Entscheidungsdatum
19.02.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W124 2225371-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005
iVm § 9 BFA-VG sowie
§§ 46, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 FPG sowie 55, 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX unter dem Namen XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. In der niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab er an, er heiße XXXX , sein Geburtsdatum sei der XXXX , er stamme aus XXXX , Bundesstaat
XXXX , Indien, sei ledig und gehöre der Religionsgemeinschaft der Sikh sowie der Volksgruppe der Jat an. Er habe zwölf Jahre lang die Grundschule besucht und verfüge über keine Berufsausbildung. Der BF spreche Punjabi. Bezüglich seiner Schulausbildung führte dieser aus 12 Jahre die Schule besucht zu haben. Betreffend den zuletzt ausgeübten Beruf gab er an, Landwirt gewesen zu sein.
Zu seinem Fluchtgrund brachte er vor, seine Familie habe einen Grundstücksstreit mit seinem Onkel geführt; es sei immer wieder zu Streitigkeiten gekommen, wobei ihm sein Onkel mit dem Tod gedroht habe. Da der BF ein Einzelkind gewesen sei, hätten seine Eltern Angst um sein Leben gehabt und ihn folglich ins Ausland geschickt; er habe hiermit alle Gründe seiner Flucht sowie die dazugehörenden Ereignisse angegeben und habe keine weiteren Gründe einer Asylantragstellung. Im Falle einer Rückkehr hätte der BF Angst um sein Leben.
3. Am XXXX fand vor dem Bundesamt eine niederschriftliche Einvernahme statt, in der er im Wesentlichen folgende Angaben machte:
Die Frage, ob der BF über Dokumente verfüge, die seine Identität bestätigen würden und jemals im Besitz eines Reisepasses gewesen sei, verneinte dieser.
In Indien würden seine Eltern und die Geschwister seiner Eltern samt deren Familien leben, er selbst habe keine Geschwister. Geboren sei er im Dorf XXXX , Distrikt XXXX , Bundesstaat XXXX , wo er mit seiner Familie abgesehen von einer sechsmonatigen Unterbrechung im Jahr XXXX auch bis zu seiner Ausreise gelebt habe. Im Jahr XXXX sei er mit seiner Familie in den Nachbarort XXXX gezogen. Allerdings habe es auch dort Probleme wegen ihrer Felder gegeben und sei er auch dort verfolgt worden, weshalb sie nach sechs Monaten wieder zurückgezogen seien. Mit seinen engeren Familienangehörigen (Eltern, Geschwister der Eltern und deren Familienangehörigen) in Indien habe er seit zwei bzw. drei Monaten keinen Kontakt mehr. Auch mit Freunden, Nachbarn bzw. Bekannten in Indien bestehe kein Kontakt; überhaupt habe er derzeit mit niemandem Kontakt.
Seinen Lebensunterhalt habe er in seinem Herkunftsstaat aus der Landwirtschaft bestritten. Seine Angehörigen ebenso, wobei sein Vater auch Traktoren verkauft habe. Sie würden ein Feld mit 10 Killa (wohl eine indische Flächeneinheit) und drei Kilometer von diesem entfernt ein Haus, in dem er und seine Eltern zu dritt gelebt hätten, besitzen. Zum Zeitpunkt der Einvernahme seien seiner Annahme nach 5 Killa des Grundstücks verpachtet - sein Vater sei alt und könne in der Landwirtschaft nicht länger mithelfen - und die restlichen 5 Killa seien nicht bewirtschaftet. Die nun verpachteten 5 Killa habe er vor seiner Ausreise alleine bewirtschaftet; er habe Reis und Weizen angebaut. Der nicht bewirtschaftete Grundstücksteil sei Gegenstand der Streitigkeiten zwischen seinem Onkel und seinem Vater. Der BF sei in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft.
Er sei für kurze Zeit Mitglied einer politischen Partei namens "Khalistan" gewesen, welcher er sich Ende XXXX angeschlossen habe; bis zu seiner Ausreise sei er Mitglied gewesen. Er habe eine Mitgliedskarte gehabt, jetzt habe er diese nicht mehr. Er sei mit den Leuten mitgegangen und habe sie mobilisieren wollen, um XXXX zu einem unabhängigen Staat zu machen. Dies bringe nur Vorteile mit sich, da die derzeitige Regierung die Punjabis verachte und korrupt sei. Der Anführer seiner Mitgliedschaft sei XXXX , ein früherer Dorfchef der Partei. XXXX wiederum spiele eine große Rolle in der Partei.
Zu seinem eigentlichen Fluchtgrund gab er an, vor XXXX hätten sie alle zusammen die Felder bewirtschaftet, womit er alle 20 Killa meine. Sein Großvater sei im Juni XXXX verstorben und habe seinem Onkel sowie seinem Vater jeweils 10 Killa des Grundstücks vererbt. Im Oktober XXXX sei es zu einem Vorfall gekommen, bei dem der BF von seinem Onkel beim Bewirtschaften des Grundstücks seines Vaters aufgehalten worden sei. Sein Onkel habe ihm vermittelt, dass er die Hälfte des Grundstücks des Vaters beanspruche, da er zwei Söhne, sein Vater aber nur ein Kind (nämlich den BF) habe. Folglich würden seinem Onkel 15 Killa und ihnen nur 5 Killa gehören. Daraufhin hätten der BF und sein Onkel miteinander diskutiert. Sein Onkel habe den Traktor gestoppt und seine Cousins XXXX sowie zwei Bekannte namens XXXX gerufen; diese vier Männer hätten den BF dann geschlagen. Der BF sei nach Hause gelaufen, habe seinem Vater den Vorfall geschildert und die beiden hätten die Polizei aufgesucht, um eine Anzeige zu erstatten. Die Polizei habe diese jedoch nicht gelten lassen, da der Onkel des BF Polizist sei; dieser habe die Funktion bei der Polizei "IAS" inne. Der BF und sein Vater seien nach Hause geschickt worden, wo sie anschließend von der Polizei aufgesucht worden seien, welche sie eingeschüchtert hätte; sollte der BF und sein Vater nicht mit der Landwirtschaft aufhören, würden die beiden eine Anzeige erhalten. Im selben Jahr hätten der BF und sein Vater nicht mehr versucht, die strittige Grundstückshälfte zu bewirtschaften.
