TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/7 W150 2138966-2

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Veröffentlicht am 07.01.2020
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Entscheidungsdatum

07.01.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch

W150 2138966-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KLEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX , geb. XXXX 1993, StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, Atelier, Top 21, 1090 Wien, ZVR-Zahl 460937540, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.11.2019, Zl. XXXX zu Recht:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: "BF") stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 17.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Asyl und Fremdenwesen (in der Folge: "BFA") vom 09.10.2016, Zl. XXXX , hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei; gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise auf zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

1.2. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 17.07.2019 (rk. mit 18.07.2019), GZ. W137 2138966-1/35E, gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 sowie gemäß §§ 52 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 9 und 55 Abs. 1 FPG idgF sowie §§ 55 und 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

2. Am 29.07.2019 wurde durch das BFA das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet. Der BF wurde seitens der afghanischen Botschaft als Afghanischer Staatsbürger identifiziert und es erfolgte die Zustimmung zur HRZ-Ausstellung am 15.08.2019.

3.1. Am 09.08.2019 wurde das BFA vom Landesgericht für Strafsachen Graz über die Verhängung der Untersuchungshaft über den BF informiert.

3.2. Zuvor wurde der BF am 08.08.2019 im Auftrag der Staatsanwaltschaft Graz festgenommen und anschließend in die JA Graz-Jakomini verbracht, da er beschuldigt wurde, im Zeitraum zwischen Mai 2018 und Juni 2019 bei mehreren Gelegenheiten an verschiedenen Orten im Stadtgebiet von Deutschlandsberg illegale Suchtmittel in Form von Cannabiskraut, Amphetamin und MDMA-hältige Ecstasy-Tabletten anderen, großteils minderjährigen Personen gewinnbringend überlassen zu haben. Teilweise seien seine Abnehmer auch unmündige Minderjährige gewesen.

3.3. Am 04.09.2019 langte beim BFA die Verständigung von der Anklageerhebung zur GZ: 1 St 170/19 der Staatsanwaltschaft Graz ein.

4. Am 08.09.2019 wurde dem BF durch das BFA Parteiengehör eingeräumt, sowie das aktuelle Länderinformationsblatt zu seinem Herkunftsstaat Afghanistan in der JA Graz-Jakomini zugestellt. Dem BF wurde dabei folgendes schriftlich mitgeteilt:

"Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden (§ 53 Abs. 1 FPG).

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG kann ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige gem. Ziffer 6 den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Ziffer 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Gem. § 53 Abs. 3 Ziff. 1 FPG hat im Sinne des Abs. 1 als bestimmte Tatsache insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG 2005 hat im Sinne des Abs. 1, in den Fällen der Z. 5 - 8 als bestimmte Tatsache insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist.

Es wird Ihnen daher zur Kenntnis gebracht, dass im Falle einer Verurteilung beabsichtigt ist, gegen Sie erneut eine Rückkehrentscheidung, jedoch iVm. einem Einreiseverbot zu erlassen. Weiters wird Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt ist gegen Sie nach Entlassung aus der Gerichtshaft einen Festnahmeauftrag zu erlassen und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft anzuordnen.

Um jedoch den Sachverhalt im Lichte Ihrer persönlichen Verhältnisse beurteilen zu können, werden Sie um Beantwortung nachstehender Fragen und Vorlage der entsprechenden Belege gebeten:

1. Seit wann besteht ein durchgehender Aufenthalt in Österreich?

2. Bekanntgabe der persönlichen Verhältnisse/familiäre Bindungen in Österreich/Besteht ein gemeinsamer Haushalt? Soziales Umfeld - Freunde etc.? (Um detaillierte Angaben zu Namen/Adresse/Häufigkeit der Kontakte gebeten.)

3. Über welche Schul- und Berufsausbildung verfügen Sie in Österreich? Welchen Beruf üben Sie derzeit aus bzw. haben Sie zuletzt ausgeübt?

4. Nachweis einer ausreichenden Krankenversicherung

5. Nachweis ausreichender Existenzmittel/Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes

6. Welche Bindungen liegen zum Herkunftsstaat vor?

7. Gibt es einen Aufenthaltstitel in einem anderen EU-Staat?

8. Bei Bestehen eines Aufenthaltstitels in einem EU-Staat:

Bekanntgabe der persönlichen Verhältnisse/familiäre Bindungen im EU-Staat/Besteht ein gemeinsamer Haushalt? Soziales Umfeld - Freunde etc.? (Um detaillierte Angaben zu Namen/Adresse/Häufigkeit der Kontakte gebeten.)

