TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/18 I421 2170792-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.11.2019
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Entscheidungsdatum

18.11.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I421 2170798-1/17E

I421 2170792-1/13E

I421 2170803-1/13E

I421 2170795-1/12E

I421 2170800-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerden des XXXX (alias XXXX), geb. XXXX (alias XXXX), StA. IRAK, der XXXX (alias XXXX), geb. XXXX (alias XXXX), StA. IRAK, der XXXX (XXXX), geb. XXXX (alias XXXX), StA. IRAK, der XXXX (alias XXXX), geb. XXXX (alias XXXX), StA. IRAK und der XXXX (auch XXXX), geb. XXXX, StA. IRAK, die minderjährigen Beschwerdeführerinnen gesetzlich vertreten durch XXXX, alle vertreten durch RA Mag. Dr. Alfred POFERL, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2017, ZI. 1077158807/150816674, 1077159303/150816640, 1077159902/150822321, 1077160108/150822356 und 1077160304/150822385, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.06.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide werden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Verfahren des am XXXX geborenen Erstbeschwerdeführers und der am XXXX geborenen Zweitbeschwerdeführerin sowie ihrer Kinder (der am XXXX geborenen Drittbeschwerdeführerin, der am XXXX geborenen Viertbeschwerdeführerin und der am XXXX geborenen Fünftbeschwerdeführerin), sind im Sinne des § 34 AsylG 2005 gemeinsam als Familienverfahren zu führen.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin stellten nach illegaler Einreise in Österreich am 08.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Für die Drittbeschwerdeführerin, die Viertbeschwerdeführerin und die Fünftbeschwerdeführerin stellte die Zweitbeschwerdeführerin am selben Tag ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz.

Am selben Tag wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einvernommen. Zu ihrem Fluchtgrund befragt gaben sie an, dass ihre gesamte Familie im Irak mit dem Umbringen bedroht worden sei und sie aus Angst um ihr Leben den Irak verlassen haben.

In einer niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 07.04.2017 gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er und sein Bruder Probleme bekommen haben, da sie als Sunniten bei der britischen und der amerikanischen Armee gearbeitet haben und Sunniten in Al-Basra in der Minderheit gewesen seien. Sie seien 2008 beschuldigt worden eine Person der schiitischen Al-Madhi Gruppierung getötet zu haben, das Haus ihrer Eltern sei attakiert und nach ihnen gesucht worden. Daraufhin seien sie nach Al-Faw zu ihrer Oma geflüchtet, weil sie ansonsten getötet worden wären und haben dort als Fischverkäufer bis 2011 gelebt. Dann seien sie von der Gruppierung erneut aufgefunden worden und er sei mit seiner Familie nach Abu Alkasib gegangen, wo er sich 2012 ein Haus gekauft habe. 2014 habe er dann einen Drohbrief erhalten und sein Haus sei überfallen worden. Man habe nach ihm gesucht, aber er sei in der Arbeit gewesen. Die Al-Madhi Gruppierung habe immer noch nach ihm gesucht und er habe sich bei einem Freund in Alkese in der Provinz Al-Basra versteckt. Auch seine Frau und seine Kinder seien zu dem Freund gekommen und sie haben gemeinsam das Land verlassen. Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte, dass sie und ihre Kinder keine eigenen Fluchtgründe haben würden, sondern sich auf jene ihres Ehemannes beziehen würden.

In der Folge wurden die Anträge der Beschwerdeführer mit den im Spruch genannten Bescheiden des BFA vom 08.08.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde den Beschwerdeführern der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde ihnen eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 08.08.2018 erteilt. Zusammenfassend wurde angeführt, dass gegenständlich keine asylrelevanten Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden konnten und nicht festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdeführer im Irak bedroht worden seien. Aufgrund der unruhigen Lage in der Provinz Al-Basra und des fehlenden sozialen Netzwerkes lägen jedoch die Vorraussetzungen zur Gewährung des subsidiären Schutzes vor.

