TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/21 W140 2222693-7

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Veröffentlicht am 21.02.2020
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Entscheidungsdatum

21.02.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W140 2222693-7/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. HÖLLER als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl: XXXX über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX (Verfahrensidentität), StA. Algerien, in Schubhaft zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 07.05.2019, Regionaldirektion Kärnten, wurde über den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.01.2020, W154 2222693-6/2E,

wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Das Bundesverwaltungsgericht führte u. a. Folgendes aus:

"Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer wurde am 07.05.2019 beim Versuch des illegalen Grenzübertritts nach Italien festgenommen.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt/BFA bezeichnet) hat mit Bescheid vom 07.05.2019 über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Diesbezüglich verwies das Bundesamt auf mehrere rechtskräftige Vorstrafe wegen Gewalt-, Vermögens-, Urkunden- und Suchtmitteldelikten. Hinsichtlich der Begründung der Fluchtgefahr verwies das Bundesamt auf die fehlende Mitwirkung im Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie die fehlende Verankerung im Bundesgebiet. In Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung wurde insbesondere die Straffälligkeit und die potenzielle Gefährlichkeit des Beschwerdeführers thematisiert. Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe zugestellt.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.06.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung bezüglich Algerien getroffen und mit einem auf 10 Jahre befristeten Einreiseverbot verbunden. Zudem wurde einer gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 17.07.2019, I414 2221121-1/3E, eine gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

4. Am 23.08.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt erstmals zur gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung der Anhaltung in Schubhaft vor. Im Vorlageschreiben wurde auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers im Bundesgebiet hingewiesen. Aufgrund der verschiedenen vom Beschwerdeführer im Verlauf der letzten Jahre benutzten Identitäten (inklusive unterschiedliche Staatsangehörigkeiten) seien mehrere Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats (HRZ) eingeleitet worden. Im Fokus stehe dabei Algerien, wobei auf eine Urgenz am 23.08.2019 hinsichtlich der Erlangung eines Heimreisezertifikates bei den algerischen Vertretungsbehörden hingewiesen wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht ging in seinem Erkenntnis vom 03.09.2019 vom Vorliegen der Voraussetzungen zur Fortsetzung der Schubhaft und deren Verhältnismäßigkeit aus.

5. Weitere Überprüfungen erfolgten am 04.10.2019, 30.10.2019, 28.11.2019 und zuletzt am 27.12.2019. Das Bundesverwaltungsgericht befand jeweils, dass die Voraussetzungen zur Fortsetzung der Schubhaft und deren Verhältnismäßigkeit zum Entscheidungszeitpunkt vorlagen.

5. Das Bundesamt legte den Verwaltungsakt neuerlich am 24.01.2020 zur gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung der Anhaltung in Schubhaft vor und machte dabei geltend:

"(...)Auf Grund der Straffälligkeit wurde ihm in der JA Jakomini ein Parteiengehör nachweislich am 25.03.2019 zugestellt, auf welches er nicht geantwortet hat. Die RD Steiermark führte ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes gegen Ihre Person, mit Bescheid vom 17.06.2019 wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie ein 10jähriges Einreiseverbot. Der BVwG bestätigte die Entscheidung des BFA unter I414 2221121-1/3.E am 17.07.2019. Auf Grund der verschiedenen verwendeten Identitätsdaten des Fremden wurden mehrere HZR Anträge eingebracht, die letzte Urgenz an die Botschaft von Algerien erfolgte am 23.01.2020. Seine Identität ist nach wie vor nicht geklärt.

Der Fremde kann oder will keine Identitätsdokumente vorlegen und will auch nicht freiwillig ausreisen.

Somit sieht das BFA, Kärnten, die Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft über einen längeren Zeitraum als vier Monate als gegeben, da er sich weigert, freiwillig auszureisen, verschiedene Identitätsdaten verwendet und regelmäßig bei der algerischen Botschaft betreffend der Ausstellung eines HRZ urgiert wird. Dass die algerischen Behörden HRZ ausstellen, ist amtsbekannt.(...)"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Betreffend den Beschwerdeführer liegt eine (aktuelle) rechtskräftige Rückkehrentscheidung hinsichtlich Algerien vor. Die algerische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ist zumindest wahrscheinlich; ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats (HRZ) ist anhängig.

