TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/22 96/01/0784

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Veröffentlicht am 22.04.1998
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Index

41/01 Sicherheitsrecht;

Norm

SPG 1991 §64 Abs2;
SPG 1991 §65 Abs1;
SPG 1991 §65 Abs4;
SPG 1991 §77 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. Otmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, Pestalozzistraße 1/II, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 16. August 1996, GZ 15.1 1995/6691, betreffend Verpflichtung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 16. August 1996 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 77 Abs. 2 und 65 Abs. 4 des Sicherheitspolizeigesetzes verpflichtet, "sich erkennungsdienstlich behandeln zu lassen und an den dafür erforderlichen Handlungen auch mitzuwirken".

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991 (SPG), haben folgenden Wortlaut:

"§ 16. (1) ...

(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer

1. nach dem Strafgesetzbuch (StGB) BGBl. Nr. 60/1974,

...

strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß

auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird.

...

§ 64. ...

(2) Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind technische Verfahren zur Feststellung von Merkmalen eines Menschen, die seine Wiedererkennung ermöglichen und die nicht mit einem Eingriff in die körperliche Integrität verbunden sind, wie insbesondere die Abnahme von Papillarlinienabdrücken, die Herstellung von Abbildungen, die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale, die Vornahme von Messungen oder die Erhebung von Stimm- oder Schriftproben.

(3) Erkennungsdienstliche Behandlung ist das Ermitteln personenbezogener Daten durch erkennungsdienstliche Maßnahmen, an dem der Betroffene mitzuwirken hat.

...

(6) Soweit die Zulässigkeit einer Maßnahme nach diesem Hauptstück vom Verdacht abhängt, der Betroffene habe einen gefährlichen Angriff begangen, bleibt diese Voraussetzung auch nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen der entsprechenden gerichtlich strafbaren Handlung (§ 16 Abs. 2) bestehen.

§ 65. (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, Menschen, die im Verdacht stehen, einen gefährlichen Angriff begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln. Hievon kann solange abgesehen werden, als nicht zu befürchten ist, der Betroffene werde weitere gefährliche Angriffe begehen.

...

(4) Wer erkennungsdienstlich zu behandeln ist, hat an den dafür erforderlichen Handlungen mitzuwirken.

...

§ 77. (1) Die Behörde hat einen Menschen, den sie einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen hat, unter Bekanntgabe des maßgeblichen Grundes formlos hiezu aufzufordern.

(2) Kommt der Betroffene der Aufforderung gemäß Abs. 1 nicht nach, so ist ihm die Verpflichtung gemäß § 65 Abs. 4 bescheidmäßig aufzuerlegen; dagegen ist eine Berufung nicht zulässig. Eines Bescheides bedarf es dann nicht, wenn der Betroffene auch aus dem für die erkennungsdienstliche Behandlung maßgeblichen Grunde angehalten wird.

..."

Der Beschwerdeführer wurde unbestritten bisher insgesamt dreimal wegen vorsätzlicher Körperverletzung rechtskräftig verurteilt, wobei die letzte Tathandlung am 12. Oktober 1995 erfolgte. Bei dieser Tathandlung hat er gegenüber seinem Opfer zusätzlich geäußert:

"Ich hau dich nieder und wirf dich dann ins Holz". Dies wurde vom Strafgericht als gefährliche Drohung qualifiziert, weshalb der Beschwerdeführer auch wegen § 107 Abs. 1 StGB verurteilt wurde. Der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht, bei dieser Äußerung handle es sich nicht um eine gefährliche Drohung, sondern nur um eine "milieubedingte Unmutsäußerung", steht die Rechtskraft der gerichtlichen Verurteilung entgegen. Nach Ausweis der beim Verwaltungsakt erliegenden Gerichtsurteile hat der Beschwerdeführer die beiden anderen vorsätzlichen Körperverletzungen im Jahre 1990 begangen, wobei es sich in einem Fall um eine schwere Körperverletzung handelte.

Da es sich bei den Straftaten des Beschwerdeführers um nach dem StGB strafbare Vorsatztaten handelt, die nicht nur auf Begehren eines Beteiligten verfolgt werden, ist die belangte Behörde zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß der Beschwerdeführer einen gefährlichen Angriff begangen hat.

Auch die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, aufgrund des mehrfachen Rückfalles hinsichtlich der vorsätzlichen Körperverletzung und der vom Beschwerdeführer ausgesprochenen Drohung sei zu befürchten, der Beschwerdeführer werde weitere gefährliche Angriffe begehen, begegnet keinen Bedenken. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, weitere strafbare Handlungen seien nicht zu erwarten, weil er gegen seinen Nachbarn, den er am 12. Oktober 1995 verletzt habe, nun einen Zivilprozeß betreffend den Grenzverlauf führe, ist zu entgegnen, daß ein anhängiger Rechtsstreit Aggressionshandlungen gegen den Prozeßgegner keineswegs ausschließt oder auch nur weniger wahrscheinlich macht. Überdies wurden die beiden anderen Körperverletzungen zum Nachteil anderer Personen begangen. Schließlich hat die vorgebrachte Tatsache, daß der Beschwerdeführer von der weiteren gegen ihn erhobenen Anklage, er habe am 12. Oktober 1995 auch eine Nötigung begangen, freigesprochen worden sei, keine Einfluß auf die aus den strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers ableitbare Befürchtung, er werde weitere Straftaten begehen.

Die Ansicht der belangten Behörde, daß die Voraussetzungen für die erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 65 Abs. 1 SPG gegeben seien, ist daher frei von Rechtsirrtum.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe ihm kein Parteiengehör eingeräumt und die Akten der Gerichtsverfahren nicht beigeschafft, tut er die Relevanz der damit geltend gemachten Verfahrenmängel nicht dar, vermag er doch nicht aufzuzeigen, inwiefern die belangte Behörde bei Durchführung dieser Verfahrenschritte zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können.

Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, die dem angefochtenen Bescheid vorangegangene Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung vom 26. Jänner 1996 erfülle die Voraussetzungen einer "formlosen Aufforderung" gemäß § 77 Abs. 1 SPG nicht, weil sie den "maßgeblichen Grund" nicht bekanntgebe. Dem ist zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer bereits am 21. November 1995 zur erkennungsdienstlichen Behandlung geladen wurde, wobei ihm als Grund mitgeteilt wurde, daß er im Verdacht stehe, "ein Vergehen nach dem StGB" begangen zu haben. Aus einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 17. November 1995 ergibt sich überdies, daß dem Beschwerdeführer der Grund der erkennungsdienstlichen Behandlung telefonisch bekanntgegeben wurde und sich der Beschwerdeführer im Zuge dieses Telefonates darüber beklagte, "wegen einer derartigen Kleinigkeit wie ein Verbrecher behandelt zu werden". In der an den Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark gerichteten (am 3. April 1996 zurückgewiesenen) Beschwerde gegen die Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung vom 26. Jänner 1996 hat der Beschwerdeführer demgemäß auch vorgebracht, es sei ihm "eröffnet worden", daß der Vorfall vom 12. Oktober 1995 zum Anlaß für die erkennungsdienstliche Behandlung genommen worden sei. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides kann daher auch insoweit nicht erkannt werden.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers besteht keine gesetzliche Verpflichtung, bei der formlosen Aufforderung zur erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 77 Abs. 1 SPG bereits detailliert bekanntzugeben, welche der in § 64 Abs. 2 SPG genannten erkennungsdienstlichen Maßnahmen in Aussicht genommen werden.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996010784.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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