Entscheidungsdatum
18.10.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W195 2129025-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , Rechtsanwalt in XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen einer Erstbefragung am selben Tag gab der BF zu seinen Fluchtgründen an, er werde als Obmann der JUBO Dal (BNP) des Gemeindeverbands XXXX aufgrund seiner politischen Gesinnung von der Sicherheits- und Justizbehörde verfolgt. Es sei gegen ihn eine fingierte Anzeige wegen eines Verstoßes gegen das Sprengmittelgesetz erstattet worden. Einen Tag vor seiner Ausreise sei ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt worden.
I.2. Am XXXX wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.
Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, er sei seit XXXX Mitglied der BNP, XXXX der Jubo-Dall geworden und im Jänner XXXX in der XXXX als Vorsitzender gewählt worden. Im März XXXX sei er aufgrund von Vorbereitungsarbeiten für einen Besuch der Parteivorsitzenden mit dem Motorrad zwischen zwei Orten gependelt und sei dabei von Anhängern der Chatro-League aufgehalten und damit bedroht worden, dass er umgebracht werde, wenn er ihnen nicht beitrete. Der BF sei daraufhin geschlagen und getreten worden. Aufgrund der Schreie des BF seien die Einwohner auf den BF aufmerksam geworden und zum Tatort gekommen, weswegen die Angreifer von ihm abgelassen hätten. Er sei ins Spital gebracht und dort behandelt worden. Höhere Parteimitglieder hätten wegen des Übergriffs Anzeige erstattet, weswegen die Polizei den BF befragt habe. Er habe jedoch keine Aussage zu den Tätern machen können, da deren Gesichter verdeckt gewesen seien. Die Polizei habe ihm zwar versichert, dass sie dem Fall nachgehen würde, als er zwei Tage später zur Polizeistation gegangen sei, sei ihm jedoch mitgeteilt worden, dass sie keinen Verdacht und keine Spuren hätten.
Der BF sei danach wieder seinen politischen Tätigkeiten nachgegangen und bis XXXX habe es keine größeren Probleme gegeben. Im Rahmen einer Protestaktion gegen die Wahlen XXXX sei die Demonstration von den Anhängern der Chatro-League attackiert worden. Er selbst sei nicht verletzt worden, aber als Vorsitzender für die Sicherheit und die Behandlung der anderen zuständig gewesen. Danach sei die Polizei regelmäßig zu ihm nach Hause gekommen, um zu kontrollieren, ob der BF Protestaktionen organisiere. Aufgrund dieser Belästigungen habe er nicht zu Hause leben können und habe in einer Speisekammer gewohnt. Eines Tages habe er gehört, dass die Polizei wieder geklopft habe, woraufhin er aus Angst aus einem Fenster aus der Speisekammer geflüchtet sei. In dieser Nacht seien mehrere Anhänger seiner Partei verhaftet worden, da am nächsten Tag ein Protest geplant gewesen sei. Am XXXX habe er einen Anruf seines Bruders erhalten, der ihm mitgeteilt habe, dass die Polizei zu Hause sei und den BF suche. Er werde beschuldigt, dass er Giftstoffe und Explosivstoffe verwendet habe, wobei es sich um eine politisch motivierte Strafverfolgung handle, da er damit nie etwas zu tun gehabt habe. Nach Einleitung des Strafverfahrens, habe sich der BF nicht mehr sicher gefühlt und sei mit dem Bus in die Hauptstadt geflüchtet, wo er bei einem Freund Zuflucht gefunden habe. Am XXXX sei ein Haftbefehl gegen den BF ausgesprochen worden, weswegen er sich im ganzen Land nicht mehr sicher gefühlt und das Land verlassen habe.
Als Beilage zur Niederschrift wurden diverse Fotos, die sein politisches Engagement belegen sollen, Unterlagen zu seinem Strafverfahren und Deutschkursbestätigungen genommen.
I.3. Das BFA übermittelte die vom BF vorgelegten Dokumente an die Staatendokumentation mit dem Ersuchen, deren Echtheit zu prüfen. Außerdem sollte die Mitgliedschaft des BF in der BNP verifiziert werden. Die Überprüfung ergab, dass es sich bei den vorgelegten Dokumenten um Fälschungen handle und ihm keine strafrechtliche Verfolgung drohe. Es habe auch keine politische Betätigung bei der BNP festgestellt werden können.