Gegen Spruchpunkt I. der im Spruch genannten Bescheide wurde fristgerecht am 08.09.2017 Beschwerde erhoben. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die angefochtene Bescheide hinsichtlich Spruchpunkt I. beheben und den Beschwerdeführern Asyl gemäß § 3 AsylG 2005 gewähren; zur gebotenen Ergänzung des mangelhaft gebliebenen Ermittlungsverfahrens gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen; in eventu die angefochtenen Bescheide hinsichtlich Spruchpunkt I. beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen.

Mit Schriftsatz vom 13.09.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 15.09.2017, legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

Aufgrund einer Änderung in der Geschäftsverteilung wurde die Rechtssache mit 25.09.2018 der Gerichtsabteilung I421 des erkennenden Richters zugeteilt.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 13.06.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der die Beschwerdeführer und ihre Rechtsvertretung teilnahmen. Zunächst wurde ein Brief in arabischer Sprache vorgelegt. Der Rechtsvertreter erklärte, dass die Beschwerdeführer mit diesem Schreiben aufgefordert worden seien ihr Haus zu verlassen, da dieses ansonsten zerstört und die Familie getötet worden wäre. Aufgrund dieses Schreibens bestehe für die Beschwerdeführer im Irak akute und konkrete Gefahr von Leib und Leben. Der Erstbeschwerdeführer gab im Zuge der Einvernahme an, dass er im Falle einer Rückkehr getötet werden würde, da man ihn als Verräter bzw. als Spion betrachten würde, als Sunniten würden sie im Süden verfolgt. Dreiviertel der Sunniten in Basra seien bereits getötet worden. Die Zweitbeschwerdeführerin schilderte diesbezüglich, wie sie eines nachts von der schiitischen Miliz bedroht worden sei, welche auf der Suche nach ihren Mann, der sich zu diesem Zeitpunkt bei der Arbeit befunden habe, gewesen sei. Man habe daraufhin besagten Brief hinterlassen und sie habe ihren Mann gesagt, dass er nicht nach Hause kommen solle. Sie selbst habe keine Probleme im Irak gehabt. Nach diesem Vorfall haben sie den Irak verlassen, auch ein Bruder des Erstbeschwerdeführers sei aufgrund von Problemen mit der Miliz nach Österreich geflüchtet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Republik Irak. Es handelt sich bei den Beschwerdeführern um einen volljährigen Mann (Erstbeschwerdeführer), seine volljährige Frau (Zweitbeschwerdeführerin) sowie ihre drei minderjährigen Kinder (Drittbeschwerdeführerin, Viertbeschwerdeführerin und Fünftbeschwerdeführerin).

Die Identitäten der Beschwerdeführer stehen fest.

Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin, die Drittbeschwerdeführerin, die Viertbeschwerdeführerin und die Fünftbeschwerdeführerin halten sich seit spätestens 08.07.2015 in Österreich auf.

Die Beschwerdeführer sind Moslems sunnitischen Glaubens und gehören der Volksgruppe der Araber an.

Die Beschwerdeführer stammen aus Basra, im Süden Iraks. Der Erstbeschwerdeführer hat im Irak neun Jahre lang die Schule besucht und daraufhin im Familienbetrieb des Vaters, der mit Viehfutter handelte, mitgearbeitet. Außerdem hat er als Reinigungskraft und als Fischverkäufer gearbeitet. Von 2011 bis 2014 war der Erstbeschwerdeführer für eine türkische Baufirma tätig.

Die Zweitbeschwerdeführerin verfügt über keine Schulbildung und lebte bis zu ihrer Heirat bei ihren Eltern.

