TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/28 W171 2226955-3

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Veröffentlicht am 28.02.2020
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Entscheidungsdatum

28.02.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W171 2226955-3/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor Morawetz, MBA als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Marokko, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er stellte in Österreich bereits 2016, 2017 und im Jänner 2019 - jeweils unter einer anderen Identität - erfolglos Anträge auf internationalen Schutz. Im September 2019 wurde er aus den Niederlanden nach Österreich rücküberstellt, wobei er umgehend einen weiteren - insgesamt vierten - Antrag auf internationalen Schutz stellte. Mit Bescheid vom XXXX wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG angeordnet.

Die Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) bezüglich des Asylantrags erging - verbunden mit einer Rückkehrentscheidung - am 18.09.2019 und enthielt eine Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a AsylG. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese mit Beschluss vom 23.09.2019 für rechtmäßig erklärt. Gegen diese Entscheidung wurde kein (außerordentliches) Rechtsmittel an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof eingebracht.

2. Am 27.12.2019 langte der Verfahrensakt zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22 Abs. 4 BFA-VG beim Bundesverwaltungsgericht ein. In einem beiliegenden Schreiben führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass das HRZ-Verfahren noch im Laufen sei und verwies auf die Straffälligkeit des Beschwerdeführers sowie die wiederholte illegale Ausreise und das bewusste Verschleiern der Identität. Das Heimreisezertifikatsverfahren mit Marokko sei bereits am 27.07.2018 gestartet worden und an folgenden Terminen sei die Ausstellung eines Zertifikates für den BF urgiert worden: 02.10.2019, 09.10.2019, 05.11.2019, 08.11.2019 und am 06.12.2019.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.12.2019 wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.

Am 10.01.2020 erfolgte eine weitere Urgenz bei der Botschaft.

3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.01.2020 wurde nach gesetzmäßiger Wiedervorlage (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) neuerlich festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei. Im Rahmen der Wiedervorlage wurde ausgeführt, dass sich der BF zwischen 19.11.2019 und 25.11.2019 im Hungerstreik befand und bis dahin keinen Antrag auf freiwillige Rückkehr gestellt habe. Der BF sein bisher bereits drei Mal in ein anderes europäisches Land weitergereist und habe nach Österreich rücküberstellt werden müssen. Die Fluchtgefahr sei daher weiterhin gegeben.

Am 20.02.2020 erfolgte eine weitere Urgenz bei der marokkanischen Botschaft.

4. Das BFA legte in weiterer Folge am 25.02.2020 dem Bundesverwaltungsgericht abermals den Verfahrensakt zur Entscheidung nach § 22a Abs. 4 BFA-VG hinsichtlich der neuerlichen Prüfung des Bestehens der Verhältnismäßigkeit vor und gab dazu ergänzend an, dass der BF zwischen 28.01.2020 und 25.02.2020 zweimal die Teilnahme am Röntgen und dreimal die Teilnahme an der Schubhaftbetreuung verweigert habe. Am 20.02.2020 sei zuletzt bei der marokkanischen Botschaft mittels Sammelliste urgiert worden. In der 10. KW sei eine Einzelurgenz geplant.

Am 26.02.2020 erfolgte aufgrund eines hierfür erteilten Auftrages durch das Gericht eine Haftprüfungseinvernahme durch die Behörde. Dabei gab der BF an, dass er gesund, aber psychisch am Ende sei. Er habe keine Familienangehörigen oder sonstige soziale Kontakte in Österreich. Er habe sehr viele gesundheitliche Probleme, wolle aber nicht darüber reden. Er wolle noch eine Chance bekommen. Dem Arzt seien die Probleme bekannt und erhalte er dafür Medikamente. Er bekomme täglich in der Früh und am Abend Medikamente und könne immer zum Arzt gehen, wenn er das Bedürfnis habe. Er fühle sich alleine und bekomme Selbstmordgedanken, da er hier keine Freiheit habe.

Am 28.02.2020 erfolgte aufgrund eines hierfür erteilten Auftrages durch das Gericht eine amtsärztliche Untersuchung zur Abklärung der geäußerten Selbstmordgedanken des BF im Rahmen der Einvernahme vom 26.02.2020. Im amtsärztlichen Befund wird eine Selbstmordgefährdung des BF aufgrund der ihn treffenden Haftsituation nicht bestätigt und der BF als weiterhin haftfähig diagnostiziert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Allgemein:

1.1. Der BF befindet sich seit XXXX in Schubhaft. Die gesetzlich normierte gerichtliche Frist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) im laufenden Verfahren (Vierwochenfrist) läuft am 29.02.2020 ab. Das BFA hat den Behördenakt dem Gericht verspätet vorgelegt.

1.2. Der der laufenden Haft zugrundeliegende Schubhaftbescheid ist vom BF selbst bisher nicht in Beschwerde gezogen worden. Eine Änderung der Umstände für die seinerzeitige Verhängung der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben.