I.4. Am XXXX wurde der BF - nachdem er zuvor zu einer Einvernahme unentschuldigt nicht erschienen war - neuerlich vom BFA einvernommen. Mit dem Untersuchungsergebnis konfrontiert, gab er an, dass die Untersuchungen falsch seien und der die Recherchen durchführende Vertrauensanwalt Geld verlangt habe.
I.5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX , zugestellt durch Hinterlegung am XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.
I.6. Am XXXX erhob der BF durch seinen im Spruch genannten Vertreter Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit und beantragte, den Bescheid zu beheben und dem BF Asyl beziehungsweise subsidiären Schutz zu gewähren, in eventu den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückzuverweisen, in eventu dem BF einen "Aufenthaltstitel plus" zu erteilen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufs wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass die Schlussfolgerungen des BFA weder nachvollziehbar noch mit den Beweisergebnissen in Einklang zu bringen seien. Das BFA habe unterlassen zu untersuchen, ob der BF in seinem Heimatland gesucht werde, auch wenn er in den vorgelegten Unterlagen nicht namentlich genannt werde. Entgegen der Ansicht des BFA habe der BF seine Verfolgung glaubhaft gemacht, zumal er sich in seiner Aussage nicht widersprochen habe.
I.7. Mit Schreiben vom XXXX legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
I.8. Am XXXX kam es zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Im Zuge dieser Verhandlung konnte der BF sowohl seine persönliche gegenwärtige Situation als auch seine Fluchtgründe umfassend und vollständig ausführen.
Hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens führte der BF aus, dass seine Familie (Eltern, ein Bruder, eine Schwester) in Bangladesch leben; zwei Brüder würden in Malaysia, ein Bruder in Saudi-Arabien leben. Er vermisse seine Familie und bezeichnete den Wohnort seiner Eltern als "zu Hause". Kontakt halte er "2-3 Mal in der Woche". In Österreich habe er keine Verwandten, seine engsten Freunde seien "Nikolas", ein Afrikaner, "Mario" aus Polen und "Paula" aus Österreich. Er sei ledig, habe keine Kinder und würde auch nicht in einer Beziehung leben; er würde lediglich von der Caritas unterstützt. Hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse musste der Richter feststellen, dass eine Konversation in deutscher Sprache nur sehr schwer möglich war, weil der Sprachwortschatz sehr begrenzt war. Die Verständlichkeit der Antworten erfolgte nicht in vollen Sätzen und musste seinen Antworten mit großer Aufmerksamkeit begegnet werden.
Hinsichtlich seiner (beruflichen) Aussichten in Österreich unterstrich der BF, dass er im "Gebäudebau" bzw auf einer "Baustelle" als Baumeister tätig sein wolle. In Bangladesch würde man ein Jahr benötigen, um als "Baumeister" anerkannt zu werden. Der Hinweis des vorsitzenden Richters, dass in Österreich diesbezüglich eine mehrjährige Ausbildung erforderlich sei und entpsrechende Prüfungen zu absolvieren seien, wurden vom BF de facto insoferne ignoriert, als er daran festhielt, indem er ausführte, dass der Beruf "Baumeister" sein Traum wäre. Befragt, warum er dann nicht in Bangladesch, wo man behaupteterweise lediglich ein Jahr Ausbildung benötigen würde ("wenn man ein Jahr lang ein Training macht, wird man so zu sagen Meister"), diesen Beruf ergriffen habe, konnte der BF nicht schlüssig erklären. Vielmehr verwies er darauf, dass er in Bangladesch seinem Vater und seinem Bruder "im Handel" helfen musste (BVwG VS S 6). Er hatte somit - außerhalb seines Familienverbandes - keinen Beruf ausgeübt.
Zu seinen Fluchtgründen befragt hielt der BF daran fest, dass er aus politischen Gründen verfolgt würde. Er sei Mitglied der Jubo-Dal, einem Zweig der BNP. Seine ganze Familie würde zu dieser politischen Richtung tendieren.