Im XXXX hätten sie versucht, eine Lösung zu finden; sie hätten den Onkel zur Polizeistation gerufen. Dieser habe klargemacht, dass er bei seiner Meinung bleibe: 15 Killa seien ihm zuzusprechen. Der BF und sein Vater hätten dem entgegnet, dass sie eine Anzeige erstatten und weiterhin ihre Landwirtschaft betreiben würden. Der Onkel wiederum habe gemeint, dass der BF und sein Vater aufgrund seiner Position als Polizist nicht durchdringen würden. Als der BF Ende April desselben Jahres auf die Felder gegangen sei und den strittigen Grundstücksteil habe bewirtschaften wollen, sei er von seinen Cousins niedergeschlagen worden, weswegen er das Grundstück seit diesem Vorfall nur mehr mit Freunden betreten und den strittigen Grundstücksteil nicht mehr bewirtschaftet habe. Er sei nach diesem zweiten Vorfall erneut zur Polizei gegangen, welche alles aufgenommen und protokolliert habe, aber nie etwas unternommen habe. Da er nach dieser Schlägerei Verletzungen am Kopf und an den Beinen gehabt habe, sei er im Krankenhaus ambulant behandelt worden.
Als der BF im XXXX nochmal habe versuchen wollen den strittigen Grundstücksteil zu bewirtschaften, sei ihm von seinem Onkel und seinen Cousins mit dem Tod gedroht worden; sein Onkel sei zu ihm gekommen und habe ihm gesagt, dass er ihn umbringen werde, falls er (der BF) nochmal versuchen sollte, den strittigen Grundstücksteil zu bewirtschaften. Sein Onkel habe anschließend auch seine Eltern zuhause aufgesucht und diese bedroht. Er habe ihnen mitgeteilt, dass er den BF umbringen werde, wenn der BF nicht davon ablasse. Der BF und seine Eltern seien sehr geschockt gewesen.
Im XXXX schließlich habe es einen Anschlag auf den BF gegeben. Auf seinem, also dem nichtstrittigen Grundstücksteil, stehe ein Wasserbehälter, in welchen sein Onkel sowie seine Cousins ein üblicherweise zum Töten kleiner Tiere verwendetes Mittel eingefüllt hätten. Der BF sei nämlich mit seinem Freund auf dem Feld gewesen und habe etwas vom Wasser getrunken, woraufhin ihm nach wenigen Sekunden übel gewesen und Schaum aus seinem Mund gekommen sei. Nachgefragt gab der BF außerdem an, dass er nicht gesehen habe, dass es einer seiner Angehörigen gewesen sei. Der BF sei sofort ins Krankenhaus gefahren, wo der Arzt festgestellt habe, dass er besagtes Mittel eingenommen habe, und er zwei Tage lang behandelt worden sei. Nach dem Krankenhausaufenthalt sei es ihm wieder gut gegangen; seine Eltern hätten ihm zum Verlassen des Landes geraten.
Der BF habe auch nach diesem Vorfall wieder eine Anzeige gegen seinen Onkel sowie seine Cousins bei der Polizei erstattet, welche wieder alles aufgenommen und protokolliert habe; passiert sei jedoch noch nichts. Beweise diesbezüglich gebe es keine, es gebe nur den Beweis, dass sie ihn bedroht hätten. Nachgefragt gab der BF an, Kopien der Anzeige bzw. der Krankenhausunterlagen könne er nicht vorlegen, da er diese nicht mehr habe. Er wisse nicht, ob er zu seiner Familie Kontakt aufnehmen kann, da diese über keine Mobiltelefone verfüge und die Festnetznummer nicht mehr funktioniere. Der BF fügte an dieser Stelle noch hinzu, dass er danach nicht mehr auf die Felder gegangen sei, dass seine Eltern dies verboten hätten und sein Vater danach mit den Schleppern kommuniziert habe. Den Entschluss, seinen Herkunftsstaat zu verlassen, habe er ein paar Tage nach dem letzten Vorfall gefasst. Nachgefragt gab er an, er habe davor nicht daran gedacht, seinen Herkunftsstaat zu verlassen.
Zwischen dem letzten Vorfall und seiner Ausreise seien 20 bis 25 Tage vergangen.
Auf Vorhalt des Bundesamtes, der BF heiße laut Auszug aus dem Visa-Informationssystem (VIS) mit Nachnamen XXXX geboren, gab der BF an, dies habe wahrscheinlich der Schlepper gemacht. Nachgefragt gab er an, er habe ca. am XXXX zum ersten Mal zu einem Schlepper eine Verbindung aufgenommen. Der Schlepper habe 800.000 Rupien verlangt und der BF habe während der Reise irgendwelche Dokumente erhalten. Er habe jedoch noch nie persönlich einen Reisepass erhalten. Das Bundesamt hielt ihm vor, dass er laut VIS bereits XXXX einen Reisepass erhalten habe, woraufhin der BF angab, der Schlepper habe alles organisiert und ausstellen lassen. Nachgefragt gab der BF an, seine Reiseunterlagen befänden sich beim Schlepper.