In Österreich leben zwei Brüder des Erstbeschwerdeführers samt Familie und eine Schwester der Zweitbeschwerdeführerin. Des Weiteren leben die Eltern des Erstbeschwerdeführers sowie drei Brüder in den USA und eine Schwester in Al Basra. Die meisten Angehörigen der Zweitbescherdeführerin leben in einem Flüchtlingslager in Erbil (acht Brüder, eine Schwester), eine Halbschwester lebt in Deutschland und eine Halbschwester in der Türkei.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin befinden sich in einem arbeitsfähigen Alter. Der Erstbeschwerdeführer ist seit 11.09.2017 bei der F K GmbH als Arbeiter beschäftigt. Die Zweitbeschwerdeführerin ist seit 16.10.2017 immer wieder als Arbeiterin beschäftigt. Der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin sprechen etwas Deutsch und besuchen regelmäßig einen Deutschkurs Niveau A1. Der Erstbeschwerdeführer war zudem ehrenamtlich in der Gemeinde H und für die Pfarre H tätig. Die Dritt- und die Viertbeschwerdeführerin besuchen die Volksschule, die Fünftbeschwerdeführerin den Kindergarten.

Der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin leiden an keinen lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch die Drittbeschwerdeführerin, die Viertbeschwerdeführerin und die Fünftbeschwerdeführerin sind gesund.

Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer in Irak aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sie in ihrem Herkunftsstaat einer konkret gegen ihre Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt waren. Die Beschwerdeführer konnten keinen Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend machen. Es kann nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern im Irak eine Verfolgung aus den Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention droht oder eine solche künftig zu befürchten hätte.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Zur Allgemeinen Lage im Irak:

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit dem Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, zB den sogenannten Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite geprägt. Dabei stand vor allem die Kontrolle der Stadt Mosul, Hauptstadt der Provinz Ninewa, im Fokus. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah Al-Din in Zentral- und Südirak voraus.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, gemeinsam mit den schiitischen Milizen, den Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte die Einheiten des IS sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Anbar als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah Al-Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul.

Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.

Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premierminister Haider AL-ABADI die Stadt Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden von der Militärallianz auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie einer Enklave südlich von Kirkuk, doch gab der Premierminister AL-ABADI im Dezember 2017 bekannt, dass der IS, auch in diesen Gebieten, besiegt sei. Seitdem befindet sich der IS in einem taktischen Wandel, indem er sich auf die ländlichen Regionen des Landes fokussiert und dort versucht die Kontrolle zurückzuerlangen. Zugleich verstärkt er seine Konfrontation mit Sicherheitskräften (Joel Wing 3.7.2018). Im September 2018 fanden IS-Angriffe vermehrt in Bagdad statt, wobei eine Rückkehr zu Selbstmordanschlägen und Autobomben festzustellen ist (Joel Wing 6.10.2018). Mit Stand Oktober 2018 waren irakische Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang, mit dem Ziel, eine Etablierung des IS zu verhindern und ihn von Bevölkerungszentren fernzuhalten. Betreffend vormals von IS kontrollierte ländliche Gebiete, in denen irakische Sicherheitskräfte abwesend sind, kommt es zu IS-Angriffen (CRS 4.10.2018; vgl. ISW 2.10.2018, Atlantic 31.8.2018, Jamestown 28.7.2018, Niqash 12.7.2018) und zu Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen durch IS-Kämpfer, vor allem nachts (CRS 4.10.2018). Es gibt immer häufiger Berichte über Menschen, die aus Dörfern in ländlichen Gebieten, wie dem Bezirk Khanaqin im Nordosten Diyalas, fliehen. In vielen dieser ländlichen Gebiete gibt es wenig staatliche Präsenz und die Bevölkerung wird eingeschüchtert (Joel Wing 6.10.2018). Sie kooperiert aus Angst nicht mit den Sicherheitskräften. Im vergangenen Jahr hat sich der IS verteilt und in der Zivilbevölkerung verborgen. Kämpfer verstecken sich an den unzugänglichsten Orten: in Höhlen, Bergen und Flussdeltas. Der IS ist auch zu jenen Taktiken zurückgekehrt, die ihn 2012 und 2013 zu einer Kraft gemacht haben: Angriffe, Attentate und Einschüchterungen, besonders nachts. In den überwiegend sunnitischen Provinzen, in denen der IS einst dominant war (Diyala, Salah al-Din und Anbar), führt die Gruppe nun wieder Angriffe von großer Wirkung durch (Atlantic 31.8.2018).

