Entscheidungsdatum
24.09.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W241 2221551-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HAFNER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 26.06.2019, Zahl: Islamabad-ÖB/KONS/1251/2019, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. XXXX , über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 03.04.2019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 und 4 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF), eine Staatsangehörige Afghanistans, brachte am 07.02.2019 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: ÖB Islamabad) einen Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums der Kategorie D für eine mehrmalige Einreise und einen Aufenthalt von 180 Tagen ein. Als Hauptzweck der Reise wurde im Antragsformular "Besuch eines Deutschkurses" angegeben. Vor der ÖB gab die BF an, ihren Ehemann besuchen zu wollen. Bei Terminvereinbarung zur Antragstellung bei der ÖB wurde angegeben, dass die BF beabsichtige, die Deutschprüfung A1 abzulegen und einen Antrag auf Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung "Familienangehörige" bei der zuständigen Behörde einzureichen.
Die BF legte bei Antragstellung folgende Unterlagen vor:
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Anmeldebestätigung für einen Deutschkurs von 01.04.2019 bis 09.05.2019
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Tazkira in englischer und deutscher Übersetzung
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Geburtsurkunde
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Heiratsurkunde vom 24.09.2018 mit englischer und deutscher Übersetzung
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Schulzeugnis 2016
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Kopie des Reisepasses des Ehemannes
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Geburtsurkunde des Ehemannes
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Meldezettel des Ehemannes
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Gehaltsabrechnung des Ehemannes von Juni bis Dezember 2018
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Beschäftigungsbestätigung des Ehemannes
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Kreditauskunft des Ehemannes
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Vertrag über den Kauf eines Grundstücks durch den Ehemann und drei weitere Personen
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Auszug aus dem Grundbuch
2. Mit Schreiben vom 26.03.2019, per E-Mail zugestellt am selben Tag, übermittelte die ÖB Islamabad eine Aufforderung zur Stellungnahme binnen einer Frist von einer Woche. Gegen die Ausstellung des beantragten Visums würden folgende Bedenken bestehen:
Die über den Aufenthalt vorgelegten Informationen seien unglaubwürdig. Die Ein- und Ausreisestempel des Ehemannes, mit denen die BF nachzuweisen versuche, dass dieser sie in Afghanistan besucht habe, scheinten gefälscht zu sein, da österreichische Staatsbürger für eine Einreise nach Afghanistan ein Visum benötigen würden. Es sei daher davon auszugehen, dass die BF ihrem Ehemann nie persönlich begegnet und er nicht bei der Eheschließung anwesend gewesen bzw. die Heiratsurkunde gefälscht sei. Die BF habe nicht den Nachweis erbracht, dass sie über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts oder für die Rückkehr in ihren Herkunftsstaat verfüge oder in der Lage sei, diese Mittel rechtmäßig zu erlangen. Sie habe keine Eigenmittel nachgewiesen. Die finanziellen Mittel des Einladers würden nicht ausreichen.
Der BF wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb der genannten Frist diese Bedenken durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
3. In einer Stellungnahme vom 02.04.2019 wurde vorgebracht, dass der Ehemann bei der Eheschließung persönlich anwesend gewesen sei. Hierzu werde auf die beiliegenden Fotos, aber auch auf die Buchungsbestätigung der Flugreise sowie die Flugtickets verwiesen. Ein Einreisevisum sei für in Afghanistan Geborene nicht erforderlich. Es stünden ausreichende Einkünfte zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung. Der Ehemann habe gemeinsam mit Familienangehörigen ein Haus erworben und es sei vereinbart worden, dass der Bruder die Kreditrückzahlungen, der Ehemann aber die Betriebskosten übernehme. Die entsprechenden Belege würden beiliegen. Weiters würden Lohnzettel zum Beweis der ausreichenden finanziellen Mittel übermittelt.
