen statt. Alle wurden aufgrund von Entführungen und Mord zum Tode verurteilt. Zuvor wurden 2016 sechs Terroristen hingerichtet (AA 5.2018). Im Zeitraum 1.1 - 30.11.2017 befanden sich weiterhin 720 Person im Todestrakt (HRC 21.2.2018).

In der afghanischen Bevölkerung trifft diese Form der Bestrafung und Abschreckung auf eine tief verwurzelte Unterstützung. Dies liegt nicht zuletzt auch an einem als korrupt und unzuverlässig geltenden Gefängnissystem und der Tatsache, dass Verurteilte durch Zahlungen freikommen können. Obwohl Präsident Ghani sich zwischenzeitlich positiv zu einem möglichen Moratorium zur Todesstrafe geäußert hat und Gesetzesvorhaben auf dem Weg sind, die die Umwandlung der Todesstrafe in eine lebenslange Freiheitsstrafe vorsehen, ist davon auszugehen, dass weiter Todesurteile vollstreckt werden (AA 5.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434081/4598_1528111899_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-stand-mai-2018-31-05-2018.pdf, Zugriff 5.6.2018

-

AI - Amnesty International (22.2.2018): Afghanistan 2017/2018, Todesstrafe,

https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/afghanistan#section-1719611, Zugriff 3.4.2018

-

HRC - UN Human Rights Council (21.2.2018): Situation of human rights in Afghanistan and technical assistance achievements in the field of human rights; Report of the United Nations High Commission on Human Rights,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1427314/1930_1521636767_a-hrc-37-45.doc, Zugriff 3.4.2018

-

MoJ - Ministry of Justice (15.5.2017): Strafgesetz:

http://moj.gov.af/content/files/OfficialGazette/01201/OG_01260.pdf, Zugriff 4.4.2018

-

USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2016/sca/265530.htm, Zugriff 4.4.2018

Religionsfreiheit

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 15.8.2017). Der politische Islam behält in Afghanistan die Oberhand; welche Gruppierung - die Taliban (Deobandi-Hanafismus), der IS (Salafismus) oder die afghanische Verfassung (moderater Hanafismus) - religiös korrekter ist, stellt jedoch weiterhin eine Kontroverse dar. Diese Uneinigkeit führt zwischen den involvierten Akteuren zu erheblichem Streit um die Kontrolle bestimmter Gebiete und Anhängerschaft in der Bevölkerung (BTI 2018).

Das afghanische Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, enthält keine Definition von Apostasie (vgl. MoJ 15.5.2017). Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion als Apostasie. Jeder Konvertit soll laut islamischer Rechtsprechung drei Tage Zeit bekommen, um seinen Konfessionswechsel zu widerrufen. Sollte es zu keinem Widerruf kommen, gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, während Frauen mit lebenslanger Haft bedroht werden. Ein Richter kann eine mildere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Auch kann die Regierung das Eigentum des/der Abtrünnigen konfiszieren und dessen/deren Erbrecht einschränken. Des Weiteren ist gemäß hanafitischer Rechtssprechung Proselytismus (Missionierung, Anm.) illegal. Dasselbe gilt für Blasphemie, die in der hanafitischen Rechtssprechungnter die Kapitalverbrechen fällt (USDOS 15.8.2017) und auch nach dem neuen Strafgesetzbuch unter der Bezeichnung "religionsbeleidigende Verbrechen" verboten ist (MoJ 15.5.2017: Art. 323). Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte (USDOS 15.8.2017).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformerische Muslime behindert (FH 11.4.2018).

Anhänger religiöser Minderheiten und Nicht-Muslime werden durch das geltende Recht diskriminiert (USDOS 15.8.2017; vgl. AA 5.2018); so gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürger/innen unabhängig von ihrer Religion (AA 5.2018). Wenn weder die Verfassung noch das Straf- bzw. Zivilgesetzbuch bei bestimmten Rechtsfällen angewendet werden können, gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung. Laut Verfassung sind die Gerichte dazu berechtigt, das schiitische Recht anzuwenden, wenn die betroffene Person dem schiitischen Islam angehört. Gemäß der Verfassung existieren keine eigenen, für Nicht-Muslime geltende Gesetze (USDOS 15.8.2017).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin einer anderen abrahamitischen Religion (Christentum oder Judentum) ist. Einer Muslima ist es nicht erlaubt, einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten (USDOS 15.8.2017). Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (HO U.K. 2.2017; vgl. USDOS 10.8.2016). Die nationalen Identitätsausweise beinhalten Informationen über die Konfession des/der Inhabers/Inhaberin. Das Bekenntnis zum Islam wird für den Erwerb der Staatsbürgerschaft nicht benötigt (USDOS 15.8.2017). Religiöse Gemeinschaften sind gesetzlich nicht dazu verpflichtet, sich registrieren zu lassen (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Lehrplan, der auf den Bestimmungen des Islam basiert, gestalten und umsetzen; auch sollen Religionskurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime an öffentlichen Schulen ist es nicht erforderlich, am Islamunterricht teilzunehmen (USDOS 15.8.2017).

Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber. Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die meistens während ihres Aufenthalts im Ausland zum Christentum konvertierten, würden aus Furcht vor Vergeltung ihren Glauben alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern ausüben (USDOS 15.8.2017).

Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (CRS 13.12.2017).

Beobachtern zufolge sinkt die gesellschaftliche Diskriminierung gegenüber der schiitischen Minderheit weiterhin; in verschiedenen Gegenden werden dennoch Stigmatisierungsfälle gemeldet (USDOS 15.8.2017).

Mitglieder der Taliban und des IS töten und verfolgen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Beziehungen zur Regierung (USDOS 15.8.2017; vgl. CRS 13.12.2017, FH 11.4.2018). Da Religion und Ethnie oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, einen Vorfall ausschließlich durch die religiöse Zugehörigkeit zu begründen (USDOS 15.8.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434081/4598_1528111899_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-stand-mai-2018-31-05-2018.pdf, Zugriff 6.6.2018

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BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Afghanistan Country Report, https://www.bti-project.org/de/berichte/laenderberichte/detail/itc/AFG/, Zugriff 6.4.2018

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MoJ - Ministry of Justice (15.5.2017): Strafgesetz:

http://moj.gov.af/content/files/OfficialGazette/01201/OG_01260.pdf, Zugriff 12.2.2018

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CIA - Central Intelligence Agency (2017): The World Factbook - Afghanistan,

https://www.cia.gov/library/publications/resources/the-world-factbook/geos/af.html, Zugriff 12.2.2018

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CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan:

Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf, Zugriff 12.2.2018

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FH - Freedom House (11.4.2018): Freedom in the World 2018 - Afghanistan

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/afghanistan, Zugriff 25.5.2018

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HO U.K. - Home Office United Kingdom (2.2017): Country Policy and Information Note Afghanistan: Hindus and Sikhs, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/590778/AFG_-_Sikhs_and_Hindus_-_CPIN_-_v3_1__February_2017_.pdf, Zugriff 3.4.2018

-

USCIRF - U.S. Commission on International Religious Freedom (2017): 2017 Annual Report: Afghanistan Chapter, http://www.uscirf.gov/sites/default/files/Afghanistan.2017.pdf, Zugriff 12.2.2018

-

USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2016/sca/268924.htm, Zugriff 3.4.2018

-

USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/irf/religiousfreedom/index.htm?year=2015&dlid=256299, Zugriff 6.6.2018

Schiiten

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10 - 15% geschätzt (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Zur schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und ein Großteil der ethnischen Hazara (USDOS 15.8.2017). Die meisten Hazara-Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan leben einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016). Afghanische Schiiten und Hazara neigen dazu, weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein als ihre Glaubensbrüder im Iran (CRS 13.12.2017).

Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen (FH 11.4.2018). Obwohl einige schiitischen Muslime höhere Regierungsposten bekleiden, behaupten Mitglieder der schiitischen Minderheit, dass die Anzahl dieser Stellen die demographischen Verhältnisse des Landes nicht reflektiere; auch vernachlässige die Regierung in mehrheitlich schiitischen Gebieten die Sicherheit. Das afghanische Ministry of Hajj and Religious Affairs (MOHRA) erlaubt sowohl Sunniten als auch Schiiten Pilgerfahrten zu unternehmen (USDOS 15.8.2017).

Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime ca. 30% (AB 7.6.2017; vgl. USDOS 15.8.2017). Des Weiteren tagen rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern (USDOS 15.8.2017).

Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen (USDOS 15.8.2017). Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet (CRS 13.12.2017). In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS (HRW 2018; vgl. USCIRF 2017).

Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Einige Mitglieder der ismailitischen Gemeinschaft beanstanden die vermeintliche Vorenthaltung von politischen Posten (USDOS 15.8.2017).