Auf die Frage des Bundesamtes, was der BF im Falle einer Rückkehr zu befürchten hätte, gab er an, sie würden ihn auffinden und umbringen; sie hätten es versucht und nun könne er nicht zurückgehen. Er habe auch versucht, seinen Aufenthaltsort zu wechseln. Von Ende Oktober an sei er 20 Tage lang in XXXX gewesen. Diesen Ort habe er jedoch wieder verlassen, weil er von Freunden erfahren habe, dass Sikhs dort umgebracht würden und er Angst bekommen habe; persönlich habe er solche Anschläge nicht wahrgenommen. Auch in Mumbai sei der BF aufhältig gewesen. Dort habe er gesehen, wie Regierungsleute einen Sikh geschlagen hätten und habe auch durch Freunde von solchen Vorfällen erfahren; auch in Mumbai seien viele gegen Sikhs. Nach diesem Aufenthalt in Mumbai habe er wieder beschlossen, in sein Heimatdorf zu reisen.
Zu seiner Lebenssituation in Österreich brachte der BF vor, er lebe in einer Betreuungsstelle. Er sei ferner gesund und arbeitsfähig und spreche lediglich Punjabi und ein wenig Englisch.
Am Ende der Einvernahme wurde dem BF die Möglichkeit eingeräumt, in die vom Bundesamt zur Beurteilung seines Falles herangezogenen allgemeinen Länderfeststellungen Einsicht und gegebenenfalls zu diesen Stellung zu nehmen bzw. diese in übersetzter Fassung zu erhalten. Der BF lehnte ab und gab an, er wisse, dass sein Land unsicher sei.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Ferner wurde gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer eines Jahres befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 FPG mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VII.).
Das Bundesamt stellte fest, dass der BF Staatsangehöriger von Indien, Angehöriger der Volksgruppe der Punjabi sowie Sikh sei. Er sei ledig, habe keine Kinder und sei gesund sowie arbeitsfähig. An einer schwerwiegenden psychischen Störung und/oder schweren oder ansteckenden Krankheit leide er nicht. Im Falle des BF bestehe keine asylrelevante Verfolgung. Im Falle einer Rückkehr nach Indien sei auch keine Bedrohungssituation gegeben; in Indien sei die elementare Grundversorgung gewährleistet. In Österreich habe der BF weder familiäre noch sonstige soziale Anknüpfungspunkte. In Indien hingegen lebe ein Großteil seiner Angehörigen.
Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Fluchtvorbringen des BF sei nicht glaubhaft, entspreche offensichtlich nicht den Tatsachen und sei äußerst vage bzw. wenig detailreich. Der auslösende Fluchtgrund sei seinen Angaben zufolge im XXXX geschehen, als er auf seinem Feld durch ein chemisches Mittel im Trinkwasserbehälter vergiftet worden sei. Hierbei habe er lediglich die Vermutung der Täterschaft seines Onkels geäußert, belegen können jedoch habe er diese Vermutung nicht, zumal er angegeben habe, seinen Onkel bei der Tat nicht wahrgenommen zu haben. Auch hinsichtlich der von ihm erstatteten Anzeigen gegen seinen Onkel bzw. des Krankenhausaufenthaltes habe er keine Beweismittel vorlegen können.
Außerdem hätten ihm seine Eltern nach dem angeblichen zweitätigen Krankenhausaufenthalt angeraten Indien zu verlassen. Widersprüchlich hierzu habe der BF jedoch angegeben, vor oben genanntem Vorfall nie an eine Ausreise gedacht zu haben.
Zudem habe das Bundesamt bereits durch die Vorlage seines VIS-Abgleiches feststellen können, dass es sich bei seinen Angaben um ein falsches Fluchtvorbringen und um falsche Ausreiseabsichten handle. Laut VIS-Abgleich stehe nämlich nicht nur fest, dass der BF bereits im XXXX die Erteilung eines Touristenvisums beantragt habe und sohin der auslösende Fluchtgrund bereits aufgrund der zeitlichen Angabe des BF nicht als glaubhaft erachtet werden könne, sondern auch, dass er bereits seit XXXX über einen gültigen Reisepass unter dem Namen XXXX verfüge. Das Bundesamt erkenne nicht, weshalb er im Falle einer tatsächlichen Verfolgung eine offensichtlich falsche Identität angeben sollte.
Darüber hinaus gehe aus seinen Angaben im Verfahren nicht glaubhaft hervor, dass er in seinem Herkunftsstaat Schwierigkeiten bzw. Probleme mit den Behörden gehabt habe, denn er habe in Indien weder strafbare Handlungen begangen noch sei er dort politisch oder religiös tätig bzw. Mitglied einer politischen Partei oder sonstigen Organisation gewesen. In Bezug auf die angebliche Khalistan-Mitgliedschaft habe der BF weder eine nähere Beschreibung seiner Aufgaben bzw. seiner Funktion in besagter Partei geben können noch habe er hierzu Beweismittel bzw. ein Fluchtvorbringen erstattet, weswegen seine hierzu gemachten Angaben nicht glaubhaft seien.
Da gemäß den Länderinformationsblättern kein Meldewesen existiere, stehe ihm in jedem Fall die Möglichkeit offen, sich an einem anderen Ort in Indien niederzulassen, um etwaigen Problemen zu entgehen. Dass man gerade den BF in ganz Indien suchen und auch finden sollte, sei widersprüchlich zur im aktuellen Länderinformationsblatt zu Indien geschilderten allgemeinen Lage und sohin aus Sicht des Bundesamtes nicht plausibel.
