TE Bvwg Beschluss 2019/8/8 W250 2215692-1

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Veröffentlicht am 08.08.2019
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Entscheidungsdatum

08.08.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W250 2215692-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Herbert Pochieser, gegen das als Bescheid bezeichnete Schriftstück des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2019, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

I. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 01.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 03.08.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 - AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. In Spruchpunkt IV. wurde ausgeführt, dass die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.05.2018 abgewiesen. Der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 05.07.2018 die aufschiebende Wirkung zuerkannt, mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25.09.2018 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 19.10.2018 wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.12.2018 wurde die Revision zurückgewiesen.

3. Am 17.09.2018 beantragte der BF die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.05.2018 abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.09.2018 abgewiesen. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 26.02.2019 abgelehnt und mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 22.03.2019 wurde die Behandlung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

4. Mit Schreiben vom 16.10.2018 gab der nunmehr ausgewiesene Rechtsvertreter dem Bundesamt bekannt, dass ihn der BF mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt habe.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 22.11.2018 wurde dem BF gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG in Verbindung mit § 19 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG aufgetragen, zu einem bestimmten Termin und Ort als Beteiligter persönlich zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde ausgeschlossen. Mit Schreiben des Rechtsvertreters des BF vom 29.11.2018 wurde dem Bundesamt mitgeteilt, dass der BF den Ladungstermin nicht wahrnehmen werde, da eine rechtzeitige Weiterleitung der Ladung an den BF samt entsprechender Vorbereitung bis zu dem in der Ladung genannten Termin nicht mehr möglich sei.

6. Mit dem hier verfahrensgegenständlichen als Bescheid bezeichnetem Schriftstück des Bundesamtes vom 16.01.2019 wurde dem BF gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG in Verbindung mit § 19 AVG aufgetragen, zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes an einem bestimmten Termin zu einem angegeben Ort zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken. Wenn er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund nicht Folge leiste, müsse er damit rechnen, dass eine Haftstrafe von 14 Tagen über ihn verhängt werde. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG ausgeschlossen.

Das Bundesamt führte dazu im Wesentlichen aus, dass gegen den BF eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen worden sei, er seiner Ausreiseverpflichtung jedoch nicht nachgekommen sei. Seine Identität stehe nicht fest, da er keine Personendokumente vorgelegt habe. Da ohne Reisedokument die Durchsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht möglich sei, sei dem BF seine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes aufzuerlegen. Dies werde mit der Ladung zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes bei der afghanischen Vertretungsbehörde verbunden. Da der BF vermögenslos sei, werde als gelindestes zum Ziel führendes Zwangsmittel eine Haftstrafe in der Dauer von 14 Tagen angedroht.

Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde sei auf Grund eines überwiegenden öffentlichen Interesses am sofortigen Vollzug des Bescheides ausgeschlossen. Der BF sei seiner bestehenden und vollstreckbaren Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Sein weiterer unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet widerspreche dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen. Diesem öffentlichen Interesse stehe lediglich das bloß faktische Interesse des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber, weshalb das öffentliche Interesse überwiege. Durch den fortgesetzten unrechtmäßigen Aufenthalt des BF bestehe weiters Gefahr im Verzug, da für eine Durchsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein Reisedokument erforderlich sei.

7. Beim Versuch dieses Schriftstück dem BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zuzustellen wurde erhoben, dass der BF seit ca. drei Monaten nicht mehr an seiner Meldeadresse wohnhaft sei. Dem Rechtsvertreter des BF wurde das Schreiben vom 16.01.2019 mit einem Rückscheinbrief "RSb" zugestellt und am 21.01.2019 einem Postbevollmächtigten für RSb-Briefe ausgehändigt. Dem Bundesamt teilte der Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 23.01.2019 mit, dass der BF dem Interviewtermin aus wichtigem Grund nicht Folge leisten könne, da eine rechtzeitige Weiterleitung der Ladung an den BF samt entsprechender Vorbereitung und rechtlicher Beratung bis zum Ladungstermin nicht mehr möglich sei. Dem Ladungstermin kam der BF nicht nach.

8. Am 18.02.2019 erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde gegen das als Bescheid bezeichnete Schriftstück vom 16.01.2019. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG nur dann ausgeschlossen werden könne, wenn der Vollzug des Bescheides wegen Gefahr im Verzug nach Abwägung der öffentlichen mit den privaten Interessen dringend geboten sei. Die belangte Behörde habe jedoch keine nachvollziehbaren Gründe dargetan, warum Gefahr im Verzug bei der Beendigung des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet vorliege. Gefahr im Verzug wäre nur dann gegeben, wenn eine konkrete Gefahr vom BF für die Öffentlichkeit ausgehen würde. Zu dieser Frage habe die belangte Behörde jedoch nicht einmal Feststellungen getroffen. Der BF sei unbescholten und sei seine Ausreise daher keinesfalls wegen Gefahr im Verzug dringend geboten, bevor der angefochtene Bescheid einer gerichtlichen Kontrolle zugeführt werde. Die Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung liege daher nicht vor.