1.3. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft liegen zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung weiterhin vor.

Gesundheitszustand bzw. Haftfähigkeit:

2.1. Die Haftfähigkeit der Verfahrenspartei ist zum Entscheidungszeitpunkt gegeben. Selbstmordgefahr besteht nach Angabe des Arztes nicht.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):

3.1. Das Verfahren zur Erlangung eines HRZ wurde bereits am 27.07.2018 gestartet und aufgrund der zuvorigen Abwesenheiten des BF dann seit Ende 2019 in engen Abständen bei der Botschaft durch verschiedene Urgenzen in Erinnerung gerufen. Die Nachforschungen der marokkanischen Behörden benötigen in der Regel mehrere Monate. Eine Vorführung des BF ist dabei in der Regel nicht erforderlich. Aus derzeitiger Sicht ist mit einer Ausstellung eines Heimreisezertifikates sowie einer darauffolgenden Abschiebung des BF zu rechnen.

3.2. Die gegenständliche Überprüfung der Verhältnismäßigkeit vor Ablauf der 4- Wochenfrist hat keine Änderungen hinsichtlich der Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung ergeben.

Privat- und Familienleben bzw. Fluchtgefahr:

4.1. Der BF hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet und ist in Österreich nicht erwerbstätig. Er hat keine nennenswerten Anknüpfungspunkte zu Österreich und verfügt über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Er hat kaum Barmittel und brachte keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage. Der BF ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig, tauchte mehrmals unter und reiste in andere europäische Länder weiter.

4.2. Der BF ist zur Kooperation mit den Behörden nicht willig. In Europa gab er zum Zweck der Verschleierung der Identität unterschiedlichste persönliche Daten an und stellte in der Schweiz, in Deutschland, in Ungarn und in den Niederlanden je einen Asylantrag. Durch die mehrfachen Weiterreisen und die wiederholte Stellung von Asylanträgen in Österreich sollte die Erlangung eines Heimreisezertifikates zumindest verzögert werden. Der BF entzog sich mehrmals durch Untertauchen dem Zugriff der Behörden. Er ist in keiner Weise rückkehrwillig. Im Falle des BF ist daher nach wie vor Fluchtgefahr gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.: Die Angaben über den Verfahrensgang und die hierzu ergangenen Feststellungen beziehen sich auf die Angaben im vorliegenden behördlichen Akt sowie dem Akteninhalt der gerichtlichen Vorverfahren. Unter Heranziehung der Bestimmungen zur Fristenberechnung gemäß § 32 AVG i. V. m. § 22a Abs. 4 BFA-VG ergibt sich, dass der Ablauf der Viermonatsfrist auf den 03.01.2020, sohin der Ablauf der gerichtlichen Entscheidungsfrist seinerzeit auf dem 04.01.2020 gefallen ist. Die darauffolgende Vierwochenfrist für die weitere Überprüfung endete am 01.02.2020. Die für das gegenständliche Überprüfungsverfahren (weitere vier Wochen) geltende Frist endet daher am 29.02.2020. Die Überprüfung wurde seitens des BFA dem Gericht jedoch erst am 25.02.2020 vorgelegt. Die Behörde hat daher die gesetzlich normierte Mindestfrist für die Vorlage gem. § 22a ABS. 4 BFA-VG rechtswidrigerweise nicht eingehalten.

Zu 1.2.: Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der seinerzeitige Schubhaftbescheid nicht in Beschwerde gezogen wurde. Ebenso konnte aufgrund der Aktenlage festgestellt werden, dass sich die wesentlichen Umstände im Rahmen der Schubhaft seit der seinerzeitigen Verhängung der Schubhaft durch Bescheid nicht verändert haben. Die formalen Voraussetzungen für die laufende Schubhaft sind daher unverändert gegeben.

Zu 1.3.:

Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung einer Schubhaft ergibt sich, dass im laufenden Asylantragsverfahren des BF mit mündlichem Bescheid des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.09.2019 der faktische Abschiebeschutz gem. § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben wurde. Diese Entscheidung wurde am 25.09.2019 rechtskräftig. Die Rückkehrentscheidung des BFA vom 18.06.2018 ist daher durchsetzbar.

Zu 2. Die Feststellungen zum aktuellen Gesundheitszustand und zur Haftfähigkeit ergeben sich aus dem Verfahrensakt, der glaubhaften Aussage des BF in der Einvernahme am 02.09.2019 und am 26.02.2020, sowie aufgrund des ärztlichen Befundes vom 28.02.2020.

