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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AVG §69 Abs1 Z2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über den Antrag der Dr. H K in G, vertreten durch Mag. Georg Morent, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, auf Wiederaufnahme des mit hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2014, 2012/03/0163, abgeschlossenen Verfahrens über die Beschwerde gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 21. Mai 2012, Zl BMVIT-220.101/0006-IV/SCH2/2011, betreffend eine Angelegenheit nach dem EisbG (mitbeteiligte Parteien: 1. A, 2. W GmbH, beide in W, beide vertreten durch Dr. Friedrich Schulz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3/3/29), den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Wiederaufnahme wird abgewiesen.
Begründung
1 Die belangte Behörde hatte über Antrag des Landeshauptmanns von Niederösterreich mit Bescheid vom 21. Mai 2012 gemäß § 11 EisbG festgestellt, dass die Eisenbahnstrecke der Erstmitbeteiligten von Wien/Matzleinsdorfer Platz nach Baden/Josefsplatz im Bereich der Fgasse zwischen den Straßen A (Beginn) und S (Ende) in der Markgemeinde Guntramsdorf eine öffentliche Eisenbahn sei, und zwar eine Nebenbahn gemäß § 1 Z 1 lit. b EisbG.
2 Dem legte sie im Wesentlichen Folgendes zu Grunde: Aus den Konzessionsurkunden der Mitbeteiligten ergebe sich, dass bereits anlässlich der erstmaligen Konzessionserteilung davon ausgegangen worden sei, es handle sich bei der Eisenbahnstrecke um keine Straßenbahn im Sinne des Eisenbahngesetzes (was näher ausgeführt wurde). Unabhängig davon unterscheide § 14 Abs. 1 EisbG zwischen den Berechtigungen „zum Bau und zum Betrieb von sowie zur Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen auf Straßenbahnen und nicht vernetzten Nebenbahnen“ und solchen „zum Bau und zum Betrieb von Hauptbahnen und von vernetzten Nebenbahnen“. Aus den vorliegenden Konzessionen und einer näher genannten Niederschrift ergebe sich, dass für die in Rede stehende Eisenbahnstrecke zwei - näher dargestellte - Verbindungen zur Schieneninfrastruktur der Ö AG in W bestünden. Bei diesen vernetzten Strecken handle es sich um Haupt- bzw. um Nebenbahnen iSd § 4 EisbG. Seit Bestehen der genannten Verbindungen („Vernetzungen“ iSd § 1a EisbG) würde regelmäßig Eisenbahnverkehr (Übergang von Schienenfahrzeugen) von der Schieneninfrastruktur der Erstmitbeteiligten auf die der Ö AG und umgekehrt abgewickelt. Schon vor dem Hintergrund des § 14 Abs. 1 EisbG könne es sich wegen der gegebenen Übergangsmöglichkeiten bei der in Rede stehenden Eisenbahnstrecke der Erstmitbeteiligten weder um eine Straßenbahn noch um eine nicht vernetzte Nebenbahn iSd § 14 Abs. 1 Z 1 EisbG handeln, sondern vielmehr nur um eine vernetzte Nebenbahn nach § 14 Abs. 1 Z 2 EisbG.
3 Auch unter Zugrundelegung der Begriffsbestimmungen der §§ 4 und 5 EisbG ergebe sich, dass es sich bei der in Rede stehenden Eisenbahnstrecke - unstrittig keine Hauptbahn - um eine Nebenbahn iSd § 1 Z 1 lit. b EisbG handle: Die erstmalige Konzession sei nicht etwa für eine „Straßenbahn“, vielmehr für eine „Lokalbahn“ erteilt worden. Da § 1a EisbG die Möglichkeit einer Vernetzung lediglich für Haupt- und Nebenbahnen, nicht aber für Straßenbahnen vorsehe, könne es sich bei einer vernetzten Eisenbahnstrecke jedenfalls nicht um eine Straßenbahn handeln.
4 Auch bei „isolierter Betrachtung“ der in Rede stehenden Strecke aus dem Blickwinkel des § 5 EisbG komme man nicht zum Ergebnis, dass sie eine Straßenbahn darstelle: Die der Erstmitbeteiligten erteilte Konzession sei für den gesamten Streckenbereich von Wien/Matzleinsdorfer Platz bis Baden/Josefsplatz erteilt worden, diese Strecke daher als Einheit zu betrachten. Jedenfalls stehe fest, dass es sich bei dieser Strecke nicht um eine Ortsstraßenbahn nach § 5 Abs. 1 EisbG handeln könne, weil sich die Strecke über zahlreiche benachbarte Orte erstrecke (was näher ausgeführt wurde).