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte, sowie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen, als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung bezüglich der Frage der Kontrolle der kurdischen Sicherheitskräfte.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz BASRA, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und seit 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen.

Die sicherheitsrelevante Situation im Großraum Bagdad ist durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu dienen sollte, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte zu richten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.

Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten ebenso wenig, wie Hinweise auf eine Säuberung von durch ethnische oder religiöse Gruppierungen bewohnten Gebieten.

Beim Unabhängigkeitsreferendum bezüglich der Frage der Loslösung Irakisch Kurdistans (KRI) vom irakischen Staat stimmten am 25.09.2017 92,7 Prozent der Stimmberechtigten für einen eigenen Staat (Wahlbeteiligung: 72 Prozent) (ORF 27.9.2017). Irakische Regierungskräfte haben als Reaktion auf das Kurdenreferendum beinahe alle Gebiete eingenommen, die zu den sogenannten "umstrittenen Gebieten" zählen, einschließlich Kirkuk und die dort befindlichen Ölquellen. Die zentral-irakische Armee hat nunmehr die zwischen Kurden und Zentralregierung umstrittenen Gebiete größtenteils wieder unter die Kontrolle Bagdads gebracht (AA 12.2.2018).

Im Zentralirak stehen Städten und größere städtische Agglomerationen unter staatlicher Kontrolle, während in ländlichen Gebieten - obwohl nicht mehr unter Kontrolle des IS - mit schweren Anschlägen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zu rechnen ist. Der Zentralirak ist nach wie vor ein Stützpunkt für den IS. In den Provinzen Ninewa und Salah al-Din muss weiterhin mit schweren Anschlägen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem IS und irakischen Sicherheitskräften gerechnet werden. Diese Gefährdungslage gilt ebenfalls für die Provinz Anbar und die Provinz Ta'mim (Kirkuk), sowie auch für die Provinz Diyala. Hinzu kommen aktuelle Spannungen zwischen irakischen Streitkräften und kurdischen Peshmerga (AA 1.11.2018). Der Zentralirak ist derzeit der wichtigste Stützpunkt für den IS. Die Gewalt dort nahm im Sommer 2018 zu, ist aber inzwischen wieder gesunken. in der Provinz Salah al-Din kam es im Juni 2018 zu durchschnittlich 1,4 sicherheitsrelevanten Vorfällen pro Tag, im Oktober jedoch nur noch zu 0,5. Die Provinz Kirkuk verzeichnete im Oktober 2018 einen Anstieg an sicherheitsrelevanten Vorfällen, mit durchschnittlich 1,5 Vorfällen pro Tag, die höchste Zahl seit Juni 2018. Die Anzahl der Vorfälle selbst ist jedoch nicht so maßgeblich wie die Art der Vorfälle und die Schauplätze an denen sie ausgeübt werden. Der IS ist in allen ländlichen Gebieten der Provinz Diyala, in Süd-Kirkuk, Nord- und Zentral-Salah-al-Din tätig. Es gibt regelmäßige Angriffe auf Städte; Zivilisten und Beamte werden entführt; Steuern werden erhoben und Vergeltungsmaßnahmen gegen diejenigen ausgeübt, die sich weigern zu zahlen; es kommt auch regelmäßige zu Schießereien. Es gibt immer mehr Berichte über IS-Mitglieder, die sich tagsüber im Freien bewegen und das Ausmaß ihrer Kontrolle zeigen. Die Regierung hat in vielen dieser Gegenden wenig Präsenz und die anhaltenden Sicherheitseinsätze sind ineffektiv, da die Kämpfer ausweichen, wenn die Einsätze im Gang sind, und zurückkehren, wenn sie wieder beendet sind. Der IS verfügt derzeit über eine nach außen hin expandierende Kontrolle in diesen Gebieten (Joel Wing 2.11.2018). Mit Stand Oktober 2018 waren Einsätze der irakischen Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang. Dennoch blieb die Sicherheitslage im November 2018 relativ stabil (Joel Wing 16.11.2018). Berücksichtigt man die jüngsten Berichte nahm die Gewalt in der letzten Novemberwoche 2018 deutlich ab. Auch im Zentralirak nahm die Zahl der Vorfälle signifikant ab (Joel Wing 30.11.2018).