Weiterführende Informationen zu Angriffen auf schiitische Glaubensstätten, Veranstaltungen und Moscheen können dem Kapitel 3. "Sicherheitslage" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

Quellen:

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AB - Afghan Bios (7.6.2017): National Ulema Council Afghanistan

AUC,

http://www.afghan-bios.info/index.php?option=com_afghanbios&id=1218&task=view&total=3340&start=3067&Itemid=2, Zugriff 6.4.2018

-

BFA Staatendokumentation (7.2016): AfPak Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur

http://www.bfa.gv.at/files/berichte/AFGH_Stammes_und%20Clanstruktur_Onlineversion_2016_07.pdf, 12.2.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (2017): The World Factbook - Afghanistan,

https://www.cia.gov/library/publications/resources/the-world-factbook/geos/af.html, Zugriff 12.2.2018

-

CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan:

Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdfhttps://www.fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf, Zugriff 12.2.2018 ,

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FH - Freedom House (11.4.2018): Freedom in the World 2018 - Afghanistan

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/afghanistan, Zugriff 25.5.2018

-

HRW - Human Rights Watch (2018): Afghanistan, Events of 2017, https://www.hrw.org/world-report/2018/country-chapters/afghanistan, Zugriff 9.4.2018

-

USCIRF - U.S. Commission on the International Religious Freedom (2017): 2017 Annual Report: Afghanistan Chapter, http://www.uscirf.gov/sites/default/files/Afghanistan.2017.pdf, Zugriff 5.4.5018

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USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2016/sca/268924.htm, Zugriff 3.4.2018

Christentum und Konversionen zum Christentum

Nichtmuslimische Gruppierungen wie Sikhs, Baha'i, Hindus und Christen machen ca. 0.3% der Bevölkerung aus. Genaue Angaben zur Größe der christlichen und Bahai-Gemeinschaften sind nicht vorhanden (USDOS 15.8.2017; vgl. USCIRF 2017). Die einzige im Land bekannte christliche Kirche hat ihren Sitz in der italienischen Botschaft (USCIRF 2017) und wird von der katholischen Mission betrieben (FT 27.10.2017; vgl. AIK o.D.). Die afghanischen Behörden erlaubten die Errichtung einer katholischen Kapelle unter den strengen Bedingungen, dass sie ausschließlich ausländischen Christen diene und jegliche Form des Proselytismus vermieden werde (vertrauliche Quelle 8.11.2017). Öffentlich zugängliche Kirchen existieren in Afghanistan nicht (USDOS 15.8.2017). Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens, da es in Afghanistan keine Kirchen gibt (abgesehen von einer katholischen Kapelle auf dem Gelände der italienischen Botschaft). Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen (AA 5.2018). Ausländische Christen dürfen ihren Glauben diskret ausüben (FT 27.10.2017).

Berichten zufolge gibt es im Land weiterhin keine christlichen Schulen (USDOS 15.8.2017); ein christliches Krankenhaus ist in Kabul aktiv (NYP 24.4.2014; vgl. CNN 24.4.2014, CURE o.D.). Auch gibt es in Kabul den Verein "Pro Bambini di Kabul", der aus Mitgliedern verschiedener christlicher Orden besteht, und eine Schule für Kinder mit Behinderung betreibt (PBK o.D.; vgl. FT 27.10.2017). Des Weiteren sind je zwei jesuitische und evangelische Missionare in Afghanistan aktiv (FT 27.10.2017).

Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen (AA 5.2018). Christen berichteten von einer feindseligen Haltung gegenüber christlichen Konvertiten und der vermeintlichen christlichen Proselytenmacherei (USDOS 15.8.2017). Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel nur deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen. In städtischen Gebieten sind Repressionen gegen Konvertiten aufgrund der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften (AA 9.2016). Beobachtern zufolge hegen muslimische Ortsansässige den Verdacht, Entwicklungsprojekte würden das Christentum verbreiten und Proselytismus betreiben (USDOS 15.8.2017).

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 5.2018). Quellen zufolge müssen Christen ihren Glauben unbedingt geheim halten. Konvertiten werden oft als geisteskrank bezeichnet, da man davon ausgeht, dass sich niemand bei klarem Verstand vom Islam abwenden würde; im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen, von Nachbarn oder Fremden angegriffen und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Andererseits wird auch von Fällen berichtet, wo die gesamte Familie den christlichen Glauben annahm; dies muss jedoch absolut geheim gehalten werden (OD 2018).

Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die oft während ihres Aufenthalts im Ausland konvertierten, üben aus Angst vor Diskriminierung und Verfolgung ihre Religion alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern aus (USDOS 15.8.2017). Zwischen 2014 und 2016 gab es keine Berichte zu staatlicher Verfolgung wegen Apostasie oder Blasphemie (USDOS 15.8.2017). Der Druck durch die Nachbarschaft oder der Einfluss des IS und der Taliban stellen Gefahren für Christen dar (OD 2018).

