TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/27 W251 2226846-3

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Veröffentlicht am 27.02.2020
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Entscheidungsdatum

27.02.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W251 2226846-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX , alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Algerien alias Libyen alias Marokko, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 25.05.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich mehrfach straffällig und zweimal von einem Landesgericht im Jahr 2017 wegen Vergehen und Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz verurteilt.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 28.08.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich zur Gänze abgewiesen und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt, es wurde ein auf die Dauer von neun Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.08.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

5. Der Beschwerdeführer war bis 05.09.2019 in Strafhaft. Seit 05.09.2019 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.

6. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.09.2019 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.08.2019 als unbegründet abgewiesen.

7. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.12.2019 und vom 23.01.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.

8. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 20.02.2020 die Akten gemäß §22a BFA-VG zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 25.05.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 28.08.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich zur Gänze abgewiesen und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt, es wurde ein auf die Dauer von neun Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Die gegen diesen Beschied erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.09.2019 als unbegründet abgewiesen.

1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.08.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

1.4. Der Beschwerdeführer war vom 22.06.2017 bis zum 31.07.2017 und vom 26.09.2017 bis zum 05.09.2019 in Strafhaft. Seit 05.09.2019 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.

1.5. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.12.2019 und vom 23.01.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.

1.6. Am 23.09.2019 beantragte das Bundesamt bei der Botschaft von Algerien die Ausstellung eines Heimreisezertifikats. Die Ausstellung des Heimreisezertifikats wurde am 10.10.2019, am 12.11.2019 sowie am 10.12.2019 vom Bundesamt bei der algerischen Botschaft urgiert. Ein Delegationstermin bei der algerischen Botschaft am 31.01.2020 ergab, dass der Beschwerdeführer nicht algerischer Staatsangehöriger ist. Die algerische Botschaft gab an, dass der Beschwerdeführer libyscher Staatsangehöriger sein könnte.

Am 03.02.2020 wurde die Ausstallung eines Heimreisezertifikats bei der libyschen Botschaft beantragt. Ein Delegationstermin am 14.02.2020 bei der libyschen Botschaft ergab, dass der Beschwerdeführer nicht libyscher Staatsangehöriger ist, der Beschwerdeführer jedoch marokkanischer Staatsangehöriger sein könnte.

Am 18.02.2020 wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikats bei der Botschaft für das Königreich Marokko beantragt.

2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der Beschwerdeführer besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft nicht, er besitzt auch keine Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Der Beschwerdeführer hat in EU-Staaten unterschiedliche Angaben zu seinem Namen, seiner Staatsangehörigkeit und zu seinem Geburtsdatum gemacht. Der Beschwerdeführer versucht seine Identität zu verschleiern um einer Abschiebung zu entgehen.

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

2.3. Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

2.4. Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

3.1. Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende strafgerichtlichen Verurteilungen auf:

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 31.07.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehend des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 2a zweiter Fall SMG, § 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, wobei ein Monat der Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Der Beschwerdeführer hat am 21.06.2017 in einer Bahnhofshalle einer anderen Person 1,1g Marihuana um EUR 10,00 verkauft. Der Beschwerdeführer hat Anfang Juni 2017 5g Marihuana zum Preis von EUR 50,00 an unbekannte Suchtgiftabnehmer verkauft. Der Beschwerdeführer hat versucht am 05.06.2017 am Vorplatz eines Bahnhofes 26g Cannabisharz an gewinnbringend zu verkaufen. Der Beschwerdeführer hat versucht am 21.06.2017 Abnehmer in einer Bahnhofshalle 27g Cannabisharz und 1g Marihuana zu verkaufen.

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 11.12.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels und der Vorbereitung des Suchtgifthandels (28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 2 Z 2, § 28 Abs 1 zweiter Fall, Abs 3 SMG) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die mit Urteil eines Landesgerichts vom 31.07.2017 gewährte bedingte Strafnachsicht wurde widerrufen.

Der Beschwerdeführer schlossen sich mit seinen Mitbewohnern zu einer kriminellen Vereinigung zusammen um für den Wohnungsinhaber Suchtgift (Cannabiskraut) zu verkaufen. Der Beschwerdeführer verkaufte im Zeitraum vom 01.08.2017 bis 14.09.2017 insgesamt zumindest 500g Cannabiskraut an unbekannte Abnehmer. Der Beschwerdeführer portionierte am 14.09.2017 in seiner Wohnung mit einem weiteren Mitbewohner 533,5g Cannabiskraut für den Weiterverkauf.

3.2. Der Beschwerdeführer begab sich während der Anhaltung in Schubhaft in Hungerstreik um seine Freilassung zu erpressen. Beim Beschwerdeführer wurde während der Anhaltung in Schubhaft ein Mobiltelefon vorgefunden, wobei dies verboten ist und eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

3.3. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte in Österreich. Er ist beruflich in Österreich nicht verankert. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

3.4. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Es konnten auch Haftstrafen den Beschwerdeführer nicht zu rechtskonformen Verhalten bewegen. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten um sich einer Abschiebung zu entziehen.

3.5. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer ist möglich. Diese verzögert sich, da der Beschwerdeführer nicht mit den Behörden zusammenarbeitet und seine Identität verschleiert, um eine Abschiebung zu verhindern.

Nach Ausstellung eines Heimreisezertifikats erfolgt eine zeitnahe Abschiebung des Beschwerdeführers.

3.6. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 23.01.2020 hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Bundesamtes und in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen W137 2226846-1, W112 2226846-2, W251 2226846-3 und durch Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungsinformationssystem sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem Auszug aus dem Fremdenregister und aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers.