9. Sind Sie gesund und/oder nehmen Sie Medikamente?

Sie werden eingeladen, hiezu im Sinne des Parteiengehörs binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens schriftlich dazu Stellung zu nehmen.

Sollten Sie zur beabsichtigen Vorgangsweise der Behörde nicht Stellung nehmen, wird das Verfahren ohne nochmalige Anhörung, aufgrund der Aktenlage fortgeführt werden. Es ist auf Grund der Aktenlage davon auszugehen, dass Sie in Österreich über keine familiären, beruflichen noch sonstigen Bindungen verfügen sowie dass Sie in Ihrem Heimatland keine Verfolgungen zu befürchten haben."

5. Am 10.09.2019 langte beim BFA eine Stellungnahme des BF im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung, Herrn Mag. Domenique Schöngrundner, hinsichtlich des gesetzlich normierten Parteiengehörs ein, aus welcher wie folgt zu entnehmen ist:

"Zu den in der Verständigung über die Beweisaufnahme angeführten Fragen wird Nachstehendes ausgeführt:

Ad 1.)

Der Asylwerber stellte am 17.10.2015 den Antrag auf Gewährung von Internationalem Schutz und befindet sich seitdem durchgängig in Österreich.

Ad 2.)

Sowohl die Eltern als auch die Geschwister des Asylwerbers sind aufgrund der unsicheren Sicherheitslage und der akuten Bedrohung durch die Taliban aus Afghanistan geflohen. Der Asylwerber hat einen Cousin in Linz sowie zahlreiche Freunde im Bundesgebiet, wobei es sich hiebei meist ebenfalls um Asylweber handelt.

Ad 3.)

Da sich der Asylwerber derzeit in Untersuchungshaft befindet und aufgrund der gesetzlichen Lage es nicht möglich ist, während des laufenden Asylverfahrens einer langfristigen geregelten Tätigkeit nachzugehen, hat er keinen Beruf ausgeübt.

Ad 4.), ad 5.)

Siehe zu ad 3.)

Ad 6.)

Zu Afghanistan besteht keine Bindung mehr.

Ad 7.)

Nein.

Ad 8.)

Nein.

Ad 9.)

Der Asylwerber durchlebt eine depressive Episode und leidet an einer Kolloidzyste, die jedenfalls behandlungsbedürftig erscheint."

6. Zuvor hatte der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung, Herrn Mag. Domenique Schöngrundner, gegen das Erkenntnis des BVwG, GZ: W1372138966-1/35E vom 17.07.2019 am 28.08.2019 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (in der Folge: "VfGH") eingebracht und zugleich einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt. Mit Beschluss des VfGH vom 03.10.2019 wurde der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, sowie die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

7. Der gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 18.10.2019 zu GZ: 19 Hv 69/19w ist zu entnehmen, dass der BF nach Durchführung einer Hauptverhandlung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten verurteilt wurde. Das Gericht hielt es u.a. für erwiesen, dass der BF vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge anderen überlassen und dadurch auch Minderjährigen, teilweise Unmündigen, den Gebrauch von Suchtgift ermöglicht hatte. Der BF hatte im Zeitraum von Sommer 2018 bis Juni 2019 Cannabiskraut und zum Teil MDMA-hältige Ecstasy Tabletten gewinnbringend weiterveräußert, wobei sein Vorsatz auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und die kontinuierliche Begehung über einen längeren Zeitraum und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasste und er es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass in Summe die Grenzmenge überschritten wird.

Der BF hat hierdurch das Verbrechen des Suchtgifthandels nach §28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 3 erster Fall SMG, sowie das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG und die Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, Abs. 2 SMG begangen.

Bei der Strafbemessung wertete das Gericht die geständige Verantwortung, sowie die bisherige Unbescholtenheit als mildernd, als erschwerend jedoch das Zusammentreffen von drei Vergehen, den langen Deliktszeitraum, die Vielzahl der Angriffe, sowie der Umstand, dass die Grenzmengen mehr als das Doppelte überschritten wurde. Bezüglich der Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe stellte das Gericht fest, dass angesichts der aufgezeigten Erschwerungsgründe, insbesondere aufgrund der Weitergabe von Suchtgift an minderjährige Personen, keine Gründe für eine bedingte Nachsicht vorgelegen wären und diese aus spezial- aber auch generalpräventiven Gründen abzulehnen war.