Er selbst sei XXXX - somit mit XXXX Jahren - zum "Präsident" der Jubo-Dal im Gemeindebezirk gewählt worden. Nach einer Demonstration sei er am XXXX in der Nacht - um 02:00 - von maskierten Personen auf der Heimfahrt mit seinem Motorrad attakiert worden. Es seien diese Personen Mitglieder der Awami League bzw. der Chattro-Dal gewesen.
Im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG musste der BF zugeben, dass er die Personen der behaupteten Überfalles nicht wirklich identifizieren konnte, somit auch seine Vermutung hinsichtlich der Verfolgung durch Mitglieder der Awami - League oder der Chattro Dal nicht gesichert aufrechterhalten konnte sondern dies lediglich als Vermutung darstellte.
Als falsch und widersprüchlich enttarnten sich hingegen die Aussagen des BF zum Besitz einer "Votar-Card". Nach Vorhalt hinsichtlich seiner Aussagen vor dem BFA vom September XXXX musste der BF eingestehen, dass er vor dem BVwG nicht die Wahrheit gesagt hatte.
Nicht wesentlich anders verhielt es sich hinsichtlich der Aussagen des BF zu dem Vorhalt, dass seine vorgelegten Unterlagen hinsichtlich eines Strafverfahren vom Vertrauensanwalt der Republik Österreich falsifiziert worden waren. Zwar versuchte der BF darzustellen, dass der Vertrauensanwalt versucht habe, durch Geldzuwendungen - konkret 250.000 Taka - eine andere Beurteilung abzugeben, aber seine Behauptungen blieben sonst allgemein und nicht detailliert. Tatsächlich behauptete der BF, er wäre gerne bereit auf seine Kosten zusätzliche Urkunden vorzulegen. Wenn das Gericht "noch andere Papiere bezüglich den Haftbefehl möchte, müsste ich diese besorgen".
Die politischen Kenntnisse des BF waren auch in der Verhandlung vor dem BVwG rudimentär. Befragt hinsichtlich der Gesetzgebung führte der BF lediglich allgemeine, seine Unwissenheit übertünchende Antworten aus. Es sei "das wichtigste in der bengalischen Verfassung". Ohne Gesetz "kann ein Land nicht kontrolliert oder geführt werden. In jedem Land gibt es ein Gesetz. Aber das Gesetz in Bangladesch ist im Vergleich zu den anderen Ländern gänzlich anders. Es ist in Bangladesch so, dass der, der in die Regierung kommt Gesetze macht wie er will. Die was in der Regierung sind machen Gesetze so, damit man dadurch der Oppositionspartei Vorwürfe machen kann".
Eigenwillig waren hingegen die Vorstellungen des BF zum Rechtsstaat selber. Es sei nicht "gerecht", dass eine "78 Jahre alte dreimalige ehemalige Premierministerin für 20 Millionen Taka für 7 Jahre ins Gefängnis müsse". Wenn für diese Person das Gesetz schon so hart sei, wie hart sei es dann für Leute wie den BF. Er müsste derzeit erwarten, dass er im Falle einer Rückkehr am Flughafen festgenommen werden würde. Wenn jedoch die BNP an der Macht wäre, würde er natürlich nicht festgenommen werden.
Weitergehende Unterlagen, welche den Standpunkt des BF untermauern würden, wurden nicht vorgelegt und konnte er die Ausführungen im angefochtenen Bescheid im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG nicht erschüttern.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen
Lebensumständen in Österreich:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali (AS 7, 114). Seine Identität mangels entsprechender Dokumente kann nicht festgestellt werden.
Der BF ist im Dorf XXXX im Bezirk XXXX im Distrikt XXXX geboren und bei seinen Eltern aufgewachsen (AS 11, 111). Der BF hat in seinem Heimatland zwölf Jahre die Schule besucht (AS 7, 114). Der BF verkaufte in Bangladesch selbstständig Arzneimittel (AS 7) bzw. arbeitet im Handel für seinen Vater und seine Brüder (BVwG VS).
