Entscheidungsdatum
28.05.2019Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W212 2216593-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, gegen den Bescheid der österreichischen Botschaft Islamabad vom 10.01.2019, Zl. Islamabad/ÖB/KONS/0363/2018 beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Afghanistans, stellte am 06.06.2018 bei der österreichischen Botschaft Islamabad einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs 1 AsylG 2005. Begründend führte sie an, dass ihr Ehegatte, Herr XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, in Österreich seit 14.11.2014 asylberechtigt sei.
Am 05.06.2018 fand eine niederschriftliche Befragung der Beschwerdeführerin vor der ÖB Islamabad statt, in der diese angab, ihren Ehemann vor sieben Jahren, somit mit 18 Jahren geheiratet zu haben. Ihr Ehemann wäre ihr Cousin väterlicherseits und wäre es eine arrangierte Ehe gewesen. Sie habe der Ehe zugestimmt, weil es die Familie so gewollt habe und er eine gute Person sei.
Aus der der Antragstellung beigelegten englischen Übersetzung eines "Marriage-Certificate" ergibt sich, dass die am 01.03.2011 geschlossene traditionelle Ehe am 09.10.2017 vor dem "Supreme Court" registriert wurde.
In der Folge übermittelte die ÖB Islamabad den Antrag und Sachverhalt an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur Erstattung einer Stellungnahme gemäß § 35 Abs. 4 Asylgesetz und einer diesbezüglichen Wahrscheinlichkeitsprognose, ob die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten an die Beschwerdeführerin im Familienverfahren wahrscheinlich erscheine.
In der Einvernahme vom 22.08.2012 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte die Bezugsperson aus, dass sie traditionell verheiratet sei und vom Mullah einen Trauschein erhalten habe. Registriert sei die Ehe nicht.
In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 14.11.2014 vor dem Bundesverwaltungsgericht Wien gab die Bezugsperson auf die Frage nach seinem Familienstand gleichlautend an, nach islamischer Tradition verheiratet zu sein.
1.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 13.12.2018 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass betreffend die antragstellende Partei die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da die Ehe nicht bereits vor der Einreise der Bezugsperson bestanden habe.
Die im Jahr 2011 erfolgte traditionelle Eheschließung sei im Nachhinein am 09.10.2017 registriert worden, sohin zu einem Zeitpunkt, an dem die Bezugsperson bereits seit fast drei Jahren in Österreich asylberechtigt gewesen wäre. Die Bezugsperson habe somit zu einem Zeitpunkt Afghanistan verlassen, als noch keine rechtsgültig geschlossene Ehe vorgelegen wäre. Eine "Ferntrauung" würde den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung im Sinne des § 6 iPRG entgegenstehen. Selbst bei Bejahung des Familienverhältnisses könne vom dringlichen Wunsch auf Fortsetzung eines gemeinsamen Familienlebens nicht ausgegangen werden, da die Antragstellung zur Erteilung eines Einreisetitels zwecks Familienzusammenführung erst nach dreieinhalb Jahren erfolgt sei.
Da das Erkenntnis der Bezugsperson mit 14.11.2014 in Rechtskraft erwuchs und der gegenständliche Antrag erst am 06.06.2018 bei der ÖB Islamabad eingebracht wurde, wären auch die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Zi. 1 bis 3 zu erbringen. Diese Voraussetzungen wären mit Vorlage der Lohnzettel, des Mietvertrages und der Kontoauszüge, zudem aus Lohneinkünften angespartem Guthaben der Bezugsperson erfüllt.
1.3. Mit Schreiben vom 13.12.2018 wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Dem Schreiben wurde die Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.12.2018 angeschlossen, wonach die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da die Ehe bei Einreise der Bezugsperson in Österreich nicht bestanden habe.
Der Beschwerdeführerin wurde die Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen, widrigenfalls aufgrund der Aktenlage entschieden werde.