Aus dem Vorbringen des BF seien auch keine Anhaltspunkte für das Bestehen außergewöhnlicher Umstände in Bezug auf seine Person oder eine landesweite allgemeine extreme Gefährdungslage ersichtlich, weshalb nicht davon ausgegangen werde, dass er im Fall seiner Rückkehr in eine existenzbedrohende Situation geraten würde. Er sei ein mobiler, junger, gesunder und arbeitsfähiger Mensch und komme aus einem Staat, in welchem die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet sei. Er habe bis zu seiner Ausreise gearbeitet, weshalb das Bundesamt davon ausgehe, dass ihm dies auch weiterhin möglich sein werde, zumal in seinem Herkunftsstaat familiäre Anknüpfungspunkte gegeben sind.
Insgesamt betrachtet habe der BF mit dem Verlassen Indiens die äußerste aller Möglichkeiten gewählt, um seinen vermeintlichen Problemen zu entgehen und erscheine sein Vorbringen nicht glaubhaft, zumal beispielsweise seine Familie weiterhin unbehelligt in Indien leben könne.
Rechtlich wurde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen ausgeführt, dass er keine asylrelevanten Verfolgungsgründe habe glaubhaft dartun können. Aus dem Ermittlungsverfahren hätten sich auch keine sonstigen Anhaltspunkte für eine Verfolgung aus Konventionsgründen ergeben. Zu Spruchpunkt II. wurde im Wesentlichen festgehalten, dass sich - wie aus der Beweiswürdigung ersichtlich - keine begründeten Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass der BF durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien in seinen nach Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder dem Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK gewährleisteten Rechten verletzt werde. Die Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 würden nicht vorliegen (Spruchpunkt III). Zum Privat- und Familienleben des BF (Spruchpunkt IV.) wurde zusammengefasst ausgeführt, dass entscheidungserhebliche integrative Anknüpfungspunkte im österreichischen Bundesgebiet, welche zu einem Überwiegen seiner privaten Interessen an einem Verbleib im österreichischen Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen an seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat geführt hätten, nicht hätten erkannt werden können. Anhaltspunkte, dass eine Abschiebung gemäß § 50 FPG unzulässig sei, hätten sich nicht ergeben (Spruchpunkt V.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise sei mit 14 Tagen festzusetzen gewesen, zumal keine berücksichtigungswürdigen Umstände hervorgekommen seien, welche eine längere Frist erforderlich gemacht hätten (Spruchpunkt VI.).
Da der BF illegal ins Bundesgebiet eingereist sei, einen missbräuchlichen, unbegründeten Asylantrag gestellt habe und er nicht in der Lage sei, Mittel für seinen Unterhalt aus Eigenem nachzuweisen, stelle sein Aufenthalt eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar und habe die von der Behörde vorgenommene Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung eines auf die Dauer eines Jahres befristeten Einreiseverbotes gerechtfertigt und notwendig sei (Spruchpunkt VII.).
5. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die XXXX als Rechtsberaterin zur Seite gestellt, welcher ihn in weiterer Folge im Beschwerdeverfahren vertrat.
6. Mit der gegen diese Entscheidung fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde der Bescheid vollinhaltlich wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, unrichtiger Sachverhaltsfeststellung und inhaltlicher Rechtswidrigkeit angefochten und die Einholung eines Gutachtens über die aktuelle Situation in Indien, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Gewährung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde beantragt.
Der BF führte nach Wiederholung des Verfahrensgangs sowie seines Vorbringens begründend aus, das Bundesamt habe seine Ermittlungspflicht verletzt, da es auf der Grundlage der nachvollziehbaren Schilderungen des BF konkrete Recherchen, insbesondere Recherchen vor Ort, hätte durchführen und sich mit der Schutzwilligkeit der indischen Behörden auseinandersetzen müssen. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei unrichtig, da das Vorbringen des BF der Wahrheit entspreche, glaubhaft, gründlich substantiiert, in sich konsistent und durch die Länderberichte belegt sei.
Hinsichtlich der Vorwürfe der belangten Behörde bezüglich Divergenzen zwischen der polizeilichen Erstbefragung und der niederschriftlichen Einvernahme, sei festzuhalten, dass Erstere nicht einmal dazu gedacht sei, die Fluchtgründe eines Asylwerbers erschöpfend und detailliert darzustellen. Auch der Vorwurf, der BF wäre mit einem gefälschten Visum nach Österreich geflüchtet, könne die Ernsthaftigkeit seiner Fluchtgründe nicht widerlegen. Im Gegenteil: Dass der BF jedes erdenkliche Mittel benutzt habe, um sein Leben zu retten und die Flucht zu bewerkstelligen, sei völlig nachvollziehbar.
Die belangte Behörde scheine voreingenommen gewesen zu sein; es dränge sich der Eindruck auf, sie habe in ihrer Beweiswürdigung lediglich ihre bereits vorgefasste Meinung ausgeführt sowie keinerlei weitere Ermittlungen zu den Fluchtgründen des BF angestellt.
Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung führt der BF aus, er habe sich schon intensiv um eine Anpassung an das Leben in Österreich bemüht, die deutsche Sprache erlernt, intensive soziale Kontakte geknüpft, er sei unbescholten und durchaus selbsterhaltungsfähig. Sohin hätte eine Rückkehrentscheidung jedenfalls für auf Dauer unzulässig erklärt werden müssen.