Aus dem Schreiben der italienischen Behörden vom 19.08.2019 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer in Italien den Namen XXXX , das Geburtsdatum XXXX und Algerien als Staatsangehörigkeit angegeben hat. Der Beschwerdeführer hat in Österreich den Namen XXXX , das Geburtsdatum XXXX und Libyen als Staatsangehörigkeit angegeben. Der Beschwerdeführer hat daher in der EU unterschiedliche Staatsangehörigkeiten angegeben. In der Einvernahme vom 21.05.2019 gab der Beschwerdeführer an, dass er unrichtige Angaben zu seiner Identität gemacht hat, um eine Abschiebung zu verhindern (W137 2226864-1, AS 355f). Dies wurde den Feststellungen zu Grunde gelegt.

1.3. Die Feststellungen zu der erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme gründen auf den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister sowie aus dem vorgelegten Bescheid.

Dass der Beschwerdeführer seit 05.09.2019 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

2.1. Aus der Einsichtnahme in das Strafregister sowie aus den im Akt einliegenden Urteilen ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.

2.2. Die Feststellungen zum Hungerstreik und zum Verstoß gegen das Handyverbot ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus der Anhalte und Vollzugsdatei.

2.3. Dass sich der Beschwerdeführer in den vergangenen Jahren durchgehend in Haft befand, ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister in Zusammenschau mit einer Einsichtnahme in das Strafregister.

2.4. Die Feststellungen zur mangelnden Integration in Österreich und zu fehlenden sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkten in Österreich ergibt sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus den Einvernahmen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt. Diesen sind keine gefestigten sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich zu entnehmen.

2.5. Dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, seinen strafrechtlichen Verurteilungen sowie auch seinem Verhalten während der Anhaltung in Schubhaft. Der Beschwerdeführer hat selber angegeben, unrichtige Identitäten in Europa benutzt zu haben, um einer Abschiebung zu entgehen. Auch eine Haftstrafe konnte den Beschwerdeführer nicht davon abhalten, nach Verbüßung der Haftstrafe die österreichischen Gesetze einzuhalten. Umgehend nach Entlassung aus der ersten Strafhaft bildete der Beschwerdeführer eine kriminelle Vereinigung um mit Suchtgiften zu handeln.

Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten werde. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher jahrelang gezeigtes Verhalten ändern werde.

2.6. Die Feststellungen zum Heimreisezertifikatsverfahren ergeben sich aus dem Verfahrensakt und aus den vom Bundesamt vorgelegten Unterlagen. Sobald ein Heimreisezertifikat vorliegt, erfolgt eine zeitnahe Abschiebung des Beschwerdeführers.

Dass bisher noch kein Heimreisezertifikat erlangt werden konnte, ist ausschließlich auf das Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen. Dieser versucht durch die Verwendung von unrichtigen Identitäten die Abschiebung zu verhindern.

2.7. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 23.01.2020 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch

3.1.1. §§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Bas 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)

"§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

2. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) - möglich ist.

3.1.4. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Es wurde bereits ein Heimreisezertifikatsverfahren eingeleitet. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats wurde vom Bundesamt bereits mehrfach urgiert. Sobald ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer ausgestellt wird, erfolgt zeitnah eine Abschiebung des Beschwerdeführers.

3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht, er ist nicht kooperativ. Der Beschwerdeführer konnte auch nicht durch Haftstrafen zu rechtskonformen Verhalten bewegt werden. Der Beschwerdeführer hat unterschiedliche Identitäten angegeben, um eine Abschiebung zu verhindern.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder sozial noch familiär verankert. Er hat keine Verwandten oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich. Er ist beruflich nicht verwurzelt und hat auch keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Das Bundesamt hat die Ausstellung eines Heimreisezertifikats seit der letzten Schubhaftüberprüfung vom 23.01.2020 durch Teilnahme an einem Delegationstermin bei der algerischen Botschaft am 31.01.2020, durch Einleitung eines Heimreisezertifikatsverfahrens bei der libyschen Botschaft am 03.02.2020, durch Teilnahme an einem Delegationstermin bei der libyschen Botschaft am 14.02.2020 und durch Einleitung eines Heimreisezertifikatsverfahrens bei der marokkanischen Botschaft am 18.02.2020 forciert. Das Bundesamt hat daher seit der letzten Schubhaftüberprüfung auf eine besonders kurze Anhaltung in Schubhaft hingewirkt.

Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bedingt. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist dem Verhalten des Beschwerdeführers zuzurechnen, da er unterschiedliche Angaben zu seiner Identität gemacht hat und er bei Identitätsfeststellung nicht mitwirkt. Es obliegt dem Beschwerdeführer durch eine Kooperation mit den Behörden und Mitwirkung bei seiner Identitätsfeststellung die Dauer der Schubhaft möglichst kurz zu halten.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die österreichische Rechtsordnung missachtet und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert.

Nach Ausstellung eines Heimreisezertifikats erfolgt umgehend eine Abschiebung des Beschwerdeführers. Die Ausstellung des Heimweisezertifikats scheint derzeit wahrscheinlich. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist zudem jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Bei einer im Sinne des § 80 Abs. 4 Z. 4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten scheint die Aufrechterhaltung der seit 05.09.2020 bestehenden Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft verhältnismäßig.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft seit dem 23.01.2020 auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.1.7. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.1.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.1.9. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität,
öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung,
Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W251.2226846.3.00

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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