1.4. In der Stellungnahme vom 18.12.2018 wurde seitens der Beschwerdeführerin im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Kopie der Originalbestätigung vorgelegt werde, die vor dem Mullah über die Eheschließung erstellt worden wäre. Auf dieser und auf der Grundlage der Zeugenaussagen wäre die Ehe registriert worden. Es werde auf das Manual für afghanisches Familienrecht des Max-Planck-Institutes für Vergleichendes internationales Zivilrecht, Kapitel: Gültigkeit der Ehe, Registrierung der Ehe, verwiesen und werde der Einreiseantrag aufrecht erhalten.
1.5. Die Stellungnahme wurde dem BFA übermittelt, welches am 09.01.2019 mitteilte, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe.
1.6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.01.2019 verweigerte die ÖB Islamabad die Erteilung des Einreisetitels gem. §26 FPG iVm §35 AsylG. Im Bescheid der Beschwerdeführerin wurde begründend ausgeführt, dass die Gültigkeit der Ehe nicht vorliege und wurde auf das bisherige Verfahren verwiesen.
Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 10.01.2019 zugestellt.
1.7. Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher vorgebracht wird, dass eine vor dem Imam geschlossene Ehe ab Eheschließung gültig sei und die Registrierung lediglich eine Ordnungsvorschrift sei, die der öffentlichen Dokumentation gelte. Die Registrierung müsse nicht höchst persönlich geschehen und liegen somit die Voraussetzungen für die Visaerteilung vor, da die Ehe mängelfrei zustande gekommen sei, bevor die Bezugsperson Afghanistan verlassen habe.
1.8. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 25.03.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der gegenständliche Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Der oben unter I. dargestellte und sich vollständig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt erschließliche Verfahrensgang wird festgestellt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde:
3.1. § 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:
"(1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."
§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:
"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres
und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
...
§ 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."
Im vorliegenden Fall erweist sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Die Behörde ist im Verfahren davon ausgegangen, dass ein Antrag auf Eintragung einer Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson erst am 09.10.2017 gestellt, danach eine Heiratsurkunde ausgestellt und der Eintrag im Familienregister erfolgt sei. Damit habe die Registrierung der Ehe und damit die Rechtsgültigkeit der Ehe nach afghanischem Recht nach der nachweislichen Einreise der Bezugsperson stattgefunden, womit die Beschwerdeführerin keine Familienangehörige iSd § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 iVm § 35 leg.cit sei und ihr Antrag eines Einreisetitels zu Recht abgelehnt wurde.
Die Behörde hat jedoch völlig die Fragestellung ausgeblendet, ob tatsächlich diese Ehe - wie aus dem vorgelegten Eheschließungszeugnis vordergründig hervorgeht - am 01.03.2011 in traditionell-religiöser Form geschlossen worden und ob dabei möglicherweise eine Verletzung des ordre public erfolgt ist.
Die Behörde hat weiters keine Feststellungen darüber getroffen, ob die behauptete Ehe im Herkunftsstaat Gültigkeit erlangt hat. Relevant ist jedoch, ob und wann nach den Formvorschriften des Ortes der Eheschließung eine nachfolgende Registrierung korrekt erfolgt ist und ab wann die Ehe als gültig zu Stande gekommen anzusehen ist. Die Behörde hat somit keine Feststellungen darüber getroffen, ob die behauptete Ehe nach der traditionellen Eheschließung im Herkunftsstaat bestanden hat. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Behörde solche Feststellungen nicht für relevant angesehen hat, weil sie keine fundierten Feststellungen über die afghanische Eherechtslage hinsichtlich der Form der Eheschließung und der Wirkung einer allfälligen späteren gerichtlichen Bestätigung einer solchen Ehe und deren Eintragung in das Personenstandsregister getroffen hat.