5 Die in Rede stehende Eisenbahnstrecke könne demnach nur iSd § 5 Abs. 2 EisbG dennoch als Straßenbahn gelten, wenn sie „infolge ihrer baulichen oder betrieblichen Einrichtungen nach der Art des auf ihnen abzuwickelnden Verkehrs im Wesentlichen den Ortsstraßenbahnen“ entspreche.
6 Die Gleisanlagen der Eisenbahnstrecke stünden im Eigentum der Erstmitbeteiligten, ausgenommen die im Stadtgebiet von Wien mitbenützten Strecken der W GesmbH und Co KG (die zudem im Bereich Wien Oper - Abzweigung Siebertgasse keinen Gegenstand der der Erstmitbeteiligten erteilten Konzession, sondern eine „Mitbenützung“ der Strecken der W darstellten). Die auf den Gleisanlagen der Erstmitbeteiligten nach der Konzession verkehrenden Schienenfahrzeuge verkehrten auch auf öffentlichem Straßengrund, und zwar in der Stadt Wien im Wesentlichen im Bereich von der Abzweigung Siebertgasse bis zur Abzweigung Aßmayergasse in die Eichenstraße (ausgenommen der Bereich des Bahnhofs Wolfganggasse und der Remise), in der Marktgemeinde Guntramsdorf in der Fgasse zwischen den Straßen A (Beginn) und S (Ende) und in der Stadt Baden ab Leesdorf Frachtenbahnhof bis Baden/Josefsplatz, und befänden sich dort somit im Verkehrsraum öffentlicher Straßen. Darüber hinaus würden von der Erstmitbeteiligten im Gebiet der Stadt Wien im Bereich der Philadelphiabrücke und des Schedifkaplatzes auf öffentlichem Straßengrund gelegene, im Eigentum der W stehende Gleisanlagen „mitbenützt“.
7 Damit wäre noch zu klären, ob die Eisenbahnstrecke als überörtliche straßenabhängige Straßenbahn zu gelten habe, weil sie allenfalls gemäß § 5 Abs. 2 EisbG infolge ihrer baulichen oder betrieblichen Einrichtungen oder nach der Art des auf ihr abzuwickelnden Verkehrs im Wesentlichen den Ortstraßenbahnen entspreche. Dafür sei entscheidend, ob sich die baulichen und betrieblichen Einrichtungen der Eisenbahnstrecke zumindest teilweise im Verkehrsraum öffentlicher Straßen befänden, ob auf der Eisenbahnstrecke Schienenfahrzeuge zumindest teilweise den Verkehrsraum öffentlicher Straßen benützten und sich in ihrer Betriebsweise der Eigenart des Straßenverkehrs anpassten und sich dadurch die Einordnung dieser Strecke als Straßenbahn ergeben könne.
8 Die Gleisanlagen der Eisenbahnstrecke lägen - wie zuvor ausgeführt - teilweise auf öffentlichem Straßengrund, im Übrigen jedoch auf Grundstücken im Eigentum der Erstmitbeteiligten auf einem eigenen Bahnkörper. Im gegebenen Zusammenhang habe der Streckenbereich zwischen Kärntner Ring und Aßmayerstraße, auf dem der Erstmitbeteiligten die Mitbenützung der Gleisanlagen der W gestattet sei, außer Betracht zu bleiben, weil dieser Bereich von den Konzessionen der Mitbeteiligten nicht erfasst sei. Bauliche und betriebliche Einrichtungen der in Rede stehenden Eisenbahn lägen also zumindest teilweise im Verkehrsraum öffentlicher Straßen. Die auf der Eisenbahnstrecke verkehrenden, den Verkehrsraum öffentlicher Straßen benützenden Schienenfahrzeuge passten sich in ihrer Betriebsweise der Eigenart des Straßenverkehrs insofern an, als nach der maßgebenden Betriebsvorschrift der Erstmitbeteiligten „straßenbahnmäßiger Betrieb“ auf den Strecken von Wien Oper bis Philadelphiabrücke sowie von Leesdorf Frachtenbahnhof bis Baden Josefsplatz erfolge, auf der übrigen Strecke „eisenbahnmäßiger Betrieb“. Auch in diesem Zusammenhang hätten die mitbenützten Strecken der W außer Betracht zu bleiben. Als „straßenbahnmäßig“ betriebener, in die Gesamtbeurteilung einzubeziehender Streckenteil der Eisenbahnstrecke Wien/Matzleinsdorf bis Baden/Josefsplatz verbleibe daher lediglich der Bereich zwischen Abzweigung Siebertgasse und Eichenstraße bis zur Abzweigung Aßmayergasse in die Eichenstraße, weiters der Streckenteil in der Stadt Baden vom Bereich Leesdorf Frachtenbahnhof bis Baden Josefstadt. Der Streckenteil im Bereich Marktgemeinde Guntramsdorf in der Fgasse werde nach dieser Betriebsvorschrift nicht „straßenbahnmäßig“ geführt.