Zur Sicherheitslage im Südirak:

Der Islamische Staat (IS) arbeitet daran seine Netzwerke im Norden des Gouvernements Babil wieder aufzubauen, mutmaßlich um Angriffe auf leichte Ziele (Anm. orig. "soft targets") in Bagdad und im Süden, in den heiligen Städten Karbala und Najaf, auszuführen (ISW 19.4.2019).

Fast immer, wenn es im Gouvernement Babil zu sicherheitsrelevanten Vorfällen kommt, geschehen diese im Bezirk Jurf al-Sakhr. Der vom Gouvernement Anbar aus zugängliche Bezirk musste von seiner Bevölkerung verlassen werden und dient nun den al-Hashd al-Sha'bi (Volksmobilisierungseinheiten, PMF) als Basis, weswegen der IS für gewöhnlich hier zuschlägt (Joel Wing 5.6.2019). Am 9. April stieß die 47. Brigade der Volksmobilisierungseinheiten (PMF) in Jurf al-Sakhr mit dem IS zusammen. Dieser zog sich zwar vorübergehend aus dem Gebiet zurück, es erfolgte jedoch keine vollständige Säuberung durch die PMF (ISW 19.4.2019). Im Mai fanden zwei Angriffe im nordwestlichen Jurf al-Sakhr und einer im zentralen Mahawil statt (Joel Wing 5.6.2019). Eine SVBIED-Attacke (Suicide Vehicle Borne Improvised Explosive Device) - die erste seit 2014 - in Jurf al-Sakhr konnte durch die 46. PMF-Brigade verhindert werden (ISW 19.4.2019).

Im April 2019 wurden in Babil drei sicherheitsrelevante Vorfälle (Joel Wing 5.6.2019) mit fünf Verletzten (Joel Wing 1.5.2019) registriert. Im Mai gab es drei Vorfälle mit zwei Toten und fünf Verletzten (Joel Wing 5.6.2019) und im Juni waren es drei Vorfälle mit zwei Verletzten (Joel Wing 1.7.2019). Im Juli 2019 wurden wiederum drei sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und fünf Verletzten verzeichnet (Joel Wing 5.8.2019). Im August waren es acht Vorfälle mit fünf Toten und 48 Verletzten. Es handelt sich dabei um die höchste Zahl an Vorfällen seit Juni 2018. Darunter befand sich ein schwerer Angriff mit einer Motorradbombe (VBIED) auf einen Markt im Norden des Gouvernements (Joel Wing 9.9.2019). Im September waren es wieder drei Vorfälle mit einem Toten und fünf Verletzten (Joel Wing 16.10.2019).

In Basra wurden im Juni zwei Vorfälle mit drei Verletzten registriert. Ein von internationalen Ölgesellschaften genutzter Gebäudekomplex wurde von Raketen getroffen. Mutmaßlich steckt eine pro-iranischen Gruppe hinter diesem Angriff (Joel Wing 1.7.2019).

In Basra wurde im August ein Vorfall ohne Opfer registriert. Es handelte sich dabei um eine gegen British Petroleum (BP) im Rumaila Ölfeld gerichtete IED (Joel Wing 9.9.2019). Demonstrationen gegen Korruption, Arbeitslosigkeit und mangelnde Grundversorgung halten an, wobei iranisch unterstützte PMFs beschuldigt werden, sich an der Unterdrückung der Proteste zu beteiligen und Demonstranten und Menschenrechtsaktivisten anzugreifen (Diyaruna 7.8.2019; vgl. Al Jazeera 25.10.2019).