Was die Frage der Beurteilung der Rechtsgültigkeit einer Eheschließung von Drittstaatsangehörigen im Ausland betrifft, so entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ausländisches Recht keine Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage darstellt, welche in einem - grundsätzlich amtswegigen - Ermittlungsverfahren festzustellen ist, wobei eine Mitwirkungspflicht der Partei besteht, soweit dies erforderlich ist (z.B. VwGH 27.06.2017, Ra 2016/18/0277; 19.03.2009, 2007/01/0633). Im Zusammenhang mit der Frage der Gültigkeit einer Eheschließung von (dort:) somalischen Staatsangehörigen in deren Herkunftsstaat hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 27.06.2017 Folgendes näher ausgeführt:
"Gemäß § 3 Bundesgesetz über das internationale Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 idF BGBl. I Nr. 87/2015 (IPRG), ist maßgebliches fremdes Recht von Amts wegen und wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden, wobei es in erster Linie auf die dort von der Rechtsprechung geprägte Anwendungspraxis ankommt (vgl. OGH RIS-Justiz, RS0113594). Nach § 4 Abs. 1 IPRG ist das fremde Recht und die Anwendungspraxis dazu (OGH RIS-Justiz RS0113594 (T2), siehe auch OGH RIS-Justiz RS0109415) von Amts wegen zu ermitteln. Zulässige Hilfsmittel hiefür sind etwa die Mitwirkung der Beteiligten, Sachverständigengutachten und die Inanspruchnahme der Staatendokumentation (§ 5 Abs. 3 BFA-G).
Nach dem IPRG sind die Form einer Eheschließung im Ausland, die Voraussetzungen der Eheschließung sowie die der Ehenichtigkeit und der Aufhebung und die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe nach dem Personalstatut jedes der Verlobten, sofern sich auf Grund von Rück- und Weiterverweisung kein anderer Anknüpfungspunkt ergibt (vgl. dazu § 5 IPRG), zu beurteilen (vgl. im Näheren insbesondere die §§ 9, 16 ff IPRG).
In Bezug auf ausländisches Recht gilt der Grundsatz "iura novit curia" nicht, sodass dieses in einem - grundsätzlich amtswegigen - Ermittlungsverfahren festzustellen ist, wobei eine Mitwirkungspflicht der Partei besteht, soweit die Mitwirkung der Beteiligten erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne VwGH vom 19. März 2009, 2007/01/0633)."
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde auf ein Gutachten des Max-Planck-Instituts zum afghanischen Familienrecht vom Juli 2012 verwiesen und unter Bezugnahme darauf vorgebracht, die zwischen den Betroffenen im Jahr 2011 geschlossene Ehe sei rechtsgültig. Im Hinblick auf die im Beschwerdefall aufgeworfene entscheidungswesentliche Frage der staatlichen Gültigkeit einer im Jahr 2011 traditionell geschlossenen Ehe, die erst im Jahr 2017 vor einem Gericht im Bezirk Nangahar unter Anwesenheit näher angeführter Zeugen registriert wurde, fehlen in der Mitteilung des BFA wie schon oben erwähnt jegliche Sachverhaltsfeststellungen.
Es ist auf die Entscheidung des VwGH vom 06.09.2018, Ra 2018/18/0094 zu verweisen, aus der hervorgeht, dass der bloße Umstand der Anerkennung einer traditionellen Eheschließung mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung im ausländischen Recht nicht gegen die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung im Sinne der zitierten Judikatur der Höchstgerichte verstoße. Daraus ergibt sich, dass eine die Formvorschriften des Ortes der Eheschließung erfüllende Ehe grundsätzlich gültig ist.