9 Nach § 5 Abs. 2 EisbG komme es bei der Beurteilung einer für den öffentlichen Verkehr zwischen mehreren benachbarten Orten bestimmten Eisenbahn als Straßenbahn darauf an, dass sie - infolge ihrer baulichen oder betrieblichen Einrichtungen oder nach der Art des auf ihnen abzuwickelnden Verkehrs - im Wesentlichen einer Ortsstraßenbahn entspreche. Auf Grund einer Zusammenschau des festgehaltenen Sachverhalts sei insgesamt davon auszugehen, dass die gegenständliche Strecke im Wesentlichen nicht der Betriebsform einer straßenabhängigen Ortsstraßenbahn entspreche: Im Verhältnis zur gesamten Strecke Wien/Matzleinsdorfer Platz bis Baden/Josefplatz sei nur ein sehr geringer Teil, nämlich der bereits genannte Bereich im Stadtgebiet von Wien/Matzleinsdorfer Platz bis Wien/Philadelphiabrücke (2,403 km der Gesamtstrecke von 27,070 km), in der Marktgemeinde Guntramsdorf der genannte Bereich der Fgasse (370 m der Gesamtstrecke) und in der Stadt Baden der Bereich ab Leesdorf Frachtenbahnhof bis Baden/Josefsplatz (1,630 km der Gesamtstrecke) überhaupt „straßenabhängig“ iSd § 5 Abs. 2 iVm § 5 Abs. 1 Z 1 EisbG, wobei der Streckenabschnitt im Bereich der Fgasse zudem nicht „straßenbahnmäßig“ im Sinne der Betriebsvorschrift der Erstmitbeteiligten betrieben werde. Der Hauptteil der Strecke Wien/Matzleinsdorfer Platz - Baden/Josefsplatz, das seien 22,667 km der Gesamtstrecke von 27,070 km, werde hingegen auf einem eigenen, von öffentlichen Straßen völlig unabhängigen, im Eigentum der Erstmitbeteiligten stehenden Bahnkörper in der Betriebsform einer Eisenbahn (Nebenbahn) geführt.
10 Es sei daher die Strecke Wien/Matzleinsdorfer Platz - Baden/Josefsplatz der Erstmitbeteiligten, und damit auch der gegenständliche Bereich der Fgasse in der Marktgemeinde Guntramsdorf als Nebenbahn iSd § 1 Z 1 lit. b EisbG zu qualifizieren.
11 Mit den hg. Erkenntnissen 17.12.2014, 2012/03/0156 und 2012/03/0163, wurden die seitens der Marktgemeinde Guntramsdorf bzw. der nunmehrigen Antragstellerin gegen den genannten Bescheid erhobenen Beschwerden jeweils als unbegründet abgewiesen.