Im September wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall mit zwölf Toten und fünf Verletzten registriert (Joel Wing 16.10.2019). Hierbei wurde an einem Checkpoint im Norden von Kerbala Stadt eine Autobombe gezündet (Joel Wing 16.10.2019; vgl. VOA 21.9.2019). Von Sicherheitskräften entdeckte Waffenlager des IS weisen darauf hin, dass dieser über eine große Menge an Sprengmitteln verfügt (Joel Wing 16.10.2019).

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerden folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer getroffen wurden, beruhen diese auf den in den angefochtenen Bescheiden getroffenen und unbestritten gebliebenen Feststellungen.

Die Identität der Beschwerdeführer ergibt sich auch aus den vorgelegten Identitätsdokumenten im Original.

Die Feststellung zum Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich ergibt sich aus der Aktenlage sowie aus den entsprechenden ZMR-Auszügen.

Die Feststellung betreffend die regionale Herkunft der Beschwerdeführer ergibt sich aus ihren glaubhaften Angaben.

Die Feststellung betreffend die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit der Beschwerdeführer ergibt sich aus den glaubhaften Aussagen der Beschwerdeführer.

Die Feststellungen zu den Lebensverhältnissen, den beruflichen Erfahrungen sowie zur Schulausbildung im Irak und den Angehörigen der Beschwerdeführer basieren auf den Angaben der Beschwerdeführer beim BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse, die Lebensumstände und die Integrationsbemühungen der Beschwerdeführer in Österreich beruhen auf den Aussagen der Beschwerdeführer vor dem BFA sowie in der mündlichen Verhandlung, den vorgelegten Dokumenten und einem Auszug aus dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger vom 07.11.2019.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer und zur Arbeitsfähigkeit des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus den Aussagen vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.3. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer:

In Bezug auf die minderjährigen Beschwerdeführerinnen wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht. Insgesamt wurden zu keinem Zeitpunkt Bedrohungs- oder Verfolgungshandlungen gegen die Drittbeschwerdeführerin, die Viertbeschwerdeführerin sowie die Fünftbeschwerdeführerin vorgebracht.

Die Beschwerdeführer gaben als Fluchtgrund an, dass sie im Irak von schiitischen Milizen verfolgt werden würden. Der Grund für diese Verfolgung ginge zurück bis ins Jahr 2008, da sei der Erstbeschwerdeführer aufgrund seiner Arbeit als Reinigungskraft bei der britischen Armee von der Al-Mahdi-Gruppierung beschuldigt worden am Tod eines ihrer Mitglieder schuldig zu sein.

Im angefochtenen Bescheid kam das BFA zum Schluss, dass das Vorbringen nicht glaubhaft sei und, dass nicht festgestellt werden könne, dass die Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsland Irak eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung muss sich das Bundesverwaltungsgericht den beweiswürdigenden Erwägungen des BFA anschließen und diesem dahingehend zustimmen, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer den genannten Anforderungen nicht entsprach und somit nicht glaubhaft ist.

Zunächst ist anzuführen, dass sich die Angaben des Erstbeschwerdeführers betreffend des Grundes seiner Verfolgung durch die Mahdi-Miliz mit jenen seiner zwei in Österreich aufhältigen Brüder widersprechen. Der Erstbeschwerdeführer gab nämlich eine Verfolgung aufgrund seiner eigenen Tätigkeit als Reinigungskraft bei der britischen Armee an, seine Brüder hingegen sprachen in erster Linie von einer Verfolgung des Vaters, da dieser der Spionage für die britische Armee beschuldigt worden sei.

Selbst wenn der Erstbeschwerdeführer tatsächlich drei Monate für die britische Armee gearbeitet haben sollte und dort als Reinigungskraft tätig gewesen wäre, wäre er aufgrund dieser Tätigkeit für die schiitischen Milizen wohl nicht von so großer Bedeutung, dass man ihn jahrelang suchen würde.