Der Stellungnahme lagen folgende Unterlagen bei:
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Fotos einer Hochzeitszeremonie
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Flugbuchung des Ehemannes Wien - Kabul am 13./14.01.2019 und Kabul
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Wien am 13.02.2019
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Flugbuchung des Ehemannes Wien - Kabul am 01./02.09.2018 und Kabul
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Wien am 04.10.2018
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Flugbuchung der BF Kabul - Islamabad am 29.01.2019 und Islamabad - Kabul am 06.02.2019
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Flugbuchung des Ehemannes Kabul - Islamabad am 29.01.2019 und Islamabad - Kabul am 06.02.2019
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Dauerauftrag des Ehemannes über 62 € monatlich
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Dauerauftrag des Ehemannes über 86 € monatlich
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Dauerauftrag des Ehemannes über 104 € monatlich
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Dauerauftrag des Ehemannes über 103 € monatlich
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Dauerauftrag des Ehemannes über 109 € monatlich
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Dauerauftrag des Ehemannes über 88 € monatlich
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Bestätigung über die Kreditzahlungen des Bruders des Ehemannes
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Gehaltsabrechnungen des Ehemannes von Dezember 2018 bis Februar 2019
4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.04.2019 verweigerte die ÖB Islamabad das Visum mit der Begründung, dass die BF den Nachweis über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthaltes als auch für die Rückkehr in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat nicht erbracht habe. Die nach Abzug der Fixkosten dem Einlader monatlich zur Verfügung stehenden Mittel würden zur Bestreitung des Lebensunterhalts einer weiteren Person nicht ausreichen.
5. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 02.05.2019 Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass die ÖB nicht nachvollziehbar begründet habe, weshalb die ÖB von nicht ausreichenden Einkünften ausgehe. Der Ehemann verdiene 14 Mal jährlich 1 863,24 €. Monatlich würden 552 € an Überweisungen anfallen, sodass 1 584 € zur Sicherung des Lebensunterhalts verbleiben würden. Die BF erfülle daher sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Visums.
6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.06.2019 wies die ÖB Islamabad die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aus der vorgelegten Bestätigung über die Rückführung eines Kredites keinesfalls hervorgehe, dass der Bruder des Ehemannes die Kreditzahlungen übernehme. Die Kreditraten (ein Viertel des aufgenommenen Kredites) plus die monatlichen Fixkosten würden sich auf 1 082,66 € belaufen, dem stehe ein monatliches Einkommen von 2 173,78 € gegenüber. Die monatlich zur Verfügung stehenden Mittel würden somit nur 1 091,12 € betragen und unter den ASVG-Richtsätzen für ein Ehepaar liegen. Die dem Einlader zur Verfügung stehenden Mittel würden nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts einer weiteren Person ausreichen. Auch seitens der BF seien keine finanziellen Mittel nachgewiesen worden.
7. Am 02.07.2019 wurde bei der ÖB Islamabad ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
8. Mit am 22.07.2019 eingelangtem Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die BF, eine Staatsangehörige Afghanistans, stellte am 07.02.2019 bei der ÖB Islamabad einen Antrag auf Ausstellung eines für 180 Tage gültigen Visums der Kategorie D.
1.2. Die BF gab an, ihren angeblichen Ehemann in Österreich besuchen zu wollen. Dieser ist österreichischer Staatsbürger und wurde in Kabul geboren. Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF mit ihrem angeblichen Ehemann in Afghanistan eine rechtsgültige, dem österreichischen ordre public entsprechende Ehe geschlossen hat.
1.3. Der angebliche Ehemann der BF hat keine Elektronische Verpflichtungserklärung (EVE) oder eine sonstige Erklärung, wonach er für die Kosten des Aufenthalts der BF aufkommen werde, abgegeben. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der angebliche Ehemann sämtliche Kosten des Aufenthalts der BF tragen werde.
1.4. Die BF geht in Afghanistan keiner Erwerbstätigkeit nach. Sie hat keine Nachweise über eigenes Einkommen oder sonstige Vermögenswerte erbracht. Sie machte keine Angaben über Familienangehörige im Herkunftsstaat.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellung 1.1. ergibt sich aus dem Verwaltungsakt der ÖB Islamabad.