12 Für diese Entscheidung waren im Wesentlichen folgende Überlegungen maßgebend:
13 Während für die Abgrenzung zwischen Hauptbahn und Nebenbahn die Verkehrsbedeutung der jeweiligen Eisenbahn maßgebend ist, knüpft der Begriff der Straßenbahnen nach § 5 EisbG (bei den straßenabhängigen Bahnen) an die Lage bzw. die Benutzung des Verkehrsraums öffentlicher Straßen sowie die Anpassung des Betriebs der Schienenfahrzeuge an die Eigenart des Straßenverkehrs an. Straßenbahnen können für den öffentlichen Verkehr innerhalb eines Ortes („Ortsstraßenbahnen“ iSd § 5 Abs. 1 EisbG) oder für den öffentlichen Verkehr zwischen mehreren benachbarten Orten (§ 5 Abs. 2 EisbG) bestimmt sein, wobei eine zwischenörtliche Straßenbahn nur dann gegeben ist, wenn sie infolge ihrer baulichen oder betrieblichen Einrichtungen oder nach der Art des auf ihr abzuwickelnden Verkehrs im Wesentlichen einer Ortsstraßenbahn entspricht. Während Haupt- und Nebenbahnen mit anderen Eisenbahnen vernetzt sein können, sind Straßenbahnen grundsätzlich nicht mit anderen Eisenbahnen verbunden bzw. vernetzt.
14 Die Regelungen der §§ 1 ff EisbG sind so gestaltet, dass alle Eisenbahnen in ihrer gesamten Ausdehnung (Länge) jeweils einer der dort genannten Kategorien unterfallen und somit entweder zur Gänze eine Hauptbahn, eine Nebenbahn oder eine Straßenbahn darstellen. Infolge der Zuordnung einer Eisenbahn jeweils zu einer der in § 1 ff EisbG geregelten Kategorien ist die zu treffende Zuordnung für jeweils die gesamte Eisenbahn maßgeblich. Diese stellt also - in ihrer Gesamtheit - entweder eine Nebenbahn oder eine Hauptbahn oder eine Straßenbahn (unter jeweiligem Ausschluss der anderen Alternativen) dar. Demgegenüber ist die Bezeichnung einer Eisenbahnlinie in einer Konzessionsurkunde für die Qualifikation als Hauptbahn, Nebenbahn oder Straßenbahn grundsätzlich nicht ausschlaggebend.
15 Ob eine Eisenbahn, deren baulichen und betrieblichen Einrichtungen sich zumindest teilweise im Verkehrsraum öffentlicher Straßen befinden und deren Schienenfahrzeuge zumindest teilweise den Verkehrsraum öffentlicher Straßen benützen, als Straßenbahn oder als Nebenbahn bzw. Hauptbahn zu qualifizieren ist, ist danach zu beurteilen, ob diese Eisenbahn infolge ihrer baulichen oder betrieblichen Einrichtungen oder nach der Art des von ihr abzuwickelnden Verkehrs mehr einer Straßenbahn oder mehr einer Nebenbahn bzw. Hauptbahn entspricht. Entscheidend ist daher, ob die angesprochenen Gegebenheiten einer Eisenbahnlinie weitaus überwiegend denen einer Straßenbahn oder denen einer Nebenbahn oder Hauptbahn entsprechen.
16 Ausgehend von den insofern unstrittigen Feststellungen des bekämpften Bescheids, wonach die in Rede stehende Eisenbahn in der angegebenen Weise mit anderen Eisenbahnen vernetzt ist, und wonach das beschwerdegegenständliche Stück der Eisenbahnlinie in der Fgasse im Verhältnis zur Gesamtstrecke lediglich einen ganz kurzen Streckenteil darstellt, könne nicht gesagt werden, dass dieser kurze Streckenteil der im Übrigen vernetzten Eisenbahn zwischen den eben genannten Orten den Charakter einer Straßenbahn verleihen könnte. Das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte diesen Streckenteil nicht als Nebenbahn, sondern als Straßenbahn werten müssen, zeige daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Beschwerden seien deshalb als unbegründet abzuweisen gewesen.
17 Mit dem nun verfahrensgegenständlichen Schriftsatz vom 11. September 2017, beim Verwaltungsgerichtshof am 13. September 2017 eingelangt, beantragt die Antragstellerin, die Beschwerdeführerin des Verfahrens 2012/03/0163, gestützt auf § 45 Abs. 4 VwGG iVm § 69 AVG, die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Bescheidbeschwerde der Antragstellerin zur Zl. 2012/03/0163 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 21. Mai 2012. Dieser Antrag wird - auf das Wesentliche zusammengefasst - damit begründet, dass die Antragstellerin neue Tatsachen und Beweismittel (im Wesentlichen betreffend die Konzessionsbedingungen und die bestehenden Vernetzungen der in Rede stehenden Eisenbahn) vorgefunden habe, die sie in der 35. Kalenderwoche dieses Jahres im Österreichischen Staatsarchiv aufgefunden hätte und die im Bescheidbeschwerdeverfahren ohne ihr Verschulden - mangels Kenntnis ihres Vorliegens und Inhalts - nicht geltend gemacht hätten werden können. Die neu hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel hätten aller Voraussicht nach ein im Hauptinhalt des Spruches anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt.