Für die Verhängung eines Einreiseverbotes bestehe ferner kein dringender Anlass, weder aus präventiven Gründen noch zur Wahrung der Interessen Österreichs; auch die Dauer des Einreiseverbotes sei inadäquat begründet. Die belangte Behörde hätte sohin eine aktuelle Beurteilung vornehmen und feststellen müssen, dass ein kürzeres bzw. überhaupt kein Verbot angemessen sei.
7. Am XXXX langten die Beschwerdevorlage sowie der Verfahrensakt des Bundesamtes beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Zur Person des BF
Der 24-jährige Beschwerdeführer ist indischer Staatsangehöriger, stammt aus der Provinz XXXX und gehört der Volksgruppe der Jat sowie der Religionsgemeinschaft der Sikh an. Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Er spricht Punjabi und ein wenig Englisch, jedoch kein Deutsch. In Indien besuchte er zwölf Jahre lang die Grundschule und war bis zum Zeitpunkt seiner Ausreise im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern tätig, wovon er seinen Lebensunterhalt bestritt. In seinem Herkunftsort leben seine Eltern in einem vom ihrem landwirtschaftlich genutzten Grundstück etwa drei Kilometer entfernten Haus.
Am XXXX stellte er nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz; in der Niederschrift der polizeilichen Erstbefragung wird von der Landespolizeidirektion (LPD) Niederösterreich irrtümlich der XXXX als Datum der Antragstellung angegeben - sowohl in der Kopfzeile der Niederschrift als auch im angefochtenen Bescheid ist jedoch das richtige Datum, der XXXX , angegeben.
1.2 Zu seinen Fluchtgründen
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF aus einem der von ihm genannten Gründe - konkret wegen der Verfolgung durch seine Cousins und seinen Onkel, die indische Polizei oder sonstige indische Behörden - seinen Herkunftsstaat verlassen hat oder ihm aus diesen Gründen im Fall seiner Rückkehr eine Gefahr oder Verfolgung drohen würden.
Es kann zudem nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien in seinem Recht auf Leben gefährdet wird, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wird oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.
Im Fall seiner Rückkehr nach Indien verfügt der BF über die Möglichkeit, außerhalb seiner Heimatstadt zu leben und einer Beschäftigung nachzugehen.
1.3 Zum Privat- und Familienleben in Österreich
In Österreich ist der BF unbescholten. Er verfügt über keine Deutschkenntnisse und war bisher im Bundesgebiet nicht erwerbstätig. Er bezieht Leistungen aus der Grundversicherung und ist sohin nicht selbsterhaltungsfähig. Es können keine Anhaltspunkte für die Annahme einer außergewöhnlichen Integration des BF in Österreich in sprachlicher, sozialer und beruflicher Hinsicht festgestellt werden.
1.4 Zur Lage im Herkunftsstaat
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 9.8.2019, Aufhebung Sonderstatus für Jammu und Kaschmir (Relevant für Abschnitt 2./Politische Lage und Abschnitt 3.1./Regionale Problemzone Jammu und Kaschmir).
Indien hat am 5.8.2019 den in der Verfassung festgelegten Sonderstatus (ZO 6.8.2019) der mehrheitlich muslimischen Region (FAZ 6.8.2019) des indischen Teils von Kaschmir per Dekret beendet (ZO 6.8.2019). Unmittelbar darauf hat das Parlament in Delhi die Aufhebung jenes Artikels 370 der indischen Verfassung beschlossen (FAZ 7.8.2019), welcher Jammu und Kaschmir einen Sonderstatus einräumt und vorgeschlagen, den Staat in zwei Unionsterritorien, nämlich Jammu und Kaschmir sowie Ladakh aufzuteilen (IT 6.8.2019).
Der Artikel 370 gewährt der Region eine gewisse Autonomie, wie eine eigene Verfassung, eine eigene Flagge und die Freiheit, Gesetze (BBC 6.8.2019) mit Ausnahme zu Belangen der Außen- wie auch der Verteidigungspolitik (DS 7.8.2019) zu erlassen. Dies stellte einen Kompromiss zwischen der zu großen Teilen muslimischen Bevölkerung und der hinduistischen Führung in Neu-Delhi dar (ARTE 7.8.2019).
Neben dem Artikel 370 wurde auch der Artikel 35A aufgehoben, welcher dem lokalen Parlament erlaubte festzulegen, wer Bürger des Teilstaats ist und wer dort Land besitzen und Regierungsämter ausüben kann (NZZ 5.8.2019).
Die auch in Indien umstrittene Aufhebung der Autonomierechte befeuert die Spannungen in der Region. Kritiker befürchten, dass die hindu-nationalistische Ministerpräsident Narendra Modi und seine Regierung eine "Hinduisierung" des Gebiets anstreben (TNYT 6.8.2019).
Damit Unruhen verhindert werden, haben die indischen Behörden sämtliche Kommunikationskanäle unterbrochen, zusätzlich 10.000 Soldaten (SO 4.8.2019) in die hoch militarisierte Region entsendet (ARTE 7.8.2019) und führende Regionalpolitiker wurden unter Hausarrest gestellt (FAZ 7.8.2019), Medienberichten zufolge wurden bei Razzien im Bundesstaat Jammu und Kashmir mittlerweile mehr als 500 Personen festgenommen (HP 8.8.2019).
Pakistan, das ebenfalls Anspruch auf die gesamte Region erhebt (ORF 5.8.2019), verurteilt den Schritt als illegal und richtet durch das pakistanische Militär eine klare Drohung an Indien und kündigt an, den UN-Sicherheitsrat anzurufen (ZO 6.8.2019). Der pakistanische Regierungschef Khan warnt vor den verheerenden Folgen, die eine militärische Auseinandersetzung haben könnte (FAZ 7.8.2019).
Kritik an dem Schritt der indischen Regierung kommt auch aus Peking (FAZ 6.8.2019). Chinas Außenminister Hua Chunying hat den Schritt Indiens zur Abschaffung des Sonderstatus Kaschmirs als "nicht akzeptabel" und "nicht bindend" bezeichnet (SCMP 7.8.2019).
Es gibt vereinzelte Berichte über kleinere Aktionen des Wiederstandes gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte, welche jedoch offiziell nicht bestätigt worden sind (BBC 7.8.2019).
Anmerkung:
Zuletzt drohte die Situation im Februar 2019 zu eskalieren, nachdem bei einem Selbstmordanschlag dutzende Polizisten in der Region und Hindu-Nationalisten die Bewohner Kaschmirs für das Attentat verantwortlich gemacht haben (ARTE 7.8.2019).
Die Krise zwischen Indien und Pakistan spitzte sich daraufhin derart zu, dass es zu gegenseitigen Luftschlägen gekommen war [siehe KI vom 20.2.2019].
Quellen:
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ARTE - (7.8.2019): Kaschmir: Eskaliert der Konflikt zwischen Indien und Pakistan erneut?
https://www.arte.tv/de/articles/kaschmir-eskaliert-der-konflikt-zwischen-indien-und-pakistan-erneut, Zugriff 8.8.2019
-
BBC - British Broadcasting Corporation (6.8.2019): Article 370:
What happened with Kashmir and why it matters, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49234708, Zugriff 7.8.2019
-
BBC - British Broadcasting Corporation (7.8.2019): Article 370:
Kashmiris express anger at loss of special status, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49261322, Zugriff 8.8.2019
-
DS - Der Standard (7.8.2019): Kaschmir-Konflikt: Pakistan weist indische Diplomaten aus,
https://www.derstandard.at/story/2000107163187/pakistan-weist-indische-diplomaten-aus-toter-bei-protesten-in-srinagar, Zugriff 8.8.2019
-
FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (7.8.2019): Warnungen aus Islamabad,
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kaschmir-konflikt-warnungen-aus-islamabad-16321737.html, Zugriff 8.8.2019
-
HP - Huffpost (8.8.2019): India Arrests Over 500 In Kashmir As Pakistan Suspends Railway Service, https://www.huffpost.com/entry/india-arrests-over-500-in-kashmir-as-pakistan-suspends-railway-service_n_5d4c19a7e4b09e729742389e?guccounter=1, Zugriff 9.8.2019
-
IT - India Today (6.8.2019): Article 370: China says opposed to Ladakh as Union Territory,
https://www.indiatoday.in/india/story/china-reaction-jammu-kashmir-article-370-1577915-2019-08-06, Zugriff 7.8.2019
-
NZZ - Neue Züricher Zeitung (5.8.2019): Indien hebt den Autonomiestatus Kaschmirs auf und riskiert, die Spannungen in der Region drastisch zu verschärfen, https://www.nzz.ch/international/kaschmir-indien-provoziert-mit-der-aufhebung-des-sonderstatus-ld.1499966, Zugriff 9.8.2019
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ORF - Österreichischer Rundfunk (5.8.2019): Indien streicht Kaschmirs Sonderstatus, https://orf.at/stories/3132670/, Zugriff 5.8.2019
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SCMP - South China Morning Post (7.8.2019): China calls India's move to scrap Kashmir's special status 'not acceptable' and not binding,
https://www.scmp.com/news/china/diplomacy/article/3021712/china-calls-indias-move-scrap-kashmirs-special-status-not, Zugriff 7.8.2019
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SO - Spiegel Online (4.8.2019): Pakistan bittet Trump um Vermittlung,
https://www.spiegel.de/politik/ausland/kaschmir-nach-terrorwarnung-verlassen-tausende-das-gebiet-a-1280384.html, Zugriff 6.8.2019
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TNYT - The New York Times (6.8.2019): In Kashmir Move, Critics Say, Modi Is Trying to Make India a Hindu Nation, https://www.nytimes.com/2019/08/06/world/asia/jammu-kashmir-india.html, Zugriff 7.8.2019
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ZO - Zeit Online (7.8.2019): Pakistan weist indischen Botschafter aus,
https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/kaschmir-konflikt-pakistan-indischer-botschafter-ausweisung-hasan, Zugriff 8.8.2019
KI vom 27.5.2019, Wahlergebnis Lok Sabha, Wahl zum Unterhaus vom 11.4.2019 bis 19.5.2019 (Relevant für Abschnitt 2.Politische Lage).
Indiens Regierungspartei BJP (Bharatiya Janata Party) von Premierminister Narendra Modi hat die Parlamentswahl in der bevölkerungsreichsten Demokratie der Welt deutlich gewonnen. Die Hindu-Nationalisten erreichten eine absolute Mehrheit der 545 Sitze im Unterhaus (SZ 23.5.2019), wie in der Nacht zum Freitag, aus der Auszählung der abgegebenen Stimmen, durch die Wahlkommission, hervorging. Staatspräsident Ram Nath Kovind wird somit aller Voraussicht nach Premierminister Modi erneut für eine zweite fünfjährige Amtszeit zum Regierungschef ernennen (ZO 24.5.2019), in welcher dieser Indien mit einer neuen, größeren parlamentarischen Mehrheit regieren wird (IT 24.5.2019), Dieses Ergebnis stellt die deutlichste Wiederwahl einer indischen Regierungspartei seit 1971 dar (SZ 23.5.2019).
Mehr als 8.000 Kandidaten traten zur Wahl an, die in sieben Phasen über knapp sechs Wochen, in der Zeit vom 11. April bis zum 19. Mai, durchgeführt wurde (SZ 23.5.2019). Rund zwei Drittel der rund 900 Millionen wahlberechtigten Einwohner Indiens gaben ihre Stimmen ab (IT 24.5.2019), was einer Wahlbeteiligung von 67 Prozent entspricht (SZ 23.5.2019). Dabei siegte die BJP in insgesamt 303 Wahlkreisen (ECI 24.5.2019; vgl. BBC 24.5.2019).
Oppositionsführer Rahul Gandhi, Chef der zuvor jahrzehntelang regierenden Kongresspartei hat die Niederlage akzeptiert und gratulierte Modi zu dessen Sieg (ZO 24.5.2019; vgl. BBC 23.5.2019). Die Kongresspartei bleibt zweitstärkste Kraft im Parlament (ZO 24.5.2019). Sie verbessert sich voraussichtlich geringfügig im Vergleich zu ihrem bislang schlechtesten Wahlergebnis vor fünf Jahren (AJ 24.5.2019).
Modis populistische Politik spaltet das Land. In seiner Amtszeit kam es häufig zu Gewalt von Hindus gegen Muslime und andere Minderheiten. Außerdem wird Modis Wirtschaftspolitik kritisiert (ZO 24.5.2019). Er betonte im Wahlkampf die nationale Sicherheit und stellte sich als Beschützer des südasiatischen Landes - vor allem gegen den Erzfeind Pakistan - dar. Kurz vor der Wahl war es beinahe zu einem Krieg der nuklear bewaffneten Nachbarn gekommen (SZ 23.5.2019).
Nach Angaben des indischen Außenministeriums gratulierten bereits einige Staats- und Regierungschefs Modi zu seinem Wahlsieg, darunter der russische Präsident Wladimir Putin, Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und der pakistanische Premier Imran Khan - noch bevor das Wahlergebnis offiziell war (ZO 24.5.2019).
Premierminister Narendra Modi führt seit dem 25.9.2019 Gespräche zur Bildung eines neuen Kabinetts (REUTERS 24.5.2019).
Quellen:
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AJ - Al Jazeera (24.5.2019): India elections 2019: All the latest updates,
https://www.aljazeera.com/news/2019/05/indian-general-elections-2019-latest-updates-190521080547337.html, Zugriff 24.5.2019
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BBC - British Broadcasting Corporation (24.5.2019): India general election 2019: What happened?
https://www.bbc.com/news/world-asia-india-48366944, Zugriff 24.5.2019
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BBC - British Broadcasting Corporation (23.5.2019): India election 2019: Narendra Modi thanks voters for 'historic mandate', https://www.bbc.com/news/world-asia-india-48389130, Zugriff 24.5.2019
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ECI - Election Commission of India (24.5.2019): Result Status, Status Known For 542 out of 542 Constituencies, Last Updated at 08:10:02 pm On 05/24/2019,
http://results.eci.gov.in/pc/en/partywise/index.htm, Zugriff 24.5.2019 (20:00 Uhr)
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IT - India Today (24.5.2019): Election results 2019: Ab ki baar, 300 paar: Modi makes it mumkin for BJP, https://www.indiatoday.in/elections/lok-sabha-2019/story/election-results-2019-narendra-modi-wins-big-bjp-300-seats-1533550-2019-05-24, Zugriff 24.5.2019
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REUTERS (24.5.2019): Modi begins talks for new cabinet after big election win, Zugriff 24.5.2019
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SZ - Süddeutsche Zeitung (23.5.2019): Regierung von Premier Modi siegt bei Marathon-Wahl deutlich, https://www.sueddeutsche.de/politik/indien-modi-wahl-hindu-1.4459235, Zugriff 23.5.2019
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ZO - Zeit Online (24.5.2019): Regierungspartei gewinnt absolute Mehrheit bei Parlamentswahl,
https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-05/indien-parlamentswahl-narendra-modi-bharatiya-janata-absolute-mehrheit, Zugriff 24.5.2019
KI vom 6.3.2019, aktuelle Ereignisse im Kaschmir-Konflikt (relevant für Abschnitt 3.1./regionale Problemzone Jammu und Kaschmir).
Indien ist am 26.2.2019 zum ersten Mal seit dem Krieg im Jahr 1971 in den pakistanischen Luftraum eingedrungen und flog als Vergeltung für den Selbstmordanschlag vom 14.2.2019 [Anm.: vgl. dazu KI im LIB Indien vom 20.2.2019] einen Angriff auf ein Trainingslager der islamistischen Gruppierung Jaish-e-Mohammad außerhalb der Stadt Balakot (Region Balakot, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Pakistan). Dies liegt außerhalb der umkämpften Region Kaschmir (SZ 26.2.2019; vgl. FAZ 26.2.2019b, WP 26.2.2019). Indien ist überzeugt davon, dass der Selbstmordanschlag vom 14. Feber von Pakistan aus geplant und unterstützt wurde (NZZ 26.2.2019).
Über die Auswirkungen des Bombardementsgehen die Angaben auseinander: Während indische Behörden darüber berichten, dass fast 200 (CNN News 18 26.2.2019) Terroristen, Ausbilder, Kommandeure und Dschihadisten getötet und das Lager komplett zerstört wurden, bestätigt das pakistanische Militär zwar den Luftangriff (DW 26.2.2019), verlautbart jedoch, dass sich die indischen Flugzeuge ihrer Bombenlast nahe Balakot hastig im Notwurf entledigt hätten, um sofort aufgestiegenen pakistanischen Kampfjets zu entkommen. Nach pakistanischen Angaben gibt es weder eine große Anzahl an Opfern (Dawn 26.2.2019; vgl. FAZ 26.2.2019a), noch wäre Infrastruktur getroffen worden (DW 26.2.2019).
Beobachter zeigten sich skeptisch, dass bei diesem Militärschlag tatsächlich eine große Anzahl an Terroristen an einem Ort getroffen worden sein könnte. Anwohner des Ortes Balakot berichteten der Nachrichtenagentur Reuters, sie seien am frühen Morgen durch laute Explosionen aufgeschreckt worden. Sie sagten, dass nur ein Mensch verletzt und niemand getötet worden sei. Außerdem erklärten sie, dass es in der Vergangenheit tatsächlich ein Terrorlager in dem Gebiet gegeben habe. Dieses sei aber mittlerweile in eine Koranschule umgewandelt worden (FAZ 26.2.2019b).
Die pakistanischen Streitkräfte haben am 27.2.2019 eigenen Angaben zufolge zwei indische Kampfflugzeuge über Pakistan abgeschossen und bestätigten die Festnahme eines Piloten. Ein Sprecher der indische Regierung bestätige den Abschuss einer MiG-21 (Standard 27.2.2019). Der indische Pilot wurde den indischen Behörden am 1.3.2019 am Grenzübergang Wagah übergeben. Der pakistanische Ministerpräsident Imran Khan bezeichnete die Freilassung als eine "Geste des Friedens" (Zeit 1.3.2019).
Pakistan hat am 27.2.2019 seinen Luftraum vollständig gesperrt (Flightradar24 27.2.2019) und am 1.3.2019 für Flüge von/nach Karatschi, Islamabad, Peschawar und Quetta (am 2.3. auch Lahore) wieder geöffnet (Flightradar24 27.2./1.3./2.3.2019; vgl. AAN 1.3.2019). Der komplette Luftraum wurde - mit Einschränkungen - am 4.3. freigegeben (Dawn 6.3.2019; vgl. Dawn 4.3.2019b).
Am 2.3.2019 wurde gemeldet, dass bei Feuergefechten im Grenzgebiet von Kaschmir mindestens sieben Menschen getötet und zehn weitere verletzt worden waren. Gemäß indischen Medienberichten seien im indischen Teil der Konfliktregion eine 24 Jahre alte Frau und ihre beiden Kinder durch Artilleriebeschuss ums Leben gekommen sowie acht weitere Personen verletzt worden. Nach Angaben der pakistanischen Sicherheitskräfte wurden im pakistanischen Teil Kaschmirs ein Bub und ein weiterer Zivilist sowie zwei Soldaten getötet und zwei weitere Menschen verletzt. Die Armeen der verfeindeten Nachbarn hatten seit 1.3.2019 immer wieder an verschiedenen Stellen über die de-facto-Grenze zwischen den von Pakistan und Indien kontrollierten Teilen Kaschmirs geschossen (Presse 2.3.2019). Am 3.3.2019 meldeten beide Seiten, dass die Lage entlang der "Line of Control" wieder relativ ruhig sei (Reuters 3.3.2019)
Der pakistanische Informationsminister bestätige am 3.3.2019, dass eine entscheidende Aktion gegen die extremistischen und militanten Organisationen Jaish-e-Mohammad (JeM) sowie Jamaatud Dawa (JuD) mit ihrem Wohltätigkeitsflügel Falah-i-Insaniat Foundation (FIF) unmittelbar bevorstehe. Dieses Vorgehen würde in Übereinkunft mit dem National Action Plan (NAP) stehen. Der Beschluss dazu sei bereits lange vor dem Anschlag auf indische Sicherheitskräfte am 14.2. gefallen und erst jetzt veröffentlicht worden. Die Entscheidung sei nicht auf Druck Indiens getroffen worden (Dawn 4.3.2019a).
Quellen:
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AAN - Austrian Aviation Network (1.3.2019): Pakistan öffnet den Luftraum wieder teilweise,
http://www.austrianaviation.net/detail/pakistan-oeffnet-den-luftraum-wieder-teilweise/, Zugriff 4.3.2019
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CNN News 18 (26.2.2019): Surgical Strikes 2.0: '200-300 Terrorist Dead',
https://www.news18.com/videos/india/surgical-strikes-2-0-200-300-terrorist-dead-2048827.html, Zugriff 26.2.2019
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Dawn (26.2.2019): Indian aircraft violate LoC, scramble back after PAF's timely response: ISPR, https://www.dawn.com/news/1466038, Zugriff 26.2.2019
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Dawn (4.3.2019a): Govt plans decisive crackdown on militant outfits,
https://www.dawn.com/news/1467524/govt-plans-decisive-crackdown-on-militant-outfits, Zugriff 4.3.2019
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Dawn (4.3.2019b): Pakistan airspace fully reopened, says aviation authority, https://www.dawn.com/news/1467600, Zugriff 6.3.2019
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Dawn (6.3.2019): Airlines avoiding Pakistan's eastern airspace, making flights longer,
https://www.dawn.com/news/1467798/airlines-avoiding-pakistans-eastern-airspace-making-flights-longer, Zugriff 6.3.2019
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DW - Deutsche Welle (26.2.2019): Indische Jets fliegen Luftangriff in Pakistan,
https://www.dw.com/de/indische-jets-fliegen-luftangriff-in-pakistan/a-47688997, Zugriff 26.2.2019
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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (26.2.2019a): Indien fliegt Luftangriffe in Pakistan,
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/indien-fliegt-angriffe-gegen-mutmassliche-islamisten-in-pakistan-16060732.html, Zugriff 4.3.2019