Der Beschwerdeführer wurde beim Versuch, sich (illegal) nach Italien abzusetzen, festgenommen. Er beabsichtigt die illegale Ausreise in einen Drittstaat im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft.

1.2. Der Beschwerdeführer hat sich im Verlauf seiner Asylverfahren und des Aufenthalts in Österreich als insgesamt nicht kooperativ und nicht vertrauenswürdig erwiesen. Er ist gegenüber Behörden bisher unter drei verschiedene Namen, vier unterschiedlichen Geburtsdaten und als Staatsangehöriger von Algerien, Marokko und Tunesien aufgetreten. Er wurde in Österreich seit 2012 sechsmal wegen Gewalt-, Vermögens-, Urkunden- und Suchtmitteldelikten zu Freiheitsstrafen von insgesamt 62 Monaten (mehr als fünf Jahren) verurteilt, wobei bedingte Strafnachsichten aus 2012 in den Folgejahren vollständig widerrufen wurden.

1.3. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht nach wie vor. An der bisherigen Dauer trifft das Bundesamt keine Schuld. Sie ergibt sich aus den bewusst falschen Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Identität und Staatsangehörigkeit sowie den erforderlichen administrativen Abläufen im Zusammenhang mit der HRZ-Ausstellung. Diese sind wiederum erforderlich, weil der Beschwerdeführer über keine Personaldokumente verfügt und bewusst seine Identität verschleiert.

1.4. Der Beschwerdeführer ist nicht Asylwerber; es kommt ihm kein faktischer Abschiebeschutz zu. Er ist in Österreich in keiner Form integriert, verfügt nur über geringfügige Deutschkenntnisse und keine substanziellen sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Er verfügt über eine Unterkunft im Bundesgebiet. Gegenwärtig ist er praktisch mittellos. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig sowie jedenfalls haftfähig. Er erhält laufend Schubhaftbetreuung und hatte sowohl nach Anordnung der Schubhaft als unmittelbar nach der Erlassung der erstinstanzlichen Rückkehrentscheidung sowie nach Abweisung der diesbezüglichen Beschwerde (mehrere) Rechtsberatungstermine.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren - insbesondere der rechtskräftigen Entscheidungen bezüglich Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot. Der derzeit absehbare Zeithorizont für die HRZ-Ausstellung ergibt sich aus dem Gerichtswissen hinsichtlich derartiger Überprüfungen, die bei den hier betroffenen Staaten allenfalls einige Monate dauern können.

Die Umstände der Festnahme des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage und sind unbestritten. Mit der Aussage "Geben Sie mir 24 Stunden, ich verlasse Österreich sofort, ich gehe in ein anderes europäisches Land." Hat er unmissverständlich klargemacht, dass er eine freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat ausschließt und sich der Abschiebung durch illegale Weiterreise in einen dritten Staat entziehen will.

2.2. Die Feststellungen zum Verhalten des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage. Die strafrechtlichen Verurteilungen sind einer rezenten Abfrage im Strafregister entnommen.

2.3. Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des (mutmaßlichen) Herkunftsstaates wie auch der beiden allfälligen potenziellen Herkunftsstaaten. Zudem liegt bereits eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor.

Der Grund für die Länge der Anhaltedauer liegt im Kern in der vom Beschwerdeführer verursachten Notwendigkeit der Erlangung eines Heimreisezertifikats und insbesondere der erforderlichen Identitätsprüfung. Würde der Beschwerdeführer über ein Personaldokument verfügen, hätte die Schubhaft wahrscheinlich schon (durch Abschiebung/freiwillige Ausreise) beendet werden können. Vielmehr hat aber der Beschwerdeführer sogar noch aktiv versucht, seine Identität zu verschleiern und diesbezüglich in den letzten Jahren bewusst tatsachenwidrige Angaben gemacht. Diese Umstände sind jedenfalls dem Bundesamt nicht vorzuwerfen; die Verantwortung dafür trägt der Beschwerdeführer.