18 Dieses Vorbringen ist nicht zielführend:
19 § 45 VwGG lautet auszugsweise:
„Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 45. (1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn
1. das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder
3. nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder
4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder
5. das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlassten Zurückziehung der Revision eingestellt wurde und der Grund für die Klaglosstellung nachträglich weggefallen ist.
(2) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.
(3) Über den Antrag ist in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zu entscheiden.
(4) Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entschieden hatte, gilt für die Wiederaufnahme § 69 AVG sinngemäß.
...“
20 Die Antragstellerin macht keinen Wiederaufnahmegrund iSd § 45 Abs. 1 Z 1 bis 5 VwGG geltend, stützt ihren Antrag vielmehr auf § 69 Abs. 1 Z 2 AVG. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem Verfahren, dessen Wiederaufnahme beantrag wird, aber nicht gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entschieden, sondern die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen, weshalb § 69 AVG nicht anwendbar ist. Der von der Antragstellerin geltend gemacht Wiederaufnahmetatbestand ist in den in § 45 Abs. 1 VwGG genannten Tatbeständen nicht enthalten (vgl VwGH 18.9.2012, 2012/11/0135, 19.3.2014, 2014/09/0001, und 21.4.2015, 2014/09/0003). Eine Wiederaufnahme nach § 45 VwGG ist aber nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich, sie dient nicht der Überprüfung abgeschlossener Verfahren des Verwaltungsgerichtshofs oder einer Korrektur seiner Entscheidungen (vgl etwa VwGH 29.4.2015, 2015/03/0002, und 16.12.2015, 2015/03/0005, jeweils mwN). Schon deshalb war dem Antrag kein Erfolg beschieden.
21 Nur der Vollständigkeit halber: Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 2012/03/0156 ausgeführt hat, ist die Bezeichnung einer Eisenbahnlinie in einer Konzessionsurkunde für ihre Qualifikation als Haupt-, Neben- oder Straßenbahn grundsätzlich nicht ausschlaggebend. Die zu treffende Zuordnung hat sich jeweils auf die gesamte Eisenbahn zu beziehen; diese stellt also - in ihrer Gesamtheit, ohne dass eine Aufteilung auf einzelne Teilbereiche zu erfolgen hätte - entweder eine Hauptbahn, eine Nebenbahn oder eine Straßenbahn dar. Die in Rede stehende Eisenbahn ist - was auch im Wiederaufnahmeantrag nicht in Frage gestellt wird - für den öffentlichen Verkehr zwischen mehreren benachbarten Orten bestimmt, sie kann daher keine Straßenbahn iSd § 5 Abs. 1 EisbG („innerhalb eines Ortes“) darstellen. Für ihre Qualifikation als Straßenbahn iSd § 5 Abs. 2 EisbG wäre demnach erforderlich, dass sie „im Wesentlichen“ einer Ortsstraßenbahn entspricht, was nur dann der Fall wäre, wenn die zu beurteilenden Parameter (bauliche und betriebliche Einrichtungen, Art des abzuwickelnden Verkehrs) weitaus überwiegend denen einer Straßenbahn entsprechen.
22 Vor diesem Hintergrund kommt es für die vorzunehmende Beurteilung auf die von der Antragstellerin geltend gemachten „neuen Tatsachen“ nicht an, wird damit doch nicht in Frage gestellt, dass das in Rede stehende kurze Stück der Eisenbahnlinie in der Fgasse (auch in Verbindung mit den weiteren, straßenbahnmäßig betriebenen Streckenteilen) der Gesamtstrecke nicht den Charakter einer Straßenbahn verleihen könnte.
23 Da der von der Antragstellerin geltend gemachte Wiederaufnahmegrund somit nicht vorliegt, war dem Antrag auf Wiederaufnahme des mit dem Erkenntnis vom 17.12.2014, 2012/03/0163, durch Abweisung der Beschwerde beendeten Verfahrens nicht stattzugeben.
Wien, am 5. Oktober 2017
Schlagworte
Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta nova productaEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:2017030002.X00Im RIS seit
06.08.2021Zuletzt aktualisiert am
09.08.2021