2.2. Die Feststellung zum angeblichen Ehemann der BF ergeben sich den im Akt aufliegenden Unterlagen. Aus der vorgelegten Heiratsurkunde geht hervor, dass die Ehe am 30.07.2016 in Kabul geschlossen worden sei. Die Ausstellung der Urkunde erfolgte am 24.09.2018. Der Reisepass des angeblichen Ehemannes (ausgestellt im März 2016) weist keine afghanischen Einreisestempel aus dem Jahr 2016 auf und wurden auch sonst keine Unterlagen (etwa Flugbuchungen) für 2016 vorgelegt. Der angebliche Ehemann war also bei der Eheschließung im Jahr 2016 nicht anwesend. Wie schon von der ÖB festgestellt, ist auch die Echtheit der Einreisestempel aus dem Jahr 2018 zweifelhaft, weil österreichische Staatsbürger für die Einreise nach Afghanistan ein Visum benötigen, der Pass aber kein solches Visum aufweist. Das Vorbringen in der Beschwerde, wonach in Afghanistan geborene Personen unabhängig von der Staatsbürgerschaft zur Einreise nach Afghanistan kein Visum benötigen würden, wurde nicht durch Quellenangaben belegt und konnte auch vom erkennenden Gericht keine derartige Bestimmung gefunden werden. Da der angebliche Ehemann bei der Eheschließung somit nicht anwesend war, liegt eine Stellvertreterehe vor, die jedoch dem österreichischen ordre public widerspricht. Hinzu kommt, dass der angebliche Ehemann in der Heiratsurkunde als afghanischer Staatsbürger, wohnhaft in Afghanistan, bezeichnet wird. Es bestehen somit auch begründete Zweifel an der Echtheit bzw. inhaltlichen Richtigkeit der Urkunde. Eine gültige Ehe zwischen der BF und ihrem angeblichen Ehemann kann daher nicht festgestellt werden.
2.3. Im Akt liegt keine EVE oder eine sonstige Verpflichtungserklärung auf und wurde das Vorliegen einer solchen von der BF auch nicht behauptet.
2.4. Im Antragsformular wurde als derzeitige berufliche Tätigkeit der BF "Hausfrau" angegeben. Eigenes Einkommen oder Vermögen wurde weder behauptet noch nachgewiesen. Im Verfahren kamen keine Hinweise auf etwaige Familienangehörige der BF im Herkunftsstaat hervor.
3. Rechtliche Beurteilung:
§§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
§§ 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) lauten wie folgt:
Prüfung der Einreisevoraussetzungen und Risikobewertung
Art. 21 (1) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.
(2) Zu jedem Antrag wird das VIS gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der VIS-Verordnung abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.
(3) Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfüllt, prüft das Konsulat,
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a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;
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b) ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;
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c) ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
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d) ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von
Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist;
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e) ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gültigen Reisekrankenversicherung ist.
(4) Das Konsulat prüft gegebenenfalls anhand der Dauer früherer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zulässige Gesamtaufenthaltsdauer im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht überschritten hat, ungeachtet etwaiger rechtmäßiger Aufenthalte aufgrund eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Aufenthaltstitels.
(5) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.
(6) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein Visum für den Flughafentransit überprüft das Konsulat insbesondere Folgendes: a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist; b) den Ausgangs- und Zielort des betreffenden Drittstaatsangehörigen und die Kohärenz der geplanten Reiseroute und des Flughafentransits; c) den Nachweis der Weiterreise zum Endbestimmungsland.
(7) Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.
DE L 243/12 Amtsblatt der Europäischen Union 15.09.2009
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 21 Abs. 2 Z 4 FPG ist die Erteilung eines Visums zu versagen, wenn der Fremde nicht über ausreichende eigene Mittel für seinen Unterhalt und in den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 1, 3 und 7 für die Wiederausreise verfügt. Die BF hat keine Nachweise über eigenes Einkommen oder Vermögenswerte erbracht. Der angebliche Ehemann hat keine elektronische oder sonstige Verpflichtungserklärung abgegeben, weshalb nicht festgestellt werden kann, dass er für die Kosten der Einreise der BF nach Österreich, des Aufenthalts von 180 Tagen und der Rückreise nach Afghanistan aufkommen werde. Auf die Frage, ob das Einkommen des angeblichen Ehemannes zur Deckung der Kosten des Aufenthalts der BF ausreichend ist, war daher nicht mehr einzugehen. Der Versagungsgrund des § 21 Abs. 2 Z 4 FPG liegt somit vor.