Da die privaten Interessen des BF im angefochtenen Bescheid mit keinem Wort erwähnt seien, habe sich die belangte Behörde nicht sorgfältig mit der Materie befasst, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde rechtswidrig erfolgt sei.

Im angefochtenen Bescheid sei auch die Begründungspflicht verletzt worden, da die belangte Behörde jegliches Ermittlungsverfahren unterlassen habe. Hätte sich die belangte Behörde darüber informiert, ob noch weitere Rechtsmittel bei den Höchstgerichten anhängig seien und Ermittlungen zum aktuellen Familienleben des BF angestellt, hätte es festgestellt, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht verhältnismäßig sei.

Die dem BF angedrohte Haftstrafe von 14 Tagen stelle einen gravierenden Eingriff in die persönliche Freiheit des BF dar. Dies sei vor dem Hintergrund, dass die Ladung erst wenige Tage vor dem Termin zugestellt worden sei, nicht gerechtfertigt und stehe außer Verhältnis zum angestrebten Zweck. Es sei nicht notwendig, eine Freiheitsstrafe erst wenige Tage vor dem Ladungstermin anzudrohen, sondern könne der Bescheid ohne Nachteil auch früher zugestellt werden, um eine tatsächliche Verständigung des Betroffenen durch die rechtliche Vertretung, eine rechtliche Beratung und die Beischaffung der in der Ladung geforderten Dokumente zu ermöglichen. Es sei der Behörde zumutbar, Termine mit Vertretern der afghanischen Botschaft, welche regelmäßig stattfänden, zumindest zwei Wochen vor dem Termin zuzustellen, um eine effektive Vorbereitung zu ermöglichen.

Neben der Einholung der in der Ladung geforderten Unterlagen sei auch die Möglichkeit einzuräumen, den Bescheid einer rechtlichen Überprüfung zuzuführen und zu der Ladung rechtlich beraten zu werden. Schließlich werde bei Nichtbefolgung der Ladung nichts weniger als das stärkste Zwangsmittel, das die Rechtsordnung kenne, nämlich der Freiheitsentzug angedroht. Eine entsprechende rechtliche Beratung binnen weniger Tage sei bereits aus terminlichen Gründen in keiner beruflichen Parteienvertretung zu bewerkstelligen. Die belangte Behörde vereitle durch die verspätete Zustellung die Möglichkeit, die mit Bescheid ausgeschlossene aufschiebende Wirkung innerhalb von sieben Tagen durch das Bundesverwaltungsgericht zuerkennen zu lassen. Könne die Behörde Ladungsbescheide weniger als sieben Tage vor dem Termin zustellen, wäre dem Bundesverwaltungsgericht die effektive Möglichkeit geraubt, innerhalb von zumindest sieben Tagen die Voraussetzungen der aufschiebenden Wirkung anders als im angefochtenen Bescheid zu beurteilen. Die belangte Behörde entziehe sich durch die verspätete Zustellung einer effektiven gerichtlichen Kontrolle, was einen massiven Eingriff in das Rechtsstaatlichkeitsprinzip darstelle. Die Vorgehensweise der belangten Behörde schränke nicht nur die anwaltliche sondern auch die richterliche Kontrolle ein.

Die Zustellung eines Ladungsbescheides, der eine Haftstrafe androhe, wenige Tage vor dem Termin, sei daher unzulässig und widerspreche dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip.

Die belangte Behörde habe jegliches Ermittlungsverfahren unterlassen. Hätte sich die Behörde informiert ob noch weitere Rechtsmittel bei den Höchstgerichten anhängig seien und Ermittlungen zum aktuellen Familienleben des BF angestellt, hätte sie festgestellt, dass ein Ladungsbescheid nicht verhältnismäßig sei und hätte als rechtmäßiges Alternativverhalten mit einfacher Ladung vorgehen können. Da der BF im bisherigen Verfahren allen Ladungen ohne Androhung einer Haftstrafe gefolgt sei, habe die belangte Behörde davon ausgehen können, dass ein Ladungsbescheid mit Haftandrohung nicht das gelindestes Mittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz darstelle. Der angefochtene Bescheid sei daher neben der inhaltlichen Rechtswidrigkeit auch wegen wesentlichen Verfahrensmängeln ersatzlos aufzuheben.

Der BF beantragte eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen und dem Rechtsträger, in dessen Namen die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat, den Ersatz der Verfahrenskosten binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution aufzutragen.

9. Das Bundesamt legte am 08.03.2019 die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der unter Punkt I.1. bis I.9. geschilderte Verfahrensgang wird als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.

1.2. Der BF hat seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter zur Vertretung in seinem Asylverfahren bevollmächtigt und ihm eine Zustellvollmacht erteilt. Auf diese Vollmacht hat sich der BF in einem an das Bundesamt gerichteten Schreiben vom 16.10.2018 berufen.