Die im Libanon geborene Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghani, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.2.2015; vgl. BBC 15.10.2014). Einige islamische Gelehrte behaupten, es gebe keine öffentlichen Aufzeichnungen ihrer Konvertierung zum Islam (CSR 13.12.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1253781/4598_1478857553_3-deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebu ngsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-19-10-2016.pdf, Zugriff 3.4.2018

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Vertrauliche Quelle - Vertreter der katholischen Mission in Afghanistan mit Sitz in Kabul (8.11.2017): Informationen zur katholischen Mission in Afghanistan. Antwortschreiben, liegt bei der Staatendokumentation auf

Beweis wurde erhoben durch Erstbefragung des Beschwerdeführers durch die LPD Wien, AFA, durch seine Einvernahme durch das BFA, RD Oberösterreich am 30.10.2017, durch Befragung des Beschwerdeführers und eines Zeugen in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.11.2019 und durch Vorhalt des aktuellen Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zu Afghanistan sowie Einsichtnahme in den den Beschwerdeführer betreffenden Strafregisterauszug.

2. Beweiswürdigung:

Die länderspezifischen Feststellungen entstammen einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation (die nicht nur für die Länderinformationen des BFA, sondern auch für das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist), welche auf einer ausgewogenen Sammlung zahlreicher seriöser, aktueller, internationaler, staatlicher und nicht staatlicher Quellen beruht, die in den obigen Länderfeststellungen zitiert wurden. Im Zuge des Parteiengehörs hat die Vertretung des Beschwerdeführers auf diese Länderberichte Bezug genommen und diese auch noch um eigene Berichte zur Stützung des Beschwerdevorbringens hinsichtlich einer asylrelevanten Verfolgung ergänzt, den Länderberichten jedoch nicht widersprochen, sodass das Bundesverwaltungsgericht von diesen seriösen und aktuellen Quellen ausgeht.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers wird wie folgt gewürdigt:

Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV 270 BlgNR 18. GP; AB 328 BlgNR 18. GP] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden).

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

4. Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, uvam.).

Vorausgeschickt wird, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muss (so schon VwGH 16.01.1987, 87/01/0230, VwGH 15.03.1989, 88/01/0339, UBAS 12.05.1998, 203.037 0/IV/29/98 uvam.)

Die Staatsangehörigkeit und die Volksgruppenzugehörigkeit wurde bereits von der belangten Behörde festgestellt und nicht bestritten, unbedenklich erscheint auch die konsistent angegebene Herkunftsregion.

Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers ist weitgehend gleichgeblieben. Es fallen keine groben Widersprüche in die Augen und das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer über die Nutzlosigkeit der durch die Mullahs durchgeführten "Behandlung" seiner Schwester durch Umhängen eines Amuletts zum Preis von 4.000,- Afghani wütend war und daher das Tawiz dem Mullah vor die Füße warf, ist keineswegs unplausibel. Daraus lässt sich folgern, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan als vom moslemischen Glauben Abtrünniger angesehen werden würde.

Glaubhaft erscheint weiters der Abfall des Beschwerdeführers vom Islam bzw. seine Konversion zum evangelikalen Glauben, weil er über fundiertes biblisches Wissen verfügt, wenn auch gewisse Wissenslücken über Befragung durch den Vertreter des BFA zu Tage getreten sind.

Auch der in der Beschwerdeverhandlung befragte Zeuge gab unter Wahrheitspflicht an, dass der Beschwerdeführer - soweit er das beurteilen könne - ein gläubiger Christ wäre. Auch spricht die - auch von Zeugen bestätigte - Häufigkeit der Kirchenbesuche durch den Beschwerdeführer in eindeutiger Weise dafür, dass der Beschwerdeführer seinen neuen Glauben ernsthaft lebt. Daher konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr missionarisch tätig werden würde.

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer verhältnismäßig gut integriert, er hat schon das Deutschdiplom A1 erworben und verfügt über zahlreiche österreichische Freunde. Er hat auf freiwilliger Basis für die Gemeinde XXXX gearbeitet.

Dass der Beschwerdeführer unbescholten ist, ergibt sich aus dem aktuellen Auszug aus dem Strafregister. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich aus seinem eindeutigen Aussagen sowie dem Fehlen gegenteilige ärztlicher Befunde.

Als Person machte der Beschwerdeführer hinsichtlich der vorgetragenen Fluchtgründe einen glaubwürdigen Eindruck, glaubhaft erscheint auch sein Abfall vom Islam und seine gute Integration.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass sich für den Beschwerdeführer sowohl asylrelevanten Fluchtgründe als auch jedoch Nachfluchtgründe (Abfall vom Islam) ergeben haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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