Zu 3.1.-3.2.: Die Feststellung zu den bisherigen Bemühungen der Behörde zur Erlangung eines HRZ basieren auf die mit der Vorlage zur Prüfung mitgereichten Information des BFA, in der sämtliche bisherigen Urgenzen aufgelistet sind. Aus einer dem Gericht vorliegenden allgemeinen Information zum Hergang von HRZ-Antragsverfahren mit dem Staat Marokko ergibt sich zum einen die übliche Dauer derartiger Verfahren und zum anderen die Feststellung, dass im Allgemeinen eine Botschaftsvorführung des BF nicht vorgesehen ist. Das Verfahren hat darüber hinaus keine Hinweise darauf ergeben, dass es im konkreten Fall zu einer Abweichung vom üblichen Procedere kommen könnte.

Zu 4.1.: Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des BF sowie über dessen kaum vorhandene Barmittel und dessen mangelnde Fähigkeit, sich in Österreich selbst zu erhalten, ergeben sich im Wesentlichen aus den glaubwürdigen Angaben des BF in der Einvernahme vom 02.09.2019 in Zusammensicht mit den sonstigen Ermittlungsergebnissen im behördlichen Akt. Aus der Anhaltedatei ergibt sich, dass der BF zum Stand 25.02.2020 über einen Betrag von € 100,-- verfügen könnte.

Zu 4.2.: Die Feststellung zum mangelnden Kooperationswillen des BF ergibt sich aus dem Verfahrensakt und der wiederholten Mitteilung, nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen, sowie sich einer Abschiebung gegebenenfalls zu widersetzen (EV vom 02.09.2019). Hinzu kommt, dass er bereits mehrere unterschiedliche Identitäten bei seinen Weiterreisen in Europa gebraucht hat, weshalb davon auszugehen ist, dass dies unter anderem bewusst zur Erschwerung bzw. Vereitelung der Abschiebung bzw. der Rücküberstellung nach Österreich dienen sollte. Es ist auch damit zu rechnen, dass der BF in Freiheit belassen - wie schon bisher - untertauchen würde, um die eigene Abschiebung zu vereiteln.

Die Behörde hat daher zu Recht das Bestehen von erheblicher Fluchtgefahr unterstellt.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl.

2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3.

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Ebenso bei einer Überschreitung von weiteren vier Wochen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung über die gesetzlich vorgesehene Viermonatsfrist hinaus, weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse so zeigt sich, dass er im Bundesgebiet weder über Familienangehörige, noch über sonstige nennenswerten Kontaktpersonen verfügt. Er ist zudem in Österreich weder legal erwerbstätig, noch sonst selbsterhaltungsfähig. Er hat letztendlich gar keine Anknüpfungspunkte zu Österreich und verfügt auch über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Der BF hat kaum Barmittel und brachte bisher auch keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage. Außerdem tauchte er mehrmals unter um in mehreren europäischen Ländern Asylanträge zu stellen. Dabei war er für die Behörden nicht greifbar, woraus zu schließen ist, dass der BF nicht zur Kooperation mit den Behörden willig ist. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass (wenn überhaupt) lediglich geringe soziale Bindungen des BF zu Österreich entstanden sind und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben war.

Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass der BF durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt sein könnte.

Aufgrund der dem Gericht vorgelegten Stellungnahme des BFA lässt sich aus derzeitiger Sicht auch erkennen, dass die Ausstellung eines HRZ durch die Behörde regelmäßig betrieben wird und diese keine Schuld an der Dauer der Beschaffung trifft. Es sind keine Hinweise im Verfahren aufgetreten, dass nach Erhalt eines HRZ einer zügigen Außerlandesbringung des BF etwas entgegenstehen könnte. Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung des BF nach heutigem Wissensstand in nächster Zeit auch erfolgen könnte.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung auch die Voraussetzungen für eine nunmehr über die Vierwochenfrist hinausgehende Schubhaft weiter vorliegen.

Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. Eine Sicherheitsleistung kommt auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft und/oder eine Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - insbesondere der gänzlich fehlenden Rückkehrbereitschaft - nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des BF weiterbestehen würde.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nach Ansicht des Gerichtes weiterhin nicht in Betracht.

3.1.4. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten. Aufgrund der vorliegenden Informationen im Gerichtsakt lässt sich aus derzeitiger Sicht erkennen, dass seitens der Behörde stets Bemühungen gesetzt wurden, die Dauer der laufenden Schubhaft zu verkürzen. Es ist jedoch dem langen Verfahren zur Identitätsfeststellung durch die marokkanischen Behörden geschuldet, dass auch die konkrete Schubhaft nun dennoch bereits seit September 2019 andauert. Eine wesentliche Verkürzung des Verfahrens wäre dann denkbar, wenn der BF seiner ihn treffenden Mitwirkungspflicht nachkommen würde und von sich aus etwa ein Identitätspapier vorlegen bzw. beschaffen würde. Der BF trägt daher einen hohen Anteil daran, dass das laufende HRZ-Verfahren noch nicht abgeschlossen werden konnte.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die für ihre Fortsetzung maßgeblichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität, öffentliche
Interessen, Schubhaft, Sicherungsbedarf, Überprüfung, Untertauchen,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W171.2226955.3.00

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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