Wie auch das BFA zu Recht anführt, erscheint es zudem nicht plausibel, dass die Beschwerdeführer von 2008 bis 2014, also ca. sechs Jahre ohne Probleme im Irak leben und arbeiten konnten. Die Milizen, die grundsätzlich gut vernetzt sind, wären in all den Jahren mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in der Lage gewesen, eine Familie, die sich in der gleichen Provinz aufhält und ihren Geschäften nachgeht aufzuspüren.

Auch ist dem BFA zuzustimmen, wenn es anführt, dass die Schilderung der Beschwerdeführer betreffend die Vorgangsweise der Milizen beim Überfall im Haus in Al-Khasib nicht glaubwürdig sind. Hätten die Milizen den Erstbeschwerdeführer tatsächlich seit Jahren gesucht, dann hätten sie das Haus wohl kaum gestürmt, ohne vorher abzuklären ob dieser sich auch darin befinde und nicht den Zeitpunkt so gewählt, dass sich der Erstbeschwerdeführer bei der Arbeit befinde. Des Weiteren hätten sie wohl kaum die Zweitbeschwerdeführerin gezwungen den Erstbeschwerdeführer anzurufen, da die Gefahr bestanden hätte, dass diese den Erstbeschwerdeführer warnen hätte können. Auch hätten sie nicht lediglich einen Drohbrief hinterlassen und wären dann wieder abgezogen, sondern hätten sicherlich auf den Erstbeschwerdeführer gewartet bzw. das Haus und die Zweitbeschwerdeführin eingehend beobachtet.

Betreffend den Drohbrief wies das BFA zurecht darauf hin, dass es sich dabei um einen allgemeinen Drohbrief handle und der Erstbeschwerdeführer nicht persönlich angesprochen werde, weswegen man nicht davon ausgehen könne, dass der Drohbrief tatsächlich auch an den Erstbeschwerdeführer gerichtet gewesen sei. Schließlich hat der Erstbeschwerdeführer auch keine weiteren Drohbriefe erhalten oder ist persönlich oder telefonisch bedroht worden.

Zusammengefasst schließt sich daher das Bundesverwaltungsgericht den tragenden Erwägungen des BFA an und kommt ebenfalls zur Feststellung, dass das gesamte Vorbringen rund um die Verfolgung der Beschwerdeführer nicht glaubhaft ist.

Daraus ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht, dass die Beschwerdeführer aufgrund der aktuellen Lage im Irak nicht der Gefahr einer individuellen Verfolgung aus asylrelevanten Gründen, sei es ausgehend von staatlichen Organen oder von Dritten, ausgesetzt wären. Auch die Beschwerdeführer selbst haben diesbezüglich über den gesamten Verfahrensverlauf hinweg nichts Substantiiertes vorgebracht, das dem entgegenstehen würde.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zu dem Schluss, dass es den Beschwerdeführern nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen ihre Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt. Somit war nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Irak einer asylrechtlich relevanten Verfolgungsgefahr ausgesetzt waren bzw. sind.

2.4. Zu den Länderfeststellungen:

Die unter Punkt 1.3. getroffenen Feststellungen zur Lage im Irak basieren auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 20.11.2018; zu den darin verwendeten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer, dem das Länderinformationsblatt im Vorfeld der mündlichen Verhandlung übermittelt worden war, traten den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. 2004 Nr. L 304/12 [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder, wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführer die von ihnen behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte.

Insgesamt sind somit die eingangs beschriebenen Voraussetzungen für eine Asylgewährung im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht erfüllt und waren daher die Beschwerden gegen den Spruchpunkt I. der bekämpften Bescheide als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Asylantragstellung, asylrechtlich relevante Verfolgung,
Asylverfahren, begründete Furcht vor Verfolgung, erhebliche
Intensität, Familienverfahren, Fluchtgründe, Glaubhaftmachung,
Glaubwürdigkeit, maßgebliche Wahrscheinlichkeit, mündliche
Verhandlung, Nachvollziehbarkeit, Unzumutbarkeit, Verfolgungsgefahr,
Verfolgungshandlung, wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I421.2170792.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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