In Bangladesch halten sich die Mutter, der Vater, eine Schwester und ein Bruder des BF auf (AS 9, 112). Weitere Brüder des BF leben in Saudi-Arabien und in Malaysia (AS 112, ebenso BVwG VS). Der in Bangladesh lebende Bruder des BF ist im Schnur- und Wollhandel tätig, der in Saudi-Arabien lebende Bruder ist ebenfalls im Handel tätig und finanziert die Eltern des BF (AS 112). Die Familie verfügt in der näheren Umgebung des Heimatdorfs des BF über 30 Kani Grundstücksbesitz (das entspricht in etwa der Größe der Donauinsel). Die darauf befindliche Landwirtschaft ist verpachtet, wobei der monatliche Pachtzins 200.000 Taka beträgt (AS 113). Der Familie in Bangladesch, zu der er in Kontakt steht, geht es finanziell gut (AS 113), nach Angaben vor dem BVwG mittelmäßig (BVwG VS). Neben seiner Kernfamilie leben weitere Tanten, Onkel und Cousins im Heimatdistrikt des BF (AS 114).
Der BF ist ledig und hat keine Kinder (AS 114, BVwG VS). Er ist in Österreich weder Mitglied in einem Verein noch betätigte er sich ehrenamtlich (AS 122). Er besuchte Deutschkurse und hat die Prüfung auf dem Niveau A2 nicht bestanden (AS 133), bemüht sich jedoch um weitere Abschlüsse (BVwG VS). Der BF setzte außer dem Besuch von Deutschkursen keine Integrationsschritte, sondern verbringt seine Freizeit alleine zu Hause (AS 122) bzw mit wenigen Freunden aus verschiedensten Kulturbereichen (BVwG VS). Der BF ist strafrechtlich unbescholten und bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Der BF ist gesund (AS 111, BVwG-VS).
I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Festgestellt wird, dass der BF behauptete Mitglied der BNP und ab XXXX Vorsitzender der Jubo-Dall seines Bezirks gewesen zu sein. Weiters wird festgestellt, dass er angab, er sei deswegen geschlagen worden und es sei gegen ihn ein politisch motiviertes Strafverfahren eingeleitet worden.
Festgestellt wird, dass der BF behauptet, von Mitgliedern der Awami League bzw. Chattro Dal überfallen worden zu sein; die Täter jedoch infolge Vermummung nicht erkennen konnte bzw. diese auch keine politischen Abzeichen oder dergleichen trugen. Der BF konnte nicht glaubwürdig darlegen, dass er tatsächlich aus politischen Gründen überfallen wurde.
Festgestellt wird, dass der BF über Kenntnisse des politischen Systems in Bangladesch lediglich rudimentär, hinsichtlich der BNP ausreichend verfügt. Festgehalten wird weiters, dass der BF vor dem BVwG hinsichtlich der Vorlage seiner "Votar-Card" einer unwahren Aussage überführt wurde.
Gleichfalls wird festgestellt, dass der BF falsche Angaben zum Parteibüro in seinem Heimatdistrikt machte. Weiters wird festgestellt, dass die Glaubwürdigkeit des BF durch das Ergebnis der Nachforschungen des Vertrauensanwalts massiv erschüttert wurde. Es wird daher festgestellt, dass der BF weder Mitglied der BNP noch Vorsitzender der Jubo-Dall war oder ist. Es wird daher auch festgestellt, dass der BF nicht aufgrund seiner politischen Tätigkeiten körperlich angegriffen wurde.
Festgestellt wird, dass der BF versuchte, die Glaubwürdigkeit des Vertrauensanwaltes durch behauptete Korruptionsvorwürfe zu erschüttern. Gleichzeitig wird festgehalten, dass der BF selbst bereit wäre auf eigene Kosten zusätzliche Unterlagen "zu besorgen". Plausibel konnte er jedoch nicht darlegen, weshalb er dies nicht getan hat. Festgestellt wird, dass die Glaubwürdigkeit auch dadurch massiv erschüttert wurde, indem der BF behauptete, der die Recherche durchführende Vertrauensanwalt hätte ihn über seinen Bruder erpresst.
Der BF legte einen Haftbefehl vor, auf dem die Namen ausgetauscht wurden. Es wird daher festgestellt, dass dieser Haftbefehl nicht authentisch ist und der BF keine konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgung aus politischen Gründen zu befürchten hat. Nicht festgestellt werden kann eine konkrete politische Verfolgung des BF in Bangladesch.