Es ist daher insbesondere abzuklären, ob inhaltliche Vorbehalte gegen die Eheschließung, die eine Verletzung des ordre public begründen könnten (wie etwa eine Verletzung des Verbotes der Kinderehe oder des Ehezwangs) vorliegen, ob und wann nach den Formvorschriften des Ortes der Eheschließung eine nachfolgende Registrierung korrekt erfolgt ist und gegebenenfalls ab wann die Ehe als gültig zu Stande gekommen anzusehen ist. Insbesondere ist festzustellen, ob die Registrierung einer vormals traditionellen Ehe auch in Abwesenheit eines Ehepartners, wenn dieser vertreten wird (wie im gegenständlichen Fall behauptet), zulässig ist bzw. wer bei der Registrierung anwesend sein muss. Zu ermitteln ist außerdem, ob es Formvorschriften für die Vollmacht, welche zur Stellvertretung bei der Registrierung ermächtigt, gibt, wie diese aussehen und ob diese im gegenständlichen Fall eingehalten wurden.
Sollte es sich um eine nach afghanischem Recht gültige Ehe handeln, die bereits im Jahr 2011 wirksam abgeschlossen wurde, und käme damit der Ausstellung der Heiratsurkunde und Eintragung in das Register im Jahr 2017 bloß deklarativer Charakter zu, so würde die Beschwerdeführerin unter den Begriff der Familienangehörigen gemäß § 35 Abs 5 AsylG 2005 idgF fallen, weil diesfalls die Ehe zur Bezugsperson bereits vor deren Einreise nach Österreich bestanden hätte.
Der Bezugsperson wurde per 14.11.2014 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, Zl. XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Der Einreiseantrag wurde am 06.06.2018, somit jedenfalls außerhalb der in § 35 Abs. 1 Asylgesetz vorgesehenen dreimonatigen Frist und auch außerhalb der in § 75 Abs. 24 Asylgesetz vorgesehenen dreimonatigen Übergangsfrist nach Inkrafttreten des BGBL I. Nr. 24/2016 am 01.06.2016, innerhalb derer die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Zi. 1 bis 3 Asylgesetz 2005 nicht erfüllt werden müssten, gestellt. Im vorliegenden Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG erfüllt seien, und wäre auch dies im fortgesetzten Verfahren einer aktuellen Prüfung zu unterziehen. Hingewiesen wird ausdrücklich auf den Nachweis eines alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes für die Beschwerdeführerin.
Letztlich wäre noch nachvollziehbar darzustellen, aus welchen konkreten Gründen allenfalls - wie im angefochtenen Bescheid kurz erwähnt - (k)ein relevantes Familienleben der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson bestehen solle. Insofern Zweifel an einem schützenswerten bzw. existenten Familienleben hervorgekommen sind, wären diese konkret darzulegen und zur Beurteilung sowie zur Berücksichtigung des Artikel 8 EMRK anderer bzw. ergänzende Nachweise heranzuziehen, etwa durch ergänzende Befragung der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson. Zur angegebenen Eheschließung bzw. zur Ausgestaltung des bisherigen gemeinsamen Familien- bzw. Ehelebens. Letztlich wird auch eine konkrete rechtliche und faktische Auseinandersetzung mit den vorgelegten Dokumenten erforderlich sein. Der Hinweis, dass in Afghanistan Dokumente jeglichen Inhalts und jeglicher Form zu erhalten seien, vermögen nicht allein eine Ablehnung des Antrages zu begründen.
Nachdem das BFA hinreichende Ermittlungen zum afghanischen Eherecht getätigt haben wird, ist es in einem weiteren Schritt überhaupt erst möglich, sich damit auseinanderzusetzen, ob die vorgelegten Dokumente geeignet sind, eine in Afghanistan rechtsgültig bestehende Ehe zu bescheinigen. In einem gesonderten Schritt ist zu klären, ob die Anwendung der afghanischen Rechtslage zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist.
Es war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG aufzuheben und der ÖB Damaskus die Erlassung eines neuen Bescheides aufzutragen. Gemäß § 11a Abs 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Ehe, Ermittlungspflicht, Familienleben, Gültigkeit, Kassation,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W212.2216593.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.04.2020