1.3. Dem BF wurde mit einem als "Bescheid" betitelten Schreiben vom 16.01.2019 gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG in Verbindung mit § 19 AVG aufgetragen, zur Einholung eines Ersatzreisedokuments an einem bestimmten Termin zu einem näher bezeichneten Ort als Beteiligter persönlich zu kommen und den Interviewtermin durch eine Experten-Delegation Afghanistan wahrzunehmen. Dieses Schreiben wurde dem Rechtsvertreter des BF mit einem Rückscheinbrief "RSb" zugestellt und am 21.01.2019 einem Postbevollmächtigten für RSb-Briefe ausgehändigt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie in den Verwaltungs- und Gerichtsakt das Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffend.

2.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakte.

2.2. Die Feststellungen zur erteilten Vollmacht ergeben sich aus dem vom Bundesamt übermittelten Schreiben des Rechtsvertreters des BF vom 16.10.2018 sowie aus der Mitteilung des Bundesamtes vom 07.08.2019, wonach diese Vertretungsvollmacht bisher nicht widerrufen worden ist.

2.3. Die Feststellungen zu dem mit "Bescheid" überschriebenen Schriftstück des Bundesamtes vom 16.01.2019 ergeben sich aus diesem. Dass dieses Schreiben mit einem Rückscheinbrief "RSb" dem Rechtsvertreter des BF zugestellt und am 21.01.2019 von einem Bevollmächtigten für RSb-Briefe übernommen wurde, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Rückschein.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt I. - Zurückweisung der Beschwerde

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

§ 46 Abs. 2a und 2b FPG lautet:

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.

Der mit "Ladungen" überschriebene § 19 AVG lautet:

§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

(4) Eine einfache Ladung erfolgt durch Verfahrensanordnung.

3.1.2. Das Bundesamt ist gemäß § 46 Abs. 2a FPG grundsätzlich jederzeit ermächtigt, bei der für einen Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen einzuholen. Der Fremde hat in diesem Zusammenhang an den Amtshandlungen des Bundesamtes im dafür erforderlichen Umfang mitzuwirken. Diese Mitwirkungsverpflichtung kann dem Fremden gemäß § 46 Abs. 2b FPG mit Bescheid aufgetragen werden und kann der Fremde auch vor die für ihn zuständige ausländische Behörde geladen werden.

§ 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt dabei sinngemäß. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Rechtsgrundlage für die in diesem Zusammenhang ergehende Ladung § 19 AVG, deren Zulässigkeit ihre unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beurteilende Notwendigkeit voraussetzt (vgl. VwGH vom 29.05.2018, Ro 2018/21/0006).

Gemäß § 19 Abs. 3 AVG setzt die Vollstreckung der angedrohten Zwangsfolgen voraus, dass die Ladung zu eigenen Handen zugestellt wurde. Erfolgt die Zustellung nicht zu eigenen Handen, kann die Ladung nur als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt. Daran vermag weder die Überschrift "Bescheid" noch die in der Erledigung enthaltene Androhung einer Zwangsfolge noch der Hinweis auf die Beschwerdemöglichkeit etwas ändern (vgl. VwGH vom 24.02.2011, 2010/21/0422).

3.1.3. Im Falle eines aufrechten Vertretungsverhältnisses sind alle Verfahrensakte mit Wirkung für die Partei dem Vertreter gegenüber zu setzen. Durch § 19 Abs. 3 AVG wird nur das Verbot von Ersatzzustellungen festgelegt, nicht aber der als Empfänger des zuzustellenden Bescheides zu bezeichnende Personenkreis geändert (vgl. VwGH vom 27.05.2009, 2009/21/0014, zur Voraussetzung der Zustellung des Ladungsbescheides zu eigenen Handen als Voraussetzung für die Erlassung eines Festnahmeauftrages).

Im vorliegenden Fall wurde das Schriftstück vom 16.01.2019 dem Rechtsvertreter des BF jedoch nicht zu eigenen Handen zugestellt, sondern es wurde die Zustellung mit einem Rückscheinbrief "RSb", daher unter Zulassung einer Ersatzzustellung, vorgenommen. Aus dem diesbezüglichen Rückschein ergibt sich, dass die gegenständliche Postsendung am 21.01.2019 einem Postbevollmächtigten für RSb-Briefe ausgehändigt wurde. Mangels Zustellung zu eigenen Handen kann daher das mit "Bescheid" überschriebene Schriftstück vom 16.01.2019 nicht als (Ladungs-)bescheid sondern lediglich als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt.

3.1.4. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Da sich die Beschwerde gegen ein Schriftstück richtet, dem kein Bescheidcharakter zukommt und das somit eine Erledigung darstellt, die kein tauglicher Anfechtungsgrund für eine Beschwerde ist, war diese als unzulässig zurückzuweisen.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

3.3. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt II. - Kostenentscheidung

Der Antrag des BF auf Kostenersatz war zurückzuweisen, da das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz einen solchen nur im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG vorsieht.

3.4. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Bescheidcharakter, Ersatzzustellung, Kostenersatz, Zurückweisung,
Zustellung zu eigenen Handen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W250.2215692.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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