Entscheidungsdatum
04.03.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
G304 2221070-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Albanien, vertreten durch Schmidtmayr, Sorgo, Wanke RAE OG, gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2019, Zl. XXXX, zu Recht:
A)
Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war ersatzlos zu beheben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 31.05.2019 wurde der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt I.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 3 FPG gegen die BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt II.), und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
2. Gegen Spruchpunkt II. des im Spruch angeführten Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, der Beschwerde stattzugeben und das gegen die BF erlassene Einreiseverbot ersatzlos aufzuheben, in eventu die Dauer des erlassenen Einreiseverbotes wegen Unverhältnismäßigkeit herabzusetzen.
3. Die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 10.07.2019 vorgelegt.
4. Mit Teilerkennntnis des BVwG vom 05.08.2019 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die BF ist Staatsangehörige von Albanien und im Besitz eines biometrischen Reisepasses.
1.2. Sie verfügte zu Studienzwecken über ein deutsches Visum D mit einer Gültigkeitsdauer von 03.10.2018 bis 31.12.2018, darüber hinaus jedoch über keinen gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitel für einen Schengen-Staat.
1.3. Die BF reiste am 20.12.2018 und damit noch vor Ablauf ihres bis 31.12.2018 gültigen Visums D nach Albanien und kehrte am 06.01.2019 nach Deutschland zurück. Daraufhin hielt sie sich im Zeitraum von 06.01.2019 bis 19.04.2019 im Schengen-Raum auf und wollte am 19.04.2019 von Deutschland über Wien nach Albanien ausreisen.
1.4. Nach Kontrolle der BF am Flughafen Wien-Schwechat am 19.04.2019 wurde ihr unrechtmäßiger Aufenthalt im Schengen-Raum festgestellt und folglich von der Grenzpolizei gegen sie Anzeige erstattet.
1.5. Mit Strafverfügung vom 23.04.2019, rechtskräftig mit 15.05.2019, wurde über die BF wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes im österreichischen Bundesgebiet eine Geldstrafe von EUR 500,- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und 19 Stunden verhängt.
1.6. Die BF studiert in Deutschland, hat sich dort nachweislich im Juli 2018 für das Wintersemester 2018 immatrikuliert, und weist für Deutschland eine Wohnsitzmeldung ab Oktober 2018, für Österreich jedoch keine Wohnsitzmeldung auf.
1.6. Die BF schrieb dem deutschen Ausländeramt mit E-Mail vom 13.06.2019 Folgendes:
"Ich heiße (...) und schreibe aus Albanien über ein Problem, auf das ich gestoßen bin.
Letztes Jahr habe ich eine Sprachschule in (...) besucht. Ich habe mein Studentenvisum spät erhalten und es hat ungefähr einen Monat gedauert, bis ich einen Termin beim (...) bekommen habe. Ich habe meine Meldebestätigung bekommen und dann habe ich Ende November eine Online-Reservierung auf Ihrer offiziellen Website (...) gemacht, aber als ich sie jetzt anschaue, wurde die Website erneuert.
Nachdem ich mich online beworben hatte, fuhr ich in den Winterferien nach Albanien und kehrte Anfang Jänner zurück. Mein Visum war Ende Dezember abgelaufen, aber ich hatte noch keine Antworten zu meiner Reservierung erhalten. Ich habe mehrmals angerufen und die Betreiber haben mir geraten, auf eine E-Mail zu warten, in der mein persönlicher Code und mein Reservierungsdatum vermerkt sind. Ich habe drei Monate gewartet und immer noch keine Antwort.
Mein einziges Problem ist, dass ich mich inmitten einiger rechtlicher Probleme befinde und alles, was ich brauche, ist eine Bestätigung meiner Online-Bewerbung, die ich gemacht habe. Bitte es ist sehr dringend und sehr wichtig."
Mit E-Mail des deutschen Ausländeramtes vom 14.06.2019 wurde für die BF ein neuer Termin am 19.07.2019 reserviert.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter I. angeführte Verfahrensgang ergab sich aus dem diesbezüglichen Akteninhalt.
2.2. Zur Person der BF und ihren individuellen Verhältnissen:
2.2.1. Die Feststellungen zur Identität bzw. Staatsangehörigkeit der BF ergaben sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.
2.2.2. Die Feststellungen, dass die BF in Deutschland studiert und im Juli 2018 für das Wintersemester 2018 immatrikuliert hat, wurde durch eine der Beschwerde beigelegte Immatrikulationsbestätigung nachgewiesen.
2.2.3. Die Feststellung zu ihrem vom 03.10.2018 bis 31.12.2018 für Deutschland gültigen Visum D ergab sich aus dem der Beschwerde beigelegten diesbezüglichen Nachweis.
2.2.4. Die Feststellungen zur Wohnsitzmeldung der BF in Deutschland ab Oktober 2018 wurde mit der Beschwerde mittels Meldebestätigung von November 2018 nachgewiesen.
Dass die BF in Österreich nie mit Wohnsitz gemeldet war, konnte nach Einsicht in das Zentrale Melderegister festgestellt werden.