8. Mit 18.10.2019 trat der BF die Strafhaft in der JA Graz-Jakomini an; er befindet sich bis dato noch in Strafhaft.

9. Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2019, zugestellt am 25.11.2019, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und der Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Dies wurde im Wesentlichen mit seiner strafgerichtlichen Verurteilung und mit dem Fehlen beruflicher, privater oder familiärer Anknüpfungspunkte begründet.

10. Mit Verfahrensanordnung vom 22.11.2019 wurde dem BF vom BFA amtswegig als Rechtsberater der VMÖ zur Seite gestellt.

11. Gegen den Bescheid vom 21.11.2019 richtete sich die am 20.12.2018 im Wege seines Rechtsvertreters fristgerecht erhobene Beschwerde, mit der der Bescheid ausdrücklich nur hinsichtlich seines Spruchpunktes IV. (Einreiseverbot) angefochten wurde. Dazu führte der BF im Detail aus, dass sich die belangte Behörde nicht mit dem Familien- und Privatleben des BF in Österreich auseinandergesetzt habe. Der BF habe sich seit 7 Jahren einen Freundeskreis in Österreich aufgebaut und führe "ein Familienleben hoher Intensität mit seiner in Österreich asylberechtigten Freundin". Er beantragte, den angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt IV. zu beheben und zur Verfahrensergänzung an das BFA zurückzuverweisen, in eventu das verhängte Einreiseverbot zu beheben, in eventu das verhängte Einreiseverbot herabzusetzen; die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde nicht angeregt.

12. Mit Schreiben vom 23.12.2018, eingelangt am 30.12.2019, legte das BFA den gegenständlichen Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

13. Laut Auskunft der Polizeiinspektion Wies vom 07.01.2020 hat der BF vor seiner Festnahme an seiner Meldeadresse in 8551 Wies, Unterer Markt 17, gewohnt und zwar in einem Zimmer, das er mit zwei anderen Asylwerber männlichen Geschlechts teilte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem unter Punkt I. dargestellten Verfahrensgang. Insbesondere ist dabei festzuhalten, dass der BF Deutsch auf A1 Niveau erlernt hat, in Österreich kein Familienleben hat, sondern bis zu seiner Inhaftierung im August 2019 über ein Jahr mit anderen Asylwerbern zusammengewohnt hat, vom LG Graz am 18.10.2019 zu GZ. 19 Hv 69/19w wegen Suchtgiftdelikten zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten verurteilt wurde, die er derzeit noch absitzt.

2. Beweiswürdigung:

Der BF hat in seiner Beschwerde angegeben, ein Familienleben hoher Intensität mit seiner asylberechtigten Freundin in Österreich zu führen. Demgegenüber stehen die eigenen Aussagen des BF, der sowohl anlässlich seiner Erstbefragung am 17.10.2015 als auch seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 08.10.2016, bei der mündlichen Verhandlung vor dem BvWG am 25.06.2018 und auch in seiner schriftlichen Stellungnahme zum Parteiengehör vom 10.09.2019 kein Familienleben mit einer Freundin in Österreich behauptet hat. Er hat nur mehrfach seine mit ihm traditionell verheiratete aber in Afghanistan lebende Frau Fatima erwähnt und Freunde ("meist ebenfalls Asylwerber") im Bundesgebiet. Dabei ist besonders zu beachten, dass sich der BF seit dem 08.08.2019 bis dato durchgehend in Haft befindet, noch ca. einen Monat nach Inhaftierung, nämlich am 10.09.2019 selbst noch nichts von einer Freundin zu berichten wusste, sonders dies erst in seiner Beschwerde vom 20.12.2019 das Vorhandensein einer solchen behauptete. Hingegen wurde seitens der Polizeiinspektion Wies ermittelt, dass der BF vor seiner Inhaftierung gemeinsam mit zwei anderen männlichen Asylwerbern an seiner Meldeadresse ein Zimmer geteilt hat. In diesem Zusammenhang stellt sich das vom BF in seiner Beschwerde behauptete Familienleben als absolut unglaubwürdig dar. Der sonstige maßgebliche Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Anzuwendendes Verfahrensrecht:

3.1.1 Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.1.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.4. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchpunkt A) Einreiseverbot:

3.2. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Nach Abs. 3 leg. cit. ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG zu gelten, wenn Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

3.3. Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist nicht entgegenzutreten, wenn dieses anführt, dass im vorliegenden Fall § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt ist. Der Beschwerdeführer wurde zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, die er derzeit noch verbüßt.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegenden Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH vom 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH vom 07.11.2012, Zl. 2012/18/0057).