Weiters ist die Wiederausreise der BF in den Heimatstaat nicht als gesichert iSd § 21 Abs. 1 Z 3 FPG anzusehen. Mit diesem Kriterium hat sich der Verwaltungsgerichtshof grundlegend in der Entscheidung vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, auseinandergesetzt. Als wesentlich festzuhalten ist, dass nicht ohne weiteres ("generell") unterstellt werden darf, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin in Österreich unrechtmäßig aufhältig bleiben werden. Es bedarf vielmehr konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung, und die Behörde kann die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem "Generalverdacht" zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig wird daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt sind, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen werde (vgl. VwGH vom 19.03.2014, Zl. 2013/21/0189). Ferner hielt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, fest, dass das Kriterium "Wiederausreise" nunmehr als positive Voraussetzung zur Visumserteilung konzipiert ist und sich sohin ein Verbleiben des Fremden in Österreich über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus als unwahrscheinlich erweisen muss. Zweifel gehen daher zu Lasten des Fremden.
Die BF ist in Afghanistan nicht erwerbstätig. Es wurden im Verfahren keine Angaben zu einer etwaigen sozialen, familiären oder wirtschaftlichen Verwurzelung im Herkunftsstaat erbracht. Hingegen ist die BF seit 2016 (wie oben festgestellt mittels Stellvertreterehe) mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet und plant während der maximal zulässigen Aufenthaltsdauer eines Visum D den Besuch eines Deutschkurses und die Beantragung einer Niederlassungsbewilligung "Familienangehöriger". Auf Grundlage dieser Tatsachen ist die Wiederausreise der BF nicht nur als nicht gesichert, sondern vielmehr als äußerst unwahrscheinlich anzusehen. Gegenständlich liegt also auch der Versagungsgrund des § 21 Abs. 1 Z 3 FPG vor.
Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass die BF offenbar eine dauerhafte Niederlassung in Österreich anstrebt. Es wurde von ihr jedoch bislang kein Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß dem 6. Hauptstück des NAG bei der Vertretung der Behörde im Ausland gestellt. Für derartige Sachverhaltskonstellationen ist die eigens vorgesehene Möglichkeit zur Beantragung von Aufenthaltstiteln verbunden mit einem Visum zur Einreise vorgesehen, welches im Falle eines positiven Ausganges die Erteilung eines zur Einreise berechtigendes Visum der Kategorie D zur Folge hätte. Der bloße Antrag auf Erteilung eines Visums D ohne entsprechenden Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels zunächst vom Ausland aus kann nicht zu dem von der BF gewünschten Erfolg führen. Diesbezügliche Informationen werden auch im Internet vom BMEIA (Außenministerium) erteilt, wo eigens darauf verwiesen wird, dass D-Visa u.a. zur Abholung eines Aufenthaltstitels erteilt werden und dass ein Aufenthaltstitel zu beantragen sei, wenn ein Aufenthalt von mehr als 6 Monaten geplant sei.
Im Ergebnis ist der Botschaft zu folgen, wenn diese aufgrund des vorliegenden Akteninhalts zu dem Schluss gelangte, dass in casu die Erteilung eines Visums zu versagen ist.
Im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt hat die Behörde mit der Feststellung des Vorliegens der genannten Gründe für die Verweigerung des Visums dem ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten, daher war die Erteilung des Visums aus den oben genannten Gründen zu verweigern.
Der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung steht der klare Wortlaut des § 11a Abs. 2 FPG entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Einreisetitel, finanzielle Mittel, Nachweismangel, WiederausreiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W241.2221551.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.04.2020