2.2.5. Das Schreiben der BF an das deutsche Ausländeramt mit E-Mail vom 13.06.2019 und das Antwortmail des Ausländeramtes vom 14.06.2019 über einen neuen Termin für die BF am 19.07.2019 ergaben sich aus den der Beschwerde beigelegten diesbezüglichen E-Mails.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A)
3.1.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
(...;)
7. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
(...)."
3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergab sich Folgendes:
Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 3 FPG gegen die BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Bei der Bemessung der Einreiseverbotsdauer ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).
Die BF studiert in Deutschland und war im deutschen Bundesgebiet nachweislich ab Oktober 2018 mit Wohnsitz gemeldet. Sie verfügte über ein deutsches Visum D mit einer Gültigkeitsdauer von 03.10.2018 bis 31.12.2018 und reiste noch vor dessen Ablauf aus dem Schengen-Raum aus. Beim von Oktober bis Dezember 2018 gültigen Visum für Deutschland scheint folgende Anmerkung in Großbuchstaben auf:
"STUDIENKOLLEG UND ANSCHL. STUDIUM ERWERBSTÄTIGKEIT WÄHRNED FERIEN
GEST. (...) STUDIENKOLLEG, (...)."
Die BF als albanische Staatsangehöriger, nach Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II. der VO (EU) 2018/1806 für einen Zeitraum von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen von der Visumspflicht befreit, hat im gegenständlichen Fall wegen ihres durchgehenden Aufenthaltes im Schengen-Raum vom 06.01.2019 bis 19.04.2019 ihre innerhalb von 180 Tagen im Schengen-Raum zulässige 90 tägige Aufenthaltsdauer um 13 Tage überschritten.
Nachdem sie am 19.04.2019, im Inbegriff über Österreich nach Albanien auszureisen, unrechtmäßig im Bundesgebiet bzw. Schengen-Raum aufhältig, aufgegriffen worden war, reiste sie freiwillig selbstständig aus dem Bundesgebiet nach Albanien, ihren Herkunftsstaat, aus.
Wegen 13-tägiger Überschreitung der für sie nach Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II der VO (EU) 1806/16 zulässigen 90-tägigen visumspflichtbefreiten Aufenthaltsdauer im Schengen-Raum am Tag ihres Aufgriffs am 19.04.2019 erging gegen die BF nach ihrer freiwilligen selbstständigen Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet am 19.04.2019 am 23.04.2019 eine am 15.05.2019 rechtskräftig gewordene Strafverfügung, womit über sie eine Geldstrafe von EUR 500,- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und 19 Stunden verhängt wurde.
Die BF konnte mit ihrem Beschwerdevorbringen bzw. den der Beschwerde beigelegten Unterlagen nach Art. 6 Abs. 1 lit. c des Schengener Grenzkodex nachweisen, dass sie keinen längerfristigen Aufenthalt in Österreich angestrebt hat. Dies geht daraus hervor, dass die BF nachweislich in Deutschland einem Studium nachgeht, ab Oktober 2018 eine Wohnsitzmeldung in Deutschland verfügt, nachweislich im Juli 2018 für das Wintersemester 2018 immatrikuliert hat und sich die BF nachweislich noch vor Ablauf ihres zu Studienzwecken erteilten vom 03.10.2018 bis 31.12.2018 gültigen Visums D um die Verlängerung ihrer Aufenthaltsberechtigung für Deutschland bemüht hat.
Aus ihrem an das deutsche Ausländeramt gerichteten E-Mail von Juni 2019 geht hervor, dass die BF bereits vor Ablauf ihres Visums D im November 2018 online mit der deutschen Ausländerbehörde Kontakt aufgenommen hat, sie jedoch auch nach Rückkehr nach Deutschland Anfang Jänner 2019 keine Rückmeldung erhalten hat, ihr dann auf ihre mehrmaligen Telefonanrufe hin geraten worden sei, auf eine E-Mail mit ihrem persönlichen Code und einem Reservierungsdatum zu warten und die BF vergeblich drei Monate lang darauf gewartet hat.
Die BF, die in ihrem E-Mail vom 13.06.2019 um Bestätigung ihrer Online-Bewerbung ersucht hat, konnte einem Antwortmail der deutschen Ausländerbehörde vom 14.06.2019 folgend einen neuen Termin für 19.07.2019 erhalten.
Aufgrund ihrer nachweislichen nachdrücklichen Bemühungen um einen neuen Termin vor dem zuständigen deutschen Ausländeramt zwecks Verlängerung ihres bis 31.12.2018 erteilten Visums, beginnend bereits im November 2018 vor Ablauf ihres Visums, und der während ihres durchgehenden Aufenthaltes im Schengen-Raum vom 06.01.2019 bis 19.04.2019 nur 13-tägigen Überschreitung der für sie im Schengen-Raum rechtlich zulässigen Aufenthaltsdauer von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen war von einem einmaligen, als geringfügig erachteten, Fehlverhalten der BF und folglich von keiner von der BF im Bundesgebiet ausgehenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSv § 53 Abs. 2 Z. 3 FPG auszugehen.
Es war der Beschwerde daher stattzugeben und der gegenständlich angefochtene Spruchpunkt II. des im Spruch angeführten Bescheides ersatzlos zu beheben.
3.1.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Spruchpunkt des im Spruch angeführten Bescheides aufzuheben ist, konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.
3.2. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G304.2221070.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.04.2020