Zudem gilt festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von denen, die das Strafgericht für die Strafbemessung, die bedingte Strafnach-sicht und den Aufschub des Strafvollzugs getroffen hat, zu treffen sind (vgl. VwGH vom 06.07.2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthalts- oder Einreiseverbots keineswegs um die Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht (vgl. VwGH vom 08.07.2004, Zl. 2001/21/0119).

Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

3.4. Das Bundesamt hat die Verhängung des gegenständlichen Einreiseverbotes insbesondere damit begründet, dass der BF vom LG für Strafsachen Graz wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels, Großteils an Minderjährige, teilweise auch Unmündige, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten nach dem SMG rechtskräftig verurteilt wurde. Dabei ist anzumerken, dass in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2012, Zl. 2011/23/0662, mwN.) Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände (keine familiären Bindungen in Österreich, lediglich geringfügige Deutschkenntnisse, keine Integration am Arbeitsmarkt, kein sonstigen nennenswerten Integrationsbemühungen in sozialer bzw. gesellschaftlicher Hinsicht, Straffälligkeit), des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der aufgrund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährlichkeitsprognose kann eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere im Hinblick auf die Verhinderung der Begehung weiterer Straftaten und die Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften zum Schutz eines geordneten Fremden-wesens (vgl. VwGH vom 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074), als gegeben angenommen werden. Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, dass der BF über einen längeren Zeitraum an viele Minderjährige, sogar Unmündige Suchtmittel verkauft hat.

Dem Beschwerdeführer ist somit ein massiver Verstoß gegen die gültige Rechtsordnung anzulasten. Das von ihm gesetzte Verhalten legt nahe, dass er im Grunde kein Interesse an der Beachtung gültiger Rechtsnormen und sohin auch nicht an einer Integration in die österreichische Gesellschaft hegt. Unter diesen Umständen bestand für das Bundesamt kein Grund, im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 53 Abs. 1 FPG (arg. "kann") von der Erlassung des Einreiseverbotes Abstand zu nehmen. Dies umso weniger, da nach Maßgabe des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG bei einer rechtskräftigen unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von zehn Monaten die Voraussetzung für die Erlassung eines Einreiseverbots eindeutig vorliegt, sodass eine Abstandnahme von der Verhängung eines Einreiseverbotes offenbar nicht im Sinn des Gesetzes liegen würde. Das vom Bundesamt angeordnete Einreiseverbot erweist sich somit dem Grunde nach als zulässig, weshalb eine Aufhebung desselben nicht in Betracht kommt.

Unter Berücksichtigung aller genannter Umstände kann eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen als gegeben angenommen werden. Mit Blick auf die bisher aufgezeigte Lebensführung des Beschwerdeführers lassen sich keine Anhaltspunkte erkennen, die für eine positive Wandlung des Beschwerdeführers in absehbarer Zeit sprechen und damit eine Änderung seines Verhaltens in Aussicht stellen könnten.

Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes ist herauszustreichen, dass Suchtgiftdelinquenz - wie oben bereits erwähnt - ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist (vgl. hierzu VwGH vom 22.11.2012, Zl. 2011/23/0556). Angesichts des konkreten Unrechtsgehalts der durch den Beschwerdeführer begangenen Straftaten muss daher von einer erheblichen, vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgegangen werden.

Die für die Erlassung eines vierjährigen Einreiseverbots notwendigen Voraussetzungen liegen somit objektiv vor. Aus rechtlicher Sicht - wie dargelegt - erscheint auch die vom Bundesamt verhängte Dauer zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit jedenfalls nicht zu gering bemessen, sondern vielmehr geboten.

3.5. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte zu dieser Frage gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.6.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3.6.2. Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

3.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Einreiseverbot, Gefährdung der Sicherheit, strafrechtliche
Verurteilung, Suchtgifthandel, Suchtmitteldelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W150.2138966.2.00

Zuletzt aktualisiert am

30.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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