Festgestellt wird, dass der BF eine weitere Anzeige vorlegte, aus der hervorgeht, dass gegen den BF ein Strafverfahren in Bangladesch anhängig ist. Er steht im Verdacht unrechtmäßig Geld gefordert zu haben, gewaltsam Geld genommen zu haben und das Opfer körperlich angegriffen zu haben. Es wird festgestellt, dass diese Anzeige authentisch ist und das ein Strafverfahren gegen den BF in Bangladesch anhängig ist. Dies ist jedoch keine politisch motivierte Verfolgung. Es wird festgestellt, dass der BF im gesamten Verfahren keine Angaben zu diesem Strafverfahren tätigte.
Es wird festgestellt, dass im Falle einer Rückkehr der BF keiner unmittelbaren willkürlichen staatlichen Bedrohung ausgesetzt ist.
Festgestellt wird, dass der BF versucht durch eine einseitige Darstellung politischer Zusammenhänge eine persönliche Verfolgung zu konstruieren, welche seiner behaupteten Stellung als politischer Funktionär auf Gemeindeebene nicht adäquat wäre.
Es wird festgestellt, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erlangt wurde.
Es wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung rechtens und eine Abschiebung des BF zulässig ist. Es liegen keine Gründe vor, die eine längere Frist als 14 Tage zur freiwilligen Ausreise rechtfertigen würden.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
Politische Lage:
Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People' s Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).
Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).
Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die "junge Generation" übergeben wolle (DW 14.2.2019).
Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).
Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt. (HRW 13.12.2018). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).
2014 trat die BNP aus Protest gegen Verfahrensfehler bei der Organisation der Wahlen nicht zur Wahl an und forderte die Bevölkerung, ihre eigenen Parteimitglieder und Wähler zu einem Generalstreik (Hartal) auf. Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).
Durch Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren. Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 12.2018).
Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL in 176 Bezirken als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016). Die kommenden Kommunalwahlen werden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 stattfinden (bdnews24 3.2.2019). Am ersten Wahltermin wurden in den 78 Upazilas eine geringe Wahlbeteiligung beobachtet. Die Wahl wird von der BNP und einigen anderen Parteien boykottiert (DS 10.3.2019).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018):
Bangladesch - Innenpolitik,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322, Zugriff 7.3.2019
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote,
https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 7.3.2019
* bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase,
https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019
* BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019
* BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019
* DS - Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053, Zugriff 11.3.2019
* DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,
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* DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3
by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 11.3.2019
* DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019
* DW - Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 7.3.2019
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* Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results,
https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 7.3.2019
* NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019
* ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 7.3.2019
* RW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 7.3.2019
* WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019,
http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019
Sicherheitslage:
Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League und die Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).
Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).
Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).
Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z. B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).
In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017 griff eine aufgebrachte Menschenmenge indigene Bewohner der Stadt Langadu im Bezirk Rangamati Hill an und tötete dabei mindestens eine Person. Außerdem wurden Hunderte Häuser niedergebrannt. Berichten zufolge unternahmen Polizisten und Soldaten nichts, um die indigenen Bewohner zu schützen (AI 23.5.2018). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox's Bazar der Division Chittagong, hat es zuletzt in bzw. in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Am 21. Februar 2019 wurden dabei auch ausländische Journalisten angegriffen (AA 25.2.2019).
An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKHO 28.2.2019).
In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 25.2.2019). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 27.10.2017). Die Kriminalität hat ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 14.12.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (25.2.2019):
Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 27.2.2019
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018):
The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019
* AI - Amnesty International (23.5.2018): Bangladesch 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bangladesch, Zugriff 5.3.2019
* BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (14.12.2018): Bangladesch - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 6.3.2019
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* UKHO - UK Home Office (28.2.2019): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 6.3.2019
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Rechtsschutz/Justizwesen:
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen "Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem "High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem "Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 12.2018).
Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 12.2018). Gemäß einer Verfassungsänderung hat das Parlament seit 2014 das Recht, oberste Richter abzusetzen (USDOS 20.4.2018).
Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB 12.2018).
Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 12.2018). Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2018). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 9.1.2019).
Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftliche Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 12.2018).
Quellen:
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019):
Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka] on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 6.3.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Sicherheitsbehörden:
Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und andere Sicherheitsbehörden. Die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen; sie werden aber nicht immer angewandt (USDOS 20.4.2018).
Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 27.10.2017). Misstrauen gegenüber der Polizei und anderen Sicherheitsdiensten hält viele Bürger davon ab, Unterstützung zu suchen oder Verbrechen anzuzeigen. Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 20.4.2018). Trotz dieser Bemühungen kommt es weiterhin zu Machtmissbrauch und unangebrachter Gewaltanwendung von Sicherheitskräften, insbesondere durch die Rapid Action Batallions (RAPs), die in weiterer Folge ungestraft bleiben (ÖB 12.2018).
Es gibt Hinweise auf willkürliche Festnahmen durch die Polizeikräfte, obwohl dies gesetzlich verboten ist, sowie auf willkürliche Nutzung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen. Die Festnahme ohne Angabe von Gründen ist für bis zu 30 Tagen zur Verhinderung von Taten, die die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden, erlaubt. Die Arretierten haben kein Recht auf einen Verteidiger. Die hauptsächlich Betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben. Nach wie vor problematisch ist auch die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Gegenwärtig geht man von über 2 Millionen ausständigen Zivil- und Strafverfahren aus (ÖB 12.2018).
Die Sicherheitskräfte lassen Personen weiterhin routinemäßig "verschwinden". Bei den Opfern handelte es sich zumeist um Anhänger der Opposition. Folter und andere Misshandlungen waren noch immer weit verbreitet, die Behörden gingen entsprechenden Anzeigen jedoch nur selten nach (AI 23.5.2018; siehe auch Abschnitt 6.). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 27.10.2017).
Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung (ÖB 12.2018):
Rapid Action Batallions (RABs): Es gibt 14 RABs mit insgesamt ca.
8.500 Mann, die ebenfalls dem Innenministerium unterstellt sind. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen. Die RABs sind hauptsächlich in urbanen Zentren stationiert, rekrutieren sich hauptsächlich aus Polizei und Armee, sind gut ausgebildet und mit moderner Ausrüstung versehen (ÖB 12.2018; vgl. RAB o.D.). Ihnen werden schwere menschenrechtliche Verstöße wie z. B. extralegale Tötungen zugeschrieben (AA 27.10.2017). Die RABs verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Toten durch Schießereien führt. Sie werden auch bei Demonstrationen eingesetzt, wobei exzessive Gewalt, Gummigeschosse aber auch scharfe Munition gegen Demonstranten zum Einsatz kam, welche wiederholt Todesopfer forderten. Es kam trotz zahlreicher Verhaftungen noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen gegen Mitglieder der RABs (ÖB 12.2018). Trotz Vorwürfen von Verstößen, einschließlich einer Audioaufzeichnung einer außergerichtlichen Hinrichtung durch Mitglieder des RAB, haben die Behörden es versäumt, die Verantwortlichen auszuforschen und zu verfolgen (HRW 17.1.2019).
Bangladesh Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB 12.2018).
Bangladesh Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Home Ministry, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB 12.2018).
Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" à 32 Personen geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sog. Town Defence Parties (ÖB 12.2018).
Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 27.10.2017).
Die Zivilbehörden haben eine effektive Kontrolle über das Militär und die Regierung verfügt über die notwendigen Mechanismen, um Missbrauch und Korruption zu ahnden. Allerdings macht sie hiervon immer weniger Gebrauch. Faktisch hat der Sicherheitsapparat ein Eigenleben entwickelt, das kaum mehr von der Regierung kontrolliert wird (AA 27.10.2017).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002245.html, Zugriff 7.3.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* RAB - Rapid Action Battalion Bangladesh (o.D.): Contact Us, http://www.rab.gov.bd/english/contact-us/, Zugriff 11..2019
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Folter und unmenschliche Behandlung:
Obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, durch die Verfassung und Gesetze verboten sind, gibt es weiterhin Vorwürfe von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte und Geheimdienste (USDOS 20.4.2018). Im Fokus der Kritik bezüglich Folter wie auch extralegaler Tötungen stehen dabei insbesondere die Angehörigen der Rapid Action Battalions (RAB) (ÖB 12.2018). Die Behörden gehen entsprechenden Anzeigen nur selten nach. Das Gesetz zur Verhinderung von Folter und Tod in Gewahrsam (Torture and Custodial Death Prevention Act) aus dem Jahr 2013 wird aufgrund mangelndem politischen Willen und Unkenntnis der Strafvollzugsbehörden unzureichend umgesetzt (AI 23.5.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Missbrauch durch Sicherheitsbeamte bleibt weitgehend straflos (USDOS 20.4.2018).
Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt.
Sicherheitsbehörden wenden Bedrohungen, Schläge, Kneecapping [Anm.:
Schüsse ins Bein oder Knie] und Elektroschocks sowie manchmal Vergewaltigungen und andere sexuelle Übergriffe an, um Informationen von mutmaßlichen Aufständischen und Oppositionellen zu erlangen (USDOS 20.4.2018). Zahlreiche Fälle von Folter und unmenschlicher Behandlung erscheinen politisch motiviert und manchmal werden Familienmitglieder von politischen Gegnern zu Opfern (HRW 17.1.2019). Doch auch vulnerable Gruppen und normale Bürger sind von Folter betroffen (OMCT 26.6.2018).
Gemäß der bangladeschischen NGO Odhikar starben im Jahr 2017 13 Personen an den Folgen von Folter; weiters werden für 2017 155 Fälle von außergerichtlichen Tötungen und 86 Fälle von erzwungenem Verschwindenlassen berichtet (Odhikar 12.1.2018).
Trotz internationaler Verpflichtungen hat Bangladesch bisher keine Schritte zur Etablierung eines effektiven Opfer- und Zeugenschutzes getätigt und auch keine Prozeduren eingeleitet, die es Opfern ermöglicht, ihr Beschwerderecht ohne Angst vor Vergeltung wahrzunehmen. Folteropfer und deren Familien werden nach Anzeigen gegen Sicherheitsbeamte häufig bedroht und in vielen Fällen wird ihnen Geld angeboten, damit sie die Beschwerde zurückziehen. In den wenigen Fällen, die vor Gericht gelangen, sind die Opfer mit einem dysfunktionalen und parteiischem Justizsystem konfrontiert (OMCT 26.6.2018). In Einzelfällen kam es aber zu Verurteilungen (AA 27.10.2017).
Quellen:
• AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
• AI - Amnesty International (23.5.2018): Bangladesch 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bangladesch, Zugriff 5.3.2019
• HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002245.html, Zugriff 27.2.2019
• ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
• Odhikar (12.1.2018): Bangladesh Annual Human Rights Report 2017, http://odhikar.org/wpcontent/uploads/2018/01/Annual-HR-Report-2017_English.pdf, Zugriff 1.3.2019
• OMCT - World Organisation Against Torture (26.6.2018): Bangladesh:
Torture prevails due to deeply rooted culture of impunity, http://www.omct.org/statements/bangladesh/2018/06/d24943/, Zugriff 6.3.2019
• USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Korruption:
Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 27.10.2017; vgl. LIFOS 25.2.2019). Der Vorsitzende der Antikorruptionsbehörde, Iqbal Mahmood, wird mit den Worten zitiert, die Korruption habe ein solches Ausmaß erreicht, dass er ratlos sei, wie er sie reduzieren könne (AA 27.10.2017). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2018 den 149. Platz unter 180 untersuchten Staaten, das ist eine Verschlechterung von sechs Plätzen im Vergleich zum Jahr 2017 (143/180) (TI 29.1.2019).
Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen. Wohlhabenden oder in den großen Parteien verankerten Personen stehen die Möglichkeiten des ineffizienten und korrupten Justizsystems offen. Das Ausmaß der Korruption stellt jedoch sicher, dass auch Opfer staatlicher Verfolgung davon profitieren können (ÖB 12.2018).
Laut Transparency International haben im Jahr 2015 47 % der befragten Haushalte und 49 % der befragten Unternehmen Bestechungsgeld gezahlt (TI 30.5.2016). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NGOs genießen den besten Ruf (AA 27.10.2017).
Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC). Diese wird seitens der deutschen Botschaft Dhaka jedoch als "eher zahnloser Papiertiger" sowie "reines Aushängeschild" beurteilt (ÖB 12.2018). Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die ACC der Korruption verdächtigte Beamte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 27.10.2017). Im Gegenzug