2.4. Der rechtskräftige Abschluss des Verfahrens betreffend eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage. Diese Umstände wurden vom Beschwerdeführer auch nie bestritten. Seine Meldeadresse ergibt sich aus einer rezenten Nachschau im Zentralen Melderegister (ZMR). Das Barvermögen des Beschwerdeführers ist in der Anhaltedatei ersichtlich. Hinweise für ein Fehlen der Haftfähigkeit sind im Verfahren nicht hervorgetreten. Die Rechtsberatungstermine sind in der Anhaltedatei aufgelistet.

3. Rechtliche Beurteilung: (...)

Die Gründe, aus denen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Schubhaft anordnete, haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als grundsätzlich nachvollziehbar. Eine eigenständige Beschwerde gegen den Bescheid oder die Anhaltung in Schubhaft hat bisher nicht stattgefunden. Hinsichtlich des HRZ-Verfahrens ist eine unverhältnismäßige Länge ebenfalls nicht feststellbar. Die übliche Ermittlungszeit von einigen Monaten (bezüglich der in Frage kommenden Herkunftsstaaten) muss der Beschwerdeführer gegen sich gelten lassen, weil er sie selbst erforderlich gemacht hat.

Mit der Anordnung gelinderer Mittel kann dementsprechend weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Neben der dafür erforderlichen hinreichenden persönlichen Vertrauenswürdigkeit - siehe dazu das unstrittige Vorleben des Beschwerdeführers in Österreich und die Nutzung verschiedener Identitäten - gebricht es dem Beschwerdeführer überdies an hinreichenden finanziellen Mitteln für einen nunmehr erforderlichen Aufenthalt von mehreren Wochen (allenfalls wenigen Monaten), weshalb eine Sicherheitsleistung auch aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.(...)"

Die Verwaltungsbehörde übermittelte am 19.02.2020 zum Zwecke der Überprüfung der Schubhaft im Sinne des § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verwaltungsakten womit "die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht gilt".

Mit E-Mail vom 19.02.2020 übermittelte das BFA folgende Stellungnahme:

"(...)Der algerische Staatsangehörige, Herr XXXX , wurde am 07.05.2019 mit Mandatsbescheid des BFA, RD Kärnten zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.

Er wurde am 07.05.2019 in XXXX kurz vor der Staatsgrenze festgenommen, als er versuchte, nach Italien auszureisen. Bereits zuvor wurde er in Villach am HBH einer Kontrolle unterzogen, wobei er angewiesen wurden, nach Graz zurückzukehren, was er jedoch nicht tat, sondern organisierte er sich ein Taxi, mit dem er weiter nach Italien reisen wollte. Er wurden in der Folge vom BFA befragt, gab an, dass er nach Italien reisen wollte, dass er Beruhigungsmittel einnimt, sonst jedoch gesund ist. Er hat keinerlei Anbindungen in Österreich, außer seine Ex Freundin. Er hat keinerlei Identitätsdokumente, könne auch keine besorgen, er wurden zuletzt am 16.04.2019 aus der JA Graz Jakomini entlassen und wollten nunmehr nach Italien reisen. Er war zwar gemeldet, doch wusste er die Adresse der Wohnung nicht. Er ist ledig, hat keine Kinder, wolle nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren, hat kein Geld und wurden schon 6 Mal rechtskräftig verurteilt. Er würde 24 Stunden benötigen, um sich in ein anderes EU Land abzusetzen.

Auf Grund Ihrer Historie ist erkennbar, dass er 2009 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat, nach eigenen Angaben unter falschem Namen. Er hat dann am 26.04.2011 in Dänemark einen Asylantrag gestellt und in der Folge in Österreich. Seine Asylanträge in Österreich wurden zurückgewiesen (Dublin), er stellte am 17.05.2018 einen Asylantrag in Österreich, wurden von der PI Graz Paulustor befragt, doch gab er ausdrücklich an, dass es sich um ein Missverständnis handelt, er keinen Asylantrag stellte. Er wollte keinen Asylantrag stellen und gab nochmals ausdrücklich an, dass er keinen Asylantrag stellen wollte. Damit hat er den Asylantrag zurückgezogen, weshalb auch keine Prognose erstellt wurde.

Auf Grund der Straffälligkeit wurde ihm in der JA Jakomini ein Parteiengehör nachweislich am 25.03.2019 zugestellt, auf welches er nicht geantwortet hat. Die RD Steiermark führte ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes gegen Ihre Person, mit Bescheid vom 17.06.2019 wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie ein 10jähriges Einreiseverbot. Der BVwG bestätigte die Entscheidung des BFA unter I414 2221121-1/3.E am 17.07.2019. Auf Grund der verschiedenen verwendeten Identitätsdaten des Fremden wurden mehrere HZR Anträge eingebracht, die letzte Urgenz an die Botschaft von Algerien erfolgte am 23.01.2020. Seine Identität ist nach wie vor nicht geklärt.

Der Fremde kann oder will keine Identitätsdokumente vorlegen und will auch nicht freiwillig ausreisen.

Somit sieht das BFA, Kärnten, die Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft über einen längeren Zeitraum als vier Monate als gegeben, da er sich weigert, freiwillig auszureisen, verschiedene Identitätsdaten verwendet und regelmäßig bei der algerischen Botschaft betreffend der Ausstellung eines HRZ urgiert wird. Dass die algerischen Behörden HRZ ausstellen, ist amtsbekannt.

Die letzte Bestätigung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft erfolgte am 27.01.2020 unter W154 2222693-6/2E. Der im Betreff Genannte ist derzeit in Schubhaft im PAZ XXXX "

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 20.02.2020 führte das BFA Folgendes aus:

"Die letzte Urgenz erging am 05.02.2020 an die algerischen Behörden in Form einer Urgenzliste mit mehreren ausständigen Fremden. Die letzte Urgenz ausschließlich XXXX betreffend erging am 09.01.2020 (...). Das BFA bemüht sich um eine HRZ Erlangung, urgiert regelmäßig, doch die Tatsache, dass der Fremde in der Vergangenheit unter mehreren Alias Identitäten in Erscheinung getreten ist, erschwert seine Identifizierung."

Das Bundesverwaltungsgericht hat von Amts wegen erwogen:

1. Feststellungen:

Der angeführte Verfahrensgang und die zitierten Entscheidungsgründe des Vorerkenntnisses werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben; ebenso die von der Verwaltungsbehörde in ihren Stellungnahmen anlässlich der Aktenvorlage angeführten Ausführungen u. a. betreffend Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates.

Auf der Tatsachenebene liegt keine Änderung - die Fluchtgefahr betreffend - vor.

Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere dem zitierten Vorerkenntnis. Auch die Feststellungen des Vorerkenntnisses werden der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

Im Besonderen ist hervorzuheben, dass die Behörde dargetan hat, dass sie sich im vorliegenden Fall um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht und nach den Erfahrungswerten davon auszugehen ist, dass ein solches auch von der Algerischen Botschaft erlangt werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. - Fortsetzung der Schubhaft

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 Abs 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß § 76 Abs 2 FPG idgF nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

§ 76 Abs. 3 FPG idgF lautet:

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise - wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG - erreicht werden ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.

§ 80 FPG idgF lautet:

(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich infrage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zugrunde, dass die infrage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

Aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Verwaltungsgerichthof führte in seiner Entscheidung vom 30.08.2018 (Ra 2018/21/0111) Folgendes aus: "In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG 2014 - einen neuen Hafttitel dar. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen. Ein Erkenntnis nach § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 steht daher einer Beschwerde nach § 22a Abs. 1 BFA-VG 2014, mit der die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von vor oder nach der Erlassung des Erkenntnisses liegenden Haftzeiten begehrt wird, nicht entgegen."

Aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG liegt weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben. Insbesondere zu berücksichtigen ist, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Die Schubhaft ist jedenfalls wegen Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt.

Der Beschwerdeführer hatte keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde. Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund - dass sich die Behörde um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht - auch verhältnismäßig.

In diesem Zusammenhang war auch die Straffälligkeit des Beschwerdeführers zu berücksichtigen und §76 Abs. 2a FPG anzuwenden:

"(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt."

Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine - die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft - ändernden Umstände erkennen.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt II. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität,
öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung,
Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W140